19
Kati
Sie erwachte, als Iiron seine Hand auf ihren Rücken legte. Es fühlte sich warm an und beruhigend.
Doch Kati war sich sofort wieder ihrer Umgebung bewusst und auch der Tatsache, dass dieser viel zu gut aussehende aber doch auch ziemlich gefährliche Drachenwandler-Mensch sie ganz offensichtlich verzaubert hatte, damit sie hier blieb und erst einmal schlief ... Im Haus einer Frau, die sie scheinbar gehasst hatte.
Um nun ihre Nachfolge anzutreten, weil sie ja angeblich mit den Ahnen dieser Wesen sprach?
Na, ganz toll!
- Vermutlich hatten sie jetzt schon alles über ihren Kopf hinweg entschieden und beschlossen. Vielleicht sollte sie also jetzt für immer hier in diesem gruseligen Schamanenhaus bleiben und irgendwelche Nüsse an Stäben aufgehängt schütteln, um böse Geister zu vertreiben oder irgendeinen esoterischen Singsang zelebrieren...
Brrrr...
„Warum hast du mich betäubt, Iiron? Ich will hier wirklich nicht bleiben. Ich gehöre hier auch nicht her.", flüsterte sie also leise und blieb in sich zusammengesunken sitzen.
„Dein Körper ist nun wieder warm. Vorhin warst du schon eiskalt von deinen nassen Kleidern und der kalten Höhle. Selbst nach dem Aufwärmen im Teich wurdest du wieder zu schnell kalt. Verzeih, wenn ich dich deshalb dazu gezwungen habe zu ruhen und dich aufzuwärmen, obschon du das nicht wolltest. Aber ich hatte keine Wahl um für dein Wohl zu sorgen.
Wenn du es möchtest, geh zu Rouke und führe Klage gegen mich. Ich bin mir sicher er gibt dem nur zu gerne statt und tötet mich für dich, weil ich dich zu etwas Zwang.
Wir haben eindeutige Gesetze im Stamm.
Menschen dürfen nie zu etwas gezwungen werden was sie nicht wollen. Doch ich würde es jederzeit wieder tun, um dein Wohl nicht zu gefährden.
Nach dem Feuer Ausbruch war es draußen zunächst zu nebelig und zu feucht um zu verweilen.
Dies hier war die einzige Hütte die noch vollständig stand, abgesehen von den Familienlakteé. Also habe ich dich her gebracht, damit du dich aufwärmen kannst und ausruhen. Ich habe dir heute sehr viel zugemutet. Dafür erbitte ich deine Vergebung und bin bereit die Schuld zu tragen... Wenn du es nun so gebietest, Kati!"
Oh wow!
Was war denn das jetzt wieder?
Er kniete plötzlich mit gesenktem Kopf vor ihr und hob seine Handflächen zu ihr hinauf. Als wollte er ihr etwas anbieten? Sich selbst vielleicht? Sein Leben?
Ohhhh... Das war alles so irre hier!
„Steh schon auf und hör auf solchen Unsinn zu reden. Ich geh doch nicht zu Rouke, der dich nicht leiden kann und deswegen sicher sofort killt, wenn irgendjemand auch nur einen leisen Piep gegen dich sagt.
Und wenn du denkst, ich bin so ein gemeiner und fieser Mensch, dass ich dich einfach so in ein offenes Messer rein laufen lasse..."
Er stand schon wieder und legt ihr beide Hände auf die Oberarme. Nur ganz leicht, doch Kati verstummte sofort wieder. Seine Augen waren so unglaublich blau... So leuchtend blau wie der Himmel.
Irre...
Sie schluckt so hart und biss sich kurz unsicher auf die Unterlippe, bis er Stirnrunzelnd seinen Finger an ihren Mund hob und sachte darüber Strich. „Ich beunruhige dich anscheinend, wenn ich dich so anfasse. Es tut mir leid, Kati. Es ist nicht meine Absicht mich dir aufzudrängen. Doch ich möchte auch nicht, dass du dich nun aufregst. Das brauchst du nicht. Und du musst jetzt auch nicht länger hierbleiben. Ich habe deine Hütte wieder aufgebaut. Du kannst sie dir jetzt ansehen und mir sagen was dir noch fehlt und was du gerne noch alles darinnen haben möchtest... Es sei denn natürlich, du bevorzugst nun doch jemand anderen, der sich um dich kümmert, da ich ja dein Missfallen erregt habe..."
„Sei nicht albern. Wen soll ich hier denn bitte fragen? Die anderen Drachen sind noch viel beängstigender als du es bist und die Menschen kenne ich nicht, außer Emena und Bayija. Und Bayija mag mich nicht.
