2. Der Spaß meines Lebens
Da wir keine Ahnung hatten, was wir machen sollten und ich tatsächlich ebenfalls Hunger hatte, folgten wir unserer aufgekratzten Freundin zu dem Haus, in dem – zumindest in den Filmen – Bilbo Beutlin wohnte. „Was sagen wir überhaupt?", flüsterte Yara, nachdem wir angeklopft hatten, „Hallo Bilbo, wir sind drei Mädchen aus Deutschland, das kennst du nicht, weil deine Welt eigentlich gar nicht existiert, sondern nur eine Erfindung des Autors J.R.R. Tolkien ist, oder wie?"
Längere Zeit zum Nachdenken hatten wir jedoch nicht, da in diesem Moment die Tür geöffnet wurde. Vor uns stand er. Bilbo Beutlin höchstpersönlich. In seinem megacoolen karierten Morgenmantel oder was das für ein Teil war. Er blickte uns verwirrt an und meinte: „Guten Abend. Kennen wir uns?"
Mein Puls beschleunigte sich und ich sagte schnell: „Also, guten Tag Herr Beutlin, wir sind Charlie, Yara und Anna aus Deutschland, das liegt – äh – südlich von... Gondor. Wir sind bloß auf der Durchreise, um unsere Familien zu besuchen, leider sind alle Gasthäuser belegt und wir wollten fragen ob wir vielleicht eine Nacht in Ihrem Haus verbringen könnten, weil, naja, Ihr Vorgarten sah so cool aus und – äh – Sie haben einen so schönen Gemüsegarten und ja..."
Das war ja die bescheuertste Erklärung des Jahrtausends... was hatte ich mir dabei bitte gedacht?
Meine Freundinnen sahen ebenfalls nicht gerade begeistert aus und ich rechnete damit, dass Bilbo uns im hohen Bogen rauswerfen würde, doch ich hatte mich getäuscht. Der Hobbit verzog war kurz das Gesicht, lächelte uns dann jedoch aufmunternd an: „Ich war zwar nicht auf Besuch eingestellt, aber ich finde es äußerst gefährlich, wenn sich so junge Damen mitten in der Nacht allein im Wald herumtreiben. Kommt doch rein, ich habe sicherlich noch etwas zu essen da. Von Deutschland habe ich zwar noch nie gehört, aber ich bin in meinem Leben noch nicht so weit gereist..."
Wir blickten uns erfreut an und mein Herz machte einen Sprung, als wir die gemütliche Höhle betraten. Ich wollte schon immer einmal Bilbos Haus betreten und nun war es soweit. „Ihr habt ein sehr schönes Haus, Herr Beutlin", schleimte sich Anna ein und lächelte ihn an. Der schien sich tatsächlich über das Kompliment zu freuen und sagte ebenfalls lächelnd: „Vielen Dank, das freut mich. Ich habe gerade gekocht, wenn ihr wollt, greift zu."
Das ließen wir verfressenen Weiber uns natürlich nicht zweimal sagen und wir schnappten uns jeder einen Teller. Als wir uns gerade mit Bilbo an den Tisch setzen wollten, klopfte es plötzlich an der Tür. Der Hobbit blickte äußerst verwirrt drein und fragte: „Sind das weitere Freunde von euch?" Als wir den Kopf schüttelten, seufzte er und machte sich auf, die Tür zu öffnen. „Denkt ihr das, was ich denke?", flüsterte Yara und warf uns einen aufgeregten Blick zu. Mein Bauch fing an zu kribbeln und ich nickte. In diesem Moment ertönte eine tiefe Stimme vom Eingang: „Dwalin, zu Euren Diensten!" Ich musste ein Kreischen unterdrücken, meine Freundinnen ebenfalls. Wir blickten uns an und ich hatte das Gefühl, ich würde jeden Moment vor Freude explodieren. „Wir sind am Anfang von Teil 1", flüsterte Anna. „Und das Beste", fügte ich wispernd hinzu, „Fili und Kili kommen auch gleich!"
Gerade kam der Zwerg ins Esszimmer und begann, sich mit Bilbos Speisen vollzustopfen, den Protest des Hobbits – und uns, wohlgemerkt – ignorierte er. Nach einer Weile klopfte es erneut und der arme Bilbo staunte nicht schlecht, als ein weiterer Zwerg mit einem langen weißen Bart vor der Tür stand. „Balin, zu Euren Diensten!", begrüßte er ihn freundlich lächelnd und verbeugte sich ausladend.
