Todestag

Felix eilte zu der großen Aula, in der sich alle Schüler der Schule versammelten.

Er setzte sich weit vorne auf einen Platz, den sein Freund Markus, der immer überpünktlich da war, ihm freigehalten hatte.

"Biste schon aufgeregt?", fragte Markus und stupste seinen Freund mit seinem Ellenbogen an.

"Warum sollte ich das denn sein?", entgegnete Felix ihm,

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich einen Großteil der Stimmen bekommen habe, ohne dass ich eingebildet klingen will."

"Das klingt aber eingebildet. Aber was soll's? Wir werden sehen, wie es ausgeht."

"Wo sind eigentlich Mirko und Steve?", wunderte sich Felix und sah sich in der Hoffnung um, dass er die Beiden vielleicht erspähen könnte. Allerdings entdeckte er nur seine beiden Konkurrenten, die sich von ihrer Fangemeinschaft bejubeln ließen. "Die sind irgendwo da hinten. Ich hatt' keine Zeit noch mehr Plätze zu reservierten, die kleinen Fünftklässler sind hier lang gewuselt und haben die Plätze beschlagnahmt."

"Vergiss nicht, dass wir auch mal so waren. Außerdem können sie dich hören, also fang nicht wieder damit an über sie herzuziehen."

"Jaja, is ja schon gut", Markus verdrehte kurz seine Augen.

"Ich bitte um eure Aufmerksamkeit!", begann die Schuldirektorin kurz darauf zu sprechen, "Der neue Schulsprecher oder die neue Schulsprecherin wird nun bekannt gegeben." Frau Misetos öffnete das Couvert in ihren Händen und zog einen Zettel hinaus. Sie wartete einige Augenblicke und musterte dabei den Zettel, bevor sie wieder anfing zu sprechen. "Ich bitte zunächst die drei Kandidaten auf die Bühne." Dabei steckte sie den Zettel wieder zurück.

"Beeil dich", flüsterte Markus, woraufhin Felix sich schon aus seinem Sitz erhob und auf die Bühne lief, ebenso wie seine zwei Konkurrenten. Die Drei standen nebeneinander. Marlis Mencher, Felix Dettmann und Peter Becker. Die Drei waren recht beliebt und durchaus schlau, auch wenn Peter ziemlich oft bescheuerte Kommentare von sich gab.

"Zuerst möchte ich mich bei den drei Kandidaten bedanken, dass sie bereit wären eine solch wichtige Aufgabe und viel Verantwortung zu übernehmen. Doch nur einer wird diese Aufgabe erhalten und das ist...", sie legte eine Pause ein, um etwas Spannung zu erzeugen.

"Glückwunsch zum Schulsprecher, Felix Dettmann."

Peter und Marlis sahen Felix fassungslos an. Wie konnte er es nur wagen und Schulsprecher werden? Sie wären doch viel besser gewesen. Zumindest in ihren Augen. Enttäuscht gingen die beiden von der Bühne und gesellten sich zu ihrer aufgewühlten Fangemeinschaft.

"Felix, was möchtest du gerne sagen?", fragte Frau Misetos und übergab ihm das Mikrofon.

"Wow. Ich kann es kaum glauben. Freitag der Dreizehnte war für mich bisher immer ein schrecklicher Tag, mich verfolgte das Pech immer überall hin, aber Heute... Heute wurde ich zum Schulsprecher und dafür danke ich euch. Ich kann mein Glück...", er bemerkte, wie einige Mädchen anfingen zu kichern, andere sich die Augen zuhielten und einige Jungs sich nur schwer ein Lachen verkniffen. Etwas unsicher sprach Felix weiter: "...kaum fassen. Ich hatte nie erwartet, dass mir diese Ehre zuteil werden wird."

Markus schüttelte etwas den Kopf und sah weg. Nun wunderte sich Felix noch mehr, als vorher schon, bis ein Lehrer zu ihm kam. "Du solltest besser von der Bühne", flüsterte dieser ihm zu.

"Warum das de...", er stoppte als er einen Jungen hörte, welcher lachte: "Wer trägt den in dem Alter noch Winnie Puh -unterhosen?"

Felix sah an sich hinunter und lief schlagartig rot an. Dann zog er seine Hose wieder hoch und lief hinter den Vorhang der Bühne und in den Hinterraum. Er hatte nicht bemerkt, wie sein alter Gürtel sich langsam gelöst hatte und dieser mit der etwas zu weiten Hose herunter gerutscht war. So ein Pech, dass er sich an diesem Tag nicht für eine schlichte schwarze Boxershorts entschieden hatte

Das wäre vielleicht ein wenig peinlicher gewesen, als ohne Jeanshose mit einer Winnie Puh-Unterhose da zu stehen und das als neuer Schulsprecher vor der gesamten Schule, in der ihn nun jeder kannte. Er blieb noch ein bisschen dort sitzen und hörte der Direktorin Frau Misetos zu, wie sie versuchte die Schüler zu beruhigen und die Versammlung zu beenden. Felix standen sechs Schulstunden bevor, bevor er schnell nach Hause und sich über sein Missgeschick aufregen konnte.

In der zweiten Stunde hatte er sein Lieblingsfach: Mathematik. Er machte sich auf dem Weg in den Klassenraum und versuchte so wenig Menschen wie möglich über den Weg zu laufen. Auch wenn viele von ihnen nichts sagten, sahen sie ihn mit einem verspottenden Grinsen an und fingen an zu lachen. Ihm war das sehr unangenehm, die Schüler zu erblicken die ihn alle in der Aula gesehen hatten. Warum hatte er sich auch noch ausgerechnet die lächerlichste Unterhose aus seinem Kleiderschrank angezogen, die ihm seine Mutter wohl nur aus Spaß gekauft hatte? Er setzte sich in dem Raum neben seinen Freund Markus, welcher ihn wortlos ansah und einfach nur grinste.

"Man, was kann ich denn dafür? Ich dachte er Gürtel würde noch halten."

"Schon klar, Felix Puh."

"Was?"

"Was 'was?'?"

"Wie hast du mich gerade genannt?"

"Soll ich dich lieber Winnie Dettmanm nennen?", fragte Markus, "klingt sogar ganz gut."

"Wie wäre es, wenn du mich einfach ganz normal Felix nennst?"

"Das kann ich nicht. Mit dem Wissen, dass du solche Sachen noch trägst, kann ich dich einfach nicht mehr ernst nehmen, Bro."

Felix redete die ganze Stunde nicht mehr mit ihm.

"Felix, was ist die Lösung von Aufgabe drei?", fragte der Lehrer.

"36,7", antwortete Felix.

"36,7 was? Äpfel? Birnen? Kartoffeln?"

Felix verdrehte leicht die Augen.

"36,7cm."

"Ja, das ist richtig. Machen wir weiter..."

Eine Weile danach begann die Pause, in welcher sich Felix auf der Toilette versteckte, wobei er dennoch das Gelächter der anderen Schüler hörte. Er stellte drei mal sicher, dass sein Gürtel dieses mal halten würde und ging in die dritte Stunde: Biologie.

Leider hatte er dieses Fach mit Marlis zusammen, die ihn durchweg verhöhnend ansah. Auch dieses Mal musste er sich spottende Kommentare anhören.

In der vierten Stunde hatte er glücklicherweise Vertretung. Oder besser gesagt, Betreuung. Allerdings kam der Lehrer nicht einmal in den Raum, also hatten sie eigentlich eine Freistunde. Felix hätte in diesem Moment liebend gern Erdkunde gemacht, da es dann schwieriger für seine Mitschüler gewesen wäre, sich um seinen Platz zu scharen und ihn zu fragen, wo er denn seine stylishe Unterwäsche kaufte.

"Könnt ihr euch nicht einfach um euren Kram kümmern? Es hätte jedem passieren können" , versuchte Felix sich zu verteidigen.

