Blogeintrag 20 - Vor "Sager"
Machen wir uns heute doch mal über meine Fehler lustig
Irgendwann in den letzten Blogeinträgen (ich glaube in „Blogeintrag 17 – Das Exposé" – na schön, ich weiß es, weil ich das gerade in meiner Navigationsleiste sehe und mich erinnern kann, dass ich es da erwähnt habe), habe ich gesagt, dass ich euch gerne einmal zeigen möchte, wie sich mein Schreibstil verändert hat. Und da ich nur noch von „Solstice" eine etwas ältere, leider nicht die erste, Version habe, möchte ich das doch gleich anhand dieser demonstrieren.
Zuerst nochmal zur Erklärung für alle, die gerade nur Bahnhof verstehen und bei denen ganz viele Fragezeichen aufploppen (meine Korrektur meint, es heißt „aufpoppen", aber irgendwie klingt das für mich komisch): „Solstice" ist die Rohfassung bzw. die Grundstory zu „Sager".
Die Geschichte existiert seit 2015 und in diesem Jahr (also 2021) habe ich noch vor „Mondsüchtig" da eine Überarbeitung gestartet. Allerdings hatte ich damals noch nicht das Wissen, über das ich aktuell verfüge, und somit glänzt diese Überarbeitung natürlich nicht so, wie meine neuen und die nochmal überarbeiteten Kapitel von „Sager".
Achso, damals habe ich die Geschichte übrigens noch (nach dem Prolog) aus der „Ich-Perspektive" verfasst. Was sich nach der Überarbeitung von „Mondsüchtig" geändert hat. Mir ist erst danach klar geworden, dass ich keinen Bock mehr darauf habe, aus dem „Ich" der Hauptperson zu schreiben.
Ein paar Fakten zu „Solstice", einfach weil ich sie loswerden (ein wenig angeben) will und vielleicht interessiert es euch ja, was sich alles so getan hat:
„Solstice" hat insgesamt 22 Kapitel (inklusive des Prologs und „Ein Jahr zuvor").
Momentan habe ich aus 1x Prolog 2 gemacht, aus 1x „Ein Jahr zuvor" 5 und aus den ersten 3 Kapiteln 10.
Jep, ich habe also wirklich noch viel zu erzählen. Deshalb rechne ich mit mind. 40 Kapiteln insgesamt, wenn nicht sogar mehr. (Es müssten wirklich mehr sein. Vergebt mir, ich bin wirklich schlecht in Mathe.)
Aktuell habe ich bei „Sager" die 100-Seiten (Normseiten)-Marke geknackt und auch schon über 26.000 Wörter geschrieben.
Wenn ich bei „Solstice" die Fortsetzung „Zeitwende", die ich auch noch bis Kapitel 13 geschrieben habe, mitrechne, dann komme ich da insgesamt auf über 50.000 Wörter. Und das ist wohlgemerkt nur die Rohfassung und noch nicht mal abgeschlossen.
Ich habe gestern auch schon scherzhaft zu meinem Bruder gesagt, dass ich 100.000 Wörter anpeile – aber so abwegig klingt das mittlerweile gar nicht mehr. Sondern sogar fast schon realistisch, wenn ich so weitermache. Denn ich bin wohlgemerkt erst bei Kapitel 4 von den 22, die 13 Kapitel der Fortsetzung nicht mitgerechnet natürlich.
So, ich denke jetzt habe ich alles an Fakten abgehakt, und wahrscheinlich versteht spätestens jetzt jeder nur noch Bahnhof, weil mein Geschreibsel heute so durcheinander ist, dass da keiner mehr einen Überblick behält. Freut mich, wenn ihr trotzdem weiterlest. Kommen wir nun zum unterhaltsamen Teil.
Achtung: es könnte etwas lang werden (3.264 Wörter).
In meiner ursprünglichen Version hatte ich noch die Punkte in der wörtlichen Rede bei einem Begleitsatz.
Also so: „Hallo.", sagte er
Damit ihr euch das aber nicht falsch abschaut, und weil es mich kirre macht, habe ich sie entfernt. Meine wörtliche Rede ist dadurch trotzdem nicht richtig. Ihr könnt sehr gerne aufzählen, was ich alles falsch gemacht habe. Es dient einzig der Unterhaltung. Denn nun weiß ich ja, wie man es besser machen kann.
Ich kann also auch darüber lachen. Mann, was ich habe ich da nur für einen Stuss fabriziert... Oh noch etwas: Wortwiederholungen dürfen auch sehr gern gezählt werden! Die zählen nämlich zu meinen Spezialitäten.
Also, hier ist der Prolog aus „Solstice", ich wünsche nun viel Spaß:
„Geschichten sind weitaus mehr als nur Wörter, geschrieben auf einem Stück Papier. Geschichten werden nicht einfach so erfunden. Es hat alles seinen Grund. Es gibt Geschichten über jedes noch so kleine Problem, das jeden von uns bewegt. Jede Geschichte findet irgendwann seine Leser.
Doch stellt man sich vor, was die Menschen mit Geschichten gemacht haben, bevor sie aufgeschrieben wurden. Immer dieselben Geschichten, wurden von Generation zu Generation weitergetragen. Sie haben sich die Geschichten erzählt und wie einen Schatz gehütet. Denn Geschichten sind mächtig. Gelangen sie an die falschen Ohren, so beschwört man sein unausweichliches Schicksal herauf.
Es gibt Menschen, denen wurde es in die Wiege gelegt, zu erschaffen. Nicht mit Fleisch und Blut, nein... mit Worten. Einfachen Lauten. Es war die reinste Art der Magie, die mit der Fantasie der Menschen ihren Ursprung nahm.
Die Gedankenkraft, der Wille, etwas aus seiner Seele zu erschaffen, etwas zum Leben zu erwecken. Zu Fleisch und Blut werden zu lassen. Das können nur sie. Nur sie vermögen über diese Art der Macht. Man nennt sie die Geschichtenerzähler, Erschaffer... oder Sager!
Später wurden sie zu Magiern und Hexen. Ihre Magie blieb nicht rein und voller Leben. Sie wurde trüb, gefährlich, schließlich tödlich. Und unsagbar mächtig. Man könnte sagen, sie haben ihr Schicksal selbst heraufbeschworen. Denn die Geschichten und die Figuren entwickelten mit der Zeit ein Eigenleben. Alles was zum Leben erweckt wird, war und ist wieder der Natur. Nur das was schon besteht, bleibt bei seiner Ordnung.
Mit der Zeit wurden diese Geschichten jedoch zu Sagen. Legenden, die man fürchtete, aber nie bezwang. Wenn man sich nun die Welt ansieht, hätte man das allerdings verhindern können. Man hätte die Brut des Bösen noch im Keim ersticken können. Man hätte es sogar tun sollen. Aber Menschen neigen dazu, das was sie fasziniert, am Leben zu erhalten. Es könnte noch nützlich für sie sein. Und nun stehe ich hier...", er hielt inne und ließ die Worte in der Stille wirken. Kostete die Wirkung, die sie zweifellos heraufbeschworen, voll und ganz aus.
Dann lachte er ungehalten. Tief und über sich selbst amüsiert. „Wow, ich hätte den Geschichtenerzählern eine Ehre gemacht! Ich hätte sie sogar noch übertroffen!... Was meinst du Ferdinand?", fragte er seinen einzigen Zuhörer.
Dieser saß gefesselt an einen Stuhl und konnte sich nicht rühren. Sein Blick huschte hilflos und voller Angst durch den düsteren Raum, der nur von einer Kerze erhellt wurde. Das Gesicht seines Peinigers blieb in der Dunkelheit vor ihm verborgen.
Ferdinand zitterte. Schweiß rann ihm die Schläfen entlang hinunter, rann in seine Augen, sodass er heftig blinzeln musste, um wieder scharf sehen zu können. Er fürchtete sich vor der Dunkelheit. Er fürchtete sich vor dem Lachen aus der Dunkelheit. Das viel zu überzeugt von sich selbst klang.
