Kapitel 9
Wieviel Zeit genau vergangen war, konnte ich nicht sagen, aber als ich Stimmen aus dem Gang hörte, musste schon eine ganze Weile verstrichen sein. Wie ein Häufchen Elend saß ich auf dem Boden, die Beine an den Körper gezogen und den Kopf zwischen den Knien vergraben. Ich fühlte mich hundeelend und wünschte mir nichts sehnlicher, als vergessen zu können, was Heute geschehen war.
„Verdammte Scheiße, was ist hier passiert?" nahm ich die Stimme meines Vaters wahr, die von den Steinwänden widerhallte.
„Sieh nur, jemand hat den Schutzzauber ausser Kraft gesetzt", gab meine Mutter entsetzt von sich und ich hörte, wie die Beiden näher kamen. Ich machte mich noch kleiner, als ich ohnehin schon war und hoffte, dass sie mich nicht bemerkten. Bei dem Gedanken daran, dass ich ihnen erklären musste was geschehen war, wurde mir übel. Sicher könnten sie mir nie wieder in die Augen sehen und wären genauso enttäuscht von mir, wie ich selbst.
„Clara!" Rief meine Mutter schließlich, als sie auf mich aufmerksam wurde. Ohne zu zögern rannte sie zu mir und kniete sich vor mir auf den Boden.
„Was ist hier los, was tust du hier unten? Bist du in Ordnung?", Fragte sie aufgeregt und ihre Stimme überschlug sich. Ich antwortete ihr nicht und wischte mir stattdessen die Tränen aus dem Gesicht.
„Rede verdammt nochmal!" Drängte sie und hielt meine Schultern fest, während sie mich schüttelte. Ich ignorierte sie und blickte über ihre Schulter zu meinem Vater, der den Eindruck machte, als wäre er mit der Situation völlig überfordert. Seine Stirn lag in Falten und er wirkte älter als sonst, hatte sich schon seit einigen Tagen nicht mehr rasiert. Seine braunen Haare waren zu einem unordentlichen Pferdeschwanz nach hinten gebunden, als hätte er heute keine Zeit gehabt, um auf sein Äußeres zu achten. Verwirrt sah er mich an, ehe seine braunen Augen durch den Raum schweiften und an der Glasvitrine hängen blieben.
„Elisa?" Richtete er seine Worte nun an Mum und klang dabei so schockiert, als wäre ihm ein Geist begegnet. Mit weit aufgerissenen Augen blickte er zu den Keramikscherben auf dem Boden, als könne er nicht fassen, was er dort sah.
„Was ist?", zischte meine Mutter und war scheinbar frustriert darüber, dass sie kein Wort aus mir rausbekam. Sie drehte sich zu meinem Vater um und folgte seinem Blick.
„Das kann nicht sein, dass darf nicht...", fing sie an und schluckte schwer, als sie die Scherben ebenfalls bemerkte.
„Hast du auch nur die geringste Ahnung, was du getan hast?" wollte sie von mir wissen und Furcht schwang in ihrer Stimme mit. Sie sah mich an, als wäre ich jemand Fremdes. Jemand, den sie noch nie zuvor gesehen hatte und vor dem sie Angst haben musste. Als sie dann auch noch vor mir zurückwich und langsam wieder auf die Beine kam, war ich so verletzt über ihr Verhalten, dass es sich anfühlte, als würde sie mir ein Messer in den Bauch rammen.
„Bitte ihr müsst mir glauben, da war ein Wesen das mir zuflüsterte was ich tun sollte und ich konnte nicht anders, als zu gehorchen. Ich weiß wie lächerlich sich das anhören muss, aber ich sage die Wahrheit. Bis jetzt weiß ich immer noch nicht wirklich, was hier los ist", platzte es aus mir heraus und meine Augen füllten sich erneut mit Tränen.
„Erzähl uns alles was du weißt Clara, selbst die Dinge, die dir unwichtig erscheinen", bat mich meine Mutter und ich wusste, dass dieses Gespräch unvermeidbar war. Mit rasendem Herzen berichtete ich ihnen von meinen unheimlichen Träumen und der Tatsache, dass die Kreatur behauptete, ich wäre eine Halbdämonin. Obwohl ich es hasste meinen Eltern etwas verschweigen zu müssen, brachte ich es nicht übers Herz ihnen davon zu erzählen, dass ich dem Wesen näher gekommen war. Ich fühlte mich ohnehin schon mies genug und wollte mir ihre angeekelten Blicke sparen, die sie mir garantiert zuwerfen würden, wenn sie darüber Bescheid wussten.
