Kapitel 24

Donnerstag, 12. Mai

Geredet nach dem Klinikbesuch, habe ich mit Can nicht. Ich habe mich in meine Notizen und Bücher vergraben und bereite mich auf das zweite Testat vor. Can hat seinen Vater besucht, ohne mich mitzunehmen. Na ja, wenn es ihm dadurch angenehmer war, soll es mir recht sein. Seit fünf Tagen bin ich schon auf der neuen Station im Krankenhaus, habe Lukas aber kein einziges Mal gesehen. Vielleicht kommt es noch dazu. Die Schwestern hier kommen mir bis jetzt ganz okay vor, hoffentlich bleibt es auch so. Seufzend schließe ich meine Augen und lasse mich um 01:47 Uhr auf mein Bett fallen. Ich habe nicht einmal die Kraft, mir etwas für morgen rauszusuchen. Ich weiß jedenfalls, dass morgen zwanzig Grad herrschen, also ziehe ich einfach für morgen meine dunkelblaue high-waisted Jeans an und noch mein beiges Oberteil. Das Ding hatte ich schon lange nicht mehr an. Wann war das letzte Mal, als ich es anhatte? Am ersten Tag an der neuen Schule. Oh mein Gott! Ein nostalgisches Lächeln setzt sich fest und schon erinnere ich mich an den Tag, wo Can meine Hose kritisiert hat und ich danach seine. Leggings. Ich kichere und schüttele den Kopf. Zwar war seine Hose nicht übertrieben eng, aber ihn blamiert habe ich trotzdem. Ich hatte es oft in der Hand gehabt, habe es aber immer wieder in den Schrank gelegt. Morgen aber wird es auf jeden Fall angezogen. Vielleicht sollte ich auch morgen dieses Nasenpiercing anziehen. Can zu ärgern schadet ja nicht. Die Tage habe ich ihn das Eine oder andere Mal flüchtig mit Aleyna reden sehen, Arschloch. Ich seufze und kriege Can nicht aus meinen Kopf raus. Ich würde jetzt am liebsten durch seine schwarzen Haare fahren und an ihnen ziehen. Ja, das wäre gut. Eine leichte Gänsehaut ummantelt meinen Körper, als ich an die frühere Zeit denken muss. Mein neunzehnter Geburtstag. Gott, war das ein schöner und gleichzeitig intim-intensiver Tag. Verlegen halte ich mir den Nacken und erschaudere, da ich seine Lippen wieder dort spüren kann. Kaum zu glauben, dass ich sie mit der gleichen Intensität spüre, wie vor eineinhalb Jahren. Er hatte mir gesagt, dass ich ihn verrückt mache und dass ich dafür sorgen könnte, dass er Elif verlassen würde. Ich vermisse diese Geständnisse irgendwie. Egal, wie widersprüchlich es sich anhört, sie haben mir geschmeichelt und mich kirre gemacht. Sie haben mich fiebern und feiern lassen innerlich. Wie es wohl wäre, wenn wir zusammen wären? Meine Augen weiten sich bei diesen Gedanken und meine Hand fährt langsam zu meinen Mund. Woran zum Teufel denke ich bloß? Es wäre bestimmt... intensiv. Ich würde wahrscheinlich unter seinen anzüglichen Blicken verglühen und mir würde das Blut aus den Ohren schießen, aber mit ein bisschen Eis und irgendwas, was dafür sorgt, dass mein Blut in den Ohren schneller gerinnt, wird bestimmt alles wieder gut. Tranexamsäure wäre angemessen. Es wäre aber bestimmt schön, denn wir wären uns nah, ohne diese ganzen Hintergedanken haben zu müssen. Na ja, aber da es nicht so ist und es nicht dazu kommen wird, lasse ich diese Fantasien sein und schlafe lieber.