Wieder lachte der Mann in der Finsternis. „Was meinst du, soll ich dir noch eine Geschichte erzählen? Eine, die schon sehr, sehr alt ist? Bestimmt kennst du sie...", Ferdinand vernahm schwere Schritte, die sich ihm näherten. Sein Herz hämmerte, wenn möglich, noch schneller und angsterfüllter in seiner Brust. Er hatte das Gefühl, es würde gleich zerspringen, weil es den Druck nicht mehr standhielt.
Plötzlich spürte er etwas Kaltes an seinem Nacken. Vor Schreck zuckte er zusammen, woraufhin sich seine Fesseln nur noch enger um seine schon wundgescheuerten Handgelenke zogen. Ein kühler Lufthauch streifte ihn. Ferdinand riss die Augen vor Angst weit auf. Jetzt würde er sterben, das wusste er. Da legte sich eine starke Hand auf seine Schulter. „Mein lieber, lieber Ferdinand! Warum so schreckhaft?", fragte die tiefe, selbstverliebte Stimme amüsiert.
Der Mann genoss es geradezu, dass sein Gefangener eine solche Angst vor ihm hatte. „Weißt du, wie die Geschichte heißt?", fuhr er dann fort. Ferdinand zeigte keine Regung. Der Mann lachte wieder leise. „Tja, das kannst du auch noch nicht wissen...", stellte er schließlich fest. So sehr Ferdinand sich auch anstrengte, er konnte seinen Gesprächspartner in dem fahlen, schwachen Schein, der Kerze, der einzigen Lichtquelle hier, nicht ausfindig machen.
„Sie muss erst noch erzählt werden!", vernahm er plötzlich ganz nah an seinem Ohr. Wieder zuckte er zusammen. „Zumindest ein Teil davon...", wisperte die Stimme. Am liebsten hätte Ferdinand geschrien, aber sein Mund war mit Klebeband verschlossen worden. Denn die Macht seiner Worte hätten dieses einseitige Gespräch gar nicht erst möglich gemacht. Er ahnte schlimmes. Schlimmeres als den Tod selbst.
„Deshalb werde ich dich am Leben lassen... damit du, zusammen mit deinen Brüdern und Schwestern meine Geschichte erzählen kannst!", sagte der Mann in der Dunkelheit zufrieden. Ferdinand wollte lieber sterben, als dass auch nur ein Wort über seine Lippen kam, die noch etwas grausameres aus diesem Wesen machten, als es schon war.
Er verfluchte seine Entscheidung, den Schutz des Hauses verlassen zu haben, nur wegen einer alten, vergilbten Schriftrolle, die sich nun in der Hand des Bösen befand. Er hatte sein Schicksal mit dieser Entscheidung besiegelt und nun würde er das Schicksal der gesamten Welt mitbestimmen. Sie waren dem Untergang geweiht.
„Die Geschichte des großen Bartholomäus!", der Mann trat mit erhobenen Armen und einer arrogant hoheitsvollen Miene aus der Dunkelheit. In seinen dunklen Augen loderte der Wahnsinn. Er lächelte breit und grausam.
Sein Lachen, hallte noch lange im Raum wider. Dann erlosch die Kerze und Ferdinand sah nichts mehr, außer vollkommener Dunkelheit. Ein Vorgeschmack auf das, was noch auf sie alle zukommen würde...
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(Insgesamt 877 Wörter, nun beträgt der komplette Prolog von „Sager" 2.196 Wörter.)
Ein Jahr zuvor aus „Solstice", auch hier wieder viel Spaß. Ich bin mir sicher, dass ihr hier einen großen Unterschied bemerken werdet (wenn ihr denn meine Geschichte schon gelesen habt):
Es war der Tag der Sommersonnenwende, und es war der Tag, an dem ich vor achtzehn Jahren geboren wurde. Normalerweise schlief ich aus, ich genoss es, mich noch einmal umzudrehen und weiterzuschlafen. Aber heute konnte ich nicht länger schlafen. Ich war wach, noch bevor die Sonne über der Stadt aufging. Es dämmerte bereits, der Himmel färbte sich in zarte orange und rosa Töne, als ich meine Augen aufschlug und hellwach war.
