Kapitel 1.4
~Saburasa - Misura-Gebirge - Mirisa~
Mit den Baby im Arm und Allan dicht an ihrer Seite, lief Sezuna durch die Tunnel und folgte den silbernen Käfern, die ihnen noch immer den Weg wiesen. Manchmal wurde es dunkel, weil die leuchtenden Kristalle und Pflanzen verschwanden und dann wieder richtig hell, weil selbst der Boden mit leuchtendem moosähnlichen Pflanzen bewachsen war.
Der kleine Junge auf Sezunas Armen war eingeschlafen, was wohl auch daran lag, dass die Rothaarige ihm vorsummte und das sogar Allan beruhigte. Doch trotz der ruhigen Stimmung brannte ihn eine Frage auf der Zunge, nur wusste er nicht, wie er diese ansprechen sollte. Er war sich nicht sicher, ob er Sezuna damit beleidigen würde und das wollte er nicht.
"Du bist so ruhig, das passt gar nicht zu dir", stellte Sezuna irgendwann nachdenklich fest, weil Allan immer viel mit ihr redete und nun scheinbar in Gedanken versunken war.
"Ich überlege", antwortete er ruhig und betrachtete Sezunas rote Haare, da er einen Schritt hinter ihr lief.
"Über was denkst du nach?", fragte sie, machte aber mit ihrer Stimmlage deutlich, dass sie auch nicht böse wäre, wenn er ihr nicht antwortete.
"Woher hast du diesen Explosionszauber her?", fragte er schließlich und Sezuna blieb überrascht stehen.
Erst, als Allan direkt neben ihr war, sah sie zu ihm und lief weiter.
"Keine Ahnung, ich wollte gar nicht, dass da was passiert. Ich hab in dem Wunsch die Wölfe zu erreichen und den Angriff zu verhindern meine Hand ausgestreckt", erklärte sie und wirkte eben so nachdenklich, wie Allan.
"Verstehe", murmelte dieser und fuhr sich durch die Haare. Unkontrollierte Magie und dann auch noch so machtvolle war wirklich nicht gut. Wenn Sezuna keine Kontrolle darüber lernte, würde sie für sich und ihr Umfeld eine Bedrohung darstellen. Doch aus ihm unerfindlichen Gründen glaubte Shioni daran, dass sie keine wirkliche Magie beherrschte und sie mit Übungen die Anfälle, die sie immer wieder schüttelten, schlimmer machte.
Er mochte Shioni, doch manchmal war sie sehr verbohrt und blind für Dinge, die nicht in ihr Weltbild passten. Leider kannte Allan viele solche Wesen. Wenn ein bestimmtes Alter überschritten wurde, war man gegen alles, was jüngere Leute sagten. Mit über fünfhundert glaubten viele schon viel mehr zu wissen als andere. Dabei gab es junge Wesen, die nicht einmal hundert Jahre alt waren und in bestimmten Gebieten einfach viel mehr Wissen hatten. Trotzdem wurden sie nur selten von älteren erhört.
Viele bildeten sich auf ihr Alter wirklich etwas ein. Ob das bei Shioni so war, konnte Allan nicht wirklich sagen. Er vermutete es nur.
Beiden bogen in einen weiteren Tunnel ein, an dessen Ende endlich das erwartete Licht auftauchte. Es war rötlich und noch weit weg, doch das erste Zeichen, dass sie hier richtig waren. Der Eingang zur Stadt war mit vielen Fackeln gekennzeichnet und hatte man es einmal bis hierher geschafft, dann fand man die Stadt auf alle Fälle.
Beide beschleunigten ihre Schritte ein wenig und als sie endlich die riesige Höhle erreichten, glitt ihr Blick über die roten und blauen Lichter.
An den Felswänden und Stalaktiten wuchsen Häuser wie Pilze entlang. Nur selten waren diese direkt auf den Boden gebaut und alles war so eng, das man die einzige Hauptstraße deutlich erkennen konnte. Es war der einzige Weg, auf dem mehr ein Karren fahren konnte.
