Kapitel 34. Verheilte Wunden

Der Morgen danach brach schneller an, als erwartet. Ihre letzte gemeinsame Zeit lief bereits ab. Nur noch vier Tage und der Morgen hatte nicht so ausgefallen gestartet, wie der Abend zuvor geendet war.

Mit schweren Steinen im Magen platzierte Kakashi das Frühstück auf dem Tisch, ehe er sich setzte und auf den Uzumaki wartete. Die Badtür knarzte kurz darauf und die Schritte verrieten, dass er sich näherte. Der Stuhl schabte, als er sich setzte und mit gesenktem Kopf auf seinen Teller starrte.

Schweigend stocherte er in seinem Omlett, doch er spürte den Blick, mit dem Kakashi ihn musterte. ,,Sah es wirklich so schlimm aus, wie es jeder sagt?", hauchte er und blickte auf seine nackten Arme. Die Wunden waren verheilt, doch noch immer spürte er den Schmerz, der sich dahinter verbarg. Hatte Sasuke ihm wirklich solch eine Schandtat angetan?

Kakashi verstand die Frage sofort. Erst vor wenigen Minuten hatte er ihn erwischt, wie er im Bad gestanden und weinend seine Arme betrachtet hatte. Er konnte sich denken, wie er sich die Schnitte und Hämatome vorstellte und wer ihm diese zugefügt hatte. Mit welchem Ziel es ihm angetan wurde.

,,Es sah aus wie im Schlachthaus..", begann Kakashi zögernd, darauf bedacht nicht mehr kaputt zu machen, als bereits zerstört war. ,,Hätte ich nicht gewusst, dass dich der Kyubi bereits heilt, hätte ich gedacht, du stirbst." Prüfend musterte er den Genin, schaute, welche Wirkung seine Worte erzielten. ,,Ich hatte Angst um dich und habe mir enorme Sorgen gemacht", endete er und legte gezwungenermaßen seine Stäbchen beiseite. Der Appetit war ihm gänzlich vergangen.

Als er wieder zu Naruto sah, bemerkte er die großen Augen, die ihn anstarrten und durchlöcherten. Unverständnis schäumte in dem Genin auf. ,,D-Du machst dir Sorgen um mich? Ist es wirklich so schlimm?" Baff legte auch er seine Stäbchen ab und suchte nach jeglichen Indizien, die für eine Lüge sprachen. Das konnte er sich nicht vorstellen. Das wollte nicht in seinem Kopf ankommen.

,,Natürlich sorge ich mich um dich. Immerhin bist du mein Schüler auch wenn..." Hitze stieg ihm in die Wangen und beschämt sah er von seinem Schützling fort. ,,Ach egal", hing er noch an und stritt überzeugt ab, dass dort nichts weiter war. Auch wenn er ihn liebte - seit Beginn an.

So verstrichen die Minuten, in denen sie sich anschwiegen und den Blickkontakt mieden, bis Naruto die Stille brach. ,,Ich kann das nicht glauben. So gern ich es auch will, ich kann es nicht glauben.. Ihr nutzt mich doch alle nur aus, echt jetzt", nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart. Er konnte sich denken, wie sehr die Worte ihn verletzten.

Er konnte ihm nicht in die Augen sehen. Naruto wusste, er hatte ihn verletzt, doch als er sich raffte und den Blick hob, japste er erschrocken nach Luft. Kakashi saß noch immer da, doch er hielt die Hände vor dem Gesicht verschränkt und lehnte die Stirn dagegen. Er wirkte, als würde er beten, doch seine geschlossenen Augen und die glitzernde Spur, die sich über seine Wangen zogen, verrieten seine Trauer.

Sich bestens bewusst, dass er die Schuld daran trug, stand er leise auf, bewegte sich auf den Jonin zu und nahm seine Hände in seine eigenen. Unverzüglich machte er es sich auf seinem Schoß bequem und zwang ihn, ihn anzusehen. ,,Wir haben dich alle gern", hauchte er erstickt und hoffte, Naruto würde ihm endlich glauben, doch diese Hoffnung verlor er allmählich.

Vorsichtig wischte der Uzumaki die Tränen weg und legte seine Hände an seine Wangen. ,,Ich will nicht, dass du gehst, aber es ist das Beste für dich", zwang er sich heraus und versuchte vergeblich, die Tränenflut zu stoppen. ,,Ich komme wieder, Kashi. Dann kann ich dir hoffentlich glauben." Naruto spürte selbst, wie ihm die Tränen aufstiegen und lehnte seine Stirn an Kakashis an.

