37. Meine Lieblingselben und das Geheimnis für glänzendes Haar

Leider war Tauriel offensichtlich noch nicht verliebt in ihn. Denn sie stieß ihn nur grob zu uns und richtete dann ebenfalls ihren gespannten Bogen auf uns.

Mein Herz pochte wie verrückt. Einerseits befanden wir uns in einer ziemlich beängstigenden Situation – schließlich wurden wir von einer verdammten bewaffneten Elbenarmee bedroht. Aber andererseits standen gerade Legolas und Tauriel vor uns, die zu meinen Lieblingselben gehörten. Und irgendwie freute ich mich, die beiden endlich kennenzulernen, so seltsam es in diesem Moment auch sein mochte

Legolas musterte uns alle und ich bemühte mich, seinem Blick standzuhalten, ohne rot zu werden.

„Was tun ein paar Menschenmädchen bei einem Haufen Zwerge?", fragte er und blickte mich kühl an, „Ihr seid doch Menschen, nicht wahr?" Wow, 100 Punkte für diese Erkenntnis, Prinzessin.

„Was denn sonst?", erwiderte ich und verdrehte die Augen, „Sehen wir aus wie Orks oder wie?" Ein amüsiertes Grinsen huschte über das Gesicht des Elben und er nahm allen Ernstes eine meiner kurzen hellbraunen Haarsträhnen zwischen die Finger. „Sie hat kurze Haare für einen normalen Menschen, findet Ihr nicht?", stellte er fest und blickte sich nach Tauriel um, die eben neben ihn getreten war. Die Elbin nahm ebenfalls eine Strähne in die Hand und starrte sie an. „Stimmt, so kurzes Haar habe ich tatsächlich noch nie gesehen, aber es fühlt sich sehr weich an."

Äh hallo? Hatten die jetzt ernsthaft nichts besseres zu tun als über meine Haare zu diskutieren?

„Hackts bei euch?", fuhr ich die beiden an, „Bei uns ist es halt so in der Mode, dass nicht jeder glatte Haare bis zum Arsch haben muss. Und wenn ihr weiche Haare haben wollt, empfehle ich euch die Arganölspülung von Aldi, die ist gar nicht teuer und wirkt super. Ihr Elben seht ja außerdem alle gleich aus!" Oh man, ich hatte die Chance, mich mit meinen Lieblingselben zu unterhalten und was tat ich? Lieferte mir ein Wortgefecht mit ihnen über Frisuren, na super. Aber diese Spitzohren hatten ja damit begonnen, meine Locken anzutatschen. Und ich hasste es einfach, wenn jemand meine Haare anfasste! Auch wenn es sich dabei um Legolas oder Tauriel handelte.

„Zurück zu meiner Frage", lenkte Legolas vom Thema ab, „was tut ihr Menschen mit den Zwergen?"

Nun meldete sich Anna zu Wort: „Nur mal so. Euer dämlicher Streit ist mir ehrlich gesagt scheiß egal. Wir wollen nur in die Seestadt, um unsere Familie zu besuchen und weil wir nicht alleine durch die Gegend latschen wollten, haben wir uns den Zwergen angeschlossen, hier hausen ja an jeder Ecke irgendwelche ekligen Orks, komische Warge oder Amok laufende Spitzohren. Noch Fragen?" Ich konnte sehen, wie meine Freundin vor Stolz darüber, dem Elbenprinz Kontra gegeben zu haben, ein wenig errötete und unwillkürlich zu grinsen begann.

„Amok laufende Spitzohren", flüsterte Gloin, der neben Anna stand, „Respekt!"

Die Elben tauschten kritische Blicke, ihren frechen Unterton und Gloins Lob ignorierten sie zum Glück, dann fragte der Prinz: „Nun gut. Ihr seid also rein zufällig hier und habt nichts mit dem Pack zu schaffen. Es tut mir leid, aber das nehme ich euch nicht ab." Verdammt. Das wäre auch zu schön gewesen.

Er starrte mich noch immer an und warf nun einen Blick auf meine Sweatshirtjacke. „Adidas", las er den Schriftzug vor, „ist das der Name eurer Sippe?" Neben mir kicherte Yara los, auch ich musste mich ehrlich zusammenreißen. Irgendwie hatte ich Lust, das Spiel weiterzuspielen, wir hatten ja nichts zu verlieren und es war wohl eher unwahrscheinlich, dass irgendein Elb etwas mit dem Wort „Adidas" anfangen konnte. „Ja", behauptete ich, „wir heißen Charlie, Yara und Anna Adidas und kommen aus Deutschland, das liegt weit entfernt neben dem Österreich." „Das Österreich. Davon habe ich – sofern mein Geist nicht durch eine Täuschung vernebelt wurde - schon einmal gehört, mein Herr.", meldete sich ein braunhaariger Elb zu Wort, worauf ich mir auf die Lippe beißen musste, um nicht in einen kompletten Lachflash auszubrechen. Ich dachte immer, Elben wäre das schlauste Volk und unfehlbar, aber da hatten Tolkien und Peter Jackson wohl maßlos übertrieben...

