Mal wieder Träume

Ich erwachte in einem Traum. Nicht schon wieder erst mitten am Tag einschlafen und dann. Ich schaute mich um. Ich war in dem Keller vom Anfang, nur schlief Lisa nun darin. Ich schaute mich nach irgendwas um. Die Tür knallte auf und Melcon war dort. Melcon stand ruhig da, die kalte, unbarmherzige Aura, die ihn umgab, ließ den Raum wie ersticken. Kein Funken von Nervosität oder Wut war in seinem Auftreten zu spüren. Alles an ihm strahlte eine unheimliche Beherrschung aus, als ob er nicht nur die Situation, sondern auch die Menschen um sich herum vollkommen kontrollierte. Seine Augen funkelten in einem düsteren Blau, als er Lisa betrachtete, die noch immer in einem tiefen Schlaf gefangen war.

„Du hast keine Ahnung, warum du hier bist, Lisa", flüsterte er sanft, aber in seiner Stimme lag eine unerbittliche Kälte.

Er trat näher an sie heran, die Bewegungen so präzise und ruhig, dass es fast wie eine choreografierte Darbietung wirkte. Alles an ihm war von einer Art kontrollierter, fast übernatürlicher Ruhe durchzogen. In diesem Moment war er der Herr der Situation, und es war klar, dass er sich nicht von irgendetwas oder irgendjemandem stören ließ.

„Du bist nur ein leichter Schaden, Lisa", sagte Melcon, als er sich über sie beugte und ihr Haar mit einer Hand sanft strich. „Ein Werkzeug, um deine Familie zu erpressen."

Seine Hand fuhr weiter, ergriff mit unvorstellbarer Präzision ihren kleinen Finger und hielt ihn so fest, als würde er einen zerbrechlichen, aber wertvollen Gegenstand in den Händen halten. Lisa, die in ihrem Traum gefangen war, konnte sich nicht wehren. Ihre Augen blinzelten leicht, aber sie blieb regungslos.

„Es tut mir leid, aber das musste sein", sagte Melcon ruhig. Er sah nicht einmal auf, als er mit einer fast beiläufigen Bewegung den Finger von ihrem Handgelenk löste.

Er beugte sich weiter über sie, als ob er in ihrem Innersten lesen könnte, und in seinem Blick lag eine fast spöttische Ruhe. „Du bist nur ein Spielzeug, Lisa, und du wirst dich in diesem Spiel nicht wiedererkennen. Deine Familie hat mir nie das gegeben, was ich wollte, aber du... du bist der Schlüssel. Und du wirst mir endlich das bringen, was mir zusteht."

Sie schrie auf und hatte unsagbare Schmerzen. Sie schaute erschrocken und furchtbar gequält.

Dann trat er einen Schritt zurück, und die Luft im Raum schien sich wieder zu entspannen, als ob nichts geschehen wäre. Kein Zeichen von Aggression, keine Spur von Unruhe – nur eine erschreckende Kontrolle, als ob er mit einem einzigen Blick alles beherrschen könnte. Doch bevor er rausging, sah ich auf seine Uhr: 18:46 am 02.11. Und ich schreckte auf durch ein Klopfen auf.

Finn kam rein. „Alles okay? Du hattest geschrien?" Ich blinzelte. „Welchen Tag haben wir heute und wie viel Uhr ist es, Finn?" fragte ich ihn schnell.

„Heute ist der 02.11. und" – er holte sein Handy raus – „16:39."

Ich atmete erleichtert aus. „Was ist denn los?"

„Hatte einen schrägen Traum. Würde Melcon eigentlich jemanden den Finger abhacken?" Diese Frage... aber irgendwie traute ich ihm das, der so liebevoll war in manchen Momenten, nicht zu.

„Ich weiß nicht", gestand Finn ehrlich. „Aber wie kommst du drauf?"

Ich schaute weg. „Nicht so wichtig." Mein Herz raste immer noch von gerade eben, und meine Hände zitterten.

„Bist du sicher, dass alles gut ist?"

Ich nickte leicht, doch als ich sein Gesicht sah mit den gleichen Augen und Gesichtszügen, konnte ich nicht anders. Mein gelbes Licht kam für mich in Zeitlupe aus meinen Händen und flutete den ganzen Raum mit grellem Licht. Ich kniff meine Augen zu. Das Licht blendete mich, und es fühlte sich an, als würde ich damit mich selbst aussaugen. Ich sackte auf den Boden. Von Finn hörte ich nichts und konnte nichts sehen.

Was, wenn ich ihn verletzt hatte? Oder schlimmer, wenn er tot war? Ich wollte niemanden umbringen. Ich wollte, dass es aufhört, doch es stoppte nicht, und alles wurde schwarz.

Ich war auf der Wiese, die Melcon mir gezeigt hatte. Jedoch war es bewölkt. War das etwa ein realer Ort gewesