Kapitel 27

Samstag, 28. Mai

Seit einer Woche oder mehr läuft es so ab, dass Can vor meine Tür kommt und mich abholt. Ich finde es total schmeichelnd, dass er sich solche Sorgen macht. Trotzdem bin ich vorsichtiger, auch wenn es mir manchmal schwer fällt die Contenance zu behalten. Bei seinem Charme kann man sich nur schwer zusammenreißen, aber ich versuche wenigstens viel Körperkontakt zu vermeiden, auch wenn ich das Gefühl habe von seinem Körper magisch angezogen zu werden. Den zweiten Präparierkurstestat, welcher meiner Meinung nach am schlimmsten war bis jetzt, habe ich erfolgreich hinter mir. Die ganzen Funktionen der Organe habe ich nach hinten geschoben und konzentriere mich jetzt auf das Bein und das Becken. Na ja, ich versuche es, würden meine Gedanken nicht immer zu Can schweifen. Er ist charismatisch und das wirklich sehr. Er muss einen nur einmal anlächeln und schon ist man verzaubert. Verträumt lächele ich und fahre mir durch meine Haare. Ich finde es faszinierend, dass alles bei ihm gut aussieht. Wenn er die Augen schließt, sieht er sexy aus, wenn er sich streckt, dann möchte ich über ihn herfallen, wenn er atmet, Gott! Er sieht so gut dabei aus! Er sieht so niedlich aus, wenn er besorgt ist. Immer, wenn er mich abholt, dann fragt er, ob Cihan oder Elif mich belästigt haben. Dabei haben mich seine gelben Augen immer aufmerksam angeschaut und mir wurde immer warm. Ich bin total erleichtert, dass Elif nichts mehr von Can haben will, doch die Tatsache, dass sie jetzt mit Cihan zusammen ist und die beiden zusammen über mir wohnen, verstört mich. Wie kann man so einen Jungen lieben? Er ist total ekelig und schmierig. Anscheinend ist er anders zu ihr. Can ist auch anders zu mir oder es kommt mir so vor. Ich hoffe, er ist anders zu mir. "Shana, ich geh ins Restaurant. Essen steht bereit und übertreib es mit dem lernen nicht", sagt Ranja in einem vielsagenden Ton. "Ja, Mama." Sie verlässt Augen verdrehend die Wohnung und da Saliha sowieso putzt, kann ich laut lernen. "Musculus rectus femoris, Musculus vastus intermedius, Musculus vastus lateralis und Musculus vastus medialis sind die Muskelköpfe des Musculus quadriceps femoris!", rufe ich und schreibe es mir wieder auf. "Schrei nicht!", ruft Saliha. "Die Loge, in der sich die Extensoren befinden, wird als Extensorenloge des Oberschenkels - Compartimentum femoris anterius - bezeichnet. Der Musculus sartorius liegt ebenfalls in der Extensorenloge, bewirkt jedoch eine Flexion in Hüfte und Knie!", rufe ich wieder und lache, als ich Saliha frustiriert Kreischen höre. "Ich bringe mich einfach um!" Ich lache leise. "Dann belebe ich dich wieder!" Sie tritt mit dem Wischmobb in mein Zimmer und schaut mich grimmig an. "Dann bringe ich dich einfach um und das mit einem Kissen!" Ich fange herzlich an zulachen und seufze dann. "Ach, wie läuft es denn mit Malik so?" Sofort wird sie rot und fängt an zu wischen. "Ganz gut", nuschelt sie. "Ganz gut? Definiere ganz gut", möchte ich wissen und drehe mich zu ihr. Saliha setzt sich auf mein Bett und versucht nicht zu lächeln, was ihr aber nicht gelingt. "Wir waren letztens unterwegs." Sie zuckt mit ihren Schultern und spielt mit ihren Haaren. "Uuuund?", ziehe ich das Wort in die Länge und grinse. "Wir haben uns geküsst", nuschelt sie. Ich schreie freudig auf und schmeiße mich auf sie. "Oh mein Gott! Das ist doch mehr als gut!", lache ich. "Shana, du erdrückst mich", ächzt Saliha, weswegen ich von ihr ablasse. "Wie war es?" Ich beiße mir aufgeregt auf die Lippe und stelle mir vor, wie Malik und Saliha sich geküsst haben. Einfach nur süß! Beide haben dieses Ruhige an sich und deswegen passen sie mehr als nur gut zusammen. "Es war schön", kichert sie und wird wieder rot. Ich kreische vor Freude und klatsche in die Hände. "Dann ist ja alles gut." Ich seufze und kriege das Grinsen nicht weg. Es schmerzt schon langsam. "Ja und was ist mit dir?" Nun schaut sie mich verschmitzt an. "Was soll mit mir sein?" Ich fahre mir grinsend durch meine Haare und seufze. "Was denn wohl? Du und Can natürlich. Ihr seid das Musterpärchen." Mein Grinsen wird jetzt noch größer und auf meiner Stirn breitet sich eine Wärme aus. "Na ja, nichts." Ich zucke mit meinen Schultern und schaue lächelnd zu Saliha. "Ranja hat mir erzählt, dass ihr letztens alleine in der Wohnung wart." Sie wackelt zweideutig mit ihren Augenbrauen und gluckst dann. Sofort muss ich mich wieder an den Fast-Kuss erinnern. "Nichts ist passiert", flüstere ich und schüttele leicht den Kopf. Saliha zieht ihre Augenbrauen zusammen. "Shana." Sie blickt mich vielsagend an. "Was ist passiert?" Aufmerksam schaut sie zu mir und wartet. "Nichts", versichere ich ihr. Es ist ja nichts passiert. "Habt ihr euch geküsst?" Ich schließe meine Augen und presse meine Lippen aufeinander. "Cihan und Elif wohnen über uns." Sofort weiten sich ihre Augen. "Nein, Alter!" Sie steht auf und greift sauer nach ihren Mobb. "Das kann doch nicht deren Ernst sein!" Mit dem Stiel des Mobbs klopft sie gegen die Decke, was mich lachen lässt. Saliha wischt im meinem Zimmer durch und geht dann auch wieder. Ich will mich wieder ans Lernen machen, als mein Handy aufblinkt.

