(12)
Stopfend von seinem Schlund heruntergedrückt, in seinen Magen hinab, mit befriedigender Fülle, ohne Beschwerde, ist er in Ruhe gelegen.
Leicht schwenken seine Beine von einer Richtung in die andere. Links, rechts. Links, rechts. Immer wieder. Gleiche Geschwindigkeit, gleiche Auslenkung und harmonisch fast wie der schlagende Sekundentakt einer funktionierenden Uhr.
Neben ihm sitzt noch immer Hoseok. Zusammen erscheint ihre einhaltende Position wie angepflanzt und eindeutig festgesetzt, vom Winde gewippt.
„Hoseok, wenn du mir schon nicht beim Abwasch hilfst, könntest du Taehyung in sein Zimmer begleiten?"
„Warum? Und ich kann alleine gehen?"
„Dein Aufenthalt war ausschließlich fürs Frühstück bestimmt und neugierige kleine Jungen kommen wie ein Mädchen mit roter Kappe gerne vom Weg ab."
Leicht verstört, legt der Jüngste seinen Kopf schief. Was sind das denn für fast schon zusammenhangslose Worte aus Jins Mund?
„Weshalb bin ich jetzt reif genug, um mit Rotkäppchen verglichen zu werden?"
„Weil in diesem Haus etwas haust, das dich fressen will, wie die zweite Hauptgestalt in dieser Erzählung eines Märchens. Und jetzt hop hop oder muss ich euch erst von den Hockern abschneiden?!"
Eine sachte Bewegung neben Taehyung und kurz darauf nimmt er die hauchend, leise und raue Stimme von Hoseok neben seinem Ohr wahr. „Seine Aussagen sind nur selten Scherze. Er kommt schnell mit dem Messer und schnippelt an noch mit Blut durchströmten Fleisch umher."
Wie auf ein Kommando einstudiert, wobei Hoseoks Aussage wie der auslösende Schuss erscheint, springt Taehyung auf. Seine Augen sind geweitet und während diese auf Jin gerichtet sind, scheint dieser erleichtert und wendet sich völlig ruhig zurück an das Schrubben der fettigen Pfanne.
Hoseok währenddessen rutscht langsam zur Seite, bis die Fläche des Sitzens zu klein ist und er somit stehend auf seine Beine fällt, um nicht mit einem Plumpsen den Boden zu begrüßen. Wobei Blumensträuße und Küsschen bei dieser strahlenden Sauberkeit gar nicht zu abwegig sein sollten. Böden sollten respektiert werden. Eindeutig. Ich höre dann auf.
Vom Älteren huscht ein schneller Blick zum Ältesten, eh er geschwind nach dem Handgelenk des Jungen greift. Ziehend entfernt Hoseok Taehyung immer mehr von der Küche. Sich leicht nach hinten wendend, winkt der Junge dem Mann an der Spüle nochmals zu, welcher dies leicht freudig erwidert. Kurz darauf findet er stehend erneut einen Platz im Fahrstuhl und während Hoseok den entscheidenden Knopf drückt, schließen sich die Türen. Nach kurzer Fahrt und schnellem Stopp wird der Junge wieder gepackt. Jedoch zögert der Ältere plötzlich und über seine Schulter nach Taehyung blickend, wird die aufgetretene Stille unterbrochen.
„Warst du in einem kleinen Zimmer oder eher in einem Luxushotel?"
„Reicht es aus, wenn ich sagen kann, dass hinter dem Bett eine riesige Fensterfront war?"
Tatsächlich scheint dies ausreichend. Hoseok stoppt in seiner Bewegung und bevor Taehyung dies hinterfragen kann, wurde er zurück in den Fahrstuhl gestoßen und erneut einen Knopf gedrückt, wird eine weitere Fahrt gestartet. „Ich habe mich vertan. Suga hat dich wohl in seinem Zimmer untergebracht." In Gedanken vertieft nickt Taehyung zu dieser Aussage nur einmal und scheint sie nicht wirklich als wichtig anzuerkennen, obwohl ihm bei ihr tausende Fragen umrennen sollten.
Als die Türen des Fahrstuhls sich erneut öffnen, scheint dem Jungen der Flur bekannt. Und er hinterfragt seine eben so ruhige Einstellung, als Hoseok ihn in unbekannte Gemächer schleifen wollte.
„Ich weiß nicht, wie dein Tag heute noch aussehen wird." Sie kommen vor einer Tür zum Stehen, welche der Ältere öffnet und sofort erkennt der Junge diesen einzig schon bekannten Raum. „Aber auf der linken Seite ist eine Glastür. Auch wenn Suga selbst dir das Wasser noch nicht vorgestellt hat, spricht wohl nichts gegen eine Dusche für einen freien Kopf. Und ansonsten, geh schlafen."