"Stimmt. Er hat recht. Wir sollten uns nicht so lustig über ihn machen, es hätte wirklich jedem passieren können", sagte einer von ihnen. Jetzt war es wohl wie in einem typischen Jugendfilm, bei dem sich alle vertragen und beste Freunde werden. Von wegen! Denn James, der vorhin angefangen hatte zu sprechen ergänzte darauf: "Aber nur er trägt so eine tolle Unterhose und macht sich lächerlich!"

Daraufhin fingen alle an zu lachen und Felix seufzte leise. Der ein oder andere Spruch wurde ihm noch an den Kopf geworfen, bevor es endlich zur Pause klingelte. Er verließ so schnell wie möglich den Raum und versteckte sich wiedermal auf der Toilette.

"Aber Alter, wer hätte gedacht, dass Felix auf Winnie Puh steht? Ich dachte immer, er wäre voll cool, aber wirklich man, jetzt kommt er mir nur noch lächerlich vor", hörte Felix jemanden sagen. Es hörte sich stark nach Steve an. Dieser Satz baute Felix natürlich sofort wieder auf und gab ihm Energie für den Tag.

Oder auch nicht.

Felix schämte sich noch mehr, als ohnehin schon und das schlimmste war, dass er in der fünften Stunde neben Steve saß und in der letzten Stunde musste er sich wieder mit Markus abgeben, der es liebte sich über jemanden lustig zu machen, auch wenn es sich dabei um seinen besten Freund handelte.

Und so kam die fünfte Stunde; Sozialwissenschaft. Felix versuchte so unauffällig wie möglich den Raum zu betreten, doch wie das Schicksal es so wollte, stolperte er über einen Rucksack, versuchte sich festzuhalten und haute dabei noch mit viel Lärm einen Stuhl um. Natürlich sahen ihn alle an und Meike rief von ihrem Platz aus: "noch ein bisschen mehr und man sieht wieder deine ganze Unterwäsche!"

Felix rappelte sich eilig auf und richtete wieder seine Hose. Noch mehr Blicke brauchte er nicht, sonst hätte er ja gleich zu "Das Supertalent" gehen können und sich direkt vor laufender Kamera seine Hose runter reißen können.

Er setzte sich zu Steve welcher zu ihm flüsterte: "weist du schon, was du später arbeiten möchtest? Ich hab ne Idee für dich. Unterwäschemodel."

"Och nö. Du jetzt auch noch?", fragte Felix verärgert.

"Sorry man, aber das ist einfach zu komisch."

In dem Moment kam Herr Kassels herein und setzte sich vorne an das Pult.

"Schlagt Seite 147 auf und lest den Text über Knappheit. Dann bearbeitet Nummer vier und fünf."

Die Schüler schlugen murrend ihre Bücher auf und bearbeiteten die Aufgaben. Nach einer guten halben Stunde wollte Herr Kassels die Aufgaben besprechen.

"Was habt ihr für ein Beispiel bei fünf genommen? Anja?"

"Felix' Gürtel ist nicht zu knapp, genau so wenig wie seine Hose. Sein Modegeschmack ist allerdings super knapp.", meinte Anja.

Sofort fingen die Schüler mal wieder an zu lachen, Steve auch. Es folgten noch mehr solcher Beispiele, bis Herr Kassels die Stunde beendete. Es wunderte Felix sehr, dass die Lehrer nichts dagegen sagten. In der Mittagspause setzte er sich auf eine Bank, zu der eigentlich nie jemand kam. Dort verbrachte er die Mittagspause. Die Stunde verging schnell und er machte sich auf den Weg zu dem Raum, in dem er in der Sechsten Stunde Englisch hatte. Wiedermal musste er sich neben Markus setzten, der wahrscheinlich drauf und dran war ein paar fiese Sprüche raus zuhauen. Allerdings kam er nicht dazu, da sie einige Hörverstehen Übungen machten und daher musste er seine Klappe halten.

"Boha man, ich hätte' gar nicht von dir erwartet, dass du so gut bist, Bro. Ich dachte, dein Englisch wäre auch noch auf diesem Kindergartenniveau.", meinte Markus.