'Lernst du gerade?', schreibt Can mir.

'Joa, wieso?'

'Hast du schon etwas gegessen?'

'Nein, wieso?'

'Gut, dann hole ich dich gleich ab.' Unwillkürlich fange ich an zu lächeln.

'Und dann?'

'Ich habe dir doch einmal gesagt, dass ich für dich Kochen werde.' Ich quietsche vor Freude auf. Ich liebe Cans Gedächtnis, da er sich noch immer an alles aus der Oberstufe perfekt erinnern kann.

'Wie romantisch!' Ich kichere und schmeiße mich auf mein Bett.

'Ich bin der geborene Romantiker. Ist übrigens mein zweiter Vorname.' Ein Zwinkersmiley schickt er noch nach seiner Nachricht.

'Can Romantisch Jamil?'

'Du hast es erfasst, Kleines. Los, mach dich fertig.'

Sofort springe ich aus dem Bett und stelle mich vor den Schrank. Was könnte ich bloß anziehen? Okay, bloß nichts schickes, es ist nur Can! Besitze ich überhaupt schicke Sachen? Meine Kleidung ist hauptsächlich leger und nicht formell. Okay, eins, zwei Kleider sind auch dabei, aber ich ziehe um Gottes Willen doch kein Kleid an! Ich greife nach meiner hellblauen Hollister Hose und einem einfachen T-Shirt. Kurz danach klingelt es schon, weswegen ich mich ganz schnell parfümiere und zur Tür laufe, wo mir ein unverschämt gutaussehender Can präsentiert wird. Seine Arme hat er lässig vor seiner muskulösen Brust verschränkt. Das weiße Hemd schmiegt sich schon fast wie eine zweite Haut an seinen athletischen Oberkörper und gerade wünsche ich mir nichts sehnlicheres, als das Hemd zu sein. "Wenn du so schick angezogen bist, dann will ich es auch sein." Ich husche in mein Zimmer und krame eine weiße Bluse vor, die vorne bis fast ganz unten offen geschnitten ist. Darunter ziehe ich ein weiteres weißes Top an, parfümiere mich erneut und bin dann auch wirklich fertig. Schnell ziehe ich mir noch meine Chucks an und stelle mich bereit und stolz grinsend vor Can. "Wunderschön", raunt er, weswegen mein Grinsen fällt und ich zu hundert Prozent rot geworden bin. Verlegen streiche ich mir eine Strähne hinter mein Ohr und setze einen Schritt nach vorn. "Darf ich bitten?" Can hält mir seinen Arm hin, in den ich mich nur zu gerne hineinharke. "Sind wir heute wieder im Gentleman-Modus?", frage ich amüsiert, als er mir die Beifahrertür aufhält. "Gentleman ist mein dritter Vorname." Ich lächele Augen verdrehend und schaue Can dabei zu, wie er ums Auto läuft. Er läuft elegant und steigt genau so elegant ein. Wow, Can ist echt elegant. "Aber ich hoffe, dass du nicht zu starken Hunger hast", sagt er, als wir losfahren. "Wieso?", möchte ich von ihm wissen. "Weil ich noch nicht angefangen habe. Die Jungs habe ich verscheucht und damit du mir in Ruhe zusehen kannst. Du sollst mich ja schließlich bewundern." Glaub mir, das tue ich auch so. "Wenn das Essen nicht schmeckt, dann werde ich alles andere tun, als dich zu bewundern", warne ich ihn und sehe ihn lachen. "Na ja, wenn ich dich mit einem einfachen Kartoffelbrei überzeugen konnte, dann kann ich das auch mit einem Menü plus Nachtisch." Ich ziehe verwirrt die Augenbrauen zusammen. "Wann habe ich gesagt, dass dein Kartoffelbrei gut ist?" Der übrigens ausgezeichnet schmeckt. "Da warst du noch benommen. Du warst so zufrieden, dass du Laute von dir gegeben hast. Und diese Laute haben sich so angehört, als ob du gleich kommen würdest." Meine Augen weiten