Als ich am Morgen mit leicht verklebten Augen aufstehe und mit einem frischen Gesicht ins Zimmer zurück latsche, ziehe ich mich direkt an und schaue schmunzelnd in den Spiegel. Wäre doch lustig, wenn ich heute wieder meine Air Jordan 11 Colombia anziehen würde. Meine Locken sitzen heute ausgezeichnet, was alles umso besser macht. Die kleine Goldkreole stecke ich an den rechten Nasenflügel und muss sagen, dass mir ein Nasenpiercing ziemlich gut stehen würde. Statt dunkelblau, kann ich doch die hellblaue von Hollister anziehen! Ich würde lieber die Boyfriendhose anziehen, die ich auch an meinem ersten Oberstufentag anhatte, doch die ist mir leider Gottes zu klein geworden, da ich an den Schenkeln zugenommen habe. Ich ziehe also meine Lieblingshose an und schaue mit einem zufriedenem Lächeln, welches mir meine Sicht etwas versperrt, da meine Augen leicht gequollen sind, in den Spiegel und seufze. Ich schwelge gerade so sehr in Erinnerungen, dass ich sogar die Duftkombination, die ich am aller ersten Tag aufgetragen habe, wieder aufsprühe: Crescent Bay von Hollister und Coconut Passion von Victoria's Secret. Euphorisch trete ich in die Küche und geselle mich zu den beiden, die meine gute Laune schon spüren. "Unsere Doktorin scheint gut gelaunt zu sein, was ist los?", fragt Ranja und lächelt. "Bestimmt hat sie eine Guten-Morgen-Benachrichtigung von Can gekriegt." Saliha gluckst und Ranja kichert. "Saliha, erzähl uns doch, wie das mit dir und Malik zustande geworden ist." Sofort errötet sie. "Ich höre?", necke ich sie und genehmige mir ein Stück Schafskäse. "Nach der Erstsemester-Party ging es Stück für Stück bergauf", nuschelt sie und schlürft an ihren Schwarztee. "Wie oft habt ihr euch getroffen?", frage ich hochinteressiert und ziehe zweideutig die Augenbrauen hoch. "Weiß ich gar nicht." Ich und Ranja fangen sofort an zu lachen. "Und du, Ranja?" Sofort wird sie still. "Da gibt es einen Jungen in meinem Studiengang, Nadim heißt er", nuschelt sie und streift sich ihre kleinen, dunklen Kringellocken hinter ihr Ohr. "Kein Ramazan mehr?", frage ich etwas enttäuscht. "Nein, Nadim." Nun schaut sie mich angriffslustig an. "Was ist mit-, hast du ein Nasenpiercing?" Salihas Hände drehen meinen Kopf zu ihr. "Du Hund! Ich dachte, wir wollen es uns gemeinsam stechen lassen!" Wütend funkelt sie mich mit ihren Kulleraugen an. "Das haben wir vor fünf, sechs Jahren gesagt und trotzdem haben wir es nie getan", gebe ich lachend von mir. "Ich finde das gar nicht witzig", murrt sie beleidigt, weswegen ich einen Arm um sie lege. "Es ist ja nicht echt. Es ist nur da, um jemanden zu reizen." Ich beiße mir auf die Zunge, denn die beiden wissen sofort Bescheid und schauen mich dreckig an. "Los, wir wollen alles wissen, wirklich alles." Verlegen schaue ich zu Boden und dann wieder hoch, bevor ich anfange zu reden. "Deine Nase gehört ihm!", ruft Ranja. "Dein Magen auch!" "Dein Mund und deine lange Zunge auch", sagt Ranja wieder und fängt mit Saliha dreckig an zu lachen. "Weißt du, was noch Can gehört?", fragt Saliha und gluckst verdächtig. "Wehe!", warne ich. "Ihre Jungfräu-," Ich halte ihr sofort den Mund zu und kann mir ein Lachen nicht verkneifen, genau wie sie und Ranja. "Das gefällt dir doch." Ranja zwinkert mir dreckig zu. "Irgendwann kommt der Tag, wo wir Can und Shana am knutschen sehen", kichert Saliha und schlägt mit Ranja ein. "Oh Gott", murmele ich seufzend und schaue auf mein Handy. "Wir sollten langsam los."