Felix entgegnete: "Ich hatte bisher in allen Arbeiten eine bessere Note als du. Da brauchst du mir nichts von Kindergartenniveau erzählen."

"Ja, chill mal. Du brauchst dich nicht so aufregen."

Felix versuchte sich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren. Aber sein Gehirn hatte andere Pläne. Dieses spielte die peinliche Szene immer und immer wieder im Gedächtnis ab und hinderte Felix daran mit der Bildbeschreibung anzufangen, die sie machen sollten, um das Bild nachher mit dem gehörten Text zu vergleichen.

Endlich hörte Felix das befreiende Klingeln der Schulglocken, die ihn von dem Horrorschultag entließen. Er schwang seine Schultasche über seine Schultern, stellte den Stuhl hoch und huschte aus dem Raum. Er verabschiedete sich nicht einmal von Markus oder sonst irgendeinem und ging schnurstracks nach Hause. Er stand an der Straße, die auf dem Weg lag und die er überqueren musste um zu seinem heiß ersehnten Haus zu gelangen. Neben ihm stand ein kleiner Hund, der erst mal eine riesen Pfütze hinterließ und Felix dazu brachte sich zu wundern, wie viel Flüssigkeit in diese kleine Hundeblase passte.

Er ging auf die Straße, nachdem die Autos vorbeigefahren waren. Allerdings geschah etwas unerwartetes. Als ob der Tag noch nicht schlimm genug gewesen wäre, trat Felix auf eine Bananenschale, die ihm direkt vor die Füße geworfen wurde. Er verlor die Balance und kippte nach hinten. Sein Genick schlug hart auf die Bordsteinkante und ein lautes "KNACK" war zu hören.

Im nächsten Moment setzte sich Felix wieder auf und hielt seinen Kopf.

"Komisch. Ich spüre überhaupt keinen Schmerz. Dabei ist mein Kopf doch gerade auf den harten Boden geknallt", wunderte er sich.

Erst dann merkte er, dass etwas nicht mit den Farben des Ortes stimmte. Alles war plötzlich so Farblos, oder nur ganz blass farbig. Die Leute um ihn herum sahen ihn erschrocken an, andere eilten herbei. Plötzlich stoppten alle Personen, die Autos blieben stehen, die Vogelkacke blieb in der Luft hängen und das Blut aus der Kopfwunde seines Körpers hörte auf zu fließen und sich mit dem Hundeurin zu vermischen. Eine große Gestalt in einem Schwarzen Kapuzenmantel erschien vor Felix. Die dunkle Gestalt hatte eine noch größere Sense in seinen Knochenhänden und sah runter zu Felix. Die Gestalt hielt ihm die Freie Knochenhand hin und half ihm auf die Beine.

"Felix Dettmann?", fragte die Gestalt, "erinnerst du dich an deinen Namen?"

"Ehm... ja klar. Warum denn auch nicht? Aber ich erinnere mich nicht daran, dass die Welt so aussieht", antwortete Felix sehr verwirrt und wunderte sich über die seltsame Gestalt vor ihm. Bis Karneval war noch eine lange Zeit hin, also warum sollte sich jemand so verkleiden?

"Bedauerlicherweise ist dies nicht mehr deine richtige Welt. Dies hier ist das sogenannte Jenseits. Hier verbleiben die Seelen der verstorbenen, bis der Tod, oder von euch Menschen auch der Sensenmann genannt, abgeholt und in den Himmel oder in die Hölle gebracht werden", erklärte der Tod.

"Warte was? Was meinen Sie damit? Bedeutet das, dass ich da gerade gestorben bin?", stutzte Felix und sah auf seinen Leichnam, der in dem Hundeurin lag und von den Menschen beglotzt wurde.

"Es ist natürlich, dass ihr Menschen verwirrt und verunsichert seid, nachdem ihr in das Jenseits geworfen wurdet.

Dein Todesgrund ist...", der Tod zog eine Pergamentrolle aus seinem Umhang und sah vermutlich drauf. Man konnte es nur vermuten, da die Kapuze dem Tod zu weit im Gesicht hing, als dass man es hätte erkennen können. Vielleicht tat der Tod es auch nur zur Show, um seriöser zu wirken.

