Stattdessen richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Trolle, die nun offensichtlich zu streiten begonnen hatten. Das war Bilbos Chance, der Hobbit machte sich am Seil des Geheges zu schaffen. Ich drückte die Daumen, obwohl ich eigentlich vom Film bereits wusste, dass etwas schief gehen würde. In diesem Moment blickte einer der Trolle zum Gehege, Bilbo konnte sich gerade noch verstecken. Mit klopfendem Herzen beobachtete ich, wie der Troll Richtung Ponys ging.

„Ich hoffe, du nimmst die Gäule richtig aus. Die stinkigen Teile mag ich nicht", brüllte er.

Die Trolle jedoch stritten weiter, Bilbo schlich auf Knien am Gehege vorbei und versuchte, die wiehernden Pferde zu beruhigen. Wie immer krampfte sich alles in mir zusammen, als Bilbo sich haarscharf an der tastenden Hand des Trolles vorbei duckte und auch Anna und Yara hielten neben mir vor Spannung den Atem an.

„Hm, da fehlt noch Eichhornwürze", grummelte einer der Trolle, wurde jedoch abgelenkt, als sich sein Kumpane offensichtlich seinen Becher grapschte.

„Hey, das ist mein Becher!", donnerte er wütend, worauf der andere ein „Tschuldige"hervorstieß und den Becher wieder abstellte.

Bilbo nutzte die Ablenkung der Trolle, um vorsichtig nach dem Messer zu greifen, das eines der Viecher am Gürtel trug.

Die Aktion wäre sogar gut gegangen, wenn der Troll nicht in diesem Moment nach seinem bereits schmutzigen Taschentuch, das er ebenfalls am Gürtel trug, gegriffen hätte – und den armen, armen Bilbo erwischt hätte.

Der Hobbit schrie auf, als der Troll in sein Taschentuch – und damit auch in ihn schnodderte.

„Bah", stieß Anna hervor, „der arme ist jetzt kontaminiert! Das ist ja noch ekelhafter als der Trollrotz an dem Zauberstab in Harry Potter und der Stein der Weisen!"

Auch wenn meine Freundin recht hatte, erwiderte ich nichts – dafür war ich viel zu angespannt. Denn nun hatte auch der Troll Bilbo entdeckt und brüllte:

„Ah! Wer zum Dreier! Bert! Bert! Guck, was mir aus dem Schinken geflutscht ist! Es hat Arme und Beine und alles!"

Die Trolle starrten Bilbo dran und Bert fragte: „Was ist das?" Der andere knurrte: „Ich weiß es nicht. Aber es ist eklig, wie es rumzappelt!"

„Eklig, das musst du gerade sagen!", murmelte Yara mit einem leichten Zittern in der Stimme, „Wo ist Gandalf, wenn man ihn mal braucht?"

Der Troll ließ Bilbo nun fallen, doch sein Kumpane richtete sein Messer sofort auf ihn:

„Was bist du?", fragte er, „Ein übergroßes Eichhörnchen?" Aha, der hoffte wohl auf seine Eichhörnchenwürze.

Bilbo, der alte Diplomat, setzte wohl auf Dialog. Denn er meinte lediglich: „Ich bin ein Meister... äh, Hobbit."

„Ein Meisterhobbit", wiederholte der Troll und wenn ich nicht beide Hände zum Festhalten gebraucht hätte, hätte ich mir jetzt wohl erst mal einen Facepalm gegönnt.

„Kann man ihn braten?", fragte eines der Viecher und der andere erwiderte: „Wir können's ja versuchen!"

Nun machte sich Panik in Bilbo breit, er versuchte zu flüchten. Aber drei gegen einen, das war einfach ungerecht. Scheiße, scheiße, scheiße. Ich hatte keinen Plan, wie ich ihm helfen konnte! Die Trolle waren zwar dumm wie Stroh, dafür aber stark wie... äh, Hulk. Okay, mit Hulk konnten sie es wahrscheinlich nicht aufnehmen, es war ja schließlich Hulk und nicht irgendein x-beliebiger Bodybuilder, so wie mein Cousin Patti... oh Gott, mein Hirn tat es schon wieder. Anstatt einen konstruktiven Lösungsvorschlag zu liefern, reimte es sich irgendeinen Scheißdreck zusammen.

