2 Traum vom Schreiben
Die goldene Glocke über der Tür geriet in Schwingung, als Jeff den Laden betrat, klingelte jedoch nicht.
"Herr Golruhn?", rief er und versuchte in den hinteren Teil des Ladens zu spähen, in dem sich das Lager befand, aber der Durchgang war zu eng, als dass es etwas genützt hätte.
"Bei den Ratten!", wenn es jemanden gab, der kreativ fluchen konnte, dann Herr Golruhn. Also war er da, aber der Knall, dem der Fluch gefolgt war hatte Jeff erschreckt. Herr Golruhn tauchte Kopfschüttelnd im Vorraum auf und streichelte betrübt ein Buch, als wäre es sein Haustier. Skeptisch zog Jeff eine Augenbraue hoch.
"Ach, das arme Ding wurde aus dem Regal geschubst. Nicht von mir!" Der Mann deutete hektisch auf seine Brust. "Belle ist einfach ein Schlingel, sie mochte es von Anfang an nicht.", die weiße Katze schlenderte scheinheilig aus dem Lager und flitzte dann die Treppe hinauf. Der Anblick des stolzen Tieres brachte Jeff zum schmunzeln. Ja, Katzen sind immer eine Klasse für sich.
"Der Rücken ist Gebrochen. Die Diagnose lautet: Unheilbar. Eindeutig."
Herr Golruhn platzierte das Buch gefährlich nah der Tresenkante und bat Jeff näher zu treten. Er würde den schweren, unhandlichen Karton jedoch nicht auf die Theke hiefen, so viel war klar.
"Für unseren Freund hier bleibt nur eine Kopie.", traurig fügte der betagte Mann hinzu, "Und der Papierkorb"
Jeff stellte den Karton ab und richtete sich wieder auf, um Herr Golruhn ins runde Gesicht zu sehen.
"Ich könnte es abtippen.", bot Jeff sich an.
"Die Reperatur der Waren führen zu genug kosten. Das mache ich schon selbst."
Jeff hatte gehofft, Zugang zu der Schreibmaschiene in Herr Golruhns Büro zu bekommen. Eine 1000 von Ecrivé, Mahagoni Optik, handbemalt. Ein echtes Schmuckstück und etwas, das Jeffs Finger wohl nie würden berühren können. Wenn mit seinem Nebenverdienst bei dem Bibliothekar alles gut gehen würde, dann könnte Jeff auf einem Flohmarkt nach einem ausrangierten Modell suchen und sie notdürftig flicken. Diverse Tasten ersetzen... Wenn es gut lief, nur das.
"Ich will keine Münzen. Nur zehn Seiten.", entgegnete er.
"Zehn?", Herr Golruhn brauchte einen Moment um das Angebot zu verstehen. Jeff wollte 10 Seiten einer seiner Texte mit dieser Maschiene abtippen. Er hatte Hoffnung, weil Herr Golruhn ein netter Kerl war.
"Fünf und du bringst dein Papier mit."
"Abgemacht."
"Trifft sich gut, damit gewinne ich ein ganzes Wochenende. Ich war schon lang nicht mehr bei meinem Bruder, auf dem Land.", stellte der Ladeninhaber beinahe schockiert fest.
Dann fügte er laut hinzu, "Belle, pack deine Fellbälle ein, wir machen eine Ausflug!"
Nun ja, Jeff kannte viele Menschen, die mit ihren Haustieren sprachen. Selbst der Bibliothekar sprach mit ihnen. Auch, wenn er sich augenscheinlich einen Regenwurm -oder so- hielt. Genau gesehen hatte Jeff es nicht, denn der Bibliothekar hielt sich wie immer geheimniskrämerich. Die Kiste mit den pflegebedürftigen Exemplaren aus dem Open Book ließ Jeff im Laden zurück. Stattdessen trug er nun das ramponierte Exemplar von -Eine Weile- von Hubert Folder unterm Arm und einen Ersatz Schlüssel für das -Good for Books- in seiner Jackentasche. Fröhlich pfeifend machte er sich auf den Weg nach Hause, während er schon mal überlegte, welchen Anfang seiner Geschichten er eintippen sollte.
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