28. Far Away

pov: Louis

Der Gemeinschaftsraum der Hufflepuffs ist in ein warmes Licht getaucht und ich spüre wie alle Blicke auf mir ruhen, als ich anfange zu singen. Aber besonders spüre ich Harrys Blick, der jeder kleinsten Bewegung, die ich mache, zu folgen scheint. Seine braunen Locken sind länger als vor den Ferien und fallen ihn immer wieder ins Gesicht. Jedes Mal streicht er sie gedankenverloren zurück hinter sein Ohr. Aber nie schaut er weg.

„This time, this place

Misused, mistakes

Too long, too late

Who was I to make you wait?"

Singe ich den ersten Vers. Immer wenn ich das Lied in den Ferien gehört habe, musste ich an Harry denken. Es drückt die Mischung aus Verzweiflung, Scham und Wut aus, die sich in mir angesammelt hat. Verzweiflung, weil ich nichts lieber wollte, als ihm zu schreiben und ihm mein Herz auszuschütten. Scham, weil ich mich wie ein Feigling aufgeführt habe und mich nicht getraut habe. Und Wut, weil ich mir zu viele Gedanken gemacht habe, zu lange auf meinen Vater gehört habe. Wut über die Einstellung meines Vaters und seine Erwartungen an mich.

„Just one chance, just one breath

Just in case there's just one left

'Cause you know, you know, you know"

Ich hatte das Gefühl, dass ich mir selber meinen Weg verbaut habe. Dadurch, dass ich es zugelassen habe, dass ich Gefühle entwickle und es gleichzeitig nicht zulassen wollte. Dadurch, dass er offensichtlich Gefühle entwickelt hat und ich ihn vor dem Kopf gestoßen habe. Und, wie die berühmte Kirsche auf der Sahnehaube, dass ich ihn wie ein Idiot weggestoßen habe.

Was, wenn es zu spät ist? Was ist, wenn das Gespräch im Tropfenden Kessel zwar dazu geführt hat, dass wir wieder Freunde sein können. Aber eben nur das? Und ich denke an meine eigenen Worte zurück. „Ich will nicht mit dir befreundet sein!" Ich will nicht NUR mit dir befreundet sein. Das war es was jede Faser meines Körpers in diesem Augenblick geschrien hat. Und ich war zu feige. Ich lege diese Scham, die Wut, die Verzweiflung in die nächsten Zeilen und versuche damit den Worten so viel Gefühl zu geben, wie nur möglich.

„That I love you

I have loved you all along

And I miss you

Been far away, for far too long"

Harrys Blick liegt immer noch wie festgetackert auf mir. Ich spüre seinen Blick. Auch wenn das vielleicht albern ist, weil - wie soll man einen Blick spüren? Aber seine Augen funkeln und ich sehe, wie er langsam versteht, was ich da singe. Für wen ich da singe. Und ich hoffe, dass ihn das nicht verschreckt.

„I keep dreaming you'll be with me

And you'll never go

Stop breathing if I don't see you anymore"

Mir wird immer wärmer und eine lose Haarsträhne hängt mir vor den Augen. Die schwebenden Lichter flackern leicht, als wäre ein leichter Durchzug durch eine Gruppe an Kerzen gefahren. Ich schwitze. Ob es vor Nervosität vor Harrys Reaktion oder vor Anstrengung ist, kann ich nicht sagen. Ich beobachte wie er im Publikum steht und verschiedene Emotionen über sein Gesicht wandern. Verstehen, Verunsicherung und ... Angst? Oder interpretiere ich schon wieder zu viel in diesen Ausdruck hinein?

„On my knees, I'll ask

Last chance for one last dance

'Cause with you; I'd withstand

All of hell to hold your hand"

Er atmet tief ein. Ich sehe, wie sich sein Brustkorb hebt und senkt, wie er seine Hände fahrig an seiner Hose abwischt und dann wie sich sein Blick das erste Mal, seit ich angefangen habe zu singen, von mir löst und durch den Raum wandert. Wie gerne würde ich jetzt in seinen Kopf schauen.