Gerade als Naruto weitersprechen wollte, unterbrach ihn ein Klopfen an der Tür. ,,Wer will den jetzt etwas?", murrte er unzufrieden und stand von Kakashis Schoß auf, der sich mit dem Ärmel über die Augen wischte, sich die Maske hochzog und selbst zur Tür ging. Schleunigst eilte der Uzumaki hinterher und starrte, als die Tür offen war, genauso verwirrt wie Kakashi.

,,Pack deine Sachen. Wir machen heute los. Ich hab einen ganz wichtigen Termin vergessen." Jiraiya tippelte mit beiden Füßen auf der Stelle, ehe er kehrte und dem Treppenhaus hinuntereilte. ,,Wir gehen in einer Stunde am Haupttor los!", schrie er über die Schulter. Eine weitere Erklärung gab er nicht von sich.

Verwirrt sahen sie ihm hinterher, ehe Kakashi die Tür ins Schloss fallen ließ. ,,Wetten, er hat Tsunade nachgespannt und ist auf der Flucht, echt jetzt?", rätselte Naruto und stemmte die Hände wissend an die Hüfte, wobei Kakashi an ihm vorbeimarschierte und die dreckigen Teller in die Spüle räumte. ,,Dann solltest du los."

Kakashi wartete, während Naruto seine Sachen zusammensuchte und in seinen Rucksack stopfte. Viel hatte er nicht, sodass er schnell fertig war und kurz darauf wieder vor seinem Sensei stand, der sich die grüne Weste und seine Schuhe bereits anzog. Er tat es ihm gleich und schlüpfte in seine Sandalen, als Kakashi die Tür öffnete und hinaustrat. Schnell folgte Naruto ihm und lief neben ihm her, bis sie das Tor erreichten.

Suchend sahen sie sich um, doch der Eremit war nirgends zu sehen. ,,Er scheint noch nicht da zu sein", verlieh Naruto dem Gedanken einen Ton, doch er bemerkte Kakashis Schweigen. Besorgt blickte er zu ihm hinauf und er sah, wie er sich quälte. ,,Sag es", verlangte er verlagerte das Gewicht des Rucksacks auf seinen Schultern neu. Ertappt blickte der Jonin weiterhin beiseite. Sein Herz schlug ihm aufgeregt bis zum Hals. ,,Naru-kun", begann er, doch er stockte und hielt inne. Vorsichtig tastete er seinen Blick zu Naruto und schaffte es, den Blickkontakt zu erwidern.

,,Ich muss dir noch was sagen.. Es ist wichtig - für mich." Bedacht keine falschen Bewegungen zu tätigen, trat er einen Schritt näher an seinen Schüler heran und blieb vor ihm stehen. ,,Ich werde dich vermissen, weil", er beugte sich zu ihm hinab, schloss noch einmal überlegend seine Augen, doch er war sich sicher. Er musste es sagen. Jetzt oder nie. ,,Ich liebe dich."

Langsam stieg die Hitze in Narutos Wangen, färbte seine Ohren rot und steckte ihm einen Kloß in den Rachen. Lediglich seinen Mund konnte er leicht öffnen, doch kein Ton klang heraus. So sah Kakashi beschämt weg und vergrößerte den Abstand.

,,DA BIN ICH!", unterbrach die einseitige Konservation, als Jiraiya angerannt kam und Naruto am Kragen packte. Schleunigst zog er ihn mit sich. ,,Du scheinst alles zu haben. Also nichts wie los!", hetzte er und zog den Genin abrupt mit sich hinaus in die Welt.

Kakashi konnte nur überrumpelt hinterhersehen, wie die Staubwolke sich lichtete und die beiden in der Ferne verschwanden. Sein Herz splitterte, bevor es gänzlich zersprang. So drehte er gebrochen auf dem Absatz und verschwand in der Menschenmenge, die sich auf der Hauptstraße tümmelte. Nur im Augenwinkel und mit einem unermesslichen Dröhnen auf den Ohren nahm er Tsunade wahr, die fuchsteufelswild in Richtung Haupttor preschte.

1156 Wörter

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top