sich und die Röte schießt mir ins Gesicht. Can schaut dreckig lächelnd zu mir. "Ich sollte dir öfters Kartoffelbrei machen." Ich haue ihn, während er lacht. Gott, wie peinlich! Wir kommen schnell bei Can an, wo mir der Duft der WG in die Nase steigt. Ich tapse in die Küche, wo schon alles bereitsteht. Zum Glück kann ich viel essen, denn nach den Lebensmitteln zu urteilen, wird es viel sein. "Was wird der Nachtisch sein?", frage ich aufgeregt und schaue Can dabei zu, wie er seine silberne Uhr auszieht und dabei verdammt heißt aussieht. "Etwas Süßes." Ich nicke. "Also mich?", gebe ich selbstverliebt von mir und lehne mich gegen den Tisch. Can schaut mich intensiv an und hebt seine rechte Augenbraue etwas an. "Dich als Nachspeise würde ich allem bevorzugen." Er zwinkert und leckt sich über seine Unterlippe. Entrüstet schaue ich Can an, der schmunzelnd die Pfanne vorheizt und fahre mir verlegen über meine Wange. Ich sollte wieder anfangen aufzupassen, was ich sage - unbedingt! Sag doch Ja, dann verspeist er dich, hehe. Ein angenehmes ziehen macht sich in meinem Bauch und in der Unterleibsgegend bemerkbar, was dazu führt, dass ich mich räuspern muss. Ich setze einen arroganten Blick auf und blicke Can über die Schulter. Na ja, ich versuche es, wäre er bloß nicht so groß. Stattdessen stelle ich mich neben ihn und sehe ihm zu, wie er das Fleisch würzt. "Was für ein Öl benutzt du?", frage ich hochnäsig. "Fonte di Foiano." Gott, ich habe keine Ahnung, was das für ein Öl sein soll, aber es hört sich einfach nur verdammt sexy aus seinen Mund an. Er zeigt mir die Flasche, die ich mir forschend anschaue. "Wie viel kostet so eine Flasche?", frage ich und fahre über das Etikett. "24,90." Entrüstet schaue ich Can an. "Du gibst fast dreißig Euro für eine Flasche Olivenöl aus?!" Er lächelt mich an. "Für dich doch nur das Beste." Ich schüttele fassungslos den Kopf. Das ist doch nicht sein Ernst?! "Die sind echt gut. Außerdem habe ich einen Dreierpack mit zwei anderen Ölen geholt. Das sind die drei ausgezeichneten Öle, die gewonnen haben", erzählt er mir. "Sag mir nicht, dass du für alle drei mehr als dreißig Euro ausgegeben hast." Ich schaue ihn mahnend an. Can gibt mir ein entschuldigendes Lächeln, weswegen ich scharf die Luft einziehe. "Wie viel?!" Ich lege vorsichtig die Flasche hin und trommele mit meinen Fingern auf der Fläche herum. "Fünfundfünfzig." Ich fasse mir sofort ans Herz. "Nein", hauche ich und schließe die Augen. Welcher normale Junge gibt so viel Geld für drei Flaschen Olivenöl aus, Gott? "Aber dafür wird das Essen grandios schmecken", versichert er mir. "Es gibt doch auch im Lidl Olivenöl!", kommt es schon fast verzweifelt von mir. "Ja, aber für dich nur das Beste, wie gesagt." Ich palmiere meine Hände vor meinem Gesicht und schüttele den Kopf. "Du hast doch nicht wirklich über fünfzig Euro ausgegeben, nur weil du für mich koch-," "Doch." Ich höre ihn lachen und möchte am liebsten heulen. "Can!" Ich schnalze mit meiner Zunge. "Was denn? Die Öle wollte ich sowieso schon einmal haben, außerdem wurden sie reduziert." Ich lache hysterisch auf. "Ach! Reduziert? Was war den der eigentliche Preis?", kommt es schon fast zynisch von mir. "63,70." Deprimiert nicke ich. "Ja, Can. Es steht fest", nuschele ich kopfschüttelnd. "Was