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Das Lachen verstummt so schnell wieder, wie es aufgetreten ist.

Alle sind wie schon bei der Hinfahrt in ihrer eigenen Welt. Wobei Taehyung sich sicher ist, des Öfteren Blicke der Sorge auf sich zu spüren. Diese sind ihm jedoch vollkommen egal.

Seine Augen sind einzig auf die geschlossenen Seelenfenster der Person gelegen, die auf seinem Schoß wie in schlafender Ruh gefangen scheint.
Hoffentlich hat sich die Blutung wieder beruhigt. Die Spuren von dieser an seiner Hand sind mittlerweile angetrocknet und die gebildete Kruste erschwert ihn ab und zu das Streichen von seinem Daumen.

Er weiß, dass Suga dieses nicht wahrnimmt. Aber er kann die Beendigung dieser Bewegung nicht mal im Geringsten mit seinem Gewissen vereinbaren. Das geht nicht. Er muss dem Älteren irgendwie übermitteln, dass er da ist. Er nicht mehr allein ist.

Diese Rettung kein Traum war. Er aus diesem Raum befreit, bald wieder in seinem eigenen Bett sein kann.

Ob Taehyung nun auch in diesem weiht ist anbei ohne Bedeutung der Wichtigkeit. Es geht noch immer nicht um sein Wohl. Einzig Suga interessiert.

Er will wissen, wie es dem Boss geht. Aber er kann es nicht. Es geht nicht.

Aber er will es. So unglaublich sehr. Es ist ein unerfüllter Wunsch, welcher eine innere Qual in ihm auslöst, die sich festbeißen will. Sie will sich verhaken. Diese Fahrt zu einer Folter umgestalten. Einer Folter der inneren Unruhe. Sie wird nicht gesättigt. Ist seit der Anfahrt so ungehindert laut.

Er kann sie wieder spüren. Diese Tränen. Sie rinnen erneut über seine Wangen. Die Gedanken haben ihn wieder eingeholt. Seine Augen haben schon die ganze Zeit das Gefühl der Feuchte in sich getragen. Aber die Tränen sind bis jetzt nicht gefallen.

Es war sein Kopf. Der neu aufgestapelte Haufen an Angst. Wie die Zukunft schlimmstenfalls aussehen könnte. Er wollte es sich nicht vorstellen. Sich nichts ausmalen. Sondern auf das Eintreffen der Realität warten und wenn diese eine solch schreckliche Bahn einschlägt, dann wollte er zusammenbrechen.

Aber doch nicht vorher.

Er muss stark bleiben.

Für Suga.

Aufhören den anderen Angst zu machen.

Für die andern.

Selbstlos sein.

Plötzlich spürt er wieder diese Hand auf seiner Schulter. Jimin merkt wie es ihm geht. Ob er die Tränen gesehen hat? Er wollte seinem besten Freund nicht noch mehr Sorgen zutragen, wie dieser doch eh schon hat. Sofort zieht sich sein Mund zusammen und mit einem unterdrückten Wimmern, verlässt ein erneuter Schwall seine Augen.
Dieser fährt die schon angelegten Bahnen der Masse herab und beim Kinn angekommen fällt der dicke Tropfen geradewegs auf Sugas Gesicht.

Er wollte es nicht.

Niemanden Sorgen bereiten.

Er hat den Älteren doch wieder. Ihn befreit. Alles dafür getan, was im Bereich seiner Fähigkeit liegt. Den Fähigkeiten eines Schwächlings.

Warum also, kommt diese Wende nicht?
Weswegen hat er nicht dieses gestern verlorene Gefühl zurück? Dabei hat er es sich so sehr gewünscht. Es hoffend gesucht und gegen seine Ängste ankämpfend das Schaubild des kleinen Schülers versucht abzusetzen.

