W o r t e

A N N A

Ich spürte, wie die Regentropfen über meine Wangen liefen. Es schütte unbeschreiblich und ich war von Kopf bis Fuß durchnässt. Schnell zog ich meine Jacke enger um mich und hoffte, dass der Bus endlich kam. Zitternd zog ich den Ärmel meiner Jacke höher, um auf meine Uhr zu schauen. Der Bus war schon fünf Minuten zu spät. Ich zog den Ärmel wieder runter, damit meine Uhr nicht auch noch nass wurde und steckte meine Hände wieder in die etwas wärmeren Jackentaschen.
Erneut blickte ich nach links, in der Hoffnung, dass der Bus vielleicht kam, doch das tat er nicht. Stattdessen sah ich einen Jungen, welcher die Straße hinunter lief und mindestens so durchnässt war wie ich. Seine braunen Haare klebten an seiner Stirn und seine Lippen waren etwas blau angelaufen, was ich durch sein näheres auf mich zu kommen erkennen konnte. Er blieb einge Meter von mir entfernt, an der Bushaltestelle stehen und drehte sich dann kurz zu mir, was mich sofort wegschauen ließ. Erst jetzt war mir bewusst geworden, wie lange ich ihn angestarrt hatte. Das nächste mal, als ich zu ihm rüber schielte, schaute er mich schon an. Ein schiefes Grinsen legte sich auf seine Lippen, als er sah, wie ich wieder einen Blick auf ihn warf. Verlegen lächelte ich kurz und wendete dann wieder meinen Blick ab. Um irgendetwas zu tun und nicht untätig herumzustehen, schaute ich nochmals auf meine Uhr und presste dann etwas Wasser aus meine Haaren. Als ich wieder nach links blickte, sah ich nicht nur ihn, sondern auch einen Bus, welcher aus der Ferne kam. Erleichtert wischte ich meine nassen Hände an meiner Hose ab, was keinen wirklichen Sinn ergab, da meine Hose ebenfalls nass war. Anschließend setzte ich meinen Schulrucksack ab, betete, dass nicht alle meine Schulbücher völlig durchnässt waren und ich sie somit nicht ersetzten müsste und holte dann mein Busfahrticket heraus.
Erleichtert stieg ich in den Bus, scannte mein Ticket und warf einen kurzen Blick zurück, nur um zu sehen, dass der Junge hinter mir einstieg. Mit einem leichten Lächeln ließ ich mich auf einen freien Vierersitz fallen und durchnässte den Sitz wahrscheinlich nach wenigen Sekunden.
Nachdem ich meine Tasche abgesetzt und auf den Boden gestellt hatte, hörte ich die Schritte des Jungens. Er ließ sich auf dem gegenüberliegendem Sitz nieder und tropfte genauso wie ich alles voll. Ich warf einen kurzen Blick durch den Bus, nur um festzustellen, dass wir bis auf sieben weitere Personen alleine im Bus waren und dementsprechend viele Sitze waren frei. Doch er hatte sich zu mir gesetzt. Dem Mädchen mit den braunen, durchnässten leicht gewellten Haaren, welches von Kopf bis Fuß tropfte. Genauso wie er. Erneut legte sich ein leiches Lächeln auf meine Züge. Als ich kurz nach oben schaute, erkannte ich, dass auch er lächelte, was mich nur noch mehr zum Lächeln brachte. Verlegen strich ich mir eine nasse Strähne hinter mein Ohr und schaute dann weg. So ging es die ganze Fahrt über. Er schaute mich an, ich schaute ihn an, wir lächelten, ich schaute weg. Als er einen der vielen Stoppknöpfe drückte, verschwand mein Lächeln. Er würde jetzt aussteigen. Ich sah, wie er seine Tasche schulterte, mir noch ein letztes Mal ein Lächeln zuwarf und dann zur Tür lief. Er lief zur Tür ohne eine Wort, ohne, dass ich einmal seine Stimme gehört hatte. Mein Herz stockte, als er sich umdrehte.
"Auf Wiedersehen.", lächelte er noch, ehe die Türen aufgingen und er hinaus in den Regen trat, der immer noch anhielt. Auch Minuten später war die Gänsehaut noch da, welche er mir durch seine angenehm tiefe Stimme verschafft hatte. Doch seine Worte ließen mein Herz immer wieder leicht stoppen, wenn ich sie in meinem Kopf wiederholte.
"Auf Wiedersehen."
Es war ein Abschied. Womöglich für immer. Ich spürte einen Regentropfen meine Wange hinunter laufen. Oder war es gar kein Regentropfen?

»Ich wünschte, er hätte nicht "Auf Wiedersehen.", sondern "Bis zum nächsten Mal.", gesagt...«

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