Dann sprach er weiter: "Ausrutschen auf einer Bananenschale und der darauf folgende Genickbruch."

"Einen schlimmeren Tag hätte es nicht geben können", seufzte Felix, der sich auf die Bordsteinkante setzte und sich scheinlich mit seinem Ableben abgefunden hatte.

"Ich wünschte, es wäre nicht so gekommen. Jetzt bleibe ich jedem als Witzfigur in Erinnerung. Wenn Sie nur wüssten, was mir passiert ist...", murmelte Felix.

"Ich weiß alles, was passiert ist. Es ist wirklich ein bedauernder Umstand. Aber ich muss dich nun weiterleiten. Du wirst in den Himmel kommen, falls dieses Wissen dich ein bisschen erleichtert."

"Nein, eigentlich nicht", antwortete Felix bedrückt.

"Na dann... werde ich dir ein Angebot machen."

"Ein Angebot? Was für eins?", fragte Felix sichtlich interessiert.

"Du darfst weiterleben. Aber unter einer Bedingung. Du wirst zu einem Sensenmann und hilfst dabei, die Seelen weiter zuleiten", verkündete der Tod und wirkte dabei machtvoller als bei seinem Auftritt. Wahrscheinlich wollte er Felix einfach nur damit beeindrucken.

"Was? Das geht?", fragte Felix sehr überrascht.

"Dies ist eine Ausnahme. Ich habe Mitleid mit dir. Nur wenige Menschen haben so ein großes Unglück, bevor sie sterben. Außerdem ist mir deine Intelligenz bekannt."

"Und ich muss nichts weiter machen, als die Seelen zu begleiten?"

"Das ist richtig. Natürlich wirst du von mir in die wichtigsten Details eingewiesen, bevor ich dich eigenständig losziehen lasse", beantworte der Tod seine Frage.

"Aber werde ich nicht auch zu einem... Skelett? Komme ich einfach so wieder in meinen Körper?"

"Mit den Fähigkeiten, die du erhalten wirst, ist alles möglich. Ich drücke deine Seele zurück in deinen Körper und dennoch kannst du das Jenseits betreten, wann es dir beliebt. Dir wird es bald auch vielleicht möglich sein die Zeit zu stoppen, um deine Aufgabe erfüllen zu können."

Felix überlegte nur einen kurzen Moment: "Ich werde es machen!"

Der Tod zog eine weitere Pergamentrolle hervor und hielt sie offen vor Felix hin.

"Das ist der Vertrag. Ließ ihn dir ruhig durch. Du musst nur deine Hand auf des Pergament halten um zu unterzeichnen."

Felix las die Bedingungen sorgfältig und drückte daraufhin seine Hand gegen den Vertrag.

"Nun bist du offiziell ein Sensenmann."

Der Tod rollte den Vertrag wieder zusammen.

"Du machst deinen Namen aber keine Ehre. Du bist ja überhaupt nicht glücklich.", meinte der Tod und fing an zu lachen.

Leicht verwirrt entgegnete Felix: "Was meinen Sie?"

Der Tod stoppte. "Felix ist Latein und bedeutet 'der Glückliche', das ist doch total zum weghauen, dass du nicht glücklich bist."

Was war das denn, wunderte sich Felix. Plötzlich lachte der Tod über einen Namen, was nicht mal lustig war.

"Zu dir würde er der Name Infelix passen, da du so unglücklich bist!", er lachte wieder herzhaft, was sich aber eher nach einem Röcheln anhörte. Er zog eine Tüte Kartoffelchips hervor, warum auch immer er welche unter seinem Umhang lagerte, und öffnete sie. Er hielt Felix einen Kartoffelchip hin und prustete los: "wenn du den hier jetzt isst, ist der Chip auch 'in Felix'!"

"Bitte was?", entfuhr es dem geschockten Felix. Warum verhielt sich der Tod plötzlich wie ein kompletter Spinner?