In meinem Schlafsaal befand sich mein Bett genau in der Mitte. Es stand auf dem Symbol der Sonne, das in den hellen Marmorboden gezeichnet worden war. Ringsherum befand sich eine gewaltige Fensterfront, von hier aus konnte ich die ganze Stadt und den Ozean, der sich dahinter erstreckte, überblicken. Es war jeden Tag ein atemberaubender Ausblick.
Ich stand auf. Mein langes weißes Nachtgewand strich über den kalten Marmorboden, als ich an die Fensterfront trat. Meine Füße fühlten sich kalt an, der Rest meines Körpers war jedoch warm. Die Stadt, unterhalb des Königspalastes glitzerte im aufgehenden Sonnenlicht. Ganz langsam und majestätisch erhob sich die Sonne über die Stadt. Sie leuchtete wie ein glühender Feuerball im dämmrigen Morgenlicht. Und jedes Mal, wenn ich dies so sah, jagte es mir einen Schauer über den Rücken - es löste ein Gefühl der Unterwürfigkeit in mir aus. Die Sonne war mächtig. Ihre Kraft war schon immer das Mächtigste auf der Erde.
Die ersten Sonnenstrahlen schienen mir ins Gesicht. Heute war der Tag der Sommersonnenwende. Das hieß, der Tag, an dem die Sonne am längsten im Laufe des Jahres schien. Und das hieß auch, dass das gefeiert werden musste. Zumindest für mein Volk, für das Volk meiner Eltern. Auch das Volk der Dunkelheit würde eingeladen sein. Wie jedes Jahr feierten die beiden Völker Sommersonnenwende und Wintersonnenwende zusammen...
Und ganz plötzlich schlich er sich in meine Gedanken. Er war einer von ihnen. Und an ihn hatte ich mein Herz verloren...
Ich sah ihn bereits vor mir, seine hochgewachsene, schlanke Gestalt. Die dunkle Kleidung, er trug schwarze Hosen, ein schwarzes Hemd und darüber einen langen schwarzen Umhang, der ihn in Schatten tauchen konnte. Seine blasse Haut. Die markanten Gesichtszüge, die ich überall wiedererkennen würde. Seine unglaublich dunklen blauen Augen. Seine kurzen pechschwarzen Haare. Er war perfekt, aber er lächelte selten. Bis jetzt hatte ich ihn nur in meiner Nähe lächeln sehen, wenn es keiner bemerkte. Er war mir jedoch verboten. Hell und Dunkel durften sich niemals vereinen, das war Gesetz.
Aber die besten Liebesgeschichten waren doch die, die verboten waren... wie einst Romeo und Julia. Eine meiner Lieblingsgeschichten. Bis auf das Ende natürlich, das ist tragisch.
. . .
Es ging auf den Abend zu, als es an meiner Tür klopfte und Julianna eintrat. Wie alle Bediensteten, trug auch sie ein knielanges weißes Gewand. Ich besaß ebenfalls nur weiße Kleidung in meinem Ankleidezimmer. Meine war jedoch wesentlich wertvoller und edler als die der Bediensteten.
„Heute Abend werdet ihr die Schönste im ganzen Palast sein, das verspreche ich euch", meinte Julianna und lächelte mich dabei etwas schüchtern an. „Das will ich doch wohl hoffen! Sonst bist du demnächst meine Zofe gewesen...", murmelte ich, um sie ein bisschen zu ärgern. Wie erwartet, zuckte sie bei diesen Worten kurz zusammen, dann straffte sie ihre Haltung wieder und führte mich in das Badezimmer nebenan. Dort hatte sie bereits heißes Wasser in die Badewanne einlaufen lassen.