„I'd give it all; I'd give for us

Give anything, but I won't give up

'Cause you know, you know, you know"

Ich habe mich genau für das entschieden, was ich hier singe. Vielleicht sind wir noch jung, aber ich würde alles dafür geben. Für ihn. Genau genommen gebe ich gerade alles. Und ich gebe mein Bestes nicht aufzugeben. Nicht meine Hoffnung auf „uns" aufzugeben und ich stelle mich allen Regeln, Erwartungen und Stürmen entgegen. Ich stelle mich meiner eigenen Angst des Versagens. Ich stelle mich alle dem, weil ich nicht aufgeben kann, weil ich nicht aufgeben will, was ich noch gar nicht richtig erleben durfte. Für den nächsten Refrain schließe ich die Augen und atme nochmal tief ein.

„That I love you

I have loved you all along

And I miss you

Been far away, for far too long"

Ich spüre, wie sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitet, während ich singe. Ich öffne die Augen, in der Erwartung seinen Blick wieder auf mir liegend zu finden, aber der scharfe Schmerz von Enttäuschung durchfährt mich, als ich sehe, dass der Platz in der Menge an dem Harry eben noch gestanden hat, auf einmal leer ist.


pov: Harry

Ich bin sprachlos. Louis singt da oben, vor all diesen Leuten und ich weiß, dass er für mich singt. In seinen Worten liegt so viel Gefühl, so viele Emotionen. All das fühlt sich surreal an. Die Worte sind wir kleine Wellen, die an den Strand schwappen und meine Knöchel umspülen. Und ich spüre wie das Wasser an meine Zehen kitzelt. All die angestauten Emotionen schwappen immer mehr an meinem Körper auf und ab und dann, gerade als er zu zweiten Mal den Refrain singt, überschlägt sich die Welle und reißt mich mit sich. Es fühlt sich an, als würde mein Kopf unter Wasser gedrückt. Alle die Dinge prasseln auf mich nieder und ich schaffe es nicht meinen Kopf über Wasser zu halten, hier stehen zu bleiben und ihm weiter zuzuhören. Ich halte es nicht mehr aus und ich drehe mich um, um zwischen den anderen Schülern abzutauchen.

Meine Beine tragen mich wie von selbst, ohne, dass ich ihnen den Weg zeigen muss. Ich laufe einfach weg. Immer weiter und raus aus dem Gemeinschaftsraum, den Gang im Kerker hinunter, die Treppe hinauf, immer weiter, immer höher, so hoch, bis es nicht mehr weiter geht. 

Es fühlt sich an als würde ich ertrinken und umso weiter ich vom Gemeinschaftsraum weglaufe, desto mehr Luft bekomme ich wieder. Destobesser kann ich wieder schwimmen und das Wasser zeiht sich langsam wieder zurück.

Dann stehe ich auf der Plattform des Astronomie Turms und atme schnaufend ein und aus. Ich schnappe nach Luft und versuche wieder die Kontrolle zu gewinnen. Keuchend stemme ich die Hände auf meine Knie und kurz wird mir schwindelig. Zu viel. Viel zu viel. Und doch so mutig. Aber zu viel. Zu viele Gefühle, zu viele unausgesprochene Worte, zu viele Menschen. Und ich bin zu ängstlich.

Auf einmal höre ich Schritte hinter mir laut die Wendeltreppe hinaufkommen. Ich drehe mich nicht um, aber ich nehme trotzdem wahr, dass jemand die Plattform betritt. Die Schritte werden langsamer. Ich drehe mich immer noch nicht um. Vielleicht habe ich das Glück, dass mich der, der da die Treppe hinaufgekommen ist, einfach übersieht.

„Harry...". Er hat mich nicht übersehen. Wie auch, wenn ich mitten auf dem Boden sitze. Die Schritte kommen näher und ich spüre, wie er sich neben mir auf den kalten Steinen niederlässt. Einen Augenblick schweigen wir einfach. Ich hebe irgendwann den Kopf, schaue ihn aber immer noch nicht an.

