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„Die hellen Himmelskinder haben offenbar ihr Glück gefunden.
Doch behauptete Rouke nicht, Kati würde sich vor allen Dragorn zu sehr fürchten und hätte Iiron nur deshalb gewählt, weil er sie bedrohte?!", fragte Marielle seinen ältesten Ratgeber Magon äußerst kritisch.
Sie standen zwischen den Klausen und beobachteten das seltsam zurückhaltende Eingewöhnen der beiden Himmelskinder.
Denn ja, auch der junge Dragorn Iiron war ein solcher.
„Wenn ihr erlaubt... Mog'a'gur ... Ich habe schon oft gegenüber dem Rat bemerkt, dass der junge helle Dragorn vermutlich völlig verkannt wird.
Anhand des Spieles der beiden sieht man es deutlich.
Ihnen beiden fehlt völlig die Ausgelassenheit, welche Stammeskinder auszeichnet. Doch das ist für sie wohl so natürlich, da sie in ihrem ersten Leben noch kein Teil des Stammes oder Clans waren.
Rouke verwechselte wohl ihre zurückhaltende Vorsicht und auch die sicher große Furcht des hellen Dragorn mit Gefühls-Kälte und seine befremdliche Manier des Beobachters mit Seelenlosigkeit.
Und wenn das, was das helle Himmelkind über die Dragorn in ihrer früheren Welt behauptet hat wahr ist..."
„Es ist wahr ... Sie sah tatsächlich Aufzeichnungen in Bild und Schrift, auch wenn sie zuvor keinen lebenden Dragorn kannte. Und man diese Monster in ihrer Welt ohne jede Wandlungsfähigkeit darstellte", grollte Marielle leise. „So raubte in einem Bildmaterial eine weibliche Dragorn eine junge Frau von Menschen, die zu dem abscheulichen Zweck an einen Pfahl gebunden worden war, sie an den Nachwuchs der Dragorn zu verfüttern."
Magon senkte nur betreten den Kopf.
„Wer weiß, welches Grauen der junge, helle Dragon demnach erlebt hat, bevor er von den Ahnen gutmeinend hier her gebracht wurde.
Er hat nie Anzeichen dazu gezeigt zu rauben oder Menschen zu morden. Vielleicht wurde er ja genau deshalb aus den Reihen seiner alten Welt verstoßen, in der ein Dragorn immer seelenlos und gefühlskalt sein sollte.
Und hier wurde er dann abgelehnt, weil er über unser eigenes Gebaren verwirrt war und sich darum so sehr zurück hielt. Vielleicht ist er es auch heute noch, Marielle.", vermutete der älteste und der Mog'a'gur nickte ernsthaft.
„Sich Menschen gegenüber freundlich zu geben, ist hier keine Schwäche, ganz im Gegenteil. Doch in seinem ersten Leben wurde er indes für diese Haltung verstoßen und getötet.", fügte Magon noch hinzu.
„Du meinst also... eine Negativkonditionierung traf auf eine positive Konditionierung, welche die negative Seite aber nicht erkannte, die ihn auf Ablehnung der positiven Art hin mit Folter und Leid zu formen versuchte?", fragte Marielle seinen Ratgeber überrascht.
Der Älteste sah nur wieder stirnrunzelnd zum Wasser hinunter und verschränkte dann langsam und lang ausatmend die Arme hinter dem Rücken.
„Wer kann sagen, was die Ahnen mit den beiden Himmelskindern beabsichtigen? Eines ist jedenfalls gewiss. Wir sehen hier gerade immer noch nicht das Wesen der beiden, wir äußern nur immer unsere eigenen, selbstsüchtigen Wünsche, wie sie sich nun auch hier sofort geben sollen.
Jedoch nehmen unsere Wünsche keinerlei Rücksicht auf ihre Erlebnisse, Ängste oder Konditionierungen.
Es ist kein Wunder, dass sich das helle Himmelskind da an den immer noch sehr zurückhaltenden, hellen Dragorn gewandt hat.
Sieh nur, wie vorsichtig er sie hält. Er wirft sie auch nicht zum Spaß durch das Wasser. Er bespritzt sie auch kaum. Ihr Spiel ist sehr verhalten, da er ihre scheuen Reaktionen auf sein Verhalten beobachtet.
Wenn sie erstarrt, hört er auf zu spielen.
Sie kommunizieren die ganze Zeit über miteinander, doch wortlos und über reine Körpersprache. Ihr Verhalten bestimmt das Seine, Marielle.