Nachdem ich gewaschen war, hüllte sie mich in einen weichen weißen Bademantel und führte mich zu dem Stuhl vor der Frisierkommode. Mit geschickten Fingern steckte sie mir die noch feuchten Haare zu einer komplizierten Hochsteckfrisur zusammen. Zum Schluss zog sie an den Seiten noch jeweils eine Strähne heraus, die in sanften Locken mein Gesicht umrahmten. In dem Spiegel vor mir, sah ich mir in die Augen. Sie veränderten ständig die Farbe. Sie schienen alle Farben zu besitzen als konnten sich nicht recht für eine von ihnen entscheiden...
Julianna führte mich in mein Ankleidezimmer, dort suchte sie mein Sommersonnenwendkleid heraus. Es war weiß, spitzenbesetzt und bodenlang. Der tiefe Ausschnitt und der freie Rücken, ließen viel von meiner Haut aufblitzen. Es umschmeichelte meine schlanke Figur perfekt. Schließlich stellte Julianna noch meine Schuhe vor mir auf den Boden, es waren hohe weiße Sandaletten. Und sie waren zum Glück bequemer als sie aussahen.
Als ich fertig eingekleidet war, stellte ich mich vor einen großen Spiegel im Ankleidezimmer. Ich runzelte die Stirn, etwas fehlte... Als Julianna meinen tadelnden Blick im Spiegel bemerkte, schnappte sie erschrocken nach Luft. Ihre Wangen wurden erst blass, dann feuerrot. Ohne, dass ich etwas sagen musste, hastete sie aus dem Raum.
Kurz darauf kam sie mit einer kleinen Schatulle zurück. „Euer Diadem", sagte sie mit immer noch feuerroten Wangen. Sie hob es vorsichtig und mit einem ehrfürchtigen Funkeln in den Augen aus der Schatulle. Behutsam legte sie es mir anschließend um die Stirn. Es war aus filigranem Silber gearbeitet, in seiner Mitter war ein weißer Kristall eingelassen, der meine Augen zum Leuchten brachte.
Ich drehte mich einmal vor dem Spiegel. Und mit einem kleinen Lächeln um die Lippen sah ich Julianna durch den Spiegel an, die stumm auf eine Antwort von mir wartete. „Danke, Julianna", sie strahlte mich erleichtert an. Mit diesen Worten entließ ich sie und machte mich auf den Weg zum Thronsaal meiner Eltern.
. . .
Im Thronsaal herrschte schon reges Treiben. Die Bediensteten brachten alles auf Hochglanz. Diverse Speisen wurden an die große Tafel gebracht, für das große Festmahl. Meine Eltern liefen unruhig im Saal herum und beaufsichtigten das Chaos, das sich vor meinen Augen abspielte.
Auch im Thronsaal bestand alles aus Marmor und Kristallglas, wie im restlichen Palast. Von den Fenstern aus, konnte man die ganze Stadt überblicken, nun glitzerte sie in der Abendsonne, die immer tiefer sank.
Meine Mutter begegnete meinem Blick, sie lief sogleich zu mir hinüber. Wie alle hier im Palast war auch sie ganz in Weiß gekleidet, ihr Kleid war das Prächtigste von allen und es war mit reinen Goldfäden bestickt.
„Ravianna, Liebling", sie streckte mir die Hand entgegen, ich nahm sie an. Meine Mutter führte mich zum einen Ende der langen Tafel. „Heute ist dein Tag! Sieh dich an, du wirst von Jahr zu Jahr hübscher!", sie lächelte mich liebevoll an und strich mit einer Hand sanft über meine Wange. Ihre Fingerspitzen hinterließen eine heiße Spur auf meiner Haut. In ihr steckte die Kraft und Magie der Sonne.
