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Seine Hand, die sich auf ihre legte, holte sie schließlich wieder aus ihrer Gedankenversunkenheit und in die Wirklichkeit zurück.
„Du bist ganz weit weg, oder?", fragte er sie sanft und strich ihr eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht und hinter das Ohr.

Oh, ... ertappt.

Und weil sie ja nun ganz ehrlich zu ihm sein wollte, nickte sie, was aber Iiron wiederum zu einem Stirnrunzeln brachte.
„Denkst du gerade also wieder an deinen Himmel oder an dein früheres Leben?", fragte er sie leise und Kati blinzelte ihn überrascht an.

Er aber schluckte nun deutlich und nickte schließlich, als sie erst mal gar nichts darauf sagte.

„Ich selbst habe noch sehr, sehr lange an mein altes Leben zurück gedacht und war zornig darüber, dass ich hierhergebracht wurde. Ich hatte das Gefühl versagt zu haben. Mein Clan wurde anscheinend von solchen bösen Dragorn ausgelöscht, wie du sie kanntest und ich bin damals feige geflohen.
Die Götter brachten mich schließlich schwer verletzt hierher, sogar auf dieselbe Weise, wie sie dich herbrachten. Ich viel einfach vom Himmel herab... kurz war es dunkel... dann lag ich am Boden und der Clan fand mich dort.
Zuerst wollte ich nur immer wieder zurück.
Ich habe gegen alle angekämpft und mich von jedem ferngehalten. Ich dachte, wenn ich die Götter bitte, mich zurück zu bringen, würden Sie es zulassen, und ich könnte dann als ein ausgewachsener Dragorn meinen Clan rächen.", erzählte er ihr leise, und Kati atmete tief aus und wieder ein.

„Dann ist es dir also auch erst so schwer gefallen, hier mit allem zurecht zu kommen? Hattest du auch solche Angst?", fragte sie ihn beinahe flüsternd.
Er nickte lediglich ernsthaft mit dem Kopf, und beide sahen sie sich nun über das Feuer hinweg an, bevor Kati schließlich zuerst fortschaute und unwillkürlich die Hände in ihrem Schoß rang.

„Dieses Leben hier ... ist mir vollkommen fremd, Iiron. Die Art, wie hier alles gemacht wird, wie gebaut wird, wie gekocht wird ... Das Obst und Gemüse... und auch die Drachen... Verzeihung, ich meine Dragorn.", gestand sie ihn schließlich leise und korrigierte sich kopfschüttelnd selbst.

Er lächelte nur leicht.
„Früher sagte ich auch Drache zu mir. Es war ebenfalls mein angestammtes Wort für meine Art.", beugte er sich nun zu ihr hin und flüsterte es ihr lediglich leise und fast schon verschwörerisch zu.

Kati, hob kurz die Brauen.
„Ehrlich?", wisperte sie zurück.
Er nickte kurz feixend. „Doch mit der Zeit gewöhnt man sich um. Wenn sich alle immer anders bezeichnen, dann lernt man es irgendwann auf dieselbe Art und Weise zu betrachten.
Schließlich... Möchte man ja irgendwann doch noch dazugehören. - Zumindest halbwegs."
Kati runzelte nachdenklich die Stirn.

„Also hattest du die selben Probleme wie ich auch. Und sie haben dich vermutlich nur deshalb ausgegrenzt gehalten, weil du dich ja zuerst selbst von allen ausgegrenzt und ferngehalten hast.", sann sie nachdenklich vor sich hin und nickte schließlich begreifend.
„Für mich war das ja so gar nicht möglich, Iiron. Ich hatte und habe immer noch keine Möglichkeit von hier wegzufliegen, oder mich irgendwo zu verstecken, um mal allein zu sein.
- Du findest mich", murmelte sie verzagt als auch erschöpft vor sich hin, und bemerkte nicht, wie besorgt Iiron nun wieder zu ihr hin schaute.

„Möchtest du denn von mir fort? Möchtest du dich von mir verstecken?", fragte er sie leise mit einem seltsamen Unterton in seiner Frage, der vermutlich Verletztheit war... und Kati biss sich zunächst einmal mehr auf die Unterlippe, um sich für ihre eigenen unbedachten Worte zu bestrafen.
Sie fragte sich natürlich, ob sie ihn nun gerade wieder beleidigt hatte. Doch Iirons Blick blieb weiter nur sanft und besorgt, nicht gekränkt.
Also...?!

„Ich... wollte es, am Anfang. Als mir das Antanzen bei dem Fest, das für mich kein Fest war, zu viel geworden ist und als die Leute über mich gelacht haben, als die Männer immer näher an mich ran gekommen sind und ich niemanden verstanden habe...
Ich meine, ich hab ja auch nicht gewusst, was du gerade willst, oder irgendjemand hier, ... und da wollte ich nur noch weglaufen. Am liebsten wäre ich auch in meinem Versteck geblieben, also in dem Blätterhaufen. Aber du hast mich dann ja ziemlich schnell gefunden und zurückgebracht, ... hast mich beruhigt und bist außerdem - wenn auch auf Abstand - bei mir geblieben.
Und deshalb vertraue ich dir nun mehr als allen anderen hier. Aber das bedeutet nicht, dass ich nicht ab und zu das Bedürfnis habe, allein zu sein.
Oder weg zu laufen.
Oder ganz einfach nur herum zu streunen und mir alles anzusehen, von dieser merkwürdigen Welt, die ich immer noch kein bisschen verstehen kann.", gestand sie ihm schließlich resignierend.

