Kapitel 43

"Wie lange war sie schon so?" Ich höre ein Laufen, gefolgt von einem Seufzen. "Sie ist seit Tagen so. Seitdem die Vorlesungen wieder angefangen hat, war sie ruhiger. Sie hat sich von Tag zu Tag verschlimmert." Das ist Aykans Stimme. "Scheiße!" Das ist Can. Wieso ist er hier? Müsste er sich nicht mit Aleyna oder anderen Weibern herumtreiben? "Was denkst du ist es? Eine normale Erkältung ist es nicht mehr", fragt Can, woraufhin Aykan seufzt. "Vielleicht wegen dem Stress. Sie sieht müde aus. Schlafentzug könnte es sein." Can schnaubt. "Sie muss es mit dem Lernen auch immer übertreiben." Sag mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe, Can. Ich öffne langsam meine Augen. Im Krankenhaus bin ich nicht. Sieht aus wie ein Sanitätsraum. Die Uni besitzt sowas? "Wieso hält die Bewusstlosigkeit so lange an? Wieso haben wir auf den Professor gehört und nicht gleich den Notarzt gerufen?" Can hört sich hysterisch an. Es würde mich wirklich enttäuschen, wenn es an ihm vorbeigehen würde. "Vasovagale Synkope." Beide kommen sofort zu mir und schauen mich besorgt an. Auslöser für eine vasovagale Synkope können unter anderem psychischer Stress, Kälte, Schmerzen, Angst, eine schlimme Nachricht oder ein freudiges Ereignis sein. "Der Professor ist nun mal schlauer, als ihr", flüstere ich. Ich bin wirklich froh, dass Can hier ist, dass er meine Bewusstlosigkeit nicht ignoriert hat, dass er sich Sorgen macht. "Ihr habt wohl den Stoff der Terminologie vergessen, tolle Medizinstudenten." Ich schmunzele leicht und schaue dann zur Decke. "Mehr als zwei Minuten wahr ich nicht bewusstlos oder?" Beide verneinen es. Sonst wäre ich ja auch nicht hier, sondern im Krankenhaus. "Der Professor hat dich befreit und dir Folien von allen Vorlesungen für heute und morgen geschickt", informiert Can mich. Dieser Professor ist ein wahrer Engel. "Geht zu den Vorlesungen!", fauche ich leicht, da ich immer noch geschwächt bin. "Ich habe erst um 14:30 Uhr wieder. Das Problemorientierte Lernen ist freiwillig", sagt Can, der mich nicht aus den Augen lässt. Seinen Blicken weiche ich aus und sehe in Aykans grüne Augen. "Deine Vorlesung beginnt gleich, geh." Er lächelt mich an, wünscht mir gute Besserung und geht dann. Kurz nachdem die Tür ins Schloss gefallen ist, steigt Spannung in die Luft, die meinem Bauch ein mulmiges Gefühl verpasst. Was wird jetzt wohl passieren? Ich sollte mir nicht erhoffen, dass es jetzt alles wieder beim Alten ist. Wahrscheinlich hat Can nur Schuldgefühle und wird mich wieder ignorieren, wenn ich wieder auf Trab komme. Es war ja schließlich meine Entscheidung, dass wir auseinander gehen. "Du musst nicht bleiben", flüstere ich und beiße mir auf meine Unterlippe. Ich will, dass er bleibt. Dieser Antagonismus wird wohl immer ein Teil von mir bleiben. "Du denkst jetzt nicht wirklich, dass ich dich nach deinem Zusammenbruch aus den Augen lasse." Streng sieht er mich an, weswegen ich meinen Blick senke. Es sind nur Schuldgefühle. Wird es jetzt immer so weiter gehen? "Hey." Sanft hebt er mein Gesicht an. Diese Geste macht mich ganz emotional. "Was ist los mit dir? Du bist so schwach." Ich schlucke und schüttele den Kopf. "Nur müde", flüstere ich und blinzele meine Tränen weg, die bei jedem Blinzeln sich vermehren. "Ich bin nur müde." Ich beiße mir auf meine bebende Unterlippe und senke den Blick, damit er mich nicht weinen sieht. Bei einem mentalen Zusammenbruch darf das Weinen natürlich nicht fehlen. Das Weinen hilft uns oft, das Geschehende besser zu vertragen, damit wir bei den nächsten Erinnerungen an die Situation nicht wieder so geschwächt sind. Wenn man einmal richtig weint, es sich ausweint, dann fühlt man sich befreiter. Seine starkem Arme schlingen sich um mich und drücken mich an sich, was mir ein enormes Gefühl an Sicherheit gibt. Ich habe mich seit langem nicht mehr so geborgen gefühlt. Wie schön solch eine Umarmung doch sein kann, wie viel Kraft sie einem geben kann. "Was liegt dir auf dem Herzen, Shana?", flüstert er und fährt mir zart über meinen Rücken. Seine Hände auf meinem Körper genieße ich zu sehr. "Ich weiß es nicht", flüstere ich. Meine Arme gleiten von seinen Oberarmen zu seinem Nacken, an dem ich mich festhalte und der mir Kraft gibt. "Wir kriegen das wieder hin, versprochen." Er setzt einen Kuss auf meinen Scheitel, der meinen Bauch kribbeln lässt. Das Penethylamin, wonach ich heute gebeten habe, scheint wohl durch meine Blutbahnen zu rauschen und ich glaube, dass auch mein Serotonin Kontingent, dank Cans Präsenz, steigt. Ist es nicht faszinierend, was ein einziger Mensch mit einem anstellen kann? Wie sehr er einen kränken und zugleich auch wieder heilen kann? Eine einzige Berührung kann manchmal schon ausreichen, um jemanden glücklicher zu machen oder gar heilen kann - faszinierend. Ich löse mich von ihm und wische mir meine Tränen weg. Can mustert mich intensiv und krempelt meine Ärmelt hoch, die ich voller medizinischer Begriffe bekritzelt habe, um sie mir besser zu merken. Seufzend schließt er seine Augen und schüttelt den Kopf. "Komm, ich bringe dich nach Hause." Ich stehe langsam auf und muss mich an Can festhalten, da ich immer noch ins Schwanken gerate. Langsam hilft er mir aus dem Zimmer und führt mich zum Auto. Natürlich wurden wir wieder von jedem angeschaut, da wir ja das Highlight der Universität sind. Menschen können total penetrant und aufdringlich sein.

