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Alles in mir erstarrt - ich wusste, dass jetzt etwas schlimmes passieren würde und dass ich machtlos dagegen war. Als das alte Auto mit ausländischem Kennzeichen trotz der roten Ampel mit einer unfassbaren Geschwindigkeit um die Ecke sauste, schien sich meine düstere Vorahnung zu bestätigen. Ich wollte los rennen, mich zwischen Vanessa und das Auto werfen, doch meine Beine versagten ihren Dienst und ich hätte es ohnehin nicht mehr geschafft. Vanessa sah das Auto heran rasen, mein gellender Schrei hat sie hoch fahren lassen während sie nach ihrem Sturz wieder auf die Beine kam - doch es gab auch von ihrer Seite nichts mehr, was den Zusammenprall hätte verhindern können, das Auto war schon zu nahe und sie immer noch wacklig auf den Beinen. Das Geräusch, als Metall auf haut traf, war scheußlich, laut und dumpf. Ich sah ein grelles Blitzen, nur für einen Sekundenbruchteil, dann war auf einmal alles vor mir in eine kleine Rauchwolke getaucht. Ich sah Vanessa durch die Luft fliegen, meterweit und dann mit einem plumpen und noch viel hässlicheren Geräusch wie zuvor auf dem Boden aufprallen. Da lag sie nun - leblos, still, mit verdrehten gliedern. Ich spürte, wie mir schwindlig wurde, das konnte doch alles nicht wahr sein, das musste ein Albtraum sein. Mein Körper wollte sich fallen lassen, ins nichts fallen, mein Kopf wollte den Verstand in einer dichten schwarzen Wolke verschwinden lassen. Einfach schlafen bis all das hier vorbei war und in einer besseren Welt wieder aufwachen. Doch nun kämpfte ich gegen das Schwächegefühl an, kämpfte dagegen an ohnmächtig zu werden, ich musste wach bleiben, musste stark bleiben. Es war so schwer - und dass die Luft noch Blut und Öl roch, machte es nicht besser. Da war so viel von dem roten Lebenssaft um Vanessa verteilt, ihr Gewand war vollgesogen damit. Ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Blut gesehen. Doch mein einziger Wunsch war, dass Vanessa noch lebte, denn diesen Abschied könnte ich mir nie verzeihen. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie das durch den Unfall nicht allzu stark in Mitleidenschaft gezogene Auto nach einem etwas holprigen Start weg brauste, aber das interessierte mich nicht - was mich jetzt interessierte war Vanessa. Das Gefühl nicht zu wissen, ob sie noch lebte oder nicht war immerhin noch schöner als das Wissen falls sie wirklich tot wäre. Meine Beine waren wie wackelpudding als ich zu ihr hinüber lief, meine Hände hatten Angst sie irgendwo zu berühren, wo sie nur noch mehr schmerzen anrichten würden. Ganz sanft und schwach spürte ich ihren Atem an meiner Haut - ein Hauch, wie von einem Geist. Am liebsten wollte ich Vanessa an mich ziehen und sie ganz fest halten, so, als könnte mir der Tod sie dann nicht entreißen, doch angesichts ihres entstellten Körpers ließ ich davon ab. Ich spürte, dass ihr Leben am eisernen Faden hing und jetzt nach Jahren fing ich endlich mal wieder zu beten an, hektisch und unkoordiniert, aber aus vollstem Herzen. Wenn Vanessa jetzt starb, war ich indirekt schuld an ihrem Tod und dieses schlechte gewissen würde mich bis ins eigene Grab verfolgen.

Glaubt ihr, dass Vanessa überlebt?

Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen

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