Im Auto angekommen, fühle ich mich wie an meinem ersten Tag an der Oberstufe. Kaum zu glauben, was Kleidung alles mit einem anstellen kann. "Also, Shana! Wieso willst du eine bestimmte Person reizen, bei der wir wirklich null Ahnung haben, wer es bloß sein konnte?" Ranja beißt sich auf ihre Lippe und schaut verstohlen zu mir. "Weil diese bestimmte Person es mir verboten hat und ich dieser bestimmten Person gerne widerspreche", antworte ich mit verdrehten Augen. Ich schließe mein Handy an das Aux-Kabel, um das Thema zu wechseln, was mir natürlich auch gelingt. Etwas zu fröhlich steige ich aus dem Auto und bin froh, dass Can am Eingang steht und mit einigen Kommilitonen spricht. Mein Herz schlägt schneller und meine Atmung wird leicht stockend. "Wünscht mir Glück", murmele ich und fange an auf die Uni zuzulaufen. Kurz bevor ich an Can vorbeilaufe, höre ich Ranja und Saliha meinen Namen rufen, weswegen ich mich umdrehe. Beide winken mir mit einem zweideutigen Lächeln zu und schicken mir Luftküsse. Saliha zeigt heimlich auf den rechten Nasenflügel und zwinkert. Jetzt weiß ich auch, wieso sie mich gerufen haben: Can hat jetzt eine perfekte Sicht auf das Piercing. Ich lächele dankend und schaue kurz zu Can, der mich schon entdeckt hat. Sein Kiefer spricht ein ganzes Band. Plan geglückt. Ich laufe lächelnd weiter und höre schwere Schritte hinter mir. Ein kleines Grinsen kann ich mir nicht verkneifen und auch als Can mich umdreht, bleibt mein Grinsen konstant. "Dein Ernst?", fragt Can kühl. Ich nicke. "Ja." Ein leichtes Lächeln schmückt meine Lippen. Er betrachtet mein Gesicht und schließt brummend die Augen. Als ich Aykan sehe, entferne ich mich von Can und begrüße ihn. "Du hast es dir stechen lassen?" Er lächelt mich an. "Komm, ich erzähl dir alles." Ich schaue leicht hochnäsig zu Can und ziehe Aykan hinter mir her. Als ich nach rechts schaue, sehe ich wie Aleyna mit einem Grinsen an uns vorbeiläuft. Ich drehe mich um und sehe, dass sie zu Can läuft und anfängt mit ihm zu reden. Nicht sein Ernst. "Wenn das so ist", murmele ich patzig und ziehe Aykan weiter. "Das ist kein echtes Piercing." Seine Augenbrauen heben sich etwas. "Oh, schade. Es würde dir echt stehen." Ich lächele ihn an. "Jedenfalls will ich Can nur aufregen, mehr nicht", erkläre ich ihm und laufe dann in die Neuroanatomievorlesung.

Ich reibe mir meine dezent gequollenen Augen nach der Vorlesung und schlendere durch die Gänge. An die schiefen Blicke der anderen habe ich mich gewöhnt, bin aber immer noch beeindruckt, wie dumm sie doch alle sind. Kaum zu glauben, dass Can so einen Einfluss auf andere haben kann. Ich will in die Mensa laufen, als sich eine männliche Person vor mich stellt. "Oho, ein Piercing, du kleine Rebellin." Ich umarme Ramazan schmunzelnd und fahre ihm durch seine Haare. Ich will etwas ansetzen, als ich an der Schulter umgedreht werde und von Can irgendwohin transportiert werde. Ramazan zeige ich meinen genervten Gesichtsausdruck, bevor ich dann aus seinem Blickfeld verschwinde. Auf dem Hof angekommen, lässt Can mich los und schaut nicht wirklich begeistert. "Du machst wirklich alles, um mich zu provozieren, nicht wahr?", knurrt er und kommt mir näher. "Ja." Er umfasst mein Kinn und inspiziert mein Gesicht. "Willst du es mir nicht rausreißen?", hauche ich und ziehe angriffslustig die Braue hoch. "Du hast verdammt großes Glück, dass ich dir kein Haar krümmen kann", kommt es düster von Can. "Ja, das habe ich." Ich fühle mich gerade wirklich zu Can hingezogen. Er schaut so streng, was mir in irgendeiner Art und Weise gefällt. Ich mag seine Dominanz. "Du warst heute mit Aleyna am Reden?" Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Du warst heute mit Aykan am Reden?" Ich schnaube und entferne seine Hand von meinem Kinn. "Ich will nicht wissen, wo diese Hand war." Angewidert fahre ich mir über mein Kinn. "Wenn du willst, dann zeige ich es dir." Entgeistert schaue ich ihn an. "Du bist so widerlich!" Ich schüttele den Kopf. "Ihr behauptet alle dasselbe, bis ihr mich spürt, dann könnt ihr an nichts anderes denken." Can verschränkt süffisant seine muskulösen Arme vor seiner Brust und schaut mich intensiv an, was mich erschaudern lässt. "Du bist zu sehr von dir selbst überzeugt, Can." Ich trete näher an ihn heran. "Nein, ich kenne einfach nur die Wahrheit." Er streicht mir provozierend mit seinen Fingerknöcheln über die Wange, die ich wegschlage. "Die sind doch alle nur auf dich angewiesen und können nicht ihre eigene Meinung sagen, weil sie Angst haben, dass du sie dann fallen lässt, was sowieso passiert!", zische ich. Sein Verhalten regt mich gerade sehr auf. Wie kann er nur so eingebildet sein? "Was macht dich denn da so sicher?", raunt Can mir zu. "Bei solchen naiven Mädchen ist es doch nur logisch. Du vergreifst dich ja förmlich an solchen Mädchen!" Er macht mich immer wütender. "Was weißt du denn schon, Kleines?", kommt es spottend von ihm. "Bin ich naiv?", frage ich zischend. "Das sieht ein Blinder sogar!", füge ich noch hinzu, da Can ein richtiger Ficker ist, wenn man das so sagen kann. Can lacht trocken auf. "Gott, nur weil du unberührt geblieben bist, bist du noch lange nicht die Allwissende." Ich nicke trotzig. "Doch, bin ich." Langsam drückt mich Can an die Wand. "Du weißt nichts!", zischt er. "Doch, tue ich!", zische ich zurück und spüre, wie mein Herz stärker schlägt. "Nur weil du hunderte von Mädchen gevögelt hast, denkt du, du weißt alles besser?" Ich schaue auf seine Brust, da ich sein Gesicht nicht mehr sehen kann. Er hebt mein Kinn an und lächelt leicht. Dieses Lächeln verabscheue ich, da so viel Arroganz und Selbstüberlegenheit drinnen steckt. "Nur weil du ungefickt bist, denkst du, du wärst die Vernunft in Person?" Meine Augen weiten sich und mein Mund öffnet sich empört. "Nur weil du ungefickt bist, denkst du, dass du alle abweist? Warum hat dich denn noch keiner gefickt, hm?" Provokant und abwertend liegen Cans Augen auf mir. Mein Atem beschleunigt sich rapide, genau wie