Als ich ins Auto einsteige, zittern meine Beine, da ich meine Beine leicht beugen muss. Can schaut mich deswegen besorgt an, doch ich winke einfach nur ab. Ich muss einfach nur eine Runde schlafen, mehr nicht. Meinen Kopf lasse ich langsam kreisen, und meine Übelkeit ist nicht mehr so stark wie vorhin. Vielleicht habe ich eine Eisenmangelanämie oder doch wieder die Vitamin-B12-Mangelanämie. Grund dafür ist dann auf jeden Fall meine magere Ernährung zur Zeit. "Was hast du heute gegessen?", fragt Can mich und hilft mir aus dem Auto. "Ein Biss von einer Gurkenscheibe." Entgeistert schaut er mich an. "Und gestern?" Er wird mich vielleicht Köpfen. "Einpaar Butte-," "Butterkekse?", beendet er meinen Satz erzürnt, weswegen ich zusammenzucke. Can sieht mich besorgt und entschuldigend an und öffnet dann die Tür. Als ich die ganzen Treppenstufen sehe, seufze ich. Meine Unterleibsschmerzen und meine Kraftlosigkeit werden mir keine große Stütze sein. "Komm." Er hebt mich hoch, weswegen ich einen erschrockenen Japser von mir gebe und mich von Can tragen lasse. Ich würde die Treppen wirklich nicht alleine schaffen, also lehne ich es auch nicht ab. Ich spüre seinen zitternden Arm. Ich bin heute schon, als ich mit Ranja und Saliha zur Uni gefahren bin, fast die Treppen runter geflogen, da meine Beine mich nicht richtig halten konnten und sich so wie Pudding angefühlt haben, jedesmal, wenn sie etwas beansprucht werden mussten. Meinen Kopf lege ich auf seiner Schulter ab und ziehe mit geschlossenen Augen seinen sinnlichen Duft ein, den ich seit einem Monat nicht richtig riechen konnte. Allein an seinem signifikantem Duft könnte ich sofort sagen, dass es sich um Can handelt, weil niemand so einen herben Duft hat, wie er. Ich würde seinen Duft für nichts auf der Welt eintauschen und würde ihn am liebsten die ganze Zeit mit mir tragen. Wir kommen oben an, woraufhin ich die Tür aufschließe, meine Schuhe in eine Ecke schmeiße und mich in mein Bett lege. Can betritt mein Zimmer und schaut wütend auf meinen Schreibtisch. "Shana, das ist ungesund!" Seufzend zeigt er auf die verstreuten Blätter, Bücher und Stifte. "Du machst dich damit kaputt. Du hast abgenommen, deine Haut ist blass und deine Augen sind schon matt geworden." Er sieht mich besorgt an. "Shana, du verdrängst Probleme, kann das sein?" Er trifft mitten ins Schwarze, was mir eine kalte Gänsehaut verpasst. Ich habe ihn vermisst. Ich habe ihn so stark vermisst, dass ich krank geworden bin. Seine Nähe, die ich für einen Monat nicht mehr hatte, seine Stimme, die mich weder necken, noch zum lachen bringen konnte war nicht da und das hat mein Gehirn bemerkt. Meine Hypophyse und mein Hypothalamus sind sozusagen von Cans Nähe abhängig, damit die Hormone richtig verbreitet werden können und ich somit gute Laune habe. Man könnte also sagen, dass ich auf Abstinenz war und es mir ganz und gar nicht gut getan hat. Es hat am Ende zu einem Zusammenbruch geführt.

