Kapitel 3.3

~Xanadoo-Hauptstadt Yama~

Nadeschda schwebte ungesehen neben Kirara in einer Zwischenwelt, die es ihnen erlaubte die Sterblichen auf ihrer Welt zu sehen und zu hören, aber selbst nicht bemerkt zu werden. Eine sehr praktische, manchmal aber auch sehr deprimierende Methode, andere zu beobachten. Irgendwie fühlte sich die blonde Dämonin dann immer wie ein Geist, der im Leben noch Dinge zu erledigen hatte und sich deshalb nicht von der Welt der Sterblichen trennen wollte. Solche Geister, die sie normalerweise einfing und in die Hölle geleitete, wenn sie nicht gerade mit der Schicksals-Göttin unterwegs war.

Ein wenig missmutig beobachtete sie ihren Onkel, der in dieser Gestalt kaum zu erkennen war. Natürlich hatte er noch immer die schwarzen Haare, die einen nur für ihn typischen Glanz aufwiesen und die violetten Augen, die auch Nadeschda besaß, doch ohne seine dämonischen Merkmale war er nicht mehr als Höllenfürst zu erkennen. Das war eine unglaubliche Leistung, denn je stärker man war, desto schwerer war es die Macht zu verbergen. Allerdings schien Shioni davon nicht das geringste zu ahnen. Vielleicht lag es aber auch einfach nur daran, dass sie ihn permanent mit diesen verliebten Blick betrachtete.

Nadeschda schielte zu Kirara, die bisher keinen Ton gesagt hatte. Doch an der giftgrünen Farbe ihrer Haare konnte sie erkennen, dass sie alles andere als begeistert von dieser Szene war.

"Er wird nicht mehr gebraucht. Seine Aufgabe ist erfüllt", erklärte sie und Nadeschda seufzte. Das wusste sie schon. Die Frage war allerdings, wie sie Nemesis von Shioni trennen sollten. Das würde nicht so einfach funktionieren, wie die kleine Reise in die Vergangenheit, in der Kirara einfach ein Schicksal geändert hatte. Immerhin war er kein einfacher Sterblicher wie Lucien. Nemesis war der Höllenfürst und stand mit Kirara auf einer Stufe. Wahrscheinlich spürte er sogar, dass sie hier waren. Nadeschda war sich da nicht so sicher.

"Aber noch hast du das Kind aus echter Liebe nicht, das in Shioni heranwächst. Wäre es nicht sinnvoller zu warten, bis es sicher auf der Welt ist? Nicht dass Shioni noch etwas geschieht, wenn Nemesis nicht bei ihr ist", meinte Nadeschda nachdenklich.

"Das ist eine perfekte Idee", meinte Kirara und die Blonde glaubte nicht, dass sie wirklich vom selben sprach. "Wenn Nemesis das Gefühl hat seine Gegenwart bringt sie in Gefahr, wird er von selbst gehen", murmelte Kirara nachdenklich und das Giftgrün ihrer Haare wurde wieder ein wenig dunkler.

Nadeschda verdrehte die Augen. Das hatte sie aber wunderbar hinbekommen. "Das ist genau das Gegenteil von dem, was ich gesagt habe", empörte sie sich halbherzig. Sie hätte es sich eigentlich denken können. Kirara hörte nur das, was sie hören wollte. Und in diesem Falle hatte sie herausgefunden, wie sie Nemesis von Shioni trennen konnte. Auch wenn die Idee Nadschda überhaupt nicht zusagte, ändern konnte sie daran nichts. Kirara war die Schicksals-Göttin und somit ihr Gesetz. Wenn sie also wollte, dass Nemesis auf den Gedanken verfiel, dass seine Gegenwart eine Gefahr für Shioni darstellte, musste sie dem gehorchen. Allerdings wusste sie auch, dass es wohl an ihr hängenbleiben würde, genau diese Aufgabe zu erfüllen.

Kirara war zwar mächtig, doch Nemesis war es ebenso und nicht nur einmal hatte sich die Schicksals-Göttin darüber beschwert, dass es ihr fast unmöglich war ihre Kräfte in Nemesis Gegenwart einzusetzen. Was auch hieß, dass sie nicht einfach Shioni manipulieren konnte, damit diese Nemesis wegschickte. Sie war geschützt von der Liebe des Höllenfürsten und auch mit seiner Macht. Wahrscheinlich war ihr das nicht bewusst.