Das ist sogar noch größere Rücksichtnahme als wir es gemeinhin zelebrieren.", befand Magon schließlich ernsthaft und sah wieder kritisch zu, wie der helle Dragon nun zu seiner angegebenen hin durch das Wasser watete, da sie sich von ihm abgewandt hatte, als er sie mit einer größeren Wasserwelle überraschte.
Er nahm sie sachte in den Arm, nun wieder ganz ernsthaft und ruhig. Und das Himmelskind lehnte sich auch sofort an ihn an und umfasste sichtlich erzitternd seinen Arm.
Aber nicht um daran zu ziehen und ihn von sich zu nehmen, nein, sie suchte Halt bei ihm.
Und das sah nun auch Marielle und schüttelte nun ebenfalls schlicht ausatmend den Kopf.
„Er gibt ihr immer nur das, was sie im jeweiligen Moment am nötigsten braucht. - Gerade ... Halt und Fürsorge!"
„Weil sie sich hier vollkommen allein und hilflos wähnt, alles und jeden fürchtet, keine der hiesigen Sitten und Gebräuche kennt noch diese nachvollziehen kann.", erkannte Magon nachdenklich. Und blickte dann erst den nun skeptisch dreinschauenden Mog'a'gur an.
„Hast du vorhin denn nicht ihren Gesichtsausdruck gesehen, als sie den gesalzenen Trockenfisch am Strand auf dem Gestellen betrachtete?
Sie kennt das alles nicht. Auch das zusammenkommen der Frauen in der großen Klause. Sie war unruhig und nervös und wollte rasch wieder zu ihrem Gefährten zurück."
Marielle nickte erneut.
„Vermutlich hat sie in ihrer alten Welt sogar ein sehr beschütztes Leben ohne viele andere Kontakte geführt. Vermutlich führen alle Menschen in ihrer ersten Welt ein vollkommen beschütztes Leben, wenn sie doch stets befürchten müssen, dass ihnen dieses von bösartigen Wesen grausam genommen werden könnte.
Sie werden zu übergroßer Vorsicht erzogen. Vorsicht vor anderen Menschen, Vorsicht vor Monstern, Vorsicht vor Drachen und wilden Bestien.
Furcht und Vorsicht wurde ihr eigenes beigebracht. Anstatt ihr zu zeigen, wie man fröhlich ist und anderen vertraut.
Keiner hat es ihr wohl jemals beigebracht, dass es sicher ist, so zu tun, egal ob sie dabei nun Kleidung trägt oder nicht. Sonst wäre sie nicht in voller Bekleidung ins Wasser gegangen.", vermutete Marielle leise und der Älteste nickte finster dazu.
„Unsere Jungen werden es Ihnen nun sicher zeigen, doch es ist unwahrscheinlich, dass sie beide genauso unbeschwert Spielen könnten wie der Stamm.
Das Himmelsmädchen zumindest nicht. Sie ist zu unsicher und ängstlich dazu.
Auf alle Fälle wirst du sehr viel Geduld üben müssen, Marielle. Und deine eigenen Vorstellungen von Eingliederung besser sogleich ablegen. Sonst endet es genau da wo Rouke zuletzt versagte.
Denn auch die Zeit kann nicht ändern, dass sie beide von woanders kommen und jene Erinnerungen mitgebracht haben.
Also müssen wir uns akzeptierend nach ihren Wünschen richten, sofern es ihre Zeit betrifft und dürfen nicht erwarten, was sie beide noch nicht einmal ansatzweise im Stande sind zu geben.
Doch Einladungen sollten wir aussprechen. Viele Einladungen ... um ihnen zu zeigen wie unser Leben funktioniert und dass sie beide nur dann isoliert sind, wenn sie es selbst so wünschen.
Überlassen wir ihnen also nun besser die Führung, wenn es um die Geschwindigkeit ihrer eigenen Eingliederung geht. Sie müssen nun ausruhen, ankommen und sich zunächst einmal wohl fühlen."
Marielle nickte nur seufzend und rief dann Elikatel, der ebenfalls wieder außerhalb des Wassers stand mit einem leisen Pfiff zu sich.
„Marielle...?", kniete er im nächsten Moment auch schon vor ihm.
Magon verneigte sich lediglich vor seinem Anführer und ging davon, um die Unterhaltung der beiden nicht zu stören
„Du spielst heute nicht mit dem Stamm im Wasser, also verweilen deine Gedanken an anderen Orten. Vielleicht dort, wo sie nicht sein dürfen? - Kann das sein?", fragte Marielle, seinen Sohn mahnend und blickte zu dem Hellen Himmelskind hinüber.