Auf seine Frage kann ich nicht antworten. Ich öffne meinen Mund, kann aber nur kurz und leicht den Kopf schütteln, bevor ich meinen Mund wieder schließe. Er hat sich bei unserer letzten Konversation lächerlich darüber gemacht, dass ich mich stark spiele. Was, wenn er jetzt den wunden Punkt sucht? Ich presse meine Lippen auf einander und sehe auf meine Decke. Can setzt sich auf mein Bett und dreht meinen Kopf zu sich. "War es die Distanzierung?", raunt er, was mich schlucken lässt. Ich will es nicht zugeben, egal wie offensichtlich es jetzt auch ist. Ich will es einfach nicht. Wenn Can das als Mittel gegen mich verwendet, habe ich mich selber geschnitten, ohne es gewusst zu haben. Es steht also fünfzig, fünfzig. "Ich auch, Shana." Ich ziehe verwirrt meine Augenbrauen zusammen. "Es hat mich ebenfalls mitgenommen." Mein Bauch zieht sich merklich zusammen und mein Körper wird von einer großen Gänsehaut übermannt. Er hat ebenfalls gelitten? "Du siehst nicht so aus, als ob du gelitten hast", flüstere ich, woraufhin mir Tränen hochsteigen. "Mag sein, dass man es mir nicht angesehen hat, doch es hat mich psychisch belastet." Er streicht mir mein Haar zurück und sieht mir mit Sehnsucht in die Augen. Männer vertragen Trauer und Schmerz anders, als Frauen es tun. Während die Frau zusammenbricht, versucht der Mann alles zusammenzuhalten. Er springt sozusagen für die Frau ein. Männer versuchen ihre Gefühle tief im Inneren zu halten, stark zu wirken. Wenn man sie nicht trauernd sieht, kommen sie einem viel stärker und sogar Angst einflößender vor. Männern fällt es generell auch schwerer als Frauen, ihre Gefühle auszudrücken und sie mit anderen zu teilen. Das Verhältnis eines Mannes zu seinem besten Freund und das einer Frau zu ihrer besten Freundin unterscheiden sich von Grund auf. Sie verarbeiten die Trauer lieber alleine. Ich nicke und ein Teil von mir freut sich wirklich, dass ich nicht die Einzige war, die sich darüber den Kopf zerbrochen hat. Ich kann jetzt sogar einsehen, dass Can sogar der Grund war, dass es mir so schlecht geht, dass wegen ihm mein Immunsystem und mein Hormonhaushalt so abgemagert sind. "Es war ein Fehler, auf Distanz zu gehen", gebe ich zu und bin überrascht, dass ich zugeben kann, dass ich einen Fehler gemacht habe. Es scheint wohl auch Can zu überraschen. Das zumindest kann ich an seinen Augen ablesen. "Es tut mir leid." Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und sehe beschämt zu Boden. Ich habe mir selber Leid zugezogen, durch meine Entscheidung. Ich habe mich nicht wegen Can, sondern wegen mir selbst - wegen meiner Ignoranz -, mich geschnitten und ich habe viel Blut verloren dadurch. "Entschuldige dich nicht, Shana." Er zieht mich an sich und legt meinen Kopf auf seine Brust, wo ich seinem Herzschlag lauschen kann. "Du hast dich doch auch bei mir entschuldigt, wieso sollte ich es nicht machen?", flüstere ich und verliere wieder eine Träne. "Ich verzeihe dir immer, Shana." Ich nicke und verliere weitere Tränen. Seine Worte, seine Stimme, allein sein Blick beruhigt mich. Dieser junge Mann ist meine lebende Medizin. "Ich bin froh, dass es endlich vorbei ist", wimmere ich und lasse meinen Tränen freien lauf. "Es war so schlimm." Es ist mir gerade egal, was danach geschehen kann. Wenn wir uns streiten, dann ist es erst später und nicht jetzt. Jetzt will ich einfach nur von meinem Zusammenbruch wegkommen und dafür muss ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen. "Es hat mich krank gemacht, Can." Ich zittere wieder, weswegen Can mich fester umarmt. "Shana, du musst dich hinlegen." Er drückt mich sanft auf mein Kissen und wischt mir meine Tränen weg. "Habt ihr Fiebersaft da?" Ich nicke. "Im Kühlschrank." Er steht auf und klappert den Kühlschrank ab, bevor er mit einer Wasserflasche und dem Saft zurückkommt.

