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„Ich will aber nicht noch mal zu den Tentakel-Meerjungfrauen zurück. Was, wenn sie sich wieder -angeblich- in meinen Haaren verfangen?", jammerte sie noch, während Iiron sie auf ihre Beine hochzog und dann zunächst sachte über ihre eiskalten Arme rieb.
„Ich bin diesmal dicht dabei und lasse dich auch nicht los.", versprach er ihr ernsthaft und wollte sie dann zum Ausgang der Hütte ziehen.

„Oh ... aber ... meine Haare! Iiron warte! I...ich flechte sie besser erst noch zum Zopf oder mach besser sogar noch einen festen Knoten am Hinterkopf..."
„Die Immanida kamen eben wegen deiner langen hellen Haare, Kati. Sie kamen so nahe ans Ufer, weil sie wohl dachten, dass deine Himmlische Energie ihrer eigenen sehr ähnlich ist. Also lass sie einfach offen. Sie werden dann sicher wieder davon angezogen, sich aber diesmal vermutlich ebenfalls vorsehen."
„Oh, ... Nö! Abgelehnt! Ich bin kein Versuchskaninchen  ... ganz zu schweigen von solch einem Fischwesen ...! Wie also könnten sie mich da einfach so verwechseln? Das ist vollkommener Blödsinn!"
Er runzelte die Stirn, als sie ihre Füße vor dem Klausenausgang abrupt in den geflochtenen Matten-Boden stemmte und heftig zurückzog.

Kurz hielt er also inne und ließ ihre Hand dann wieder los, da sie nun sogar erneut heftig erbebte.
„Vertraust du mir denn nicht, Kati?", fragte er sie schließlich leise, nachdem sie sich sekundenlang nur schweigend abgesehen hatten.

Kati atmete heftig durch.
„Sie... sie haben dich dazu gedrängt, mich wieder allein zu lassen, Iiron ... und deine ach so tollen Dragorn drängen dich nun dazu mich sofort wieder ins Wasser zu schaffen, gell? Damit ich mich dafür entschuldige fast ertränkt worden zu sein. Der Stamm und der Clan machen das, nicht du! Nur Sie ... wollen das so.
Also handelst du nun... auf ihre Anweisungen hin absolut gegen meinen Willen.", sagte sie bebend.
Iiron runzelte nun kurz verwirrt die Stirn.
„Kati, was die anderen Dragorn oder der Stamm wollen ist gerade vollkommen irrelevant.
Du hattest heute ein schlechtes Erlebnis im Wasser und musst dich dem stellen, sonst wirst du noch wasserscheu und bringst dich dann vielleicht auch nicht mehr in Sicherheit, wenn ein Clan-Dragorn zum Feuerdragorn wird.
Das ist es was mich gerade sorgt, Kati. Nicht der Wille der anderen Dragorn.
Und tatsächlich auch nicht die Immanida. Wenn sie kommen - gut. Doch diesmal halte ich keinen Abstand zu dir und behalte die fest im Arm, damit die nichts mehr geschieht. Ob du dich nun entschuldigen wirst oder nicht ist mir gerade egal. Obschon ich wirklich glaube, das es tatsächlich nur ein unglücklicher Unfall war.
Sie gelten bei uns doch stets als sehr friedvolle Wesen und noch dazu glücksverheißende Vorboten von ganzen Schwärmen von Fischen. Dieser Stamm braucht das, um zu überleben. Deshalb sind sie auch so empfindlich, wenn es darum geht die Immanida durch unüberlegtes Handeln zu verscheuchen."
„Sie... sind also gerade weg?", fragte Kati ihn aufmerkend.
„Jetzt gerade... ja. Aber Margon will sie rufen wenn du wieder ins Wasser gehst."
„Okay... dann ... folgendes. Wenn er sie ruft geh ich aus dem Wasser raus. Ansonsten gehe ich wieder mit dir ins Wasser rein", schlug sie ihm eilig vor.
Er sah daraufhin aus als hätte er Zahnschmerzen. Doch er nickte schließlich zustimmend.
„Einen Schritt nach dem anderen.", meinte sie ihn murmeln zu hören.
An die Tür gewandt?
Also lauschte da nun wieder jemand?

- Echt Toll!
Nicht!

„Ich mag es nicht wenn die anderen Dragorn uns belauern und belauschen. Ich mag es nicht, wenn sie dich zu beeinflussen versuchen, mich zu beeinflussen.
Ich verstehe deine Sorge wegen dem Feuer von euch Drachen. Aber ich bleibe nicht mit Meerjungfrauen, die sich wie Sirenen verhalten im selben Wasser, Iiron. Nur... das das klar ist!", ereiferte sie sich also gleich noch mal lautstark aufbrausend.