„Es tut mir leid", murmle ich dann. Jetzt wende ich den Kopf doch in seine Richtung und unsere Blicke begegnen sich. Er schüttelt langsam den Kopf und schaut mich entschuldigend an. „Nein. Mir tut es leid! Ich dachte, du würdest dich freuen, aber ... es war zu viel, oder?" Ich nicke zögernd. Er nickt auch und seufzt frustriert auf. „Ich mache es immer verkehrt, oder?", fragt er mir mit einem freudlosen Lachen. „Erst zu wenig, dann zu viel und ...", verzweifelt wirft er die Hände in die Luft und lässt sie dann hilflos wieder sinken. Ich schließe für einen Moment die Augen, dann greife ich spontan nach seiner Hand und verschränke unsere Finger miteinander. Erstaunt schaut er mich an.

„Ja. Und nein. Ich glaube wir haben es uns beide zu schwer gemacht", setzte ich an, „Ich glaube wir haben uns beide zurückhalten lasse... Du warst noch nicht mutig genug, als ich bereit war und ich war nicht bereit, als du mutig warst." Zögernd hebe ich unsere umschlungenen Hände in die Höhe. Ich drücke leicht seine Hand. In meinem Bauch kribbelt es und ich fühle mich aufgeregt. Eine gute Version von Aufgeregt. „Aber das. Ich will das wirklich. Und du hattest recht – ich will auch nicht mit dir befreundet sein. Ich will..."

Ich schlucke. Das ist der Moment Harry. Das ist euer Moment. Und euer Moment allein. Keiner ist hier, der euch abhält. Niemand ist da, der euch unterbrechen wird. Ich versuche mir selbst Mut zu machen. Ich rücke noch näher an Louis heran. Hebe meine freie Hand und lege sie an seine Wange. Seine Haut ist weich unter meinen Fingern, ich spüre seine Wärme an meiner Haut. 

"Ich will...", flüstere ich nochmal und berühre fast schon seine Lippen. Und dann überbrückt er die letzten Zentimeter, die uns trennen. Seine Lippen treffen auf meine, überrascht von seiner plötzlichen Initiative keuche ich kurz auf. Ich schließe automatisch die Augen, meine Hand an seiner Wange rutscht in seinen Nacken, ich spüre seine Hand an meiner Seite. In mir löst sich etwas. All die Anspannung und die Zweifel der vergangenen Monate sind vergessen. Ich bin wie gefangen in diesem Moment. Und dann lasse ich mich endlich fallen.


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Wie beendet man eine Geschichte? Endet sie an dieser Stelle oder mit einem Epilog? Ich weiß es nicht. Aber trotzdem sind wir an einem Ende angekommen. Und ich hoffe ihr seid mit dem Ende zufrieden. 

Früher war ich großartig darin besonders viel Smut in Geschichten einzubauen. Heute will ich das gar nicht mehr. Ich habe festgestellt, dass ich viel größer Fan von Geschichten bin, die mich ein bisschen quälen, weil sie absoluter slow-burn sind. Vielleicht sollte ich mal ein K-Drama schauen, da soll das ja auch so sein. - Deshalb haben Harry und Louis auch so lange gebraucht für nur einen kleinen, winzigen Kuss. Aber ein Kuss, der ihrem Leben eine völlig neue Richtung geben wird. Hogwarts als Setting hat mir auch sehr gut gefallen - ich hoffe euch auch.

Kommt eine neue Geschichte? Keine Ahnung. Ich weiß ja noch nicht einmal genau, ob diese hier wirklich zu Ende ist. Aber ich habe noch eine andere Larry FF, die bisher 22 Kapitel umfasst. (Ja auch slow-burn.) Ob ich sie hier veröffentliche weiß ich noch nicht. Sie spielt in der Bandzeit und ich weiß nicht, ob mir das Setting wirklich gefällt....

Und zu guter Letzt: Danke! Danke, dass ihr mir Harry, Niall, Louis, Liam, Zayn, Ashton, Luke und mir auf diese Reise gegangen seid. Besonderer Dank an @minaminchen05für so viele Kommentare und an @PranksLaughtsOh , weil du von Anfang an so aktiv dabei warst. 

Vielleicht bis zum Epilog (?) oder zur nächsten Geschichte.

xx cu.

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