"Ich würde dir den Saft ja jetzt anbieten, aber ich will, dass du erst einmal etwas isst. Wie viel wiegst du jetzt?" Ich trinke einen Schluck. "Von 57 auf 55 Kilo." Sein Kiefer fängt an zu arbeiten. Es gefällt Can ganz und gar nicht, dass es mir so schlecht geht. "Shana, das-," Er fährt sich seufzend über sein Gesicht. "Wegen sowas, Gott!" Er schüttelt Zungen schnalzend den Kopf. "Das kriegen wir wieder hin. Ich werde dich vollstopfen. Du wirst blühen, Shana. Du wirst wieder zur Rose." Ich lächele und habe das Gefühl rot zu werden. Du wirst wieder zur Rose, wiederholt meine innere Stimme Cans Satz. "Habt ihr Suppe da?" Ich nicke. "Hühnersuppe und Champignoncremesuppe müsste vorhanden sein." Er nimmt meine Hände in seine und spannt seinen Kiefer wieder an. "Deine Hände sind kalt. Sie sind sonst immer warm." Er schüttelt den Kopf und steht auf. "Brauchst du noch was?" Verlegen beiße ich mir auf meine Lippe. "Eine Wärmeflasche?" Ein kleines Schmunzeln legt sich auf seine Lippen. Anscheinend muss auch er sich an den Tag bei ihm erinnert haben. "Okay." Er schaut mich noch einmal lange an, bevor er dann in die Küche verschwindet. Ich rappele mich langsam auf, auch wenn es mir nicht gut tut. Meine Bauchmuskeln spanne ich wieder an, da mir wieder schwarz vor Augen wird und bewege mich langsam in die Küche und nehme auf dem Barhocker Platz. "Shana, leg dich hin." Can zieht streng seine Augenbrauen zusammen. "Ich will nicht", flüstere ich. Ich will gerade nur in seiner Nähe sein, da diese mich aufbaut. Er seufzt und schüttelt den Kopf. "Du bist egal in welcher Situation stur." Er lächelt und kümmert sich wieder um die Suppe. "Wo ist die Wärmeflasche?" Ich drücke mich vom Hocker runter, doch Can befiehlt mir mit einem strengen Blick dort zu bleiben, wo ich bin. "In der Schublade unten." Ich zeige darauf, woraufhin er das heiße Wasser aus dem Wasserkocher in die Flasche füllt und sie mir gibt. "Danke." Ich hebe mein T-Shirt an und lege es darunter, klemme es dabei noch in den Hosenbund ein. Can krempelt seine Ärmel hoch und fängt an die Suppe zu würzen. "Verträgst du Schärfe?" Ich nicke. Can fängt an die Suppe zu würzen und rührt dann noch um. Irgendwie kann ich mich gerade gar nicht an die Tage erinnern, an denen wir zerstritten waren. Sie kommen mir wie einige Minuten vor. Meine innere Uhr wollte anscheinend die Zeit so schnell wie möglich vergehen lassen. Wahrscheinlich, um mich psychisch wieder auf Vordermann zu bringen. Konzentriert sehe ich Can zu, wie er mit seinen faszinierenden Augen auf die Suppe schaut und sie abschmeckt, bevor er nickt. Jede einzelne Bewegung revidiere ich und frage mich, wie man das mit solch einer Eleganz machen kann. Etwas alltägliches in etwas besonderes, in etwas elegantes verwandeln. Das kann nur Can.