Nadeschda hingegen besaß einen sterblichen Körper und war in der Lage normal auf der Welt der Sterblichen zu wandeln. Sie konnte mit Kiraras Hilfe im Hintergrund die Fäden ziehen, wie sie es schon seit Jahrhunderten tat. Bisher hatte das aber ihre Familie nicht betroffen und der Gedanken daran, dass in Shioni eine Verwandte von ihr heranwuchs, sorgte dafür, dass sie ein wenig Gewissensbisse bekam, wenn sie daran dachte, was sie zutun hatte.

Dennoch wusste sie auch, wie es im Moment um die Hölle bestellt war. Nemesis war nur wenige Tage in der Woche bei Shioni, doch das reichte aus, damit dort unten schon jetzt Unruhe herrschte. Nikidamus und sie schafften es zwar, dieses Chaos einzudämmen, doch jemand sollte Nemesis wieder daran erinnern, warum es ihn so viele Jahrhunderte lang nicht gestattet gewesen war, in die Welt der Sterblichen zu wechseln. Er hatte eine sehr wichtige Aufgabe und ohne ihn funktionierte die nicht so, wie sie musste. Etwas, was Nadeschda schon lange für unpraktisch hielt. Denn was war, wenn dem Höllenfürsten etwas zustieß? Natürlich war das sehr, sehr unwahrscheinlich, immerhin war dieser ein Gott, doch Götter wie der Höllenfürst und auch die Schicksals-Göttin, konnten getötet werden. Es brauchte nur die richtige Menge an Magie und natürlich eine Verschiebung im Gleichgewicht. Nur wenn dieses gestört war, konnte man ein Mitglied des Dreiecks der Macht töten. Und das war das Problem. Durch den Aufenthalt auf dem Planeten Yama machte sich Nemesis angreifbar und sorgte dafür, dass das Gleichgewicht ins wanken geriet.

"Wenn er wieder in der Hölle ist, werde ich Gründe finden, warum er sie nicht so schnell wieder verlassen kann", meinte Nadeschda monoton und betrachtete Nemesis verliebten Blick. Nicht ohne einen Stich in der Brust zu fühlen. Würde man auch ihr die Liebe nehmen, nur weil sie einer Schicksals-Göttin nicht passte?

"Das wird nicht reichen", gab Kirara zurück und Nadeschda spürte die Ungeduld in ihrer Stimme. Etwas, was man nur in Verbindung mit Nemesis fand.

"Nemesis ist sehr mächtig. Wir müssen sehr vorsichtig vorgehen und langsam. Du willst sicher nicht, dass er herausfindet, das du diejenige bist, die ihn von seiner Liebe fernhält, oder?", fragte Nadeschda zurück und machte sich wirklich Sorgen darum. Nicht auszudenken, wenn Nemesis herausfand, dass es Kiraras Schuld war. Gerade bei jemanden, der so verliebt war, sollte man damit rechnen, dass die Gefühle ihn blind für den Sinn machte. Emotionen würden sein sonstiges rationales Handeln überlagern und konnten aus dem Höllenfürsten einen sehr gefährlichen Gegner machen.

"Gut. Mach, wie du es willst. Hauptsache du sorgst dafür, dass er sich von Shioni fern hält und wieder seiner Arbeit nachgeht", gab Kirara kalt von sich und löste sich dann in einen Schauer aus silbernen Sternenstaub auf.

Nadeschda blieb zurück und seufzte. Warum musste sie schon wieder die Drecksarbeit machen? Wenn es um Nemesis ging, war Kirara wirklich überhaupt nicht mehr wieder zuerkennen. Ob sie noch immer der Zeit hinterher trauerte, in der Nemesis sie so angesehen hatte? Nadeschda hatte nur Geschichten davon gehört, denn damals war sie noch nicht geboren. Außerdem glaubte sie irgendwie nicht, dass die violetten Augen des Höllenfürsten Kirara einmal mit derselben Liebe angesehen hatten, wie sie es bei Shioni taten.

Seitdem hasste Kirara alle, die mit dem Höllenfürsten in Verbindung standen.