denn?" Er legt das Fleisch in die Pfanne und schaut zu mir. "Du bist krank." Ich nicke bekräftigend und sehe, wie seine Lippen sich zu einem Lächeln formen. "Olivenöl hilft gegen husten", informiert er mich. "Ach wirklich?", kommt es trocken und gereizt von mir. "Ja, wirklich. Olivenöl enthält zwischen 55-88 Prozent ungesättigte Fettsäuren, vor allem Linolsäure. Daneben beinhaltet es aber noch weitere sehr gesunde Inhaltsstoffe. Zu diesen zählen unter anderem; Vitamin E, wertvolle Mineralien, wie Kalium, Kalzium, Magnesium und Phosphor, Spurenelemente, wie zum Beispiel Eisen und 5 % sekundäre Pflanzenstoffe. Polyphenole, ß-Carotin, Squalen, Sterine, Oleocanthal und so weiter", erzählt er mir. Schlauer Bursche. Schlau und sexy. "Polyphenole sind sehr gesund", nuschele ich, da ich auch etwas dazu beitragen will. "Ja, das ist wahr und wieso sind sie so gesund, Dr. Shana?" Ich schmunzele. "Weil sie eine antioxydative, antiphlogistische, immunmodulatorische und antibiotische Wirkung besitzen. Oh! Und Oleocanthal hat eine ähnliche Wirkung wie Aspirin! Es hemmt ja das Enzym Cyclooxygenase, ist wirkt Entzündungen entgegen und hat einen antioxydativen und durchblutungsfördernden Effekt", erzähle nun ich und verschränke stolz die Arme vor der Brust. "Eine Frage noch: Was ist mit den Carotinoide des Olivenöls?" Can blickt kurz vom Herd zu mir und zieht die Augenbraue hoch. "Sie beeinflussen das Immunsystem, wirken antioxydativ und entzündungshemmend?", frage ich, da ich mir nicht sicher bin. "Wäre ich dein Professor, wärst du jetzt schon ein Arzt." Can zwinkert mir lobend zu und ich seufze. "Hast du schon für das Testat gelernt?", frage ich und stelle mich wieder zu ihm. "Heute wird nicht über das Studium geredet." Ich schaue ihn mürrisch an. "Und was war das gerade eben?", möchte ich wissen. "Ein Auffrischen des Wissens und das wurde beendet." Er schaut kurz nach rechts, wo ich erst jetzt das Blech mit roten Paprikas sehe. "Tu das Blech bitte in den Ofen." Auch jetzt fällt mir auf, dass der Ofen schon vorgeheizt ist. "Wow, der ist echt heiß!", stelle ich fest, als ich den Ofen öffne und das Blech vorsichtig reinlege. "Hast du dir wehgetan?", möchte Can wissen, der mich besorgt anschaut. Gott, wie sehr ich das an ihm liebe! "Nein, alles bestens", versichere ich ihm lächelnd und stelle ich wieder neben ihn. Inzwischen liegen zwei Steaks etwas gebraten in der Pfanne, die fantastisch riechen. Ich glaube, Can kann besser kochen, als Ranja, Saliha und ich zusammen. "Hast du noch die Möglichkeit irgendwo Klavier zu spielen?", frage ich und habe das Verlangen über seine breiten Schultern zu fahren, die so schön das Hemd spannen. "Ab und zu bringe ich den Studenten aus dem Musikwissenschaftsstudiengang Klavier bei." Verblüfft schaue ich ihn an. "Aber-, wie?" Er stellt die Pfanne auf eine kleinere Hitze und dreht sich dann zu mir. "Sie müssen mindestens zwei oder drei Instrumente lernen und beim Klavier kommen einige etwas durcheinander. Da helfe ich halt gerne." Ich schaue ihn fasziniert an. Gibt es irgendetwas, was dieser Junge nicht hat oder kann? Er sieht verboten gut aus, hat einen perfekten Körper, kann kochen und klavier spielen, ist ein werdender Arzt und ist... er ist einfach Can! Ich sehe es gerade als Segen, dass ich ihn kenne.