„Hallo, Balin!", rief Anna und strahlte den Zwerg an, welcher ihr Lächeln etwas verwirrt erwiderte. „Aha, der Hobbit hat Damenbesuch." In diesem Moment kam Dwalin aus dem Esszimmer und die beiden begrüßten sich herzlich, bis sie die Köpfe mit einem lauten Knall zusammenknallten, was Bilbo dazu veranlasste, fast in Ohnmacht zu fallen. Danach machten sie sich auf den Weg in die Speisekammer, um Bilbos Vorräte zu plündern. „Was geht hier vor? Habt ihr etwas damit zu tun?", flüsterte er uns zu, doch wir schüttelten den Kopf. Er seufzte und wollte sich gerade erschöpfte in einen Sessel sinken lassen, als es erneut klingelte.
Ich wurde ganz aufgeregt, denn mir war klar, wer gerade eben vor der Tür stand. Bilbo stand seufzend auf und öffnete. „Fili und Kili, zu Euren Diensten!", ertönten die Stimmen meiner beiden Lieblingszwerge vom Eingang. Ich machte fast einen Luftsprung und hechtete zur Tür. „Ihr müsst Herr Beuteler sein!", rief Kili in diesem Moment und ich verdrehte die Augen. Mann, Kili, du solltest wenigstens seinen Namen kennen, wenn du hier gleich sein Haus verwüstet. Bilbo ahnte wohl schon so etwas in der Art und meinte schnell: „Nein, ihr könnt nicht reinkommen, das ist das falsche Haus." Ehe er die Tür zuknallen konnte, quetschten sich die beiden Brüder ins Haus und Kili fragte erschrocken: „Was? Ist es abgesagt worden?" „Davon wissen wir ja gar nichts!", fügte sein Bruder hinzu, worauf Bilbo – nun vollends verwirrt – rief: „Ab... es wurde gar nichts abgesagt!" „Da bin ich ja erleichtert!", strahlte der jüngere Zwerg und die beiden betraten das Haus. Uns ignorierten sie erst mal und machten sich auf den Weg in die Speisekammer.
Der arme Bilbo war immer noch komplett verzweifelt, und das änderte sich auch nicht, als es erneut klopfte und ein ganzer Haufen Zwerge regelrecht in sein schönes Haus krachte, inklusive Gandalf, dem wohl coolsten Zauberer aller Zeiten. „Hol schon mal das Popcorn", kicherte Yara, als die ungebetenen Gäste am Tisch saßen und begannen, ihre Speisen zu essen – wobei fressen es wohl eher beschreiben würde. „Gibt's leider nicht", murmelte Anna mit vollem Mund und hielt uns stattdessen eine Dose Kekse hin, die sie gerade aus der Speisekammer stibitzt hatte. „Die schmecken sau geil", rief ich und ließ mich kurzerhand ebenfalls am Tisch nieder, wo die Zwerge gerade dabei waren, ein Lied anzustimmen. Da wir den Film zu unserem Glück mindestens 20 mal gesehen hatten, konnten wir den Text sogar, zumindest teilweise und grölten mit. Eigentlich war ich nicht so extrovertiert, aber wenn ich schon mal die Chance hatte, mit einem Haufen Zwerge Karaoke zu singen, die alle noch schlechtere Tischmanieren hatten als ich, konnte ich einfach nicht nein sagen. Vor allem wenn Kili und Fili genau gegenüber von mir saßen...
„Woher kennt Ihr unsere Lieder?", fragte Fili überrascht, der wohl doch realisiert hatte, dass wir da waren. „Wir kennen es halt, bei uns in Deutschland wird das oft gesungen, müsst ihr wissen!", erklärte ich schnell und bemühte mich, meine normale Stimmlage beizubehalten, in Aufregung konnte meine Stimme der von Heidi Klum schon mal Konkurrenz machen...
„Deutschland", wiederholte Balin, der neben mir saß, „davon habe ich nie gehört. Wer ist denn euer König?" Wie sollten wir ihnen klar machen, dass es bei uns keinen König, sondern ein gewähltes Parlament gab? Gar nicht, denn in diesem Moment rief Anna: „Unser König, also, das ist Markus Söder!" Yara und ich starrten uns entsetzt an. Wie kam sie bitte auf diese Scheiße? Markus Söder war von nun an für alle Mittelerdler für immer der König von Deutschland, na super.
