Teil 2

Nur das Tippen auf der Tastatur hallt durch den Raum. Sonst ist außer dem abgehackten Atem von Louis nichts zu hören.

Nicht wundern, ihm geht es gesundheitlich gut. Er hat einfach nur eine wirklich traurige Fanfiction gelesen und weint jetzt schon seit acht Kapiteln.

Und mit Weinen meine ich nicht diese leisen Tränen, die einem aus den leicht geröteten Augen fließen.

Nein, mit Weinen meine ich das endlose Strömen von salzigen Tränenbächen aus den verklebten Augen. Louis' Wimpern sind schon total nass, seine Wangen knallrot und seine Nase läuft.

Der gebürtige Doncaster schnieft, er zieht die Nase hoch. Währenddessen starrt er konzentriert auf den Bildschirm seines Laptops, auf welchem er gerade einen Kommentar für den Autor dieser unglaublichen Story verfasst. Normalerweise ist Louis dafür zu schüchtern- für das Kommentareschreiben.

Er traut sich einfach nicht. Jedes Mal, wenn ihm etwas Lustiges in den Sinn kommt, was er schreiben könnte, überdenkt er jedes Wort mindestens drei Mal.

Was ist, wenn jemand es nicht lustig findet?

Was ist, wenn jemand ihn unsympathisch findet?

Nein, da lässt er es doch lieber.

Dieses Mal ist es allerdings anders. Die Geschichte von dem Jungen, der im Krankenhaus landet und von dem anderen, seinem besten Freund, der erst da realisiert, dass er schon so lange in seinen Bandkollegen und besten Freund verliebt ist, ist einfach zu berührend.

Wie Louis auf die Idee gekommen ist, dass er spät abends noch so ein trauriges Buch anfangen (und natürlich beenden) sollte, weiß er selbst nicht.

Mit einem Blick auf die Uhr auf seinem Handy stellt er fest, dass es mittlerweile 2:10 ist.

Mist. Mit so aufgewühlten Gefühlen kann er doch nicht einschlafen!

Leider hatte er dies vergessen, als er mit dem Buch angefangen hat. Natürlich, man könnte jetzt sagen, dass, wenn Louis schlau wäre, er nach dem Trailer (bei dem er schon geweint hattte) hätte aufhören können mit Lesen.

Schließlich hat er am nächsten Morgen wieder Schule.

Aber Louis brauchte das einfach. Er brauchte die Wattpad-Community, ein gutes Buch und die fiktiven Probleme anderer, um für ein paar Stunden seine eigenen Probleme und Sorgen zu vergessen.

Hinter ihm liegt ein anstrengender Dienstag, den er größtenteils in der Schule und mit Hausaufgaben verbracht hatte. Das hat ganz schön geschlaucht.

Schließlich hat er den ganzen Tag das Image des heilen Jungen, der nur lacht und Witze macht, aufrecht halten müssen. Er hat Niall mal wieder Beziehungstipps geben müssen, da dieser es einfach nicht hinbekommt, vernünftig mit Kiara zu reden.

Die langweiligen Unterrichtsstunden sind nicht erwähnenswert, die überspringen wir jetzt einfach mal.

Ach ja, nach der Schule hatte Louis noch lange mit Lottie gesprochen.

Wobei gesprochen vielleicht der falsche Ausdruck für das Weinen und Schluchzen ihrerseits ist...

Eigentlich waren ihre Probleme noch nicht einmal so groß, es waren keine schlimmen, belastenden.Das konnte Louis daran sehen, dass das Strahlen in ihre lebendigen Augen wiedergekommen war. Trotzdem- was wäre Louis für ein großer Bruder, wenn er ihr nicht zuhören und helfen würde?

Jetzt schläft Lottie vermutlich schon, zumindest kann unser Hauptprotagonist keine Musik dieser schlimmen Boyband aus ihrem Zimmer hören, was sonst der normale Zustand ist.

Das blondhaarige Mädchen zu erwischen, wenn sie mal nicht einen Song dieser Band hört, grenzt schon an eine Katastrophe. Dieser Zustand tritt nur ein, wenn etwas schlimmes passiert ist.

Oder wenn sie Hunger hat.

Deswegen genießt Louis gerade auch die Ruhe ohne die wunderbare Beschallung dieser künstlerischen Meisterwerke und schreibt seinen Kommentar unter dieser zu tränen rührenden Story fertig.

Noch einmal tief ein- und ausatmen, Augen zu, Augen wieder auf, auf Senden drücken.

Danach klappt der Junge mit einer hastigen Bewegung den Laptop zu.

Der Kommentar wurde gesendet.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top