"Respekt", nuschele ich schwer beeindruckt. "Dann kann ich dich ja mit Professor ansprechen." Ich stibitze mir eine Gurke, die er gerade geschnitten hat und fahre durch seine Haare, die wie immer perfekt nach hinten gestylt sind. "Magst du meine Haare?", möchte Can schmunzelnd wissen, als ich das dritte Mal durch sie hindurch gleite. "Ja", gestehe ich und lege meine Hände auf seine Schulterblätter, wo ich all seine jetzigen Bewegungen spüre und noch nie in meinem Leben habe ich so etwas so attraktiv gefunden. Ich schaue zu ihm hinunter und sehe, dass er ebenfalls eine hellblaue Hose anhat. "Wir sind wieder im Partnerlook", stelle ich schmunzelnd fest. Can legt das Gemüse in eine Schüssel und dreht sich zu mir. Seine Augen wandern über meinen Körper und bleiben an meinen Beinen hängen, was mich leicht zucken lässt. "Du hast die Hose ja immer noch", nuschelt er. Ich nicke. "Gut." Er tätschelt meinen Kopf und drückt meine Wangen zusammen. "Gott, das habe ich schon lange nicht mehr gemacht", seufzt er lachend. Ich presse meine Lippen aufeinander, da ich wieder an die Zeit in der Oberstufe denken muss, wie wir auseinander gegangen sind und wie nah wir uns davor waren. Beschämt senke ich meinen Blick, schaue aber wieder hoch, als Can mein Kinn anhebt. Er schüttelt nur seinen Kopf und dreht sich mit einem kleinen Lächeln wieder um. Als die Steaks fertig sind, die gefüllten Paprikas und der Salat ebenfalls, richte ich mit Can alles an. "Ich bin sogar so romantisch, dass ich einen Kerzenhalter geholt habe." Er hält schmunzeln einen goldenen Kerzenhalter hoch und zündet die Kerzen an. Mag sein, dass Can dies nur aus Spaß macht, doch genau wegen diesen Gesten habe ich manchmal das Gefühl, dass mir das Herz gleich aus der Brust springt - vor Freude. "Wir haben zwar keine echten Sektgläser, aber Ramazan hat die einmal gekauft." Sofort fange ich an zu lachen, da ich an den Tag denken muss, als Ramazan nach dem Streit zwischen Can und mir mit diesen Gläsern, Masken, Getränken und einem Plüschtier aufgekreuzt ist. "Ramazan ist ein echtes Goldstück", lache ich und seufze. "Ja, das ist er", nuschelt Can lächelnd. "Cola?", fragt er, was ich bestätige. Er legt einen perfekt garnierten Teller mit dem wunderbar duftenden Steak, Salat und einer Paprika gefüllt mit Hackfleisch und Käse vor mich hin, bevor er auch seinen Teller belegt und sich gegenüber von mir hinsetzt. Ich schaue grinsend zu ihm und beiße mir auf die Lippe. "Das nenne ich mal Engagement vom höchsten Haupt", lobe ich und fahre mir durch meine Haare. "Wenn es dir nicht schmeckt, dann bringe ich dich um." Er hebt sein Plastiksektglas zum Prosten an. "Wie galant Sie doch sind", gebe ich belustigt nach dem Prost von mir. "Immer doch. Erwarten Sie etwa das Gegenteil von mir?", fragt Can und zieht seine Augenbraue hoch, die jeder anderen Augenbraue Konkurrenz machen könnte - außer meiner natürlich. "Keines Wegs", säusele ich und könnte schmelzen, als ich das Steak probiere. "Dieses Gen hast du zu hundert Prozent von deinem Vater, Gott!", stöhne ich schon fast. Ich habe lange nicht mehr so etwas gutes gegessen und schwelge in Nostalgie. "Can, das ist nicht mehr normal!" Ich halte ihm meine Gabel hin, wo ich ein Stück des Steaks und Salat aufgespießt habe. "Ich habe dasselbe, Shana", erinnert er mich lachend. "Das ist verdammt gut", kommt es nuschelnd von mir, da ich nicht aufhören kann zu essen. "Gott, sind diese Paprikas auch über fünfzig Euro wert?", frage ich, als ich mich an die Paprika gewendet habe. "Nein, die kosten nur zwei Euro." Anscheinend kann Can aus allem etwas wunderbares zaubern. "Hast du noch Platz in deinem Magen?" Ich nicke und strecke mich. "Can, du hast echt Talent!" Er lächelt mir dankend zu und holt zwei Gläser aus dem Kühlschrank, danach gibt er mir einen Dessertlöffel und setzt sich hin. "Ich weiß nicht, was das ist, aber es sieht wunderschön aus." Ich inspiziere das Glass, welches rosa und weiß gefüllt ist. "Frozen Yogurt mit leichtem Zitronengeschmack und Himbeer Joghurt." Schon bei den ersten beiden Wörtern ist mir das Wasser im Mund zusammengelaufen. "Du kannst mich ruhig als Hausfrau einstellen. Ich nehme als Bezahlung das Essen." Ich degustiere das Dessert und schon kribbeln meine Lymphknoten. "Can", murmele ich, da ich benebelt vom Geschmack bin. "Ist es gut?", fragt er und lächelt selbstsicher. "Ja, leider!" Ich esse und schaue dabei Can an. Etwas leckeres vor den Augen und etwas leckeres im Mund, was will man mehr? Can, ohne das Hemd. Bei dem Gedanken fange ich an zu husten und trinke schnell etwas. Can schaut mich fragend an. "Ist das Laktosefrei?" Da die Pollensaison schon angefangen hat und mich schon etwas mitnimmt, werden die heftigsten Schmerzen auf mich zukommen. "Shana, so dumm bin ich nicht." Er lächelt und leckt seinen Löffel ab, was sehr... nett aussieht. "Hast du dir einmal überlegt, welcher Station du im PJ wählen wirst?", frage ich und löffele weiter den Nachtisch. "Nein, nicht wirklich. Was ist mit dir?", fragt Can. "Also Lukas meinte, dass es sich lohnen würde, alle sechszehn Wochen die Station zu wechseln, damit man alles kennenlernt. Für ein festest entscheide ich mich also doch nicht." Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Lukas mag dich", stellt Can fest. "Ja, Lukas ist nett." Er brummt. "Ihr seid Freunde?", frage ich, was er verneint. "Kollegen." Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. "Also ist ein Kollege eine Person, die man nur flüchtig kennt?" Can nickt. "Bin ich dann also eine Freundin?", frage ich schmunzelnd, was auch ihn ebenfalls schmunzeln lässt. "Ja, aber ich bevorzuge es, dich als Nachtisch zu sehen." Er zwinkert mir zu, weswegen ich meine Augen verdrehe.