Sezuna und Allan traten durch den Höhleneingang und direkt auf die Hauptstraße, um dieser eine Weile lang zu folgen. Sie wussten, wo sie hin wollte, doch auch bis dorthin war es noch ein langer Weg und sie mussten auch einige schlechter passierbare Wege durchqueren. Mit einem Kind auf den Arm war das keine sonderlich leichte Aufgabe, da war sich Sezuna sicher. Doch Ginte hatte sein Zuhause in einer der hinteren Gassen und heute war würde er wahrscheinlich nicht in seiner Schmiede sein, die in der nähe des Marktplatzes lag. Heute war einer seiner Tage, an denen er unterwegs war, um Materialien zu holen. Sie mussten also generell Glück haben, um diesen zu finden.
Trotzdem bogen sie in die Gasse ab, die so schmal war, dass sie gerad so hindurch passten.
Die Blicke, die Sezuna schon die ganze Zeit verfolgt hatten, hatten beide ignoriert. Sie waren hier bekannt und natürlich fiel es auf, dass sie ein Kind dabei hatten, doch niemand würde reden, da war sich Sezuna sicher. Reden war hier generell verpönt. Sie alle waren darauf angewiesen, dass ihre Geheimnisse gehütet wurden. Shioni würde also wahrscheinlich nicht so schnell davon mitbekommen. So hoffte Sezuna jedenfalls.
Erneut bogen beide ab und quetschten sich an den Hintertüren von Häusern vorbei, die wirkten, als wären sie aus den erst besten Schrott zusammengebaut, den der Besitzer gefunden hatte. Was durchaus der Wahrheit entsprach. Man verwendete alles, was man nutzen konnte, um sich ein Heim zu schaffen, selbst wenn es klein und wenig beschaulich war. Diese Unterschlupfe waren meist das Einzige, das viele Wesen hier hatten.
Um den Markt herum gab es größere, bessere Häuser, doch diese waren den reicheren Leuten vorbehalten. Wie der Handelsgilde. Ihr Gebäude war das größte in der ganzen Stadt und lag im Mittelpunkt auf einen Berg im See.
Dieses zu betreten war nicht sonderlich einfach, denn man kam nur über klapprige Seilbahnen oder Brücken dorthin. Manchmal fuhren Schiffe, doch diese waren teilweise so teuer, dass sich kaum einer eine solche Fahrt leisten konnte. Die Seilbahnen und Brücken waren jedoch so baufällig, das auch diese eher weniger benutzt wurden. Nur wer wirklich ganz dringend dort hin musste, würde diese nutzen. Somit war dieser Bereich das sicherste, was die Höhle zu bieten hatte.
Shioni war manchmal dort Gast und einmal hatte sie Allan mitgenommen, doch Sezuna war noch nie dort gewesen. Shioni hielt es für zu gefährlich. Wie bei vielen anderen Dingen.
"Wollen wir danach in Ednus Cafe vorbei schauen?", fragte Allan, da sie gerade an einem Restaurant vorbei kamen. Auch wenn er nicht hier in dieser Ecke der Stadt essen würde, so war das Cafe der Zwergen-Troll-Frau doch recht bekannt und dort schmeckte es wunderbar.
"Vielleicht", antwortete Sezuna, die ein wenig abwesend wirkte. Sie hatte noch immer das Gefühl beobachtet zu werden und das behagte ihr überhaupt nicht.
"Geht es dir nicht gut?", fragte der Blonde, weil er überrascht über ihre Antwort war. Normalerweise war sie nicht davon abzuhalten zu Ednu zu gehen und sich dort den Magen mit Ednus berühmten Bluteis vollzuschlagen. Doch heute schien sie ein wenig unruhig. Es war Allan so, als könnte er es spüren.
"Doch, doch. Schon in Ordnung. Es ist nur...", begann sie und ihre goldenen Augen suchten die Umgebung ab. Natürlich waren einige Wesen unterwegs, doch die meisten von ihnen waren menschenähnlich oder hatten sich zumindest in eine solche Haut gekleidet. Das machte es nicht einfacher herauszufinden, was dieses seltsame Kribbeln in ihrem Nacken auslöste. Es machte sie nervös, weshalb sie ihre Schritte verschnellerte und hoffte, dass sie bald ankam.