Nadeschda hatte sich schon oft genug gefragt, warum das bei ihr anders war. Vielleicht weil sie das einzige weibliche Familienmitglied des Höllenfürsten war? Wobei das nicht ganz stimmte. Da war noch dieses Mädchen, dass er seit einiger Zeit als seine Tochter bezeichnete. Doch Nadeschda hatte sich nicht sonderlich für diese interessiert. Immerhin war Nemesis nicht ihr Vater und somit war sie kein offizielles Familienmitglied. Zumindest nicht in Nadeschdas Augen. Zudem hatte Nemesis sie an die vier Herrinnen der Hölle weitergegeben, die nun ihre Mütter waren.

Wie kam der Höllenfürst nur darauf eine Tochter aufzuziehen? Ob Kirara davon wusste? Natürlich wusste sie das, aber warum ließ sie es zu? Vor allem so kurz bevor sie diesen Plan geschmiedet hatte? Vielleicht war das Kind ein erster Versuch gewesen? Bevor sie Nadeschda eingeweiht hatte? Möglich war es, doch Nadeschda wusste es nicht mit Gewissheit.

Sie seufzte und bemerkte, wie der rote Mond langsam sichtbar wurde. Die Nacht brach heran und Nadeschda spürte, wie sich ihr Körper begann zu verändern. Das würde auch erklären, warum Kirara verschwunden war. Natürlich konnte sie Nadeschda dazu zwingen in ihrer weiblichen Gestalt zu bleiben, doch nicht immer hatte sie Lust dazu.

Die junge Frau wuchs ein Stück und die weiblichen Merkmale, die sie besaß, wurden durch männliche ersetzt, bis sie keine Frau, sondern ein Mann war. Ein Überbleibsel von ihrer Mutter. Als Mischling gab es nicht selten solche Probleme. Immer dann, wenn der Sternenstaub den Körper veränderte. Wenn der Körper sich nicht entscheiden sollte, welcher Rasse er nacheifern sollte. Dann kam es im Inneren des Wesens oft zu Konflikten. Ein Gen kämpfte gegen das andere. War eine Rasse dominant, übernahm diese die Kontrolle und die andere Rasse verkümmerte. Doch bei Nadeschda waren beide Rassen dominant und kämpften ständig um die Kontrolle. Diese Transformation war der einzige Weg, der es ihr erlaubte überhaupt so etwas wie ein normales Leben zu führen, ohne ständig befürchten zu müssen, von innen heraus zu zerbrechen.

Nadeschdas Blick fiel auf Shioni und er hoffte, dass das Kind nicht die selben Probleme haben würde. Nemesis war ein Höllendämon und diese Gene wurden dominant vererbt. Genau wie die Gene von Shioni, denn diese war eine reinrassige Itari. Auch wenn man annehmen konnte, dass Itaris Mischwesen aus Vampir und Tier waren, so hatte sich doch ein eigenes, dominantes Gen gebildet. Nadeschda wusste nicht genau, wie es entstanden war, doch es ging auf die, von den Drachen erschaffenen, ersten vier großen Rassen zurück. Vier Rassen, die noch vor den Höllendämonen, Schicksals-Engeln und Seelenwächtern erschaffen wurden waren. Die Vampire, ihre weiterentwickelten Verwandten, die Itaris, die Werwölfe und die veränderten Lycaner. Wobei es noch zwei weitere Rassen gab, die zu dieser Zeit entstanden waren. Nur wusste das so gut wie keiner mehr. Engel und Mikitos waren nur wenige Augenblicke nach diesen entstanden und hatten sofort für heilloses Chaos gesorgt.

Nadeschda schüttelte den Kopf. Er hatte keine Zeit dazu, sich um solche Dinge Sorgen zu machen. Erst einmal musste er in die Unterwelt zurück, um seine Aufgabe zu erfüllen. Kirara würde nur ungern länger warten, als nötig. Auch wenn sie eigentlich alle Zeit der Welt hatte.

~*~*~

Vielen lieben Dank fürs Lesen.

Ist die Sache mit Nadeschda verständlich? 

Wie findet ihr das überhaupt? Wirkt es irgenwie komisch? Also die Sache mit ihr/ihm?

Ist die Sache mit den Rassen einigermaßen nachvollziehbar? Es wird natürlich später noch ausführlicher erklärt, wenn es besser passt, aber gibt es erst einmal einen Einblick wie die Dinge in der Welt so ungefähr laufen oder ist es eher unverständlich?

Was gefällt euch denn bisher so am meisten? Also die Szenen von den Schicksals-Engeln, die von Shioni oder die von Makoto?

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