„Markus Söder", wiederholte Balin erneut, „dieser Name sagt mir nichts... aber sagt, hat er eine Ehefrau? Die Königin von Deutschland? Vielleicht ist die mir bekannt!" Ehe ich sie davon abhalten konnte, antwortete Anna auch schon: „Seine Frau heißt Angela Merkel, vielleicht habt Ihr den Namen schon einmal gehört?" Oh Gott. Auch das noch. Markus Söder und Angela Merkel, das Königspaar von Deutschland. Und wer war der Prinz von Deutschland? Manuel Neuer oder wie? Unter dem Tisch verpasste Yara meiner Freundin einen Tritt vors Schienbein, den sie auch wirklich verdient hatte.
„Angela. Welch schöner Name für eine Herrscherin", staunte Dori, der unser Gespräch mit angehört hatte, „Aber, eine Frage noch, wer seid Ihr und was tut Ihr hier? Für Hobbits seid ihr zu groß, und Menschen trifft man nicht so oft in diesem Hause, nehme ich an." Wir schauten uns an, dann begann ich, weil ich am besten lügen konnte. „Wir leben in Deutschland und wollten weiter in die Seestadt, wo unsere Familie wohnt. Weil wir keinen Platz mehr im Gasthaus hatten und Herr Beutlin so freundlich war, uns zu beherbergen, sind wir hier gelandet."
„Interessant. Freut mich euch kennen zu lernen", begrüßte uns Balin, „meinen Namen kennt ihr schon, aber das hier ist Bifur, das ist Dori. Die beiden Jungspunde, die so unverschämt grinsen, sind Fili und Kili. Dahinten sitzen Bofur, Dwalin, Oin, Gloin, Ori, Nori, und Bombur."
„Ich bin Charlie", stellte ich mir vor und konnte mir ein absolut dämliches Grinsen nicht verkneifen. Meine Fresse, ich wurde hier gerade der Gemeinschaft der Zwerge vorgestellt, ich konnte es kaum glauben. Yara und Anna nannten ebenfalls ihre Namen und Kili grinste: „Eure Namen sind wirklich seltsam, aber sie haben etwas. Naja, schön euch kennenzulernen."
Ich spürte, dass mein Gesicht ganz heiß war, vermutlich leuchtete ich wie eine Tomate. „Seid ihr Brüder?", fragte ich schnell, „Weil eure Namen sich so ähnlich anhören." Die beiden grinsten. „Ja", antwortete Fili, „ich bin der ältere, müsst ihr wissen." „Und ich der Gutaussehendere", fügte sein Bruder lachend hinzu, worauf er eine Nackenschelle von Fili kassierte. „Wollen wir du sagen?", fragte der Blonde ebenfalls grinsend und wir nickten, nun hatten auch Yara und Anna ihr dämlichstes Lächeln aufgesetzt. Nur ne halbe Stunde in diesem Haus und schon per Du mit Fili und Kili. Das fing ja schon mal echt gut an...Dann geschah das, was ich seit 2012 einmal erleben wollte. Die Essensschlacht. Irgendwer begann damit (ich konnte wirklich nicht mehr sagen, wer es war) das Gemüse als Wurfgeschoss zu missbrauchen. Und keine Minute später tobte hier die erste und wohl einzige Gemüseschlacht in Bilbos Esszimmer. Immer, wenn ich die Zwerge essen sah, fühlte ich mich gleicht total kultiviert...
Der arme Hobbit stand kreidebleich im Türrahmen und musste mitansehen, wie die Zwerge (und wir) sein gutes Essen durch die Gegend schmissen. Fili, dieser Idiot, hatte mir eine Karotte gegen die Stirn geklatscht, was echt wehtat, worauf meine Freundinnen lachend zusammenbrachen. Weil ich das schlecht auf mir sitzen lassen konnte, bewarf ich erst Fili, dann meine beiden liebsten Arschlöcher mit ein paar Salatblättern. Die Schlacht wäre ewig so weitergegangen, wenn es in diesem Moment nicht dreimal an der Tür geklopft hätte. Alle, einschließlich wir drei verstummten. Mein Puls beschleunigte sich sofort. Ich musste zugeben, im ersten Teil hatte ich wirklich ein wenig Angst vor Thorin...
Hey, ich hab heute das zweite Kapitel beendet^^ Später bekomme ich meine 2. Corona-Impfung, ich hab keine Ahnung wie es mir danach geht (ein paar meiner Bekannten hatten gar keine Nebenwirkungen, andere schon). Es kann also sein, dass ich mich heute nicht mehr melde 🥰 Schönes Wochenende schon mal ❣
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