G588gr (1)
Deine Geschichte war schön. Man konnte sie gut lesen, ich hatte eine schöne Zeit, aber viel hinterlassen hat sie bei mir leider nicht. Ich habe während des Lesens die ganze Zeit darauf gewartet, dass du aus dem Klischee ausbrichst, in dem du die Geschichte aufbaust. Eine Dystopie, in der Magier gejagt und weggesperrt werden, eine Hauptfigur, die durch einen Unfall herausfindet, dass sie magische Kräfte hat, dann im Gefängnis landet, dort einen Rebellen trifft, mit dem romantische Funken fliegen und mit dem sie dann gemeinsam ausbricht, um sich der Revolution anzuschließen - das alles ist nun wirklich nicht neu. Und während deine Geschichte kein schlechtes Beispiel solcher Geschichten ist, gibt sie einem auch nicht viel Neues und hinterlässt so hauptsächlich ein Gefühl von „hm, schade, da hätte man auch irgendwas weniger vorhersehbares draus machen können".
Du hast ein tolles Talent für Beschreibungen. Deine Eröffnungsszene, die ersten drei Absätze, haben mich absolut umgehauen. Zwar benutzt du manchmal sehr große und etwas kitschige Worte, wie „tränenverhangen" und „funkenwerfend", die ich persönlich nicht so sehr mag, aber sie passen gut zu deinem generellen Stil und ich hab mich drauf gefreut, mehr davon zu lesen. Die Beschreibungen nehmen leider sehr stark ab, da hätte ich mir gewünscht, dass du das mehr nutzt.
Während des Lesens hab ich immer wieder gedacht „ja ok, das ist jetzt doch nicht sehr originell, aber ich freu mich auf den Twist", aber der große eigene Twist kam irgendwie nie. Du benutzt sehr viele Fantasieworte, wie Echana und Tochâlis und Kèmanâch, die schon eine Fantasy-Atmosphäre kreieren, am Ende aber doch wieder sehr an Dune oder Game of Thrones erinnern.
Der Drache aus Ton wiederum hat mir gut gefallen, das war eine wirklich schöne Idee und hat mich sehr begeistert (vor allem, weil ich großer Drachen-Fan bin, aber das darf ich als objektiver Kritiker natürlich nicht so direkt sagen, also sag das nicht Kapitelwaise :D).
Weiter ging es mit der Vorstellung von Elias, von dem ich erst dachte, er wird der sassy sidekick und dann recht schnell, er wird die sassy love interest. Am Ende ist es irgendwie...beides? Dass Calla am Anfang durch das Wolfskraut vergisst, was er gesagt hat, fand ich sehr cool, aber dann starten sie sofort in einer Dynamik, die mir nicht gut gefallen hat. Er nennt sie direkt „Süße" und sie beschließt aus irgendeinem mir völlig unerfindlichen Grund, ihm vom ersten Moment an zu vertrauen, ihm zu verraten, wie sie heißt, woher sie kommt und ihm sogar den Drachen zu zeigen. Er hingegen verrät ihr gar nichts über sich selbst, was aber keinerlei Misstrauen in ihr weckt, zumindest nicht ernsthaft, auch wenn Elias einen Witz darüber macht.
Ein weiterer Punkt, der mich sehr gestört hat, ist wie Calla mit ihrer Magie arbeitet. Bis gestern wusste sie nicht mal, dass sie Magie hat und jetzt kann sie direkt alles kontrollieren, weiß, wie sie Tonfledermäuse mit giftigen Zähnen macht und dass die Drachen nur lebendig waren wegen Vollmond. Woher weiß sie das alles so plötzlich?
Ich mochte es auf der anderen Seite wieder sehr, dass es zwei Monde gibt, das war sehr cool.
Aber dann wieder die Kehrseite: Elias macht sofort Pläne, ihre Fähigkeiten zu nutzen, um gemeinsam auszubrechen. Sie befolgt seine Anweisungen. Einfach so. Ohne zu hinterfragen, wer er eigentlich ist und warum er da sitzt. Ich verstehe, dass du Spannung für den großen epischen Reveal am Ende aufbauen willst. Aber dieser Vorsatz reißt leider große Löcher in deine Handlung, an der man etwas den Spaß verliert, weil man die ganze Zeit erwartet, dass Calla ihre eigene Naivität auf die Füße fällt. Tut sie aber nicht, alles geht glatt, was am Ende etwas enttäuschend ist und ziemlich unrealistisch, wenn es doch das sicherste Gefängnis des Landes sein soll. Ich dachte, die haben da schon jede Menge Magier eingesperrt, wie blöd sind sie eigentlich, einer Magierin, die mit Ton Wesen erschaffen kann, Ton zu geben, um Wesen zu erschaffen, ohne darüber nachzudenken, dass sie vermutlich Wesen erschaffen wird, die auf ihrer Seite sind? Klingt nicht sehr clever für die gefürchteten Tochâlis, irgendwie.