mein Herzschlag. Mein Blut kocht und meine Hände zittern. "Weil ich im Gegensatz zu dir keine Hure bin!", brülle ich und scheuere ihm eine. Sein Gesicht fliegt zur Seite und dort verweilt es auch. Ich fahre mir über meins und versuche das Beben in meinem Bauch zu ignorieren. Wieso regen mich seine Worte so sehr auf? Ich drehe mich um und laufe völlig in Rage weg. Ich brauche Abstand und frische Luft, bevor ich noch total ausraste! An einigen Studenten laufe ich vorbei und hoffe einfach, dass sie ihre gottverdammten Augen bei sich behalten. "Shana?" Ich drehe mich zu Maliks Stimme. Er entfernt sich von seinen Kommilitonen und läuft besorgt auf mich zu. "Was hast du?" Ich schüttele wütend den Kopf. "Can wird von Mal zu Mal kleiner in meinen Augen", flüstere ich und atme tief ein. "Lass uns irgendwo einen Platz suchen." Er legt vorsichtig einen Arm um mich und läuft mit mir weiter, bis wir eine Bank finden und uns dort niederlassen. "War es eine Lappalie?", fragt er mich. "Es sollte eigentlich eine sein, aber irgendwie auch nicht. Ich-, ach, Malik, ich habe keine Ahnung! Alles, was er gesagt hat, hat mich in Rage gebracht, obwohl ich es nicht wollte." Meine Amygdala, mein Hypothalamus und meine Temporallappen sind gerade auf Hochtouren und verarbeiten das Geschehnis mit dem Frontallappen und mit dem Hippocampus und ich verfluche mein Langzeitgedächtnis, dass er Can wieder einspeichern muss! "Wieso ist dieser Junge so?", frage ich und seufze resigniert. "Ich weiß es selber nicht, Shana. Bei dir wird mir Can zum Rätsel." Fragend schaue ich ihn an. "Das Ganze braucht Zeit." Er lächelt mich warm an und fährt mir tröstend über den Rücken. "Hoffe ich mal", nuschele ich.

Nach dem Präp-Kurs, bin ich mit Bus und Bahn ins Krankenhaus gefahren und bringe seufzend Kaffee und Tee den Patienten. Bis jetzt sind die Krankenschwestern hier sehr nett und großzügig. Keine Hexen, die über ihre Patienten ablästern. Diesen Lukas habe ich nur flüchtig gesehen, da er mit den Ärzten irgendwohin musste. Dem Letzten bringe ich Tee und gehe dann in die Pause. Mit Pause meine ich: Doris besuchen. Mit einem Lächeln laufe ich in ihr Zimmer, wo sie zu mir sieht und anfängt zu lächeln. "Da bist du ja, meine Liebe!" Sie sieht sehr müde aus. "Habe ich dich beim Schlafen gestört?" Sie schüttelt ihren Kopf und seufzt. "Ich kam vorhin aus der Onkologie, mehr nicht." Ich nicke und nehme mir einen Stuhl. "Wie geht es dir?", frage ich. "Den Umständen entsprechend ganz gut und dir? Du siehst betrübt aus." Ich schaue in ihre blauen Augen, die sehr trist wirken. Ich fange seufzend an, ihr zu erzählen, was mir auf dem Herzen liegt und schätze Doris immer mehr. Auch wenn ich sie nur einen Monat kenne, ist sie mir ans Herz gewachsen, da sie so offen und lieblich ist. "Ach, Gottchen. Das hört sich ja nicht so gut an", nuschelt sie, woraufhin ich nicke. "Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das nur eine Phase ist. Ihr seid noch jung und es kommen viele Sachen auf euch zu." Ich ziehe argwöhnisch die Augenbrauen zusammen. "Ich finde, ihr passt wie die Faust aufs Auge." Mein Gesichtsausdruck verändert sich nicht. "Ich weiß, was du denkst: doch nicht mit diesem Jungen, der so ein Arschloch ist!" Ich nicke schmunzelnd. "Aber das ist nun mal die Wahrheit. Gegensätze ziehen sich doch bekanntlich an. Es gab bestimmt viele Menschen, die das Gleiche behauptet haben, oder?" Ich nicke verlegen. "Na siehst du? "Sie schaut auf ihre Uhr. "Ich glaube, du musst wieder auf die Station." Ich schaue auf mein Handy und nicke. "Danke, Doris." Während des Arbeitens, denke ich viel über Doris' Worte nach. Kann sie wirklich recht haben? Viele