In mir sollte ebenfalls eine solche Kraft schlummern, sie hatte sich nur noch nicht gezeigt. Meine Eltern meinten, das würde erst an meinem achtzehnten Geburtstag passieren. Ich wurde heute siebzehn, es würde also noch ein Jahr dauern. Das hieß auch, dass mir nur noch ein Jahr in Freiheit blieb. Denn mit Erreichen der Volljährigkeit und dem Auftreten meiner Macht würde ich verheiratet werden...
Plötzlich klopfte es an den großen Flügeltüren zum Thronsaal und einer der Bediensteten trat ein. „Eure Majestäten, der König und das Gefolge des Dunklen Reiches sind eingetroffen", verkündete er mit lauter Stimme. Mein Vater nickte ihm knapp zu. „Lasst sie eintreten", befahl er und trat von seinem Platz aus zu uns. „Eure Majestäten, der Dunkle König und der Prinz", äußerte der Bedienstete.
Wenig später trat der König des Dunklen Reiches ein. Der König war die pure Eleganz und Dunkelheit in Person. Schatten schienen um ihn herum zu wabern, während er uns mit der Geschmeidigkeit eines Panthers entgegenschritt... und gleich nach ihm, wie eine jüngere Version von sich selbst, erschien der Prinz.
Allein sein Aussehen ließ mein Herz schneller schlagen. Sein Blick traf den meinen. Doch seine Augen streiften mich nur kurz. Ich fühlte mich wie elektrisiert. Mein Herz schlug auf einmal noch schneller. Ich wich seinem Blick aus, als ich ihm meine Hand reichte, die er elegant an seine kühlen Lippen führte. Denn wenn ich ihm jetzt in die Augen gesehen hätte, hätte ich mich nur schwer zurückhalten können...
Nach dem König traten auch noch andere des Dunklen Volkes ein. Es waren hauptsächlich Adelige, alle hatten sie eine dunkle, schattenbehaftete Aura. Ich musste mit meinen Eltern zusammenstehen und jeden einzeln begrüßen. Nach und nach füllte sich der Saal. Auch die Bewohner der Stadt waren eingetroffen und nahmen nun an der großen Tafel Platz.
Als wir auch die letzten Gäste persönlich in Empfang genommen hatten, folgte ich meinen Eltern zum einen Ende der langen Tafel. Und bevor jemand nach dem Essen greifen konnte, nahm mein Vater ein Messer zur Hand und ließ es kurz gegen sein Weinglas klirren. Er sah sich im Thronsaal um, es wurde plötzlich still. Mein Vater strahlte in diesem Moment eine ungeheure Macht aus.
„Heute Abend haben wir uns hier versammelt, um die Sommersonnenwende zu feiern! Ebenso den siebzehnten Geburtstag meiner geliebten Tochter", er machte eine kurze Pause, in der alle Augen auf mich gerichtet waren und mein Vater mich liebevoll anlächelte. Dann erzählte er, wie jedes Mal, wie es dazu gekommen war, dass Hell und Dunkel in Frieden miteinander lebten. Und dass das immer so bleiben sollte. „Ich eröffne hiermit das Festmahl", fügte er noch hinzu. Dann nahm er wieder Platz und lautes Stimmengewirr setzte ein. Jeder griff beim Buffet ordentlich zu.
Immer wieder, während des Festmahls, sah der Prinz zu mir hinüber. Er lächelte nicht, er sah mich einfach nur an. Sehr intensiv. Es jagte mir einen Schauer über den Rücken. Sowohl vor Aufregung, als auch vor Angst, denn wenn er mich so ansah, wirkte er so unnahbar und verschlossen.
. . .
Nach dem Festmahl wurde die Tafel zur Seite geräumt und Musik setzte ein, es war Zeit zum Tanzen. Ich stellte mich in eine Ecke des Saals und sah, wie einige Dunkle welche von den Hellen zum Tanzen aufforderten. Es sah bizarr aus, wie auf einem Schachbrett, wie sich die Hellen mit den Dunklen mischten. Einige kamen auch zu mir, um mir ihre Glückwünsche kundzutun. Und dann stand er plötzlich vor mir, als wäre er aus den Schatten getreten.
Er sah auf mich hinab, nun umspielte ein kleines Lächeln seine Lippen. Eine dunkle Strähne fiel ihm in die Stirn. Meine Atmung setzte kurz aus, jetzt, wo ich ihn aus nächster Nähe betrachten konnte. Er war noch schöner als vor einem halben Jahr. Ich zitterte am ganzen Körper.
Er verbeugte sich vor mir, dann nahm er meine Hand in seine und führte sie erneut an seine Lippen. „Meine herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstag, meine Prinzessin", raunte er mit tiefer, charmanter Stimme. „Darf ich um diesen Tanz bitten?", fragte er und lächelte mich dabei an. Ich schluckte schwer, dann nickte ich leicht. „Selbstverständlich, mein Prinz", entgegnete ich mit bemüht ruhiger Stimme.
Seine Hand fühlte sich leicht kühl in meiner an, als er mich zu den anderen Tanzenden führte. Er legte mir seine andere Hand um die Taille und zog mich eng an sich. Mein Herz machte einen Satz. Er sah mir tief in die Augen. Da, wo seine Finger mich berührten, kribbelte meine Haut. „Ihr seht wunderschön aus, meine Prinzessin", raunte er mir zu, sein Mund war nahe an meinem Ohr. Er sprach, wie man es von ihm verlangte. Höflich und distanziert. Aber alles andere ließ mich weich werden in seinen Armen. Sein leicht kühler Atem strich über meinen Hals. Ich bekam eine Gänsehaut. „Danke, mein Prinz. Ihr seht ebenfalls gut aus", erwiderte ich, wie man es ebenso von mir erwarten würde.
Ich musste an letztes Jahr denken, genau vor einem Jahr hatte alles begonnen. Er hatte zum ersten Mal seinen Vater zur Sommersonnenwendfeier begleitet. Und da hatte er mich ebenfalls zum Tanzen aufgefordert. Wir kamen ins Gespräch und ständig sahen wir uns in die Augen. Ich fühlte mich unendlich stark zu ihm hingezogen.
Es war, als würde ein Magnet in mir stecken, der mich immer näher zu ihm trieb. Auch jetzt. Ich holte tief Luft. Der Prinz wirbelte mich herum. Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch, als er mich wieder anlächelte. Es war nur ein kleines, verhaltenes Lächeln, doch es ging mir durch Mark und Bein. Ich vergaß alles und jeden um uns herum - es gab nun nur noch ihn und mich.
Während wir tanzten, führte er mich immer weiter zu einer Seitentür, die beinahe nicht zu erkennen war, in dem hellen Marmor. Keiner um uns herum bekam etwas mit, als wir lautlos durch die Tür verschwanden...
Das Stimmengewirr und die Musik wurden etwas abgedämpft. Der Prinz drückte mich sanft gegen die kühle Wand. Er stemmte seine Hände rechts und links neben meinen Schultern an die Wand. Sein Blick bohrte sich in meinen. Sein kühler Atem strich über mein Gesicht als er leise raunte: „Ein ganzes halbes Jahr", er sah mich sehnsuchtsvoll an. „Ein ganzes halbes Jahr musste ich auf diesen Augenblick warten... du bist so schön, Ravianna", er raunte meinen Namen wie eine Liebkosung. Ich hielt den Atem an. In meinem Bauch tanzten die Schmetterlinge wie verrückt. „Oh Damian", wisperte ich.
Lange standen wir so da und sahen uns nur an. Ich verlor mich in seinen unendlich dunklen Augen. Er fuhr mir mit seinen Fingerspitzen über meine Wange und meinen Hals, dabei hinterließ er eine feurige Spur, obwohl sie eigentlich kalt war. Denn seine Macht war die Kälte und die Dunkelheit. Seine Finger fuhren weiter über meinen bloßen Rücken, ich bekam eine Gänsehaut. Er schlang seine Arme um meine Taille und zog mich eng an sich. Dann küsste er mich.
