(5)

Zuckerwatte. Regenbögen. Süßer Duft und volle Mägen. Das Schlaraffenland. Früher in der Hungersnot war es dies, was man sich vorgestellt hat, wenn man in die Welt des Schlafes und der unendlichen Möglichkeiten eines jeden Traumes fiel. Aber Taehyungs gerunzelte Stirn, sein bebender Körper und die durchnässt klebenden Klamotten, scheinen wohl kaum von Süßigkeiten getrieben.

Außer, es geht um Karies. Die Angst vor dem Bohrer, welcher in den Mund vom Patienten geführt wird, die Bildung von Speichel, die nicht vorhandene Möglichkeit des Schluckens und dieses Geräusch. Wenn der Aufsatz schleifend das Bösartige im Mund entfernt, welches bei genügend Pflege nie entstanden wäre.
Dies könnte ein Grund für diese Angst sein.

Jedoch träumt der Junge nicht vom Schlaraffenland.

Seine Atmung stockt. Sein Mund ist leicht geöffnet, gereizte als auch hilflose Laute verlassen diesen zart und leicht geöffneten Spalt. Er will schreien. Seine Seele soll diesem verfluchten Körper entkommen und Freiheit erlangen. Grenzenlose Freiheit.

Hinter ihm ist diese Präsenz. Ihre Aura ist düster, einnehmend und umfassend, will sie den zarten und ängstlichen Körper an sich ziehen.
Ihn verschlingen, in sich aufnehmen und im Magen gelegen, zur Verdauung bereit, mit dem Jungen verschmelzen.
Die Gestalt, sie ist groß. Ragt trotz ihrer fast mit der Nacht verschmelzenden Schwärze, auffällig und weitläufig über ihn hinaus.
Der Schlund ist geöffnet, voller Lust und Freude, tropft ihr Speichel auf den Jungen herab. Diese Nässe, aus diesem fremden Körper, dessen Wärme so unangenehm ekelhaft und feucht auf seinen Körper fällt, lässt seine Anziehsachen, fast wie eine zweite Haut, an der eigentlich natürlichen Schicht klebend haften.

Die Gestalt ist hinter ihm. Sein Herz sagt, dass er rennen soll, jedoch kann er nicht. Wie festgewachsen, kann er nur in diese Schwärze sehen. Kein Gesicht. Kein Lächeln, welches noch so fies sein kann, aber dennoch Menschlichkeit in sich trägt. Keine Augen, welche eine Haftung an den bebenden Körper aussagend beherbergen. Nur dieses Tropfen. Dieser Schlitz in der Dunkelheit, welcher wohl der Schlund sein soll. Sie will ihn verschlingen, er will fliehen, jedoch kommt es zu nichts vom beiden.

Langsam löst sich etwas heraustretend aus dem Schatten. Eine Planke, sie trägt Krallen an sich. Krallen, die sich in seine Haut rammen wollen. Sie wollen ihr Essen aufspießen und übers Feuer hängend, vor der Verschmelzung noch eine genüssliche Röste entstehen lassen.

Die Finger sind gespreizt in der Farbe der tiefen Nacht gehüllt und in ihrer außergewöhnlich knochigen Länge, ähneln sie den Beinen einer fetten im Anblick nicht ertragbaren Spinne. Leichte Bewegungen führen sie aus, scheinen ungeduldig und wollen den sich nicht regenden Jungen endlich ergreifen. Ihn umfassen, sich in die Haut hineinbohren und beide Schichten, der wohl nicht gut schützenden Haut, durchdringen. Das Blut, welches beim Zerstören dem Lebenden entspringt, ist wie eine Würze und lässt ungeduldig immer mehr Speichel aus dem Schlund tropfen.

Die Krallen, welche in ihrer geschärften Spitze, scheinbar einen symbolisierenden Funken in sich tragen, wollen sich endlich in das noch lebende Nervensystem rammen.

Taehyung spürt einen Schmerz.
Dieser Schmerz ist so ziehend, unglaublich und in seiner Beschreibung unmöglich.

Der Schlund öffnet sich. Er sieht auch in dieser Gestalt nur schwarz. Wäre da nicht dieser Haarschopf. Es ist Jimin. Dieses Vieh hat Jimin in sich aufgenommen und komplett in seinen Beschlag gezerrt. Er darf nicht der Nächste sein.

Er schreit.
Mit einem unglaublichen Herzschlag sieht der Junge sich um. Das Zimmer ist dunkel. Er ist immer noch alleine in diesem Bett und dieser Traum, war fast wie eine Folter. Erregend spürt er immer noch, wie sein Körper zuckt und die Gänsehaut in ihrer Spanne nicht schwinden will.

Er hat Jimin verloren. Weiß nicht wie es seinem besten Freund geht und sehnt sich danach bei ihm zu sein, kann dies jedoch nicht. Will sein Traum genau dies aussagen? Will er ihn als feige abstempelnd sagen, dass die Angst des Jungen vor diesen schwarzen Planken stärker ist, als das Bestreben eines Versuches der Rettung, von seinem besten Freund, aus deren Schlund?