Die Zeit in der Schule. In der er nichts weiter konnte als Lehrer, Kassierer und seine Eltern zu provozieren. In der er jede noch so kleine Begegnung mit der Polizei mit einem Grinsen der Adrenalin besetzen Freude genossen hat. Dort war er der kleine Schüler. Welcher rücksichtslos nur an sein eigenes Wohl gedacht hat. Für sein Leben in Freiheit die Tankstelle ausrauben wollte.
Für die Zukunft ohne Eltern, Regeln und Ausbildung. Einfach nur Jimin und er. In Freiheit. Er war so egoistisch.

Sachte hebt er seinen Blick und sieht vorne aus die Windschutzscheibe. Er hat sich verändert. Jetzt gerade versucht er die ganze Zeit an das Wohl der anderen zu denken. Seine eigene Situation zu verstecken, um Sorgen und Stress für die anderen zu vermindern.

Auch hat er seine Art dennoch beibehalten. Es hat ihm Spaß gemacht, den Typen so zu provozieren. Er hat dies rücksichtslos und für Suga getan.

Er ist nicht mehr dieser Teenager, welcher nur sich im Kopf hat.

Er will zwar noch immer diese Zukunft haben, aber dafür bedient er sich nicht mehr an fremden Gut, sondern beschützt jene um jeden Preis, die er für die bevorstehende Zeit an seiner Seite wissen will.

Die ganzen Chaoten haben das Schlachtfeld mit ihm zusammen überlebt. Er musste keine persönlichen Verluste einstecken.

Zwar ist diese Harmonie jetzt noch nicht zurück, aber vielleicht kratzt sie morgen wieder an der Tür seines Lebens. Ansonsten kann er wohl auch warten, bis jeder sich von diesem Vorfall erholt hat.
Ja. Das kann er. Denn Jimin ist bei ihm.

Die Person, welche er schon immer in seiner Zukunft haben wollte. Er wird den Älteren niemals loslassen. Sie haben schon früher zusammen das Adrenalin genossen, aber ob sie wohl bald schon über das heutige Gefühl lachen können? Über diese Ängste, das Erlebnis und ihr Überleben, welches sie ab heute in die Schubladen ihrer Erinnerungen wiederfinden können? Bestimmt.

Er freut sich schon darauf.

Sachte legt sich ein Lächeln auf seinen Lippen nieder, während er seinen Blick an die Decke des Autos heftet. Kurzzeitig sieht er diese an. Während er feststellen muss, dass sein Tränenfluss weiterhin nicht stoppt. Jedoch ist das unangenehm stechende Gefühl dazu verfolgen ist. Sind die Tränen mittlerweile etwas vor Freude?

Das Lächeln auf seinen Lippen fällt auf jeden Fall nicht nieder, während sein Blick wieder auf die Straße fällt. Sachte lässt er seinen Kopf zur Seite fallen. Auf seine Schulter oder eher doch auf Jimins Hand. Er will Suga nicht loslassen, gleichzeitig jedoch die Nähe zu seinem besten Freund wahrnehmen. Er braucht diese.

Er braucht diesen verrückt bestückten Jungen in seinem Leben. Das wusste er schon immer. Hat deswegen auch von Anfang an mit seinem Leben gespielt, welches in den Händen des Mafia-Bosses gefallen war. Ihm war alles egal. Er wollte einfach nur Jimin zurück. Und diese Verbindung, welche er dabei aus Versehen mit dem Boss eingegangen ist, bereut er nicht im Geringsten.

Sie gibt ihm Stärke. Ein neues Leben. Welches er genießt und nie wieder missen will. Sie ist sogar so stark, dass er dafür jegliches Risiko einging. Egal wie seidig der Faden ist, an dem sein Leben zu diesem Zeitpunkt hing.

Aber als Jimins Leben dadurch auf Kipp stand, musste und hat er ohne Zögerung beides beschützt.