Dann kommt der romantische Moment, wo Calla für eine halbe Seite in Elias' Augen schaut und über den Wald und Pflanzen sinniert - hier hätte ich mir mehr Recherche gewünscht, Wüste ist nämlich alles andere als kahl und tot, da lebt eine ganze Menge und jede Person, mit der ich bisher im echten Leben geredet habe, die aus einer Wüstengegend kommt, hat das Klischee einer toten Landschaft bis aufs Blut verabscheut, weil es einfach nicht stimmt.
Dass sie auf einmal tief in Elias' Seele hineinschaut und weiß, dass er viel herumgekommen ist, war mir persönlich auch etwas zu romantisch und an den Haaren herbeigezogen und dass sie sich einfach so den Drachen abnehmen lässt, weil sie vergisst, ihn wieder einzustecken, ist einfach unaufmerksam und hat mich sehr frustriert, weil man meinen sollte, dass man im Gefängnis vorsichtiger ist. Auch um Elias herum! Der ist ja aber irgendwie genauso vertraut mit ihr, auch wenn er sie gar nicht kennt (sie hätte ihm ja auch sonstwas erzählen können), nennt sie Freundin und JETZT kommt Calla tatsächlich mal auf die Idee, ihn zu fragen, wieso er im Gefängnis sitzt. Er antwortet nicht, weicht aus und sagt nur, dass er „ihr Freund" ist. Das sollte Calla meiner Meinung nach sehr gruselig finden und Angst vor ihm haben, aber nein, es scheint zu funktionieren. Weil völlig Fremde Leute im Gefängnis, die einem nichts über sich selbst verraten, aber darauf pochen, auf deiner Seite zu sein, ja immer Gutes im Sinn haben!
Zurück zu ihrer Magie, die sie anscheinend nicht nur erstaunlich perfekt beherrscht, sondern die auch noch extrem übermächtig ist, weil sie mal eben so giftige Fledermäuse erschafft, die alle Wachen töten. Ich frage es nochmal: wie zur Hölle haben diese Wachen so wenig Plan von Magie, wenn sie seit Jahren schon Magier wegsperren?
Am Ende geht alles viel zu einfach, Callas Vertrauen in Elias war doch kein Fehler, weil er natürlich einer der Guten ist und sie schließt sich der Revolution an und hat zum ersten Mal wieder Hoffnung. Ich fand das Ende sehr süß, vor allem mit dem Bild des Infernos den Kreis zum Anfang zu schließen, war in meinen Augen sehr clever. Mich stört, dass keine Entscheidung von Calla irgendwelche negativen Konsequenzen hat, es fühlt sich alles sehr risikoarm an und das ist in einer Geschichte, in der es um einen Gefängnisausbruch geht, irgendwie blöd und führt dazu, dass man wenig mit den Charakteren mitfühlt.
Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik sind wiederum alle top, bis auf ein fehlendes Komma (erste Seite: „Ich begann, trotz der Hitze [...]) und deine vehemente Art, das Wort Verlies mit ß zu schreiben.
Am Ende des Tages hoffe ich, du verzeihst mir die harsche Kritik und lässt dich nicht vom Schreiben abbringen. Hauptsächlich fand ich es einfach schade, weil ich an vielen Stellen sehen konnte, dass du absolut brillant schreiben kannst. Solche Beschreibungen zu machen ist eine Fähigkeit, die man nicht mal eben schnell entwickelt, man kann sehen, dass du schon viel Zeit mit Schreiben verbracht hast. Wenn du deine Charaktere etwas runder machst und sie nicht komplett naiv handeln und die Handlung etwas spannender und einzigartiger machst, steht dir nichts im Weg, jedem Leser deiner Geschichten den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Ich würde mich freuen, irgendwann eine überarbeitete Version hiervon zu lesen. In jedem Fall danke ich dir fürs Einreichen! Gutes Schreiben dir weiterhin!
Gesamtpunktzahl: 268 (von 382 möglichen Punkten)
Rechtschreibung (60)
Werden die Regeln der Deutschen Rechtschreibung eingehalten? 60 von 60 Punkten (0, 15, 30, 45 oder 60)
Schlüssel:
60 = Weitgehend korrekte Einhaltung der RR
45 = Wenige Fehler, punktuelle Schwächen
30 = Viele Fehler, latent unsichere RS
15 = Sehr viele Fehler, die die Lesbarkeit/den Lesefluss einschränken0 = Enorm viele Fehler, die die Lesbarkeit deutlich negativ beeinflussen
Grammatik
Wie werden die Regelungen zur Grammatik umgesetzt? 20 von 20 Punkten (0, 5, 10, 15 oder 20)
Schlüssel:
0 = Textverständnis ist durch zahlreiche Grammatikfehler stark eingeschränkt
5 = Grobe Verstöße gegen die Grammatik häufen sich
10 = Verstöße in vielen Bereichen
15 = Einige Verstöße in wenigen Bereichen
20 = Weitgehend korrekte Verwendung der Grammatik
Zeichensetzung
Wie sinnvoll und regelkonform erfolgt die Nutzung von Satzzeichen? 15 von 15 Punkten (0, 5, 10 oder 15)
Schlüssel:
0 = die Nutzung von Satzzeichen folgt kaum einer Regel
5 = Satzzeichen werden seltener richtig verwendet
10 = Satzzeichen werden überdurchschnittlich oft richtig genutzt
15 = Satzzeichen werden meistens/immer richtig eingesetzt
Wortwahl/Vokabular 20 von 26 Punkten
Wie sehr unterstützt das gezeigte Vokabular die Wirkung bzw. die Einzigartigkeit der Geschichte? 4 (0-6)
Tragen Ausdruck und Wortwahl dazu bei, dass die Geschichte gut lesbar ist? 3 (0-6)
Ist die Wortwahl abwechslungsreich? Wenn sie das nicht ist: wie sehr dient das der Geschichte? 5 (0-6)
Ist die Geschichte frei von störenden Wort- oder Satzwiederholungen? 8 (0-8)
Sprachliche, stilistische und rhetorische Mittel 9 von 14 Punkten
Wie sehr gelingt es der Geschichte, Bilder im Kopf des Lesers entstehen zu lassen? 4 (0-6)
Wie effektiv unterstützen sprachliche Stilmittel (z.B. Metaphern, rhetorische Fragen, Symbole, Alliterationen) die Atmosphäre/die Figurenentwicklung/die Handlung? 5 (0-8)
Idee/Mut 6 von 14 Punkten
Wie originell, kreativ oder einfallsreich ist die Geschichte? 3 (0-8)
Wie mutig ist die Geschichte? 3 (0-6)
Hintergrundwissen/logischer Aufbau 15 von 24 Punkten
Harmonieren die Geschichte und die Welt, in der sie spielt, mit der Art, wie sie erzählt wird? 6 (0-8)
Passt das, was passiert, in die Welt/in die Zeit, in der die Handlung spielt? 3 (0-8)
Wie ausgearbeitet und detailreich ist die Geschichte? 6 (0-8)
Figurenentwicklung 33 von 72 Punkten
Allgemein 18 von 45 Punkten
Sind die Figuren glaubhaft gestaltet? 4 (0-9)
Wie groß ist ihr Wiedererkennungswert? 3 (0-9)
Passen ihre Handlungen zu ihrem Charakter? 4 (0-9)
Sorgt die Figurenkonstellation für Spannung? 3 (0-9)
Wie gut werden alle Hauptfiguren charakterisiert? 4 (0-9)
Protagonist*in/Erzählperspektive 15 von 27 Punkten
Findet eine charakterliche Entwicklung statt? 4 (0-9)
Ist diese nachvollziehbar und lebensnah? 3 (0-9)
Eignet sich die gewählte Erzählform/Erzählperspektive für die Geschichte? 8 (0-9)
Dialoge 24 von 36 Punkten
Verleihen die Dialoge den Figuren Tiefe? 4 (0-10)
Wie fesselnd und interessant sind sie? 6 (0-10)
Passt die Menge der Dialoge in die Geschichte? 7 (0-8)
Wie sehr treiben sie die Handlung voran? 7 (0-8)
Emotionalität 6 von 14 Punkten
Wie sehr weckt die Geschichte Empathie im Leser? Wie sehr kann dieser mitfühlen? 2 (0-7)
Inwiefern werden Gefühle auch gezeigt, statt nur vorgeschrieben/beschrieben? (werden "show" und "tell" abwechslungsreich, vielfältig bzw. sinnvoll in Bezug auf Gefühle eingesetzt)? 4 (0-7)
Beschreibungen 21 von 28 Punkten
Fügen sich die Beschreibungen sinnvoll in die Geschichte ein? 5 (0-7)
Wie stark fördern sie die Figuren- und Handlungsentwicklung? 4 (0-7)
Wie vielfältig werden Sinneseindrücke eingesetzt? 7 (0-7)
Passt die Menge der Beschreibungen oder sind es zu viele/zu wenige? 5 (0-7)
Spannungsbogen 15 von 20 Punkten
Gibt es einen Spannungsbogen? 7 (0-10)
Wird die Spannung bewusst aufgebaut? 8 (0-10)
Plot/Aufbau/innere Logik der Geschichte 8 von 18 Punkten
Ereignen sich die Geschehnisse in einer schlüssigen Reihenfolge? Gibt es unötige oder überflüssige Passagen? 5 (0-8)
Ist die Handlung glaubwürdig? 3 (0-10)
Atmosphäre 16 von 21 Punkten
Wird durch den Stil, die Figuren, die Handlungen, die Welt eine Atmosphäre geschaffen? 6 (0-7)
Wirkt die Atmosphäre passend? 6 (0-7)
Regt die Atmosphäre dazu an, sich in der Geschichte zu verlieren? 4 (0-7)
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