Die Suppe legt er vor mir ab und lächelt mich an. "Pass aber auf, sie ist noch heiß." Ich nicke, richte meine Wärmeflasche, dessen Wärme meine Haut jucken lässt und sehe zu, wie der Dampf in die Höhe steigt. Ich habe nicht wirklich Appetit, jedoch tue ich es für Can, damit er nicht ganz so besorgt ist. "Dankeschön", gebe ich mit einem Atemzug wieder und sehe etwas schuldbewusst auf die Kücheninsel. Ich wollte Can nicht, ich habe ihn praktisch weggeschmissen, da ich dachte, dass es mir gut tun würde, doch da habe ich nicht gewusst, dass Can einen Teil meiner Psyche an sich gerissen hat. Ich wusste nicht, dass er mein Heilmittel ist. Ich wusste nur, dass er ein Mann ist, der Frauen um den Finger wickeln kann. "Shana?" Ich sehe zu ihm hoch. Er schüttelt seinen Kopf und zieht leicht seine Augenbrauen zusammen. "Du plagst dich mit Gedanken und Schuldgefühlen, nicht wahr?" Ich nicke und presse meine Lippen auf einander. Ich könnte jetzt und hier wieder Tränen vergießen, will mich aber zusammenreißen. "Hör auf damit." Er setzt sich neben mich und umschließt sanft meine Hände, die dank seiner Hände mit Wärme verwöhnt werden. "Es ist vorbei, Shana." Er umarmt mich und gibt mir einen Teil seiner Wärme damit. Er gibt mir Kraft. Durch Umarmungen oder Hand halten signalisieren andere uns ihre Unterstützung, durch den Ausdruck körperlicher Nähe. Es wird Oxytocin ausgeschüttet, was uns das Gefühl der Geborgenheit und Wärme vermittelt. Umarmungen sind gesund, denn sie bewirken ein ausgeglichenes Nervensystem und stärken das Immunsystem. "Wir gehen ruhig in das neue Jahr. Wir werden in aller Ruhe alles überwinden." Ich nicke und blinzele meine aufsteigenden Tränen weg. "Komm, du musst essen." Er fährt mir liebevoll über meine Wange und schiebt mir die Schüssel näher. "Willst du auch?" Ich halte ihm meinen Löffel hin, doch er verneint. "Wirklich nicht?" Er nickt lächelnd. "Wenn ich will, dann fülle ich mir auch was ein." Ich nicke und fange an zu essen. Ich kann mich nicht einmal an den Geschmack von Hühnersuppe erinnern, da ich einfach zu lange nicht mehr krank war. "Wie viel Uhr haben wir?", frage ich, damit Can nicht zuspät zur Vorlesung kommt. "Ich bleibe." Entgeistert schaue ich ihn an. "Can, das ist nicht gut, du könntest wichtigen Stoff verpassen." Er zuckt mit seinen Schultern. "Die Prüfung haben wir eh hinter uns. Es war die letzte, außerdem fällt es dem Professor nie auf. Einige schlafen dort immer." Wenn ich das nur gewusst hätte, dann hätte ich mein Kissen mitgenommen. "Okay." Ich nicke. "Ich drucke dir dann die Folien aus. "Brauchst du ni-," "Ich drucke dir dann die Folien aus", gebe ich mit Druck von mir, weswegen Can schmunzelt. "Okay." Nickend esse ich die Suppe, die gut schmeckt. Natürlich, Can hat sie ja auch gemacht, auch wenn sie aus der Tüte kommt. Ich wette, dass sie sonst fade geschmeckt hätte, wenn Can seine Hände nicht im Werk hätte. Ich esse zu Ende und bin überrascht, dass ich es geschafft habe. Ich dachte, dass ich nach zwei Löffeln nicht mehr kann oder mich schon übergebe, aber ich fühle mich gerade viel besser.