Außerdem hast du nicht mein Missfallen erregt... Du hast mir etwas getan was ich nicht wollte. Aber da du es getan hast, um mir zu helfen, ist es ... okay. Ich weiß nicht wie kalt ich schon wieder war. Aber für dich als Drache muss es wohl sehr kalt gewesen sein. Vielleicht war mein Denken dadurch auch schon etwas beeinträchtigt...", überdachte sie die Situation noch einmal stirnrunzeln, wobei sie versuchte ihn nicht direkt anzusehen.
Denn sie schämt sich nun schon ein wenig, für ihr übergroßes Misstrauen, obwohl er ihr doch immer nur helfen wollte.
„Ich ... danke dir, Iiron, dass du mir geholfen hast, besonders weil ich gar nicht bemerkt hatte, dass es schon ziemlich ernst um mich stand. Du bist sehr nett zu mir, und vielleicht nerve ich dich ja auch, weil ich so ängstlich bin und unsicher und mich hier auch überhaupt nicht auskenne, noch weiß was ich hier überhaupt mache oder machen soll..."
Er ließ seine Hände wieder sinken und runzelte nun ebenfalls die Stirn.
„Allen Himmelskindern geht es am Anfang so wie dir jetzt. Ich war da auch keine Ausnahme und sehr unsicher als ich hier ankam. Die hiesigen Dragorn mochten mich auch deshalb nicht, nicht nur weil ich so hell bin wie du, statt Dunkel wie sie. Das kam nur noch hinzu.
Doch ich kann die Farbe meines Haares und meiner Haut nicht ändern und auch nicht, dass ich wie du aus dem Himmel herabstürzte.
Am heutigen Tag hast du für mich gesprochen, und hast allen gesagt, dass sie fehlen. Du hast allen gesagt, dass ich nicht seelenlos bin. Und du hast sogar behauptet ich sei nett zu dir."
Okay... seine Worte verschlugen ihr fast die Sprache... aber nur fast.
„Das war keine Behauptung, Iiron. Das war nur die Wahrheit. Du bist nett zu mir und auch sehr geduldig, seit ich hier aufgeschlagen bin.
- Oder besser gesagt am Boden gelandet.
Aber... Ich weiß wirklich nicht was ich hier soll. Warum hat Gott mich hierher gebracht? Das hier hat nichts mit dem gewohnten Lebensraum zu tun, in dem ich aufgewachsen bin. Alles ist mir fremd und dass es hier auch noch echte Drachen gibt, erschreckt mich sehr. Bei uns gibt es sie inzwischen nicht mehr. Wir haben nur noch alte Geschichten über euch Dragorn. Und alle sind sie darin böse und abartig und tödlich für Menschen. Besonders für Frauen..."
Sie unterbrach sich selbst und runzelte nur noch mehr die Stirn, denn ihm sowas zu erzählen, von den Drachengeschichten alte Zeiten, die ja eigentlich nur auf irgendwelchen Fantasien beruhten, schien ihr nicht gerade angeraten. Doch Iiron schien ihre Worte sehr ernstzunehmen, denn auch sein Stirnrunzeln vertiefte sich nun und er griff nach ihren Fingern. Sie knispelte da gerade mit dem Daumen-Nagel über die Nagelecke am Zeigefinger und schälte etwas Hornhaut ab. Doch er unterbrach das rasch, und drückte nun ganz sanft ihre Hand.
Sie blickte verunsichert zu ihm auf und las Betroffenheit in seinen Augen.
„Sprich weiter, Kati... du hast es vorhin schon kurz angedeutet, dass da in deiner Welt Monster waren, also Dragorn, die Frauen grausam behandelt und wohl auch Menschen gemordet haben... Kannst du mir erzählen, was sie mit den jungen Frauen bei euch schlechtes getan haben?", fragte er sie ganz leise.
Sie zuckte nur Stumm mit den Schultern.
Schließlich konnte sie einem so netten Drachen nicht gut von menschenfressenden Bestien erzählen, die seiner Gattung angehörten, oder?
Generell schienen die Drachen hier ja nun komplett anders drauf zu sein. Aber vielleicht lag das auch nur an der Tatsache, dass sie keine ausschließlichen Drachen wachen, sondern auch noch Menschen-Männer. Also Gestaltwandler. Zumindest konnten sie sich alle auch in Menschen verwandeln. Auch wenn ihre Gesichtsbemalung wirklich gewöhnungsbedürftig war. Doch bei Iiron bemerkte sie es inzwischen kaum noch. Sie blickte ihm auch fast nur noch in die Augen, oder auf die Brust ... Wenn sie ihn mal nicht direkt ansehen konnte, aus Scham oder Verlegenheit...
Oh, das war so verwirrend.
„Kati?", fragte er sie nun wieder ein wenig drängender. „Bitte, ich möchte deine Ängste gerne verstehen. Also erzähle mir bitte von den Monster-Dragorn in deiner Welt, die heute nur noch Geschichten sind. Ich muss das wissen, damit ich an dir keine weiteren schweren Fehler begehe.", sprach er sanft weiter.