Nachdem wir zu Ende gegessen haben und ich Can überredet habe, dass ich beim Abwaschen mithelfe, stehen wir vorm Waschbecken und versuchen nicht alles nass zumachen. "Can, wann willst du heiraten?", frage ich. "Willst du mir einen Heiratsantrag machen?" Ich verdrehe meine Augen. "Ja, Can! Das ist mein größter Wunsch. Ich will, dass du mein Mann wirst, mit mir mein Leben verbringst und der Vater meiner Kinder wirst", kommt es sarkastisch von mir, was ihn lachen lässt. Er trocknet sich die Hände ab und nimmt mein Gesicht in seine Hände, weswegen ich kurz perplex bin. "Das mit den Kindern kriegen wir schnell hin, nur musst du neun Monate warten." Wieder zwinkert er mir zu und wieder verdrehe ich meine Augen. "Okay." Seine Augenbrauen ziehen sich kurz zusammen. "Was?", möchte er wissen. Ich spüle den Teller ab und trockne ebenfalls meine Hände ab, danach mache ich mich an seinem Hemd zu schaffen. "Kinder", säusele ich und knöpfe die ersten vier Knöpfe auf, bis Can nach hinten weicht. Es tut wirklich gut, ihn zu ärgern. "Komm doch her!" Ich öffne zwei weitere Knöpfe und versuche nicht in ein schallendes Gelächter auszubrechen. Ich fahre ihm über seine Brust und schaue schmunzelnd zu ihm hoch. "Wenn du dich so versteifst, dann wird das nichts." Diesmal zwinkere ich und fange dann an zu lachen. "Du Hexe." Er zieht mich an sich ran und legt seine Arme um mich. "Gib's zu: es war lustig." Ich schaue zu ihm hoch und sehe ihn zufrieden lächeln. "Eigentlich sollte ich diese Chance nutzen, aber da du dich so plötzlich verstellst, geht das nicht." Mit seinem Armen um mich laufe ich zum Waschbecken und spüle weiter ab. "Und wieso nicht?", frage ich. "Das bin ich von dir nicht gewohnt. Du machst sowas nicht, was schade für mich ist." Daraufhin schnalze ich genervt mit der Zunge. Er lehnt sich zu mir runter. "Aber Träumen tue ich gerne davon." Sein Atem kitzelt meine Halsbeuge hinunter bis zu meinem Steißbein, weswegen ich mich winde. "K-kannst du meine Ärmel hochkrempeln?", wechsele ich schnell das Thema und höre ihn brummen. Natürlich kribbelt alles, was Can gerade berührt und natürlich kann ich dies auch nicht unterdrücken, weswegen es zu einer Gänsehaut kommt, die Can auch sieht. "Ist dir kalt?", möchte Can wissen und da seine Stimme so rau ist, zucke ich zusammen, gefolgt von einer weiteren Gänsehaut. "Es ist etwas frisch hier, mehr nicht", lüge ich. Ich spüle zu Ende und trockne meine Hände ab, ohne mich nur einmal von Can getrennt zu haben. Er steht dicht hinter mir und hat seine Arme um meinen Bauch geschlungen. Eigentlich müsste ich ihn wegdrücken, aber dafür genieße ich es zu sehr. Es fühlt sich einfach verdammt gut an in seinen Armen zu liegen und leicht seinen Herzschlag zu hören. In seinen Armen, umgeben von seinem markanten und signifikanten Duft, fühle ich mich sicher und geborgen und könnte ungelogen noch Stunden so verbringen. Ohne mich zu schämen schmiege ich mich an, was Can kurz lachen lässt. "Hast du es gemütlich?" Ich drehe meinen Kopf leicht und hebe ihn an. "Ja." Ich lächele und beiße mir auf meine Lippe. "Das freut mich", brummt Can und lächelt zurück. Er hat ein verdammt schönes Lächeln. Ich lege meine Hände um seine und fahre die herausragenden Venen nach. Seine Hände legen sich um meine und drücken kurz zu, danach bewegt er sich leicht nach links und nach rechts, was etwas beruhigendes ausstrahlt. "Du hast mir nicht geantwortet", flüstere ich und lege unsere Hände auf meine Schlüsselbeine. "Bis jetzt habe ich niemanden gefunden, den ich heiraten will." Meine Schultern sinken etwas. Anscheinend war ich etwas angespannt und bin jetzt erleichtert, dass er niemanden im Blickfeld hat. "Was ist mit dir?", fragt er nun mich. "Ich habe jetzt ebenfalls niemanden im Sinn. Abwarten würde ich mal sagen." Immer noch bewegen wir uns leicht hin und her und von mir aus kann es Stunden so weiter gehen. "Ich mag die jetzige Stimmung", gestehe ich etwas heiser. "Wieso?" Ich atme tief ein. "Weil sie so ruhig, so harmonisch ist." Ich schmiege meine Wange an seine Faust und lege sie dann unter mein Kinn. "Das stimmt." Er legt seinen Kopf auf meiner Schulter ab und blickt auf seinen linken Arm, wo sich dieses Haargummi befindet. Ich will unbedingt wissen, wieso er es trägt. "Wieso hast du immer dieses Haargummi um?", frage ich und spüre danach einen federleichten Kuss auf meiner Schulter. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass meine Schulter gleich in Flammen aufgeht, da sie so warm geworden ist. "Das erzähle ich dir irgendwann", murmelt er und seufzt. Es kehrt Stille ein, die zum Teil sehr beruhigend ist, aber auch irgendwie Fragen aufwirft. Wie kommt es dazu, dass Can und ich uns so nahe kommen? Wie kommt es dazu, dass ich mich so wohl fühle? Wie kommt es dazu, dass Can mich so besonders behandelt? Mir kann niemand vorspielen, dass ein Player sich solch eine Mühe gibt, nur um ein Mädchen rumzukriegen. Ich kenne keinen, der diesen Aufwand auf sich nimmt. Das muss doch etwas heißen. Vielleicht hat er ja noch Gefühle für mich? Ein kleines bisschen wenigstens. Ich hoffe es. "Shana?" Ich schaue vom Boden auf. "Ja?" Ich räuspere mich. "Darf ich dir einen Kuss auf die Wange geben?" Sofort füllt sich mein Bauch mit den berühmtberüchtigten Schmetterlingen und mein Verstand ist komplett abgeschaltet. "J-ja", flüstere ich und schließe meine Augen, nur damit mein Tastsinn noch intensiver wird. Ich spüre seine weichen Lippen und seine Bartstoppeln, die mich kitzeln. Der Kuss ist kurz, aber von Bedeutung für mich. Er hat mich gefragt, so als ob er möglicherweise Angst hätte, ich würde zurückweichen, falls er es ohne meine Erlaubnis machen würde. Der Kuss war kurz, aber schön. Meine Wange kribbelt und ich bin möglicherweise rot geworden, aber bereuen tue ich es keines Wegs. Ich würde es ihm immer und immer wieder erlauben. "Danke", flüstert er und dreht mich zu sich. In seinen Augen lese Erleichterung. Und ich habe früher nicht daran geglaubt, dass man anhand der Augen Gefühle ablesen kann. Meine Hand fährt über seinen Dreitagebart, der frisch getrimmt sein muss. "Ich mag ihn", sage ich und fahre nun auch mit der anderen Hand über seine Bartstoppel. "Er ist so stachelig, passt zu dir." Ich lächele, was er mir nachtut. Mein Blick bleibt auf seinen Lippen haften, die gerade so verführerisch in einem hellen pink vor mir im Angebot stehen. Seine Lippen besitzen die Idealgröße und ich kann wirklich nachvollziehen, wieso man Can küssen möchte. Schon fast wie hypnotisiert fahre ich mit meinem Daumen über seine Lippen, die sich langsam öffnen. Das hier ist gerade ein teuflisches Angebot. Ich könnte es annehmen, könnte es jedoch in der nächsten Zeit bereuen. Ich schaue kurz in Cans Augen, dessen Pupillen wieder geweitet sind und seine Augen schon förmlich glänzen. Seine Hände ruhen auf meinem Rücken und fahren ganz langsam auf und ab. Ich schlucke und beiße mir auf meine Unterlippe, als ich über Cans fahre und spüre, wie weich sie ist. Soll ich es einmal wagen? Was soll schon passieren? Langsam ziehe ich ihn näher zu mir und spüre, wie eine Hand meinen Rücken verlässt und zu meiner Wange wandert, woraufhin ich sie in seine große Hand hineinschmiege. "Shana, bist du dir sicher?", haucht Can rau, was mich schlucken lässt. "Ich-, ich weiß es nicht." Ein starkes Kribbeln macht sich in meinem Bauch breit und mein Puls müsste jetzt bei über 130 liegen, so stark und schnell wie mein Herz gerade schlägt. Can leckt sich über seine Unterlippe und nähert sich mir noch ein kleines Stück, bevor er seine Augen schließt. Ich habe keine einzige Erfahrung im Küssen und weiß nicht so wirklich wie es geht, aber gerade habe ich sogar das Gefühl, dass ich Bäume ausreißen könnte. "Shana", raunt Can, als unsere Nasenspitzen sich berühren.