Nachdem ich ihnen alle wichtigen Informationen mitgeteilt hatte, schüttelte meine Mutter fassungslos den Kopf, als könne sie nicht glauben, was ich sagte. Ihre Finger krallten sich in den Pullover meines Vaters, als müsse sie sich irgendwo festhalten, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Beide wirkten bedrückt und ich wusste, dass ihnen die Sache schwer zu schaffen machte. Schließlich atmete mein Vater tief durch und nahm sein Handy aus der Hosentasche. Er wählte blind eine Nummer und ließ mich dabei keine Sekunde aus den Augen. Meine Mutter ahnte scheinbar wen er anrufen wollte und hielt seine Hand fest, um ihn davon abzuhalten.
„Bitte, du kannst dem Orden nicht davon berichten. Ich habe Angst um Clara, was ist wenn sie zu dem Entschluss kommen, dass..", stotterte sie, wurde aber von meinem Vater unterbrochen.
„Du weißt genauso gut wie ich, dass kein Weg daran vorbei führt. So oder so, sie werden die richtige Entscheidung treffen und herausfinden, ob Clara überhaupt noch gerettet werden kann. Fakt ist, dass sie Namtar befreit hat und eine Konfrontation mit ihm überlebte. Wir sollten auf das Schlimmste gefasst sein." Er befreite sich aus ihrem Griff und streichelte sanft über ihre Wange, um sie zu beruhigen.
Als ich den Namen der widerlichen Kreatur das erste Mal hörte, konnte ich an nichts anderes mehr denken als an ihn. Namtar also, so hieß der unheimliche Fremde, der gerade dabei war mein Leben zu ruinieren. Meine Wut flackerte heller auf als jemals zuvor und ich schwor mir, dass er für das, was er mir angetan hatte, bezahlen würde. Mit einem Mal kehrten meine finsteren Gedanken zurück und ich stellte mir vor wie es wäre, ihn aufzuschlitzen und seine Innereien auf dem Boden zu verteilen. Allein bei der Vorstellung prickelte mein ganzer Körper und ein Lächeln huschte über meine Lippen. Ich spürte, wie das Böse durch meine Adern floss und musste zugeben, dass es sich keineswegs unangenehm anfühlte. Es wäre so leicht meiner dunklen Seite die Kontrolle zu überlassen, so verführerisch ihr nachzugeben. Das prickelnde Gefühl verstärkte sich und ohne etwas dagegen tun zu können, ließen meine Gedanken von meinem ursprünglichen Opfer ab und konzentrierten sich stattdessen auf einen jungen Mann, den ich aus der Schule kannte. Letztendlich war es nicht Namtar, den ich vor meinem inneren Auge ausweidete, sondern Marc. Derjenige, der mich oftmals mit seiner schlechten Laune nervte und mir absichtlich versuchte den Tag zu vermiesen. Er hing an einem Seil gefesselt von der Decke und zappelte, während ich ihm langsam die Bauchdecke aufschlitzte. Sein Jammern und Flehen spornte mich nur noch mehr an und..
„Sieh nur, ihre Augen verändern sich, sie hat ihre Gefühle nicht unter Kontrolle", riss mich die ängstliche Stimme meiner Mum aus den Gedanken.
Mein Vater reagierte sofort und murmelte einige seltsame Worte in einer mir unbekannten Sprache. Keine Sekunde später fand ich mich in einem Käfig aus glühend roten Lichtstrahlen wieder, der kaum genügend Platz bot, um sich aufrecht hinzusetzen. Ich fühlte mich um mein Opfer betrogen und zischte wütend, war noch immer nicht ganz zurück in der Realität. Ein brennend heißer Schmerz fuhr mir durch den Körper, als ich mich mit aller Kraft gegen die Gitterstäbe warf, um meinem Gefängnis zu entkommen. Erschrocken schrie ich auf und versuchte es noch einmal, doch auch diesmal gab der Käfig nicht nach. Meine Haut wies an mehreren Stellen Verbrennungen auf und ich biss mir fest auf die Lippe, um die Schmerzen besser zu ertragen. Das konnte doch nicht wirklich ihr Ernst sein oder? Erst als ich mich wenige Minuten später wieder beruhigen konnte, wurde mir bewusst, dass ich mich wie ein tollwütiges Tier verhalten hatte. Wahrscheinlich war es besser so, dass mich meine Eltern einsperrten. So wie ich mich benahm, gehörte ich wirklich in einen Käfig. Ich schämte mich dafür und wagte es nicht sie anzuschauen, stattdessen musterte ich die kleinen Symbole auf dem Boden, die mein Gefängnis umgaben. Mir fiel fast die Kinnlade runter, als mir der Gedanke kam, dass ich es hier womöglich mit Magie zu tun hatte. Ich wollte endlich wissen was hier los war, es wurde Zeit, dass mich meine Eltern aufklärten.
Während mein Vater telefonierte und dabei unruhig auf und ab ging, wandte sich meine Mutter an mich und trat näher an den Käfig heran.
„Es tut mir so leid Liebes, wir hätten besser auf dich acht geben sollen. Falls es noch nicht zu spät ist, werden wir natürlich alles in unserer Macht stehende tun, um dich zu retten. Habe keine Angst vor dem, was nun kommen wird. Kooperiere mit dem Orden und dir wird kein Leid wiederfahren", sagte sie leise, aber ihre Stimme klang unsicher. Sie schien sich selbst davon überzeugen zu müssen.
„Von welchem Orden redest du?", presste ich mühsam hervor und meine Gelenke begannen durch die unbequeme Körperhaltung zu schmerzen.
„Am besten fange ich ganz von vorne an, damit du es verstehst. Glaub mir, ich wollte nicht, dass du in die Sache hineingezogen wirst, aber nun steckst du ohnehin schon mittendrin." Sie kam noch ein Stück näher und sah mich traurig an.
„Vor sehr langer Zeit erschuf der menschenfeindliche Himmelsgott Anu sieben böse Dämonen, die auf die Erde geschickt wurden, um die Anzahl der Menschen zu dezimieren und so eine Übervölkerung zu verhindern. Die bösen Sieben, auch Šebettu genannt, waren unaufhaltsam und rafften die Menschen mit Naturkatastrophen und Seuchen hinweg. Ihre Kräfte waren so gewaltig, dass sie es sogar wagten, die Götter zu bedrohen. Schnell gerieten die Dämonen außer Kontrolle und forderten nicht weniger, als die Weltherrschaft. Um sie aufzuhalten, bevor sie die gesamte Menschheit in den Untergang stürzen konnten, entsandte der Unterweltgott Enmešarra ebenfalls seine sieben Söhne auf die Erde. Dein Vater ist einer von ihnen und hat den Orden gemeinsam mit seinen sechs Brüdern gegründet, um den bösartigen Dämonen die Stirn zu bieten."
"Moment mal, willst du mir damit sagen, dass ich die Tochter eines göttlichen Wesens bin?" Unterbrach ich meine Mutter und konnte ihr die Sache einfach nicht abkaufen, dass alles hörte sich vollkommen absurd an. Außerdem wusste ich bis eben nicht mal, dass mein Vater überhaupt einen Bruder hatte und jetzt sollten es gleich sechs sein.
Sie nickte knapp und warf einen Blick über ihre Schulter zu meinem Vater, der noch immer telefonierte.
„Und was ist mit dir?", fragte ich sie neugierig und war gespannt auf die Geschichte, die nun folgen würde.
„Falls du wissen möchtest ob ich ebenfalls eine Göttin bin, muss ich dich leider enttäuschen. Als ich mit deinem Vater zusammengezogen bin, hat er mir von dem Krieg erzählt und ich habe beschlossen, ihn zu unterstützen. Natürlich war er nicht sonderlich begeistert davon, aber er konnte mich nicht umstimmen. Schließlich teilte er seine Macht mit mir und brachte mir alles bei, was ich im Kampf gegen die Dämonen wissen musste, sodass ich mit ihm an der Front kämpfen konnte."
Ich brach in hysterisches lachen aus und konnte mich nicht länger zurückhalten. Das alles sollte wohl ein schlechter Scherz sein, oder? Zuerst traf ich auf einen Dämon der mir einreden wollte, dass ich bald so sein würde wie er und nun wollte mir auch noch meine Mutter weiss machen, dass sie eine verdammte Dämonenjägerin war. Ich musste an eine meiner Lieblingsserien denken und fragte mich, ob ich vielleicht beim Filmdreh von "Buffy, im Bann der Dämonen" gelandet war.
Meine Mutter sah mich besorgt an und verzog keine Miene. Sie schien das was sie sagte, vollkommen ernst zu meinen. Meine Kehle war wie ausgetrocknet und ich atmete tief durch um die ganzen Informationen sacken zu lassen.
"Was ist geschehen, nachdem mein Vater und seine Brüder auf die bösen Dämonen trafen?" Fasste ich das Gespräch von vorhin wieder auf und bemühte mich, ernst zu bleiben.
„Jahrtausende lang tobte ein unerbittlicher Krieg zwischen den beiden Seiten und weder den guten, noch den bösen Sieben gelang es, die Oberhand zu gewinnen. Die Menschen schöpften mit der Zeit Verdacht und vermuteten mehr hinter den Krankheiten und Naturkatastrophen, aber niemand von ihnen hat je einen Dämon zu Gesicht bekommen. Oder zumindest niemand, der lange genug lebte, um davon zu berichten. Die Menschen setzten Gerüchte über dunkle Wesen in die Welt, verbreiteten Schauermärchen von bösartigen Kreaturen, die Nachts in die Häuser der Ungläubigen eindrangen und sie mit Flüchen belegten. Furcht erfüllte die Herzen der Menschen und dem Orden fiel es mit jedem weiteren Jahrhundert schwerer, die Existenz der Dämonen mithilfe von Magie geheim zu halten. Was geschehen würde wenn sie erfuhren, dass diese Wesen tatsächlich unter ihnen wandelten, brauche ich dir wohl nicht zu erklären, oder?" Fragte sie mich, fuhr aber fort ohne eine Antwort abzuwarten.
„Vor etwa dreißig Jahren, als jede Hoffnung verloren schien und die Menschen kurz davor standen die Wahrheit ans Licht zu bringen, schmiedete der Orden einen riskanten Plan, um die Dämonen in einer alles entscheidenden Schlacht zu schlagen", erzählte sie mir gedankenverloren, als wäre sie dabei gewesen und würde die Schlacht nun noch einmal erleben.
„Letztendlich konnten wir den Sieg davontragen und die bösen Šebettu einsperren. Wenn es uns damals möglich gewesen wäre, hätten wir sie natürlich ausgelöscht. Aber da sie zu den Göttern zählten und somit viel zu mächtig waren, um einen gewöhnlichen Tod zu sterben, blieb uns nichts anderes übrig, als sie in die magischen Vasen zu verbannen. Leider forderte die Schlacht auch ein Opfer auf unserer Seite und so gelang es einem der bösen Dämonen, den ältesten Sohn Enmešarras mit dem Wahnsinn zu infizieren. Wir haben versucht ihn zu retten, aber er konnte nicht mal mehr Freund von Feind unterscheiden und so waren wir gezwungen, ihn ebenfalls wegzusperren. Inständig hofften wir, dass die Dämonen in ihren Gefängnissen verroteten und niemals wieder das Tageslicht erblickten." Sie machte eine kurze Pause und ihr vorwurfsvoller Blick jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken.
„Aber du hast diese Hoffnung zunichte gemacht, indem du einen von ihnen befreit hast. Sollte es Namtar gelingen, die anderen Dämonenfürsten aufzuspüren und sie freizulassen, werden die Söhne Enmešarras in der Unterzahl sein und den bösen Šebettu nicht viel entgegenzusetzen haben. Ich bin mir sicher, dass wir den nächsten Kampf verlieren werden und glaub mir, du willst gar nicht wissen was dann mit der Welt geschehen wird."
Ich blickte starr zu Boden und mir fehlten die passenden Worte um auszudrücken, wie ich mich fühlte. Meine Mutter war noch nie eine gute Schauspielerin gewesen und langsam begriff ich, dass alles was sie mir erzählte der Wahrheit entsprach. Auch wenn es mir schwer fiel an übernatürliche Wesen und Magie zu glauben, schien es keine andere Erklärung für das zu geben, was ich heute gesehen hatte.
„Wer ist dieser Namtar genau?" Wollte ich wissen, da mir die Frage schon eine ganze Weile auf der Zunge brannte.
„Er zählt zu den mächtigsten Krankheitsdämonen unter den bösen Šebettu und wird häufig als großer Dämon des Grabes bezeichnet, da er bereits unzähligen Menschen den Tod brachte. Dein Vater erzählte mir, dass er die Personifikation des Schicksals sei und seine Opfer leiden lässt, bevor er ihre Seelen in die Unterwelt schickt. Wie die meisten seiner Art ernährt er sich von Menschenfleisch und trinkt ihr Blut, um stärker zu werden", antwortete sie angewidert und mir drehte sich der Magen um, als ich mich daran erinnerte, wie ich ihn küsste.
„Außerdem ist er für den Ausbruch der Pest im Jahre 1347 verantwortlich und konzentriert seine Angriffe hauptsächlich auf die Kehle seiner Opfer", klärte sie mich auf und wie von selbst wanderte mein Blick zu der Narbe an ihrem Hals. Sie schien sich unwohl zu fühlen und biss sich fest auf die Lippe, als sie meinen Blick bemerkte.