"Buharagrarghaharagrg!", lachte der Tod, "wie kannst du das nicht lustig finden?"

"Ich bin gerade gestorben und habe einen Vertrag unterzeichnet, um Sensenmann zu werden und plötzlich merke ich, dass der Tod total komisch ist. Wie soll ich da über so etwas unlustiges lachen?"

"Hm. Spaßverderber. Aber gut, dann zeige ich dir jetzt, wie du deine Aufgabe zu erledigen hast."

Der Tod steckte sich den Chip in seinen Mund und zerkaute ihn. Allerdings brachte das alles nicht sonderlich viel, da die kleinen Krümel einfach durch seinen Knochenkörper hindurch, auf den Boden fielen. Er steckte die Tüte weg und und alles um die Beiden herum verschwamm. Plötzlich standen sie unten an einem Hochhaus.

"Wie sind wir denn jetzt hier hingekommen?", fragte Felix.

"So eine Art Teleport. Ich möchte dir jetzt zeigen, wie die Arbeit funktioniert. Ich wette der Typ da oben springt gleich von dem Dach."

"Was? Wir müssen ihn doch aufhalten, ansonsten stir... Oh. Warte, was ist eigentlich mit meinem Körper?"

"Das machen wir gleich. Dein Körper kann ruhig etwas Bewusstlos wirken. Ist doch nicht so schlimm", meinte der Tod und sah zu, wie der Mann von dem Hochhaus in den Tod stürzte. Seine Seele trennte sich von seinem Körper ab und setzte sich auf, genau wie Felix es vor kurzer Zeit noch getan hatte, nur um dann verwirrt um sich zu schauen.

"Bin ich tot?", fragte der Mann.

"Hendrik Kersting. Tod durch Sturz von einem Hochhaus. Ich bin der Tod. Ich bin hier um deine Seele weiter zuleiten. Du wirst in die Hölle kommen und auf ewig in den Flammen schmoren, denn Selbstmörder werden Bestraft", erklärte der Tod.

Oh, er hat seinen Text verändert, bemerkte Felix und sah angewidert auf die Leiche des Mannes, welche genauso farblos wie die Umgebung war. Er bekam einen leichten Brechreiz, jedoch konnte er sich nicht ohne Körper übergeben, schließlich hatte er als Seele keinen Mageninhalt.

"Ich komme in die Hölle? Ich dachte, wenn ich den Tod wähle, würden sich alle Probleme in Luft auflösen!", rief Hendrik Kersting.

Der Tod schüttelte den Kopf.

"Damit wird nur alles schlimmer. Nun bereite dich auf deinen Aufenthalt in der Hölle vor."

Der Mann sah traurig zu Boden und schlich zu dem Tod. Dieser ließ seine Sense verschwinden und legte eine Hand auf die Schulter des Mannes, die andere auf die Schulter von Felix. Ein Portal öffnete sich vor ihnen und der Tod schob die Beiden hinein. Kaum waren sie drin, schloss sich das Tor wieder. Vor ihnen war ein riesiger Fluss zu sehen. An dem Ufer des Flusses war ein Boot, sowie eine Person in einem dunklen Mantel. Auch sein Gesicht war nicht erkennbar.

"Steig in das Boot, Hendrik Kersting", befahl der Tod und warf der Gestalt auf dem Boot eine Münze zu.

Hendrik stieg widerwillig ein und wurde von dem Fährmann weggebracht.

"Ab diesem Punkt ist die Aufgabe erfüllt. Die Hölle ist nicht so schön, aber ich musste dir zeigen, was du machen musst. Jetzt werde ich dir etwas anderes zeigen", sprach der Tod und brachte Felix aus der Hölle hinaus.

"Was wollen Sie mir denn zeigen?", fragte Felix und sah zu, wie ein neues Portal entstand.

Der Tod lachte wieder, was sich anhörte, als würde er an etwas ersticken und sagte: "Das wirst du jetzt sehen."

Daraufhin drückte der Tod Felix durch das Portal.

"Willkommen in meinem Tierheim!", prahlte der Tod und zeigte auf dutzende Käfige mit Tieren als Inhalt.