„Durchsucht sie!", befahl Legolas und irgendein Elb begann auch schon, in der Jackentasche meines Sweatshirts herumzuwühlen. Gut, dass ich nichts dabei hatte... außer... Fuck. Mein Handy. In diesem Moment hatte der Elb es auch schon in seinen zarten Fingern und beäugte es misstrauisch. „Mein Herr Legolas!", rief er, „Ich habe hier ein verdächtiges Artefakt gefunden!"

Der Prinz kam interessiert näher und nahm mein armes Smartphone in die Hand. „Was ist das?", fragte er und runzelte die Stirn, „Habt Ihr es gestohlen?" Das wurde ja immer besser hier! Nun wurde ich auch schon des Diebstahls bezichtigt... Was kam als nächstes? Ein Mordverdacht?

„Alter!", fauchte ich, „Das ist ein Handy. Kein besonders teures, aber egal. Und ich habe es nicht gestohlen, sondern mit meinem eigenen Geld gekauft. Könnte ich es bitte wiederhaben?"

Legolas blickte mich arrogant an und meinte dann: „Ein Händi also. Es mag unscheinbar aussehen, so flach wie es ist, auch wenn es in einem mystischen himmelblau funkelt. Für den König wird es sicher von Belang sein, es könnte in den düsteren Landen geschmiedet worden sein. Ich werde es ihm aushändigen."

„Ey, nicht mein Handy!", rief ich erschrocken. Oh Gott, was für Thorin das Gold war, war für mich wohl dieses bescheuerte Smartphone. Und was, wenn Thranduil meine WhatsApp-Chats las, die ich mit 14 geschrieben hatte? Die einfach nur cringe waren? Und noch schlimmer, meine verstörenden Snaps sichten würde? Hilfe, das durfte einfach nicht wahr sein! Er würde mich für wahnsinnig halten und damit für eine Bedrohung für sein heiliges Königreich!

„Kann man China als die düsteren Landen bezeichnen?", wisperte Anna amüsiert, und ich musste mich beherrschen, ihr nicht auf den Fuß zu treten.

Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre – hallo? Legolas klaute gerade mein Handy! – hätte ich ernsthaft losgelacht. König Thranduil höchstpersönlich will mein Samsung Galaxy J3 2017 unter die Lupe nehmen... Das war wohl die größte Ehre, die meinem Billighandy je zu Teil werden konnte. Trotzdem, die Vorstellung, wie er durch meine Galerie voller potthässlicher Selfies scrollen würde... um Gottes Willen. Ich durfte gar nicht länger darüber nachdenken, ich würde wahnsinnig werden.

Inzwischen hatte Tauriel Annas Personalausweis ausfindig gemacht und beäugte ihn misstrauisch. „Wer ist das kleine Mädchen auf dem Bild? Eure Tochter?" Meine Freundin starrte sie fassungslos an und kreischte dann: „Meine Tochter? Was geht bitte mit dir? Das bin ich vor sechs Jahren, das ist mein verdammter Personalausweis!" Die Elbin konnte sich ein dünnes Lächeln nicht verkneifen und gab ihn ihr dann zurück. „Der interessiert wahrscheinlich niemanden, den kannst du ruhig behalten."

Yara hatte ebenfalls ihren Geldbeutel abgeben müssen, und Legolas brütete gerade über ihrer Bahncard 25. Nun durchwühlte er allen Ernstes ihr Fach fürs Kleingeld und eine ganze Menge an Braungeld und sogar ein paar Zehncentstücke purzelten auf den Boden. „Weshalb führt Ihr so viel Gold mit euch?", rief er fassungslos, was meine Freundin dazu veranlasste, laut loszuprusten. „Das ist Kleingeld, Goldlocke, dafür kriegst du im Idealfall ein Laib Brot oder ne Flasche Milch. Aber wenn es eurem Reich an Geld fehlt, könnt Ihr das Gold auch behalten." „Seid still, dummes Weib", knurrte Legolas leise und wühlte weiter in ihrem Beutel herum. „Ich bin nicht dumm", zischte meine Freundin wütend, „und das heißt Dame, und nicht Weib!" , doch in diesem Moment zog der Elb ein Kärtchen aus ihrem Portmonee.

„Joshua Kimmich", las der Prinz vor, „wer ist dieser Junge? Euer Verlobter?" Yara lief knallrot an und giftete: „Ja, stell dir vor, Joshua ist mein zukünftiger Ehemann, was dagegen?" Es musste hier ja keiner wissen, dass es sich bei diesem Mann um ihren absoluten Lieblingsfußballspieler handelte, von dem, seit sie ihn mal bei einem Trainingsspiel gesehen hatte, stets eine Sammelkarte dabeihatte.

„Wie alt ist er? Er sieht aus wie höchstens 15 Menschenjahre, findest du nicht?", spottete Legolas, worauf meine Freundin ihn anfauchte: „Alter, er ist 26 und denkst du ernsthaft, du würdest nur einen Tag älter aussehen als er? Ihr Elben seht doch aus wie zehn, und außerdem könnte man euch alle für Weiber, wie du es so schön ausdrückst, halten. Sorry, das ist so!"

Der Prinz sah ehrlich beleidigt aus und wandte sich ab, ich konnte erkennen, wie Thorin meiner Freundin anerkennend zulächelte.  

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