„Bevor du fragst, ja ich habe dich angelogen. Die Narbe stammt nicht von einem Autounfall, sondern von Namtar. Er hat mich mit seiner Klaue erwischt, kurz bevor wir ihn und die anderen Dämonen einsperren konnten", murmelte sie und machte den Eindruck, als würde sie über etwas nachdenken.
„Ich habe übrigens eine Vermutung, wie es ihm gelingen konnte, Kontakt zu dir aufzunehmen. Als erstes solltest du wissen, dass die mächtigsten Dämonen nur von Göttern in die Welt gesetzt werden können und die niederen bei einer unangenehmen Prozedur erschaffen werden. Den Dämonenfürsten ist es möglich durch eine offene Wunde in den Körper eines Menschen zu fahren und ihm seine dämonische Saat einzupflanzen. Durch diesen Vorgang können sie ihre Macht ausweiten und Diener erschaffen, die aus keinem anderen Grund existieren, außer ihre Meister zufrieden zu stellen. Wir gingen damals stark davon aus, dass mich die Macht deines Vaters vor der Verderbnis schützte und da ich mich nicht merkwürdig verhielt und auch sonst keine Veränderungen durchmachte, blieben wir in dem Glauben. Die Sache war schnell wieder vergessen und wir konzentrierten uns darauf die unzähligen Lakeien der eingesperrten Šebettu zu vernichten, die sie über die Jahre hinweg erschaffen hatten." Sie hielt kurz inne und atmete tief durch.
„Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kann es allerdings gut möglich sein, dass ich bereits zum Zeitpunkt von Namtars Angriff mit dir schwanger gewesen war. Das bedeutet, dass er seine dämonische Saat womöglich an dich weitergegeben hat, statt an mich. Ansonsten fällt mir keine Erklärung dafür ein, warum er dich beeinflussen konnte, als er noch eingesperrt war." Meine Mutter rieb sich über die Schläfen und wirkte irgendwie niedergeschlagen. Kein Wunder, nachdem was sie mir erzählt hatte. Ich selbst konnte die ganzen Informationen kaum verarbeiten und wusste nicht mal, wie ich mich fühlen sollte.
„Wenn wir nicht so blind gewesen wären und ihn vor Jahren nicht unterschätzt hätten, könnten wir dich vermutlich durch einen einfachen Zauber von seiner Verderbnis befreien. Aber ich befürchte, dass es dafür mittlerweile zu spät ist. Diese widerliche Abscheulichkeit muss dich bereits am Tag seiner Gefangennahme als Tor zur Freiheit gesehen haben. Vermutlich hat er alles dafür getan, um seine Verbindung zu dir zu stärken, bis es ihm schließlich möglich war, dich in deinen Träumen heimzusuchen."
Ich wollte ihr sagen, dass sie sich keine Vorwürfe machen brauchte und dass das Geschehene ohnehin nicht mehr Rückgängig gemacht werden konnte, aber ich kam nicht mehr dazu.
„Ihr könnt euch später unterhalten, wir müssen jetzt los. Die Anderen warten", funkte mein Vater dazwischen, als er sein Telefonat beendet hatte. Er trat näher an den Käfig heran und meine Mutter machte ihm Platz.
„Du brauchst keine Angst zu haben, wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um dir zu helfen", meinte mein Vater schließlich und lächelte leicht, als wolle er die Stimmung auflockern. Ich spannte mich nur noch mehr an und fürchtete mich vor dem, was nun kommen würde.
„Versuch dich zu beruhigen Clara, glaub mir, das macht die ganze Sache leichter", riet er mir und ein weiteres Mal murmelte er irgendwelche seltsamen Worte, die ich nicht verstand. Mir wurde Schwindelig und die Umgebung begann sich zu drehen. Mit aller Kraft versuchte ich die Augen offen zu halten, aber ich konnte mich nicht lange gegen die Müdigkeit wehren, die mich zu übermannen drohte.
„Was ist das?", fragte ich erschöpft, erhielt aber keine Antwort. Mein Körper entspannte sich langsam und meine Atmung wurde flacher. Das Letzte was ich wahrnahm, ehe ich in einen tiefen Schlaf fiel, waren die beruhigenden Worte meiner Mutter. Sie flüsterte mir zu, dass sie mich niemals aufgeben würde, solange noch die geringste Hoffnung auf meine Rettung bestand.
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