"Howdey, meine Kühe!", ruft Ramazan und öffnet die Tür, weswegen wir erschrocken auseinander fahren. Can murmelt etwas und dreht sich seufzend um. Mein Herz schlägt bis zum geht nicht mehr und alles um mich dreht sich leicht. Ich hätte Can wieder fast geküsst! Und diesmal war ich diejenige, die die Initiative ergriffen hat und nicht er! Mein ganzer Körper, wirklich jeder Quadratzentimeter füllt sich mit Wärme und ich wische mir über die Stirn, da mir gerade so warm ist. "Wo ist das Essen?" Ramazan schaut mich lächelnd an, umarmt mich, was ich nur halb bei der Sache erwidern kann. Ramazan scheint das nicht aufzufallen, da er zu beschäftigt ist, sich die gefüllten Paprikas anzuschauen. "Can, ich leck dich." Er wirft Can einen Luftkuss hinzu und schnappt sich einen Teller, um sich das Essen auf den Teller zu schaufeln. Ramazans Augenbrauen ziehen sich zusammen. Scheiße! Er hat es doch gesehen! "Es ist total warm hier, macht mal das Fenster auf." Ich schaue etwas perplex zu Can, der genau wie ich nur fragend da steht. "Ist euch etwa nicht warm?" Ramazan öffnet das Fenster und schaut uns fragend an. "Es ist verdammt warm", sagt Can, dessen Stimme tiefer geworden ist. "Verdammt warm", kommt es heiser von mir.

Es brennt förmlich in mir.

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