Seine Lippen lagen federleicht auf meinen. Vorsichtig, abwartend. Mir entfuhr ein leiser Seufzer, daraufhin küsste er mich leidenschaftlicher, drängender. Unsere Zungen verschmolzen miteinander, wir atmeten dieselbe Luft. Ich fühlte mich wie in Watte gehüllt. Wir passten so perfekt zusammen, warum durften wir es dann nicht? Warum musste ich einen Adeligen von meinem Volk heiraten? Das Helle und das Dunkle Volk waren doch nicht verfeindet, es brachte mich schier um den Verstand.
Der Kuss verging viel zu schnell. Als er sich von mir löste, waren seine sonst so blassen Wangen leicht rosa. Seine Augen leuchteten sehnsüchtig. „Wir müssen zurück, sie werden es sonst merken", raunte er. Ich schüttelte heftig den Kopf. Ich griff nach seinen Händen. „Nein! Wir können weglaufen, einfach verschwinden! Damian lass uns von hier abhauen! Hier können wir niemals zusammen sein...", flüsterte ich mit drängender Stimme.
Lange sah er mich nachdenklich und mit gerunzelter Stirn an, als würde er es tatsächlich in Erwägung ziehen. Dann schüttelte er seufzend den Kopf. „Du weißt genau wie ich, was für eine irre Idee das ist", meinte er. Ja, natürlich wusste ich das... ich wollte es mir nur nicht eingestehen. Viel zu groß war der Wunsch bei ihm zu sein...
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(Insgesamt 2.387 Wörter, nun beträgt Ein Jahr zuvor in „Sager" Teil 1 und Teil 2 in meinem Manuskript, bzw. die 5 Kapitel auf Wattpad 7.789 Wörter.)
Puh, jetzt hoffe ich natürlich, dass ihr noch da seid.
Welche Wortwiederholungen kamen besonders häufig vor?
Und könnt ihr nun nachvollziehen, warum ich mich für den personalen Erzähler in der dritten Person (Er/Sie-Perspektive) entschieden habe?
Könnt ihr eventuell auch nachvollziehen, dass ich in diesem katastrophalen Text Potenzial gesehen habe?
Und wie viel kam euch allgemein noch bekannt vor?
Ja, der Blogeintrag ist jetzt allein schon wegen meinen Texten so lang, da möchte ich ungern noch mehr erzählen. Ich hoffe, ihr konntet einen Einblick erhalten, wie mein Schreibstil noch Anfang des Jahres (2021) aussah.
Eins fällt mir gerade noch ein, und zwar die Cover. Die würde ich euch noch gerne zeigen. Also, nur die Cover, die ich auch wirklich verwendet habe, sonst würde das nämlich den Rahmen sprengen. (Ich habe wirklich sehr viele verschiedene Cover zu „Solstice" aber auch zu „Sager" gemacht, und glaubt mir, ihr wollt die alle gar nicht sehen.)
Jetzt kann ich nur noch sagen: Das ist alles Übungssache, und man muss den Willen haben, etwas zu verändern. „Von nichts kommt nichts", wie ich schon irgendwo mal geschrieben habe (diesmal kann ich mich aber wirklich nicht mehr erinnern, wo genau).
Soll heißen, wenn ich es geschafft habe (etwas zu verändern, zu verbessern), dann ihr erst recht.
Habt immer im Hinterkopf: Schreiben ist ein Handwerk, das man erlernen kann.
Das 1% Talent, das einen Bestsellerautor von einem stinknormalen Autor abhebt, darauf solltet ihr am Anfang, und auch sonst nicht, wirklich nicht achten. Das macht einen nur verrückt und führt zu Selbstzweifeln. Wer damit letztendlich gesegnet ist, das liegt eigentlich auch immer im Auge des Betrachters. Schließlich hat nicht jeder den gleichen Geschmack.
In diesem Sinne wünsche ich euch noch einen wundervollen Tag. Wir lesen uns im nächsten Blogeintrag!
So, 03.10.2021, 16:00 Uhr, Sam Jackson
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