"Der Tod besitzt also ein Tierheim?", wunderte sich Felix, "was soll ich denn hier? Soll ich mich auch um die Tiere kümmern? So stand das nicht im Vertrag!"

"Nein. Du sollst dir ein Tier auswählen. Diese Tiere können sprechen und kennen sich sehr gut im Jenseits und Umgebung aus. Wir geben den Neulingen stehts ein Tier ihrer Wahl", erklärte Tod.

"Ach so ist das also... na gut, dann nehme ich diesen Hund da!", meinte Felix, nachdem er sich ein wenig umgesehen hatte.

"Das... geht nicht."

"Was? Warum geht das denn nicht?"

"Der Hund gehört meiner Freundin. Ich soll auf ihn aufpassen, solange sie im Beauty-Salon ist. So unter uns, sie hat es auch wirklich nötig", flüsterte Tod zu Felix.

"Es gibt auch einen weiblichen Tod?", fragte Felix.

"Ja, für die Feministinnen. Die wollen Partout nicht mitkommen, egal was man versucht."

"Oh... äh... achso...", stammelte Felix. Er hatte nicht erwartet, dass der Tod so etwas sagen würde.

Felix ließ seinen Blick schweifen, bis er ein flauschiges rosa Kaninchen sah.

"Och, das ist aber süß! Darf ich das ha...", Felix wurde durch den Tod unterbrochen: "Nicht mein süßer kleiner Fluffy! Er gehört mir!"

Schützend stellte er sich vor den Käfig des Kaninchens namens Fluffy.

"Na, gut... dann nehme ich den Papagei da vorne", überlegte Felix.

"Ne. Ich bin dafür, dass du den Hamster nimmst. Er heißt Scotty", schlug der Tod vor.

"Ich möchte aber keinen Hamster. Ich möchte lieber den Papagei."

"Ich wusste doch, dass du den Hamster möchtest!"

"Aber ich möchte ihn doch gar nicht!", protestierte Felix.

"Doch, bestimmt möchtest du ihn. Du bist ein richtiger Hamstertyp", meinte Tod und holte den Hamster aus dem Käfig.

Scotty sträubte sich stark dagegen. "Ich will weiter schlafen! Ich will nicht so einem Trottel helfen! Nein!", rief er.

"Und ich will auch nicht diesen Hamster!", meldete sich Felix wieder.

Der Tod allerdings zog den Vertrag hervor und drückte Scottys Pfote neben den Abdruck von Felix's Hand.

"Nein!", schrie der Hamster, "Ich wollte den Vertrag doch gar nicht!"

"Aber da ist doch dein Pfotenabdruck. Du hast unterzeichnet.", der Tod steckte die Rolle weg. "Scotty kann dir den Rest bestimmt erklären. Ich für meinen Teil werde jetzt erstmal für ein paar Tage Urlaub machen. Wofür brauche ich denn sonst einen Assistenten?"

"Hey, was ist denn mit meinem Körper?", fragte Felix.

"Ach stimmt. Das habe ich total vergessen, Harghargharg", lachte der Tod und brachte Felix, sowie Scotty zu dem noch immer da liegenden und von Leuten beglotzten Körper von Felix.

"Hast du noch eine wichtige Frage, bevor ich dich zurück bringe?", fragte Tod.

"Ja. Warum trägst du manchmal eine Sense, obwohl du sie nicht benutzt?", fragte Felix neugierig.

"Das ist für Unfallopfer und für diejenigen, die im Koma liegen. Ihre Seele hängen noch teils in ihren Körpern und wir können sie oft nicht spüren. Wenn wir aber doch ein Opfer finden, müssen wir mit der Sense die Seele abtrennen. Aber jetzt möchte ich keine weiteren Fragen beantworten, das Meer ruft nach mir!", der Tod packte Felix an beiden Schultern und drückte ihn in seinen Körper zurück. "Achja, Scotty ist ein bisschen garstig, aber trotzdem eine gute Entscheidung!", waren die letzten Worte, die er von dem Tod hörte.

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