Allan und Sezuna bogen in eine weitere Gasse ab und bliebe schließlich vor einer Tür stehen, die nicht unbedingt als solche zu erkennen war. Sie sah aus wie der Rest der Umgebung und hätte Sezuna nicht gewusst, dass es sich um eine Tür handelte, hätte sie dieses Gebilde als Teil des Schutts genommen, der die Wohnung bildete. Doch tatsächlich konnte man diese öffnen und eintreten. Bevor die beiden das jedoch taten, hob Allan die Hand und klopfte. "Ginte, bist du da?", fragte er, weil es unhöflich war, einfach eine Wohnung von jemand anderen zu betreten. Sogar hier.
Erst geschah nichts, doch nach wenigen Minuten hörte man Schritte und die Platte, die aus schwerem Stein bestand, wurde zur Seite geschoben. Orangefarbene Augen blickten aus einem abgehärmten Gesicht und das grau-weiß Haar war locker zu einem Zopf gebunden, der dem Mann über die Schulter fiel. Sein Körper war muskulös und wirkte nicht ansatzweise so alt wie das Gesicht. Ginte war ein Werwolf und zeigte daher nur wenige Zeichen von Alter, auch weil er noch nicht so alt war. Dennoch zeichnete das Leben unter Tage sein Gesicht.
"Was gib-" Ginte brach ab, als er Sezuna mit dem Baby im Arm bemerkte und sein Blick glitt automatisch zu Allan und hatte etwas Anklagendes. Dieser hob abwertend die Hände.
"Es ist nicht unseres", erklärte er schnell und fragte sich, ob der Rest der Einwohner ebenfalls so gedacht hatte. Das würde die seltsamen Blicke erklären.
"Verstehe", grummelte er und trat zurück, um die beiden einzulassen.
Die kleine Hütte war unordentlich und zugestellt mit allen möglichen Dingen. Vor allem Materialien, die Ginte zum Schmieden brauchte, waren hier zu finden.
"Dann erklärt doch mal, wo ihr das Baby her habt", sagte er ruhig und ließ sich auf den Boden nieder. Dort gab es eine kleine freie Stelle, wo abgenutzte Kissen lagen und in deren Mitte eine kleine Feuerstelle war, die eine Kanne mit heißen Wasser beherbergte.
Sezuna ließ sich zu ihm nieder und atmete den Geruch der Kräuter ein, die Ginte gleich zu Tee verarbeiten würde. Er selbst trank lieber Kaffee oder Alkohol, doch da Sezuna und Allan ihn oft besuchen kamen, hatte er sich Tee zugelegt.
"Wir haben den Kleinen gerade gerettet. Er ist ein Werwolf", erzählte sie und Ginte hielt in seiner Bewegung inne, bevor er die Augen verengte und dem Kind ein wenig näher kam. Dann schnupperte er daran und hob eine Augenbraue.
"Tatsächlich", stellte er fest.
„Ich wusste nicht wohin mit ihm. Darum dachten wir, wir bringen ihn zu dir", sagte Sezuna.
„Und was soll ich mit ihm anfangen?", wollte Ginte wissen. Er kannte sich mit Kindern doch überhaupt nicht aus. Außerdem war seine Wohnung überhaupt nicht dazu geeignet, Ein Kind bei sich zu beherbergen. Ich sollte erst versorgen. Dachte sich dieses Mädchen nur.
„Seine Mutter wurde getötet. Mehrere Wölfe haben es gejagt", versuchte sie zu erklären und damit an Gintes Mitleid zu appellieren.
Ginte seufzte. "Du wirst nicht locker lassen, oder?", fragte er und klang, als hätte er sich seinem Schicksal ergeben. Was auch so war, denn es fiel ihm unglaublich schwer Sezuna einen Wunsch abzuschlagen.
Sezuna setzte ein Lächeln auf, von dem Ginte wusste, dass er kaum eine andere Wahl hatte. Er hielt nur widerwillig die Arme auf und ließ sich das Baby übergeben. Ginte betrachtete das kleine Geschöpf und seufzte. Das konnte noch was werden.
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