Kati atmete leise aus und schüttelte den Kopf.
„Nein... oh nein, Iiron, keine Sorge. So wie ich die Sache sehe hast du nichts mit diesen Monstern aus den Legenden gemein. Du hast mich bisher immer nur beschützt, wenn auch zugegeben manchmal auf sehr chaotische oder wilde Art und Weise. Und ja, das war auch mitunter beängstigend.
Ist es noch.
Aber du meinst es gut mit mir. Du hast ein gutes Herz. Also nehme ich es dir nicht übel, wenn du ab und zu über das Ziel hinaus schießt, vor allem, wenn ich nicht mitbekomme, dass etwas für mich hier schädlich ist und du mir hilfst..."
„Du weichst mir gerade aus, Kati.", ließ er sich indes weder Ablenken noch beirren. Und sie atmete nur einmal mehr tief und seufzend durch.
Das wiederum ließ Iiron noch nachdenklicher oder auch neugieriger werden, als ohnehin schon. „Ist es denn so schrecklich, was diese Monster mit den jungen Frauen in deiner Welt getan haben? - Haben Sie sie geschändet, Ja? Sie für immer gefangen gehalten und ihnen vielleicht sogar Junge aufgezwungen?", fragte er sie leise.
Sie schluckte kurz wieder.
Okay, wenn er es unbedingt so wollte...
„Sie haben sie gefressen, Iiron ... anstatt die Ernten der Menschen mit ihrem Feuer zu vernichten.", sagte sie rasch und sekundenlang hörte sie ihn nicht einmal mehr atmen. Er regte sich auch gar nicht mehr... keinen einzigen Muskel... nur seine Augen glühten nun unterschwellig Gelblich auf.
Oh-oh
„Hey! Jetzt werde nicht sauer, Okay? Und wirf es mir nicht vor, dass ich es dir gesagt habe. Du wolltest es wissen. Aber diese Monster hatten damals wohl wirklich nichts mit den hiesigen Dragorn zu tun oder diesem Stamm hier im Himmel... Wo auch immer das ist. Denn soweit ich weiß waren das richtige Drachen. Also ausschließlich die Bestien. Die haben sich nie in Menschen verwandelt, sondern waren immer nur Monster, fressgierig, brutal und tödlich... Eben echte Killer..."
Sie sah besorgt zu ihm auf. Er schien immer noch nicht zu atmen, also zupft sie nun auch mal ihrerseits leicht, weil nun wieder unsicher an seiner Hand.
Ey... Vergiss nicht zu atmen, Iiron! Sonst bekomme ich Angst, dass du vielleicht gleich tot umfällst. Soweit ich es weiß und hier mitbekommen habe, bist du der einzige Dragorn der ein bisschen zivilisierter ist und sich auch so benimmt. Die anderen sind da doch sehr viel aufdringlicher... und wilder."
„Deshalb bist du also vom Tanz weggerannt und hast dich gegen alle gewehrt, die dich berühren wollten. Du dachtest Bayija wurde einem Dragorn geopfert, um ein brutales Monster zu beschwichtigen.
Keiner hier hat es verstanden, wie du auch nur annehmen konntest es ginge ihr nicht gut... bei den Ahnen...", flüsterte er heiser und hob dann erst wieder langsam und zögerlich seine Hand um sachte über ihr Haar zu streicheln.
Sie zwang sich zur Ruhe und auch dazu nicht wegzuzucken. Sonst hätte ihn das sicherlich noch Betroffener gemacht.
So aber lächelte er nun hauchfein und auch verschwindend kurz...
„Du bist so mutig und tapfer, Kati. Mit solchen Erinnerungen und Geschichten an eure alten bösartigen Dragorn in deiner Welt hätte hier vermutlich keine einzige Frau auch nur eine Nacht beim Stamm verbracht, Geschweige denn sich überhaupt versucht mit einem von uns zu unterhalten oder ihn gar die eigene Sprache zu lehren.", flüsterte er leise weiter und rang schließlich kurz erneut nach Atem, bevor er wieder vor ihr auf ein Knie sank, nach ihrer nun leicht bebenden Hand griff, und sie sich selbst auf seinen Scheitel legte.
„Ich schwöre dir, dass weder ich noch ein anderer Dragorn des Stammes dich jemals auf solch niederträchtig und bestialische Art betrachten oder gar behandeln könnten, meine Kati. Im Gegenteil möchte ich nur, dass du glücklich bist, gut versorgt und zufrieden mit deinem neuen Leben, hier ... bei mir.", fügte er noch zögernd hinzu und hob dann wieder den Kopf und Blick zu ihr an.
„Wenn du es mir gestattest, und ich dir nun auch keine Ängste noch Sorgen mehr bereite, Kati, erbitte ich deine Erlaubnis, um dich werben zu dürfen, um vielleicht dann eines Tages würdig genug betrachtet zu sein, dein Gefährte werden zu dürfen..."
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