haben so etwas behauptet, unter anderem Cans Mutter, wenn ich mich recht entsinne. Da sowieso nichts los ist, frage ich die Leitung, ob ich eine Patientin besuchen darf, was sie mir sofort erlaubt. Ich habe sowieso nur noch eine halbe Stunde und auf der Station ist nichts los. Ich nehme mir etwas Geld und kaufe Doris eine Packung Yogurette, da sie die Schokolade so sehr mag. Vom Kiosk zurück zum Aufzug, sehe ich Can dort stehen und verdrehe meine Augen. Ich warte auf den Aufzug und ignoriere das Pochen meines Herzens. Ich drücke auf die Vier und versuche Can auszublenden, welcher neben mir steht. "Du arbeitest noch auf der Gyn?", fragt er mich. "Ich gehe Doris besuchen." Kommt es kalt von mir. Er hat keinen Knopf gedrückt, was mir egal ist, da ich jetzt sowieso aussteige. Es war mir egal, denn Can steigt ebenfalls mit mir aus. Ich lasse mich nicht beirren und laufe in Doris Zimmer. "Doris, ich habe-," Mir fällt die Schokolade aus der Hand, als ich eine blasse Doris erblicke, die gerade versucht Luft zu kriegen. "DORIS!", schreie ich und laufe auf sie zu. Ich suche nach einer Sauerstoffmaske und versuche nicht in Tränen auszubrechen. "Wir brauchen sofort einen Arzt!", ruft Can und kommt auf mich zu. Die Maske lege ich ihr zitternd über und drücke ihre Hand, bevor ich sanft zur Seite geschoben werde und nur noch die Rücken der Schwestern und Ärzte sehe. "Komm, lass uns raus." Widerwillig lasse ich mich von Can rausführen und halte mir die Hand vor den Mund, bevor ich anfange zu schluchzten. Vorsichtig führt mich Can zu den Sitzen und fährt mir beruhigend über den Rücken. "Alles wird gut", flüstert er beruhigend. Wehleidig schaue ich hinauf und breche total aus. Erst hasse ich ihn und dann passiert die Sache mit Doris und nun ist er wie ausgewechselt. Sachte nimmt mich Can in den Arm. Ich lasse es einfach passieren und fühle mich plötzlich geborgen. "Hey, ganz ruhig", flüstert er mir zu, während ich meine Arme um seinen Nacken schlinge. Ich habe ihn doch heute noch gehasst? Wieso fühle ich das Nachtragen nicht? "Sie wird jetzt untersucht, sie sieht besser aus", erzählt er mir und fährt mir beruhigend über meinen Rücken, was sich zu gut anfühlt. "Komm, ich fahre dich nach Hause." Er wischt mir meine Tränen an und lächelt. Ich schaue zu Boden und stehe auf. Ich will einfach nur nach Hause und mich entspannen. "Warte", murmele ich und geh in Doris' Zimmer, um die Yogurettenpackung aufzuheben und auf ihren Tisch zu legen. Ich seufze und bete innerlich, dass es ihr gut geht. Wartend lehne ich mich gegen die Wand, bis Can in seinen Klamotten vor mir steht und laufe müde auf meine Station, wo auch ich mich umziehe und mich melancholisch auf Cans Beifahrersitz setze, der mir nur allzu vertraut ist. Schweigend fährt er mich nach Hause und schaut mit einem kleinen Lächeln zu mir, was ich nur träge erwidern kann. Mir kommt wieder der Streit in den Sinn und auch die Wut, die ich Can gegenüber hege. Mein Gesicht verzieht sich auch dementsprechend und Can weiß auch, wieso. "Shana, ich-," Er beendet seinen Satz nicht, sondern schaut wütend an mir vorbei. Sein Kiefer so angespannt, dass ich trotz des Dreitagebartes eine gute Sicht auf seinen Musculus Masseter habe. Ich drehe mich ebenfalls zum Geschehen, wo sich meine Augen weiten. Vor der Haustür stehen Cihan und Elif, die sich leidenschaftlich küssen und danach durch die Tür gehen. "Ihr wohnt im selben Haus", knurrt Can. Ich nicke leicht, da mich die neue Information sehr stark getroffen hat. Elif und Cihan sind zusammen. Ein hysterisches Lachen entflieht mir.

"Die sind einfach zusammen."

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