Es stimmt. Er ist neulich hier aufgewacht, wurde ohne Gewalt entführt, einfach nur mit einem Tuch und auch im Allgemeinen, gibt es doch wohl nichts, was ihm verschnellert einen unglaublichen Herzschlag überreicht und jegliche Bewegung verhindert. Er ist doch sonst immer so erfreut und von Enthusiasmus gesteuert, wenn es um eine Gelegenheit geht, welche seinen Herzschlag verschnellern könnte. Jimin und er vergöttern doch dieses hämmernde Pochen in ihrer Brust, wollen es spüren und tun doch fast jedes süße, kleine, als auch feine Spiel in die illegale Richtung, für diese einfache Erreichung. Was ist passiert?

Weswegen hat er keine Sekunde, auch nur einen winzigen Gedanken, an einen Versuch für seine Flucht gesteckt?

Liegt es an der Abwesenheit des Älteren? Liegt es daran, dass es zu spät ist und er seinen besten Freund nicht mehr aus dem Schlund und der Verdauung retten konnte?

Ist es diese Verzweiflung, dass sie getrennt wurden? Diese Unwissenheit, was er denn ohne Jimin tun soll, weil er noch nie vor einer solchen Situation stand? Immer war der Schwarzhaarige bei ihm. Sie haben zusammen Kuchen gebacken und dann vor Staub hustend, Sand von der Liste der guten Zutaten gestrichen.
Sie haben zusammen an den kalten Tagen des Schneefalls überprüft, ob der gelbe Schnee so fruchtig sauer wie eine Zitrone schmeckt.
Sie haben an ihrem ersten Schultag, den großen Schülern aus der unglaublichen vierten Klasse ein Bein gestellt und kleinlich boxend mit ihren sechs und sieben Jahren versucht, den Platz des Schulhofkönigs für sich zu erobern. Dies hat zwar mit blauen Flecken und einer Verabredung, ohne Vereinbarung wurden auch die Eltern geladen, beim Direktor bedeutet, aber sie haben sich stark gefühlt. Zusammen.

Nie kam etwas zwischen ihnen. Bekam einer von ihnen Hausarrest, war es nicht selten der Fall, dass sie über Dächer gerutscht, gesprungen und gefallen sind, nur um wieder bei dem anderen zu sein.

Sie können nicht ohne den anderen und seine Gedanken, als auch dieser Traum, zeigen, was diese plötzliche Trennung in ihm auslöst. Er hat Angst, es bringt seinen ganzen Körper zum Beben. Diese Tatsache, dass er auf den Älteren gehört und tatsächlich weggefahren ist, löst Gewissensbisse aus. Es quält ihn. Raubt ihm Ruhe und Erholung des Schlafes, weil der Grund ihrer Trennung nicht sie selbst, sondern Gestalten sind.

Ihre Eltern, die Polizei und dieser Typ, in dessen Bett er liegt. Sie alle sind in ein hässliches schwarzes Etwas verschmolzen und wollen ihn verschlingen, nach ihm ragen und seine Träume, als auch Wunschgedanken, endlich auslöschen. Denn es ist unerreichbar. Was er gerade erlebt, ist die Realität und der Plan, welchen die Jungen so motiviert aufgestellt haben, ist einfach nur purer Optimismus, welcher diese Welt als schön erscheinen ließ.

Jetzt sitzt er auf diesem Bett, sein Herzschlag hat sich langsam wieder beruhigt, aber eine Gänsehaut entstehen lassend, ist sein nass geschwitztes Hemd, wie es an seiner Haut haftet, ein Gefühl von Unwohlsein. Er würde gerne duschen. Hier weg. Er will zu Jimin. Er muss wissen, wie es seinem besten Freund ergeht.

Plötzlich berührt etwas die Schulter des Jungen. Er zuckt zusammen, hat die laufende Zeit und das fortlaufende Drehen der Erde komplett ignoriert. Wer ist in diesem Raum? Sachte hebt er seinen Blick und sieht diesen Typen, welcher vorhin so plötzlich den Raum verlassen hat.

Der Mann trägt ausschließlich schwarze Klamotten. Sein Herz verliert wieder jegliche Regelmäßigkeit in seinen Schlägen. Setzt in der Dauer von Sekunden einmal aus, nur um dann sein Tempo zu verdoppeln. Seine Atmung stockt, seine Lunge scheint von der plötzlich ängstlich starken Aktivität des Körpers überfordert.

Es ist das Vieh aus seinem Traum. Er ist so dunkel. Ist es denn überhaupt der Typ von vorhin? Seine beim Anblick sofort aufgetretenen Gedanken werden plötzlich hinterfragt. Wie im Traum erkennt er keinen Mund, keine Nase und keine Augen, das Gesicht ist verdeckt. Dieses Etwas trägt eine Kappe. Diese schützt wohl seine Identität und lässt jede noch so bekannte Person, überraschend fremd erscheinen.
Plötzlich bewegt sich diese schwarze Silhouette wieder. Tritt näher an das Bett heran.

Der Junge schreit. Er hat Angst. Er will nicht verschlungen werden. „Vorhin warst du so lässig und ruhig, was ist denn jetzt mit dir los?"

„Bleib weg von mir. Komm nicht näher!"

Er rutscht immer weiter nach hinten, auf dem Bett und die Gestalt bleibt plötzlich stehen.
„Warte-"

Zu spät. Taehyung ist an der Kante des Bettes angekommen und hat sofort sein Gleichgewicht verloren. Nur um dann plumpsend, wie ein nasser Sack, von der Erhöhung des Schlafens, herab auf die nicht vorhandene Gemütlichkeit eines Bodens zu fallen.

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