Zunächst sah es sogar so aus, als hätte Bilbo eine Chance – aber dann packte ihn einer der Trolle an den Füßen und zog ihn kopfüber in die Luft.

„Ah! Hab ich dich!", grölte er, „Haben sich noch mehr von euch hier versteckt, wo sie nichts zu suchen haben?"

Nein, nur 13 Zwerge und drei Mädchen auf einem Baum... wirklich niemand.

„Nein", meinte auch Bilbo ängstlich, aber dieses Lüge durchschauten selbst die dümmlichen Trolle.

„Er lügt", stellte einer fest, „Halten wir doch seine Zehen übers Feuer! Ich will, dass er platzt!"

In diesem Moment stürmte Kili brüllend auf die Lichtung. Mit seinem Schwert schlug er auf das Bein des Trolls, der jaulend zu Boden ging.

„Lass ihn runter!", befahl der Zwerg und das Biest schmiss Bilbo hinunter. Nun stürzten auch die anderen Zwerge herein versuchten, es mit den Trollen aufzunehmen. Und wir Pussys hockten immer noch im Baum. Mann, ich fühlte mich wie einer dieser dämlichen Gaffer... Aber nachdem uns Thorin noch keine anständige Waffe gegönnt hatte, waren wir relativ machtlos. Es wurde Zeit, dass wir drei mal eine Waffenkammer plünderten.

Ängstlich beobachtete ich, wie die Zwerge es mit den Trollen aufnahmen, die sich jaulend wehrten. Die Ponys fürchteten sich ebenfalls, sie wieherten herzzerreißend und bäumten sich auf, bis Bilbo mit dem Messer das Seil durchtrennte.

Da geschah es, wovor ich mich die ganze Zeit gefürchtet hatte. Zwei Trolle (ich glaube, es waren Bill und Bert oder wie auch immer sie hießen...) hatten sich den Hobbit geschnappt und hielten ihn an Armen und Beinen.

„Bilbo!", schrie Kili und wollte schon losstürmen, doch sein Onkel hielt ihn zurück.

„Schmeißt die Waffen weg, sonst reißen wir ihn auseinander!", brüllte Bill und der arme Hobbit wurde noch eine Spur weißer.

„Fuck, was sollen wir nur tun?", jammerte Yara, als die Zwerge etwas zögerlich ihre Waffen niederlegten, nachdem Thorin als Beispiel voran gegangen war. In jedem anderen Moment hätte ich jetzt einen Seufzer ausgestoßen und Bagginsshield gekreischt, aber dafür fehlten mir jetzt selbstverständlich die Nerven. Irgendwas mussten wir doch tun können! Klar, laut den Filmen würde Gandalf in letzter Sekunde erscheinen, aber was, wenn unser Eintreffen das verändert hätte? Wenn er die Nase voll von Frauen hatte und etwas länger seine Ruhe brauchte? Wenn er mit Galdadriel oder weiß Gott wem über uns diskutieren wollte? Weil er erkannt hatte, dass wir anders waren?

Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als ich sah, wie die Trolle die Zwerge in Säcke schnürten und über das Feuer banden. Oh Gott, die wollten sie tatsächlich grillen. Und zwar ohne sie zu häuten oder zu enthaaren, ob das überhaupt schmeckte?

In diesem Moment meinte der besonders ausgehungerte Troll gierig: „Wir brauchen sie doch nicht zu kochen! Wir setzen uns einfach auf sie drauf und zerdrücken sie zu Sülze."

„Man sollte sie weich klopfen und grillen und 'ne Prise Salbei drüber streuen", erwiderte sein Kumpane und schon wieder drehte sich mir der Magen um. Sülze... Aus Zwergen... Mit Salbei... Womit hatten wir das verdient?