Kapitel zwei
Louis' pov
"Es scheint als wäre der Tumor unverändert" sagte der Professor im weißen Kittel und drehte sich auf seinem Stuhl zu Louis um.
"Dennoch solltest du dich auf dieser Erkenntnis nicht ausruhen, Louis... sind irgendwelche neuen Beschwerden aufgetreten? oder ist irgendetwas schlimmer geworden?"
Louis lehnte sich zurück und verschränkte seine Hände vor der Brust, während er die Schultern kurz hebte und dann wieder sinken ließ.
"Eigentlich nicht, ich hatte seit 2 Wochen keinen epileptischen Anfall mehr und der Schwindel und die Doppelbilder sind auch nicht mehr geworden" antwortete der junge Tomlinson und atmete einmal tief durch.
Immer dasselbe, dachte er und starrte an das Bild, welches an der Wand, hinter dem Schreibtisch des Professors hang.
Immer wenn Louis in dessen Büro musste und das passierte oft, zog dieses abstrakte Gemälde seine Aufmerksamkeit auf sich. Jedes mal fragte er sich, wie man auf die Idee kam, ein solches Bild zu malen? Er erkannte nicht einmal was dieses ausdrücken sollte.
Sollte es motivierend wirken? beruhigend? Für ihn waren es einfach ein paar Farbspritzer auf einer weißen Leinwand, er sah darin keinen tieferen Sinn.
Als der Kranke seinen Blick wieder zu dem Professor schweifen ließ, war der gerade dabei irgendetwas in die Krankenakte zu schreiben.
Louis pustete sich eine seiner langen, braunen Strähnen aus dem Gesicht. Er musste unbedingt mal wieder zum Friseur gehen.
Das Klicken des Kugelschreibers brachte ihn dazu, wieder aufzusehen.
"Okay Louis, du weißt ja, dass wir hier leider nicht mehr viel tun können, wir können es...nur herauszögern und die Beschwerden lindern" die Stimmlage des Professors hatte sich, mit diesem Satz verändert und in seinem Blick lag professionelles Mitgefühl.
Doch Louis wollte kein Mitleid, die Situation war sowieso schon schlimm genug und er wollte nicht immer daran erinnert werden, dass er bald sterben würde und es auch schon fast wäre; nur ganz knapp war er dem Tod vor sechs Monaten von der Schippe gesprungen.
Der Braunhaarige seufzte: "Ja das weiß ich... und falls sie mir jetzt wieder sagen, dass ich nach Hause gehen kann, dann muss ich sie leider enttäuschen, so schnell werden sie mich noch nicht los"
Um die Lippen des Professors hatte sich ein kleines Schmunzeln gelegt und er schüttelte kaum merklich den Kopf.
"Es gibt nicht viele Patienten, denen es angeboten wird, dass sie nach Hause gehen können und trotzdem freiwillig bleiben" gab er zu bedenken, doch Louis zuckte nur ein weiteres mal mit den Schultern.
"Ich will meiner Mum nicht unnötig zur Last fallen...sie hat genug andere Sorgen und wenn ich... wenn ich irgendwann nicht mehr kann, will ich ihr nicht auch noch ein weiteres Problem bereiten..." erklärte Louis.
Der Professor setzte seine Brille ab und beugte sich etwas näher an Louis heran.
"Ich bin mir sicher, dass du deiner Mutter keine Last bist... im Gegenteil, sie würde sich sicher freuen, dich bei ihr zu haben."
"Ich bin 19 Jahre alt... eigentlich hätte ich schon von zu Hause ausziehen und mein eigenes Geld verdienen müssen, stattdessen sitze ich hier in dieser Klinik und warte auf meinen Tod... ich will einfach nicht, dass sie und mein kleiner Bruder mich so sehen... ich müsste ihm doch ein Vorbild sein..." Zum Ende des Satzes hin, wurde er immer leiser und glaubte fast, die Stimme würde ihm versagen, weswegen er sich selbst unterbrach und kurz hüstelte.
Louis hatte sich damit abgefunden, dass er nicht mehr viel Zeit auf dieser Welt hatte, doch er wusste, dass seine Familie dies noch nicht hatte und jedes mal daran erinnert zu werden, wenn er in das Gesicht seiner Mutter oder das von Henry blickte, würde er nicht ertragen. Es reichte ihm schon, wenn seine Mum mit verweinten Augen hier auftauchte und ihn ständig fragte, wie es ihm ginge und ob ihm etwas fehlen würde.
"Nun gut, Louis... es steht dir frei jederzeit zu gehen, ich will einfach nur, dass du das weißt...wenn es sonst nichts weiter zu besprechen gibt, dann kannst du jetzt gehen"
Der Braunhaarige nickte bloß stumm, stand von dem Stuhl auf und verließ das Büro.
Im Flur lehnte er sich kurz gegen die kühle, kalkweiße Wand und schloss die Augen.
Er gab sich immer so taff und furchtlos vor den anderen, doch in ihm sah es ganz anders aus, es war, als würde ein Sturm in ihm toben und es gab keine Aussichten auf Sonnenschein.
Der junge Tomlinson stieß sich von der Wand ab, vergrub seine Hände in den Taschen seiner schwarzen Jeans und schlenderte den Krankenhausflur entlang.
Seit der ganzen Zeit, in der er hier war, kannte er so gut wie jeden Winkel und er liebte es, sich auf leisen Sohlen in Gebiete zu bewegen, in denen er eigentlich nichts zu suchen hatte.
So hatte er damals auch seine beste Freundin Claire kennengelernt.
Diese war nämlich auf der Psychiatrischen Station untergebracht, aufgrund von Depressionen und essgestörtem Verhalten. Normalerweise trafen sich die Krebsstation und die Psychiatrische Station nicht, aber Louis' Neugier hatte ihn dort hingeführt.
Ohne dass er es überhaupt bewusst entschieden hatte, führten seine Beine ihn in Claire's Richtung.
Da diese aber wahrscheinlich sowieso schon auf ihn wartete, weil sie ja wusste, dass er den Termin für die Auswertung seines neusten MRT's hatte, ging er einfach weiter und schob die schwere Glastür zur Station 5 auf.
Die Hände noch immer in den Hosentaschen machte er sich auf den Weg zum Zimmer 312.
Doch da kam ihm plötzlich ein Junge, in Begleitung eines Betreuers entgegen, den er hier zuvor noch nie gesehen hatte.
Sein Haar war brünette, jedoch etwas dunkler als sein eigenes und es stand ihm, in wilden Locken, vom Kopf ab.
Sein Gesicht sah etwas demoliert aus, so als hätte er sich geprügelt, doch dann hob er seinen Blick und die stechend grünen Augen, trafen Louis völlig unvorbereitet.
Sein Herz setzte für einen Takt aus, als der Fremde an ihm vorbeiging und er einen milden Geruch von Zitrone und Lavendel wahrnahm.
Der kranke Teenager musste sich einfach noch einmal nach ihm umdrehen und so sah er, wie er um die Ecke abbog und schließlich aus seinem Blickfeld verschwand.
Louis' Herzschlag ging wieder normal, doch seine Gedanken kreisten nach wie vor um den hübschen Fremden, welcher ihn schon jetzt in seinen Bann gezogen hatte.
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