Sein Herz ist in zwei geteilt. Eine Hälfte gebührte schon immer Jimin, während die andere seit neuestem Suga als Besitzer hat. Wobei dieser sein ganzes neues Leben und somit auch die anderen beinhaltet. Er fühlt sich wieder erfüllt. Der Teil, welcher ihm gestern entrissen wurde, ist zurück.

Aus dem Lächeln gerissen, verspürt er das Abbremsen des Wagens, eh kurz darauf auch schon die Tür bei Sugas Seite geöffnet wird. Dort stehen zwei Männer und eine Frau. Diese waren auf jeden Fall nicht mit.

Sofort ergreifen sie den Boss. In Taehyung kommt Panik auf. Er will den Älteren nicht loslassen und aufschreien. Jedoch spürt er plötzlich den Atem von Jimin an seinem Ohr, während sein Kopf wieder aufrecht und er komplett erwacht ist. „Sie werden sich jetzt um ihn kümmern. Damit es ihm bald wieder gut geht. Lass ihn Los. Tue für seine Gesundheit."
Diese Worte reichen tatsächlich aus. Sofort löst er seine Hände von Suga und ermöglicht den Männern somit, diesen aus dem Auto zu nehmen.

Zart streichend, entfernt Jimin sich wieder und Taehyung kann nur beobachtet, wie Suga auf eine Liege abgelegt und kurz darauf, aus der Tiefgarage raus, weggeschoben wird. Gerade will er auf seinem Sitz zusammensacken, da öffnet sich seine Tür.
Wieder Jimin. Welcher ihn zart anlächelt. Es muntert Taehyung tatsächlich sofort auf.
„Na komm. Hierbleiben und warten dauert zu lange. Stattdessen kannst du duschen und dich ausruhen. So vergeht die Zeit viel schneller."

Sofort nickt er, während er von dieser simplen, aber unglaublich erscheinenden Idee mitgerissen das Lächeln erwidert, sich abschnallt und aussteigt.

Ausnahmsweise müssen sie etwas länger auf den Fahrstuhl warten. Liegt wahrscheinlich daran, dass Suga gerade in irgendeine Etage zu Behandlung gefahren wird. Jungkook ist bei ihm. Die andern, also Jin, Hoseok und Namjoon, sind bei den restlichen Überlebenden. Oder eher gesagt warten sie gerade auch auf den Fahrstuhl. Wollen jedoch nicht zur Hygiene und Ruhe, sondern in einen Gemeinschaftsraum. Mit Whisky und ruhigen Gesprächen die Vergangenheit hinter sich lassen. Den Erfolg, trotz der hohen Verluste, auf irgendeine Art und Weise feiern.

Sie haben es geschafft.

Als der Fahrstuhl dann da ist, halten sie eine Station vor Taehyungs Auserwählung einmal an. Die ganzen anderen steigen aus. Kaum ist die Tür wieder geschlossen, genießen die Freunde kurzzeitig den Platz in der Kammer.

Angekommen, begleitet Jimin seinen besten Freund ins Bad. Legt diesem Klamotten hin.
Verspricht ihm nochmal wiederzukommen, nachdem er selbst mit dem Duschen fertig ist.

Aber dies kriegt Taehyung nicht mehr mit. Denn kaum ist er hygienisch wieder auf dem perfekten Stand, fällt er ins Bett und schläft sofort ein.

Keine Gedanken waren anwesend, die ihm das Holen vom Schlaf verhindern wollen.

Jetzt endlich, ruht sich nicht nur sein Körper aus. Geschaffen holt sich endlich auch seine Psyche, sein endlich zur Ruhe gekommener Geist, die Pause und Erholung, die er so sehr brauchte.

Und schon vorhin einfordern wollte.

Er ist so dankbar, dass er diese Stärke aufbringen konnte und es bis jetzt ausgehalten hat.

Kein Klotz war. Bei der Rettung geholfen hat.
Und jetzt endlich voller Erholung zur Ruhe kommen kann.

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