Wie es wohl gewollt wurde, handelt Taehyung. Er ist alleine im Raum, wohl scheinend eine unglaubliche Ewigkeit. Keine Geräusche, keine Präsenzen, einfach nichts unterbricht seinen Blick, welcher wohl mittlerweile mit der Decke verheiratet ist und sich seit Stunden nicht lösend, keine Scheidung in Betracht zieht. Die Gedanken des Jungen schweben in tausenden Richtungen umher. Er ist abwesend, aber gleichzeitig aufmerksam, komplett bei der Sache. Als seine Sicht plötzlich etwas dunkler und trüber erscheint, gehen seine Augen eine Trennung ein und sein Kopf dreht sich zum Welt offenbarenden Glas. Die Sonne geht unter.
Sich aufsetzend realisiert Taehyung, dass er vielleicht zehn Stunden ausschließlich mit Liegen, Starren und Überlegen verbracht hat. Keine weitere Mahlzeit, kein weiterer Kontakt mit Menschen. Suga will wohl nicht noch weitere offene Gefallen von Taehyung an sich haben und menschlich gesehen, denkt er an keine Bedürfnisse, welche dieser Junge, in seinem Zimmer, in sich tragen könnte. Wenn diese Person kein Gast ist, ist die passende Freundlichkeit immerhin auch nicht gefragt. Dabei verspürt Taehyung auch keinen Hunger, wenn man nichts tut, woher sollte dieses Gefühl auch kommen?
Sich erhebend, schlendert er noch leicht benommen durch den Raum zur Glastür. Wie Hoseok es vorhin meinte. Kontakt zu Wasser aufnehmen schadet nie. Und wenn er bei Dunkelheit gleich Bedürfnisse des Schlafes verspüren sollte, unterstützt das Gefühl der Frische und freie Gedanken dies freilich.
Beschlossen und entschieden, so wirds gemacht, Augen zu. Es kommt zu Schlaf im Nu.
Aber erstmal... Pflege.
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Seine Augen sind geschlossen. Sein Traum fängt an. Es ist so schön. Nichts Grausames. In seinem Kopf läuft nichts ab, was jegliche Ruhe einer schlafenden Pause behindern könnte. Seine Gedanken bringen ihn und Jimin wieder zusammen. Sie bringen Glück, Freude und ein ehrliches Lächeln, welches über seine Lippen geschwungen ist, wieder zurück.
Die Jungen lachen zusammen. Fast wie real hörend, klingt es so freudig. Es klingt so... schleifend.
Langsam hebt er seinen Kopf aus der gemütlich geformten Position im Kissen heraus und stützt sich an seinem Unterarm ab. Nur schwer drängt er seine müden Augen in die Öffnung und will am liebsten schreiend um Ruhe bitten. Es war doch gerade so schön. Warum muss er immer um seinen Schlaf gebracht werden? Warum nur?
Mal sind es Gedanken, welche in einer düsteren Ecke ihr Lager aufgeschlagen haben und in gedanklicher Leere, seinem Kopf eine erschreckende Fülle bieten. Und dann gibt es Momente, in denen es ein Schleifen ist. Etwas wird über den Boden geschliffen.
Wohl schwer, denn die Bewegung klingt langsam, fast schon nervend und auf jeden Fall in der nächtlichen Ruhe unpassend. Sein Blick fällt zur anderen Hälfte des Bettes. Sie ist leer. Suga ist nicht neben ihm und schnarcht.
Sein Blick fällt nieder zum Boden, an dem er nichts erblickt. Sachte sperren seine Ohren sich weiterhin aufmerksam auf und lauschen dem Geräusch. Es klingt nicht ab, es wird nicht ruhiger.
Ihn durchströmt so unerwartet, wahrscheinlich auch unpassend und plötzlich, eine pure Neugier. Was gibt so ein schlaff, raues und kribbliges Geräusch von sich, wenn es über die raue Schicht des Untergrundes gezogen wird? Er will es wissen. Nein, er muss es sogar wissen. Es spannt ihn fast schon auf die Folter, dass dies seine friedlichen Gedanken gestoppt hat und er keinen begründeten Bezug zum Auslöser findet. Was könnte es sein? Eine Box? Ein Sack? Aber wer zerrt sowas in der tief dunklen Nacht durch ein Apartment über den Boden? Es muss etwas anderes sein.
Seine Gedanken wollen Antworten.
Seine Gedanken sind dumm.
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