Er strich ihr sachte über den Arm und langte dann schließlich an ihr vorbei ins Feuer um inmitten der Flammen die Knollen zu wenden.

Woah... dass er das einfach so konnte, ohne dabei Brandblasen zu bekommen ...?!
Ja, das faszinierte Kati schon sehr.

Doch er war ja auch ein Drache. Er wurde vermutlich heißer noch als Feuer, wenn er so wie heute explodierte.
Also alles kein Wunder.
Alles ganz normal.

Nur eben nicht für sie.
Es war irre, es war gewaltig, es machte sie zugleich betroffen als auch unruhig.

Also stand sie schließlich auf und ging zum Eingang der Hütte hinüber, um hinaus zu schauen. Es hatte zwischenzeitlich zu regnen begonnen.
Ja... Es regnet nun sogar ziemlich heftig. Warum hatte sie bisher davon noch gar nichts mitbekommen?
Und würde es bei solcher Stärke vielleicht sogar durch das Dach durchkommen, fragte sie dich und betrachtete besorgt das Dach.

„Was sorgt dich gerade immer noch so sehr, dass du unruhig wirst, Kati?", fragte Iiron nun direkt hinter ihr und legt ihr sachte eine Hand auf die Schulter.
Sie drehte sich nur kurz verwirrt zu ihm um und deutete dann aber lediglich seufzend hinaus ins Freie.
„Es regnet auf einmal so heftig. Das hatte ich gar nicht mitbekommen.
Aber prinzipiell bekomme ich hier gerade wohl auch nur sehr wenig mit, hab ich das Gefühl. Entweder ich sitze in einer kalten Höhle und erfriere fast ... oder ich werde in einem wunderschönen Teich auf atemberaubende Weise verführt...
Ich laufe durch die Gegend, wie ein kopfloses Huhn, und weiß weder wohin ich will, noch woher ich gerade komme...", sagte sie mir zunehmend bebender Stimme und hob schließlich resignierend die Schultern.

„Es ist derzeit eben alles etwas viel für mich. Also stehe ich auf, gehe ein paar Schritte, und versuche dadurch zu mir selbst zu finden. Und wenn ich dann anhalte, komme ich auch irgendwo an. Irgendwo, wo man sich irgendetwas ansehen kann. Selbst wenn es nur der Regen ist, den ich wie gesagt, bisher nicht bemerkt habe.", sinnierte sie seufzend vor sich hin und blickte schließlich erneut besorgt zum Dach hinauf.
„Wird das halten, oder kommt der Regen irgendwann durch, wenn es nur lange und heftig genug geregnet hat?", fragte sie ihn leise.

Er schmunzelte lediglich und hob die Schultern.
„Wenn der Regen durchkommt, darfst du mich ausschimpfen und sehr laut schelten. Denn dann habe ich einen großen Fehler begangen, und du darfst sogar vor anderen sagen, dass ich darin versagt habe, dir ein sehr stabiles und gutes Haus zu bauen.
Dann werden die anderen Frauen und Mädchen über mich herziehen, weil ich nicht sorgfältig genug gearbeitet habe.
Sie werden mich verspotten und über mich lachen. Und das, meine Liebe Kati, hätte ich dann auf jeden Fall auch so verdient", erklärte er ihr weich und strich ihr dabei zart über den Nacken.
- Hinunter und gleich wieder hinauf...

Hmmm ... er streichelte sie?!
Um sie zu beruhigen, oder?

Schließlich drehte sie sich doch wieder zu ihm um, und schenkte ihm ein leichtes Lächeln.
„Das gute, wenn man mit einem Drachen aus einer anderen Welt spricht, der hier eben so fremd war wie ich, und sich vermutlich auch immer noch fremd fühlt, so wie ich, ist, dass wir dadurch auf jeden Fall eine Gemeinsamkeit haben.
Oh, ich bereue es ganz sicher nicht, dass du mein Gefährte geworden bist. Und ich hoffe, dass es dir genauso geht. Sicher werde ich mich bald schon an all das hier gewöhnt haben.
Aber gerade fällt es mir doch ziemlich schwer. Das macht mich allerdings echt undankbar und schlecht gelaunt. Und dafür entschuldige ich mich, Iiron.", sagte sie zu ihm. Doch er blickte nun ebenfalls mal hinaus und verzog seinen Mund zu einem feinen Lächeln.
„Ich glaube, du hast selbst gar keine Vorstellung davon, wie unkompliziert und sanft du bist, meine Kati.", urteilte er schließlich leise und hielt ihr dann erneut seine Hand hin, als sie nun doch wieder ein wenig fröstelte.

„Gehen wir zurück zum Feuer. Dort ist es wärmer. Und wenn du es gerne möchtest, wärme auch ich dich ein wenig.
Oder ich halte mich fern und bleibe auf der anderen Seite des Feuers.
Alles geschieht nun genau so, wie du es willst, einverstanden?", fragte er sie noch und Kati nickte lediglich und ergriff seine Hand.

Es hatte Bedeutung, dies so zu tun.
Eine große Bedeutung sogar.
Zumindest für sie, denn sie ergab sich damit schlicht in ihr Schicksal.

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