Doch sein Sohn lächelte nur leicht und schüttelte den Kopf. „Meine Gedanken verweilen in der Ferne, das ist wahr. Jedoch nicht dort, wo sie nicht sein dürfen. Tatsächlich sah ich ein wirklich hübsches Mädchen vom Stamm des Rouke, als wir eingeladen waren, an ihrem Teich zu spielen.
Gerne würde ich dorthin zurückkehren und sehen, ob ich sie für mich gewinnen kann, mein Mog'a'gur.", lächelte er leicht und blickte dann zu seinem Vater auf.
Der atmete lediglich erleichtert aus und nickte gleich darauf.
„Ich entsende später Sarr, damit er eine weitere Spielzeit an jenem Teich vereinbart, da diese ja nicht stattgefunden hat.
Allerdings brauche ich dich heute, um auf unsere neuen Stammesmitglieder zu achten.
Sie spielen nicht, wie du siehst.
Sie können es nicht.
Vor allem das helle Himmelskind Kati hat zu große Angst vor allem hier. Ihr Gefährte hilft ihr auf seine Weise, dass mag uns generell befremden, doch ist es für sie gerade passend. Also möchte ich das ihr Einladungen aussprecht. Einladungen zum Spielen, Einladungen zur Gemeinsamkeit, Einladungen, um zusammen am Feuer zu sitzen, Einladungen, um gemeinsam zu arbeiten und den Stamm kennen zu lernen. Das gilt vor allem für das Himmelskind Kati.
Selbst wenn sie zunächst hundertmal nein sagt, weil sie sich fürchtet, und diese Furcht sogar begründet, ist durch Erlebnisse in ihrer alten Welt... , sagt sie irgendwann nur einmal ja, ist sie unserem Stamm ein großes Stück entgegen gekommen. Verstehst du das, Elikatel?", fragte er seinen Sohn ernsthaft.
Der neigte lediglich ernsthaft den Kopf.
„Ich hörte sie oben am Felsen von böswilligen Dragorn sprechen, Marielle. Selbst wenn wir nicht diese Dragorn sind, braucht sie vermutlich noch viel Zeit, um zu erkennen, dass wir nichts Böses im Sinn haben, wenn wir mit den Stammes-Mädchen spielen.
Ich habe ihren Gefährten dabei beobachtet, wie er sie beobachtet. Er ist sehr besorgt und passt sich die ganze Zeit über ihrer Furcht an.
Zugleich ist er wohl ebenfalls besorgt, dass sie auch ihn fürchten könnte. Er arbeitet außerdem wie besessen.
Als müsste er seine Aufnahme im Clan nun zunächst erst einmal rechtfertigen.
Wenn man ihm dieses Gefühl gab, dann haben die Dragon in Weststamm sehr falsch an ihm gehandelt", urteilte er leise und Marielle nickte Wohlwollend.
„Teile es ihm mit, wenn er sichtlich zu viel leistet. Beruhigt ihn über unsere Vorstellungen und seit vor allem freundlich.
Wir befürchten seine doch sehr Gutmütige, freundliche Art wurde in seinem letzten Leben mit dem Tode bestraft.
Das hat auch ihn sehr unsicher gemacht und zurückhaltend."
„Wir werden ihn in den Clan einladen, zu den Flügen und Geselligkeiten, den Lehren der älteren und Geschichten der Jüngeren, die von ihren Erlebnissen erzählen. Vielleicht erzählt auch er irgendwann von sich..."
„Erwarte es nicht. Lass ihn zusehen und lernen. Und vor allem ... lasst ihm das helle Himmelskind. Sie hat ihn erwählt. Es war allein ihr Wunsch und Wille ihn zu Wählen, derweil er dich immer noch geehrt fühlt aber doch stark zweifelt, zudem Repressalien auch hier bei uns befürchtet, weil sie es viel zu schnell und aus einer Not heraus tat."
„Doch sie passen zusammen", fand Elikatel lediglich lächelnd und senkte dann ergeben den Kopf.
„Wir werden freundlich und offen sein, bis sie es auch sein können, mein Mog'a'gur. Keine Sorge. Sie werden sich sicher bald wohl fühlen. Liasamma hat auch schon gesagt das wir Kati nicht bedrängen dürfen. Sie wird wohl ihre Ausbildung übernehmen."
Marielle nickte lediglich kurz, dann standen beide noch eine Weile da und sahen zu, wie der helle Dragorn das Himmelskind langsam und vorsichtig mit ins tiefere Wasser nahm und dabei nun immer wieder ihr gerötetes Gesicht mit etwas Wasser bespritzte. Er nahm Rücksicht, war gut zu ihr... es gab also zumindest hierbei keine Probleme.
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