„Sirenen...?", neigte Iiron den Kopf irritiert zur Seite.
„Wassernixen wie diese Immanida die einen Menschen durch Gesang oder so wie hier durch eine verzaubernde Lichtshow ins Wasser rein rufen, sie dann dort umschlingen und mit sich in die Tiefe ziehen.
Es gibt so einige Filme wo sie sie dann nach dem ertränken fressen oder den Haien und Killerwalen überlassen.
Oder aber Geschichten, wo sie sie in ihre Untewasserreiche bringen und da für immer gefangen halten. - Der blanke Horror ist das!"

Iiron verzog erneut schmerzlich das Gesicht.
„Deine erste Welt war wirklich grausig, Kati. Dabei dachte ich zu Anfang noch wir stammen aus derselben Welt. Doch so etwas gab es da nie.", meine Iiron nur wieder leise.
Kati hob frustriert die Schultern.
„Bei uns ja auch nicht... also nicht mehr... oder wirklich nur ... nur in Filmen und Geschichten.
Na ja ... also Haie und Killerwale gibt es natürlich schon...  und die sind auch echt gefährlich. Jedes Jahr sterben Dutzende Menschen bei Haiangriffen im Wasser und ab und zu werden Riesenkraken aus dem Meer gezogen die gut ein ganzes FischerBoot umschlingen könnten, erst recht einen Menschen ... Wir haben doch im Grunde absolut keine Ahnung, was da noch alles in der Tiefe lauert. Also in meiner ersten Welt. Weil da ja nie jemand von uns je so tief runter gekommen ist.
Aber das alte Seemannsgarn, Geschichten von Schiffen, die untergegangen sind, weil sie Seeungeheuern begegneten... Sirenen, Böse Meerjungfrauen... dazu reale Haiangriffe, wo dir hinterher, falls du überhaupt überlebst, Arme und Beine Fehlen, weil die Viecher sie dir abgebissen haben und du verblutest elendiglich, wenn da keiner kommt und dir noch rechtzeitig aus dem Wasser raus hilft ..."
„Schon gut, Kati, ist gut, hör auf!", umarmte er sie plötzlich und hielt plötzlich sie ganz fest an sich gedrückt.

Ihren Kopf geborgen in seiner Hand, ihr Gesicht an seiner bloßen Schulter. Ihren Rücken mit seinem Arm  ganz fest umschlungen, derweil sie nun mit den Zähnen zu klappern begann.

„Kein Mensch weiß, was da draußen im Meer noch alles auf uns zu lauert. Und hier weiß offenbar kein Mensch, dass ich vorhin wirklich fast ertrunken wäre.
Oder aber es interessiert sie gar nicht... wie kann das sein, Iiron? Ist mein Leben denn wirklich so viel weniger wert als das eines Immanida? Muss ich erst sterben, um zu beweisen, dass ich nichts böses wollte, sondern nur schnell aus dem Wasser raus, weil die Dinger mir mit ihren viel zu dicht an mir vorbeizischenden Schwimmeinlagen Angst gemacht haben...?"

„Hör auf... Kati, bitte! Ich begreife es nun. Du empfindest wahre Angst vor den Immanida und nun auch vor dem Clan, weil sie es nicht verstehen können. Es ist nicht nur Unsicherheit und Unbehagen. Du zitterst am ganzen Leibe, so wie an jenem Tag als du gesehen hast das wir Clan-Männer Dragorn sind und Bayijah ihren
Trom erwählte, was in deinen Augen eine Opferung war.
Als alle dich antanzten und du weggelaufen bist um dich im Dschungel zu verbergen..."

„I...ich will nicht mehr zu den Nixen ins Wasser, Iiron, aber... ich gehe mit dir zusammen. - Nur n...nicht mehr mit offenem Haar! Nie mehr mit offenen Haar. Und es ist mir auch piep-egal was jeder andere dazu sagt.", seufzte sie schließlich leise und spürte sein Nicken an ihrem Scheitel.

Schon kämmten seine Hände sachte über ihren Scheitel und er schlang ein Lederband um ihren Schopf den er ihr nun in ihrem Nacken zusammenhielt.
Kati hielt still bis er damit fertig war, doch kaum ließ er sie los, ging sie noch mal zurück zum Feuer, das in der Mitte der Klause auf einer SteinPlatte brannte und nahm sich einen dünnen Holzspieß der wohl zum Grillen gedacht gewesen war, brach ein Stück davon ab und wickelte dann ihr langes Haar darum herum, bevor sie es am Hinterkopf in das zusammengebundene Haar reinsteckte und somit fest fixierte.
Nur noch eine recht kurze Strähne, die ihr nicht mal mehr bis in den Nacken reichte, hing jetzt noch über ihrem rechten Ohr herab.
Die abgeschnittene Strähne...
Gott!
Kati befühlte sie Stirnrunzelnd und betrachtete dann ehrlich betrübt die ziemlich ungleich abgesäbelten Haar-Spitzen.
Das war eine ganz schön dicke Strähne gewesen.
Mindestens so dick wie ihr Zeigefinger.
„Mein Haar...!", jammerte sie nun also doch betroffen, von dem Anblick.
Denn wie musste sie denn nun bitte ausschauen?
Iirion war sogleich wieder bei ihr und umfasste mit Bestürzung im Blick ihre Hand, mit der sie die Strähnenenden gerade noch festhielt.
„Es wird wieder wachsen, Kati.", sagte er leise zu ihr, Tröstlich meinend.
Sie nickte nur und kämpfte gegen die erneut aufsteigenden Tränen an.
„Trotzdem wird es mindestens vier Jahre dauern, bis es dann wieder annähernd so lang ist wie zuvor und sicher ein halbes bis ich es in den Zopf mit einbinden kann.", jammerte sie noch leise weiter.

Doch dann wurde ihr bewusst wie oberflächlich das doch war. Sie jammerte über abgeschnittenes Haar, als wäre es ein Finger gewesen.
„Vier Jahre... ist das Lang?", fragte er sie plötzlich und Kati wurde sich bewusst, dass sie einen Begriff aus ihrer Sprache verwendet hatte. Hier gab es das Begriff Jahr wohl nicht für Zeit.
Also suchte sie nach einem Gleichnis.
„In ... in dieser Zeit könnte ich wohl gut vier Kinder ausgetragen haben - und auch schon wieder schwanger sein mit dem fünften...", sagte sie, das erstbeste, was ihr als Vergleich in den Sinn kam.

Überraschender Weise ging Iiron daraufhin auf die Knie runter und schien nun völlig entsetzt zu sein.
„So lang wird es dauern?", keuchte er ungläubig zu ihr auf.
Sie zuckte nur mehr mit den Schultern und hockte sich dann vor ihn hin, weil er nun wirklich bestürzt wirkte.
„Mindestens. Wenn nicht gar noch länger.", flüsterte sie also leise. „Mein Haar wächst nun mal nicht so schnell nach. Nur ungefähr zwei Zentimeter im Monat. Also ungefähr so viel in einem Jahr", zeigte sie nun einen Abstand mit Zeigefinger und Daumen an.
Er nickte nur stumm, und streckte dann erneut seine Hand nach ihrem Gesicht aus.
„Es tut mir so leid. Ich habe dich alleingelassen, Kati, obwohl du verletzt wurdest. Das werde ich niemals wieder so tun, ganz egal, was der Clan auch zu mir sagt.", versprach er ihr eindringlich. Sie atmete nur wieder leise aus und schloß die Augen. Doch dann stand sie auf und wandte sich zum Ausgang hin um.
„Gehen wir jetzt also zusammen ins Wasser, solange die Nixen noch weg sind. Aber ich gehe sofort raus, wenn sie kommen!", sagte sie entschieden zu ihm.
Er atmete lediglich aus und nickte dann schlicht.
Trotzdem war Kati noch immer übel imMagen als sie nun aus der Klause raus und die kleine Leiter runterkletterten.
Praktischerweise war das Meer direkt vor der Klause und auch von den Dragorn war gerade nichts zu sehen. Hatten die sich nun also wieder verzogen, Ja? Oder beobachteten sie vielleicht von irgendwoher?
Auch egal.
„Wehe, wenn du mich da im Wasser behältst, wenn die Nixen kommen.", murmelte sie noch einmal vorsorglich an der Wasserkannte angekommen und trat mit dem Fuß in das warme schaumige Nass. Dann noch einen Schritt und noch einen, derweil Iiron einfach schweigend neben ihr blieb und ihre Hand festhielt.
Ja sie verschränkte nun sogar ihre Finger mit seinen, was er widerspruchslos geschehen ließ. Doch kaum stand sie bis zu den Knien im Wasser
Da erstrahlte auf einmal das Meer um sie herum derart hell als seien nun alle Immanida dieser Welt hierher zum Ufer gekommen ... um auf sie zu warten ... und nun schon wieder blitzhaft zu umkreisen, ganz wie Haie ihre Beute...?!
Oh Mann....

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