Mit Can laufe ich wieder ins Zimmer und will mir den Laptop zur Hand nehmen, den Can mir entnimmt. "Überlaste dich nicht." Ich nicke. Er reicht mir meine Wasserflasche und öffnet sie mir, weswegen ich ihm danke. "Geh morgen zum Arzt." Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. "Wozu studiere ich Medizin? Es eine mentale Überlastung mit einer perniziösen oder sideropenischen Anämie." Ich seufze. "Wenn, dann gehe ich nur zum Arzt, um es mir verifizieren zulassen." Can sieht mich schon fast hoffnungslos an. "Du gehst morgen zum Arzt, lässt dir Medikamente verschreiben und hörst auf mit Fachbegriffen zu reden." Er tippt sanft gegen meine Stirn. "Sonst gibt es Ärger." Ich richte mich etwas auf und sehe Can zu, wie er mir Fiebersaft einfüllt. Da die Wärmeflasche langsam nervig wird, hole ich sie raus und sehe überall große, rote Flecken auf meiner Haut. Ich sehe hoch und werde von zwei gelben Augen strafend angesehen. "Du weißt, dass du das nicht tun sollst", seufzt er und gibt mir den Saft. "Ich hole ein nasses Tuch." Ich trinke schnell aus und verdränge den ekeligen Geschmack. Ich mag die Medizin, doch ihr Geschmack ist fürchterlich. Mit einem nassen Tuch kommt er zurück und legt sie auf meinen Bauch. "Deine Haut ist echt sensibel." Zart streicht er mit seinem Daumen über meine freiliegende Haut und erzeugt damit ein Kribbeln. "Wenn es dir morgen besser geht, werden wir erst einmal dafür sorgen, dass du diese zwei Kilo zurückbekommst." Ich spitze leicht meine Lippen. "Ich nehme sehr, sehr langsam zu", informiere ich ihn, was ihn resigniert seufzen lässt. "Trotzdem sorgen wir dafür, dass dein Eisen und Vitamin B-12 Kontingent wieder normal ist. Kein Stress, wir lernen zusammen und keine Butterkekse." Streng funkelt er mich an, weswegen ich meinen Blick senke und mir meine Haare zusammenbinde. Es kehrt Stille ein. Verständlich, wir waren vor einigen Stunden von zerstritten und sind durch meinen Zusammenbruch wieder zusammengekommen. Wir können jetzt, nach den letzten Ereignissen nicht so tun, als ob nicht gewesen wäre. Aber mit der Zeit heilt doch bekanntlich alles. Wir machen immer einen Fehler. Wir investieren jedoch unsere Gefühle, anstatt sie zu verschenken. Wenn ich ihn verliere, verliere ich einen Teil von mir. Das habe ich sehr deutlich zu spüren bekommen. "Es-," Ich räuspere mich. "Es ist jetzt alles wieder in Ordnung?" Ängstlich, dass er vielleicht doch seine Meinung ändern wird, schaue ich auf meinen Schoß. "Ja." Er hebt das Tuch von meinem Bauch und legt es weg. "Es ist alles wieder in Ordnung." Gefühlsschwankungen, manchmal sind sie die Hölle auf Erden, manchmal helfen sie einem auch.

Da sieht man wieder die Ironie des Schicksals. Ich sollte wirklich langsam einsehen, dass egal wie stark und wie lange der Streit zwischen uns ist, wir kommen immer wieder zusammen. Wir sind wie Plus- und Minuspol. Wir verletzen uns, werden jedoch durch die Mitose geheilt. Die Mitose ist in unserem Fall ein plötzliches Ereignis. Ich habe diesen Jungen vor wenigen Stunden noch verachtet, doch mir war nicht bewusst, was für eine enorme Kraft, was für einen enormen Einfluss er doch auf mich hat. Er beeinflusst meine Gesundheit, meine Laune, mein Denken. Ich akzeptiere, dass wir immer wieder zusammenfinden werden. Ich akzeptiere hier und jetzt, dass zwischen Can und mir doch mehr ist, als ich glauben mag. Ich akzeptiere, dass ich ohne ihn jetzt am Ende wäre.

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Ihr wart gestern ja richtig horny 🌚🌚

Da sich jemand Fakten gewünscht hat
und ich für Fakten lange brauche, kommt einfach hier jetzt einer:
Ich bin nicht wirklich der Fan von Schokolade. Manchmal geht es - wenn es nichts anderes gibt, aber wenn es sein muss, kann ich mein Leben lang darauf verzichten. Bin eher der Herzhafte Mensch.

-Helo

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