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Der Umzug geschah tatsächlich rasend schnell. Iiron hatte den Auftrag bekommen, sie lediglich zu transportieren, derweil andere Dragorn in ihre Hütte gingen, um dort alles was sie besaßen zu holen und mit zunehmen.
Nur, dass Kati jetzt auf einmal auf seinem Rücken, noch vor den Flügeln sitzen sollte war creepy.
Dazu hatten die anderen Drachen nun tatsächlich lange glatte Lederschlingen um seinen Hals und seine Brust herum gelegt, an deren Knoten sie sich die Bänder -Enden nun um die eigenen Arme wickeln musste. Sie zurrte sich also nun regelrecht an dem Drachen fest, um nicht von ihm herunter zu fallen.
Oh-oh...
Ob das so gut war?
Es war zumindest nicht mehr so unsicher und beängstigend wie die Transporte in der Drachenklaue zuvor.
Da hatte sie nämlich einige blaue Flecke davon getragen, die Mariell noch gesehen und dann ernsthaft gerügt hatte.
Iiron war davon ganz betroffen gewesen und hielt nun ständig den Kopf gesenkt.
Denneinem Menschen dürfte laut Mariells Anweisungen niemals ein Leid durch einen Dragorn verursacht geschehen.
Ja, aber warum schloss das nicht auch die Drachen mit ein? Warum hatten die Dragorn all die Jahre dieses Misstrauen und ausgrenzen von Iiron zugelassen?
Er war so viel früher, als sie vom Himmel runter gefallen.
Aber er war nun mal kein Mensch gewesen.
Wäre er es, dann hätten sie ihn ganz gewiss anders behandelt.
Ja, es wurde tatsächlich immer offensichtlicher, dass hier nur die Menschen das Sagen hatten, denn gleich nach ihrer Ankunft beim Nordstamm, der gut 1 Flug-Stunde oder noch länger von diesem großen Felsen und dem darin befindlichen Teich entfernt war, kamen sie in einem vorwiegend von Menschen bewohnten Dorf am Meer an.
Hier gab es weite Sandstrände, Fischerboote, Ja, sie trockneten sogar den frisch gefangenen Fisch auf großen Gestellen.
Schon irgendwie komisch.
Und auch schon wieder sehr befremdlich.
Dort im Weststamm, im Urwald, hat sie sich nicht zurecht gefunden. Und hier am Meer, würde es ihr vermutlich genauso ergehen. Es gab keine motorisierten Fischkutter. Nur diese Kanuboote.
Und wann immer sie nun Iiron einen unauffälligen Blick zuwarf, schien auch er nun doch mit der Gesamtsituation überfordert zu sein.
Hatte sie es doch gewusst.
Iiron war inzwischen das Leben im Regenwald gewöhnt, nicht dass hier draußen am Meer. Und nun mussten sie sich alle beide schon wieder umstellen.
Naja, ... sie hatte sich ja noch nicht wirklich auf den Regenwald eingelassen gehabt. Kannte da auch nicht wirklich irgendetwas, was man hätte jagen, essen, kochen oder braten können.
Doch für Iiron war nun alles wieder auf Anfang gestellt. Ob er sich wohl genauso sehr fürchtete wie sie?
Elikatel kam schließlich mit mehreren Frauen verschiedenen Alters, die aus dem Dorf zusammengelaufen waren, zu ihr hin.
Er war ihnen vorhin schon mal voraus geflogen.
Vermutlich, weil Iiron aus Sorge um sie, doch eher langsam unterwegs gewesen war.
Da teilte sich auf einmal die Menschenmenge und eine, mit einem gewaltigen Muschelstab ausgestattete Frau mit langen Weißen Haaren und in blassgraue Leinengewänder gekleidet, die auch unzählige angenähte Muscheln aufwiesen, kam nun langsam auf sie zugeschritten.
Oh-oh...
Die erinnerte sie tatsächlich in ihrem Auftreten an diese böse alte Vettel, die sie mit den Dornen geschlagen hatte.
Und genau so ein Ding trug sie tatsächlich auch ebenfalls an ihrem Gürtel.
Sofort rannte sie hinter Iiron in Deckung, der nur einen kurzen Blick brauchte, um zu verstehen, was sie da gerade ängstigte.
Schon versucht er, sie wieder zurück nach vorne zu holen.
„Kati, nicht doch... schau! Du musst dich nicht fürchten. Lisamma ist gut und sie wird dich auch nicht mit den Dornen impfen, denn du verstehst doch bereits unsere Sprache...", redete er ihr mal wieder gut zu.
Oh, Okay...?!
Sie reagierte also vermutlich gerade wieder über ... Und das total.
Die Frau hatte auch bereits verblüfft guckend angehalten und nahm nun kurz verwirrt diese Dornenbürste von ihrem Gürtel ab, um sie dann mit mildem Lächeln einer jungen Frau zu überreichen.
„Nimm sie Gajia. Die Gerüchte stimmen wohl, und die alte Aisamma hat schlecht an dem neuen Himmelskind gehandelt, wodurch sie verbannt wurde. Bringt das Szvou darum bitte in meine Klause.
Wir wollen sie nicht noch mehr verängstigen. Meine Ahhne sagte immer, Ihre Ahhne hätte sich Zeit ihres zweiten Lebens immer ein wenig vor allem gefürchtet.
Auch wenn sie noch 40 glückliche Jahre hier beim Stamm lebte.
Wir müssen also behutsam sein. Es ist nur gut, dass die Ahnen uns nun wohl doch wieder etwas Vertrauen schenken.
Ich befürchtete sogar schon der helle Himmelsdragorn könnte der letzte von ihnen zu uns Gesandte gewesen sein. Doch nun steht dieses neue Himmelskind vor uns.
Gelobt seien die Ahnen und Götter, wie auch Ihr Vertrauen in uns!", zelebrierte die Schamanin nun mit raschelndem Muschel-Stock und alle umstehenden, sowohl die Drachen als auch die Menschen, senkten ergeben die Köpfe und hoben wie dareichend, ihre Handflächen, bis zu ihrer Brust hinauf an.
Alle zusammen, wie einstudiert. Und sogar Iiron tat das.
Ja, verrückt.
„Oh je, du siehst so verwirrt aus, helles Himmelskind. Betest du also nicht zu den Ahnen, die einst waren und nun vergangen sind?", fragte die Schamanin Kati, wohl, weil sie diese anscheinend genau beobachtet hatte, nur wieder freundlich lächelnd.
Kati zuckte angespannt mit den Schultern.
„Ich rede noch manchmal mit meinen Eltern. Ich meine... ich vermisse sie sehr. Vor einer Woche waren wir noch alle zusammen im Urlaub. - Auf... einer langen Reise. Nun sind sie tot, ... und ich auch. - Ich meine... ich war tot...", schüttelte sie nun verwirrt über ihre eigenen Worte den Kopf und runzelte dann kurz nachdenklich die Stirn.
War sie denn hier nun lebendig oder tot?
Ja, wenn sie das nur wüsste...
„Du bist aus großer Höhe in den Tod gestürzt, nicht wahr?", fragte die Schamanin sie plötzlich nachdenklich.
Kati nickte nur verdutzt.
„Ja, aus einem Flugzeug raus. In mehreren tausend Metern Höhe.
Es hat gebrannt, vielleicht ist da auch was explodiert. Auf einmal war das Dach weg, und ich war noch nicht wieder angeschnallt und wurde rausgerissen. Meine Mutter wollte mich noch festhalten, aber der Sog war einfach zu stark.
Und dann..."
Sie unterbrach sich und schüttelte nur erneut verwirrt wie auch traurig den Kopf.
„Bist du ins dunkle gefallen... und erwachtest hier bei uns am Boden liegend.", nickte die Frau wissend und auch Kati nickte erneut.
„Woher... Wissen sie das?"
„Ihre Muhhe war ein Himmelskind, Kati. Die Ahhne, ihrer Ahhne! Das sagte sie doch schon!", raunte Iiron ihr nun zu.
„Okay und was bedeutet nun Ahhne und Muhhe?", flüsterte sie leise zurück.
Er riss kurz die Brauen hoch.
„Ahhne ist der hiesige begriff für die Frau die dich geboren hat! Nun ja... Mutter, sagen wir himmlischen dazu.", flüsterte er zurück.
„Oh, also die Ahhne ihrer Ahhne, das ist also ihre Oma. Und die war auch so wie ich ein Himmelskind... und ist ebenfalls so wie ich aus großer Höhe herabgefallen?", fragte sie ihn wieder.
Er nickte nur ernsthaft.
„Alle Himmelskinder fallen in den Tod, durch die Schwärze hindurch, und landen dann hier.
Es wird als ein Segen der Ahnen bezeichnet, manchmal auch als eine Richtungsweisung.
Doch für uns Himmelsmenschen und Mich, den einzigen Himmelsdragorn stellt sich das natürlich zunächst ein bisschen anders dar.", erklärte er ihr weiter, doch Lisamma war inzwischen herangetreten und mischte sich nun wieder in das Gespräch ein.
„Und eben, weil es so ist, kannst du ihre Ängste und Sorgen und Nöte verstehen, Himmelsdragorn und lässt ihr genügend Raum und Zeit, anstatt eine sofortige Anpassung als auch Freunde und Glück über ihre Ankunft zu verlangen.
Es war ihr Schicksal, dass sie beim Weststamm gelandet ist. Schon allein der Umstand aus so enorm großer Höhe zu stürzen, hat sie aber sicher traumatisiert.
Meine Oma, wie du sie nennst, stürzte in ihrem ersten Leben von einer hohen Klippe in den Tod. Sie wurde damals von ihrem Liebsten in den Abgrund gestoßen., weil sie sein Kind erwartete und er sie dann aber doch nicht mehr wollte.
Danach konnte sie für lange Zeit niemandem mehr vertrauen. Schon gar keinen Mann.
Jedoch haben die Menschen dieses Stammes sie freundlich aufgenommen, und sie lernte es schließlich doch noch wieder einem andern guten Mann, der sehr freundlich, ruhig und respektvoll war, ihr Vertrauen zu schenken.
Du hast deines indes schon sehr schnell verschenkt.
Wahrscheinlich, weil du nicht von bösen Menschen getötet wurdest. Es war wohl nur ein Unfall, der dich fallen ließ...?!", fragte sie so halbwegs, und Kati nickte erneut bejahend.
Diese Frau Lisamma war wirklich viel netter, als die alte Aisamma.
Und diese hier wusste, oder hatte es zumindest von ihrer Mutter und auch Großmutter so gehört, wie es ihr nun damit ging.
Das war schon irgendwie beruhigend.
Sie war auch noch um einiges jünger, als die alte Vettel. Ihr Haar war noch voll, auch wenn es weiß war... oder war das eher platinblond...?
Nun nickte sie auch noch einem hübschen Mädchen mit einer langen Muschelkette um den Hals zu, dass versetzt hinter ihr stand.
Diese trat auch sofort lächelnd vor und reichte ihr nun freundlich die Hand.
„Kati, sei Willkommen. Mein Name ist Jacci. Ich bin ungefähr in deinem Alter.
Lisamma möchte, dass ich dich nun zunächst herumführe und dir alles zeige, damit du dich hier bald gut zurechtfindest.
Derweil werden die Dragorn nun damit beginnen, eure Klause aufzubauen.
Keine Sorge, dein Iiron wird dabei von allen hier unterstützt. Und wenn du ihn sehen oder bei ihm sein willst, können wir immer wieder hierher zurückkommen.
Ich dachte nur, es wäre nett, sich zunächst unter uns jungen Frauen erst einmal kennen zu lernen.
Der Flug war sicherlich anstrengend, und wir haben eine Mahlzeit für dich vorbereitet. Dein Dragorn hat ja heute wohl schon gefressen. Und wenn er nun für eure Heimstatt Sorge tragen muss, ist es unfair, ihn danach auch noch auf die Jagd oder zum sammeln zu schicken.", meinte sie nun leicht unsicher lächelnd, weil Kati sich unwillkürlich zwei Schritte von ihr weg bewegt hatte, wieder dichter zu Iiron hin, der auch sofort einen Arm um sie herum schlang und ihre Aufmerksamkeit suchte.
„Hab Vertrauen!", bat er sie leise, sobald sie zu ihm aufblickte.
Kurz musste sie wirklich an sich halten, um jetzt nicht in Tränen auszubrechen. Er wusste wirklich ganz genau, was in ihr vorging, oder?
„Aber was, wenn Sie uns nun doch nur wieder voneinander trennen wollen...?", wisperte sie leise.
„Meine Kati... Hab Vertrauen! Wenn du nicht wieder zu mir kommst, finde ich dich!", sagte er nun so ernsthaft zu ihr, dass sie unwillkürlich erleichtert ausatmete und schließlich zögernd nickte.
„Ich hab - glaub ich ... wirklich eine Art Trauma, Iiron. Verlustangst oder so ähnlich.", murmelte sie stirnrunzelnd. Er nickte nun ebenfalls sehr ernsthaft.
„Aber du vertraust zumindest mir und das sollst du nun auch. Gehe also mit Jacci, ruhe aus, iss etwas. Du hattest heute Morgen noch nichts und ich weiß inzwischen, dass Menschen dreimal am Tag essen oder zumindest zweimal am Tag. Kinder und junge Leute sogar noch häufiger. Wenn etwas ist, rufe nach mir. Ich bin sicher, ich werde dich hören.", bat er sie beruhigend lächelnd und Kati nickte nur wieder zögernd zu ihm auf.
„Okay, ... dann ... gehe ich mal.", wisperte sie jetzt doch sehr unsicher und Jacci, die eben noch besorgt ausgeschaut hatte, nahm sie sogleich wieder strahlend lächelnd an die Hand.
„Mach dir bitte keine Sorgen. Wir kommen nachher zu den Dragorn zurück und schauen diesen Prachtexemplaren bei der Arbeit zu.
Das tun wir unverbundenen Mädchen tatsächlich sehr gerne. Es ist schön zu sehen, wie sie sich schwitzend und schuftend anstrengen, nur damit es uns wohl ergeht.
Ich habe neulich tatsächlich auch schon eine solche Klause als Werbegabe von Kajii erhalten. Noch habe ich mich nicht entschieden, ob ich ihn auch erwählen möchte. Aber wenn du willst, kann ich ihn dir nachher mal vorstellen. Er ist genauso stattlich wie dein Gefährte.
Und Himmelsmenschen sollen ja generell ein sehr feines Gespür für gute und schlechte Charaktere haben, also vielleicht kannst du mir raten.", lachte das Mädchen noch Augenzwinkern und riss sie dann förmlich mit sich mit.
- Zwischen die vielen Klausen, wie der Nordstamm hier ihre Hütten auf Stelzen wohl nannte.
Nun ja.
Kati blickte rasch noch einmal zurück, und sah mit wiederum großer Sorge, wie nun viele dunkle und unbekannte Dragon langsam von allen Seiten auf Iiron zugingen, der sich nun mit wieder ernsthaftem Blick von ihr abwandte und die Schultern straffte, derweil die Dragorn sich gleich darauf in einer dichten Traube um ihn herum versammelten.
Oh Gott!
Hoffentlich war das jetzt kein Fehler gewesen, dachte sie noch kurz bei sich.
Doch Iiron hatte es ihr ja immerhin versprochen. Wenn sie nicht bald wieder zu ihm zurückkommen würde, würde er sie finden.
Und darauf vertraut sie nun einfach mal.
Auch wenn es ihr gerade wirklich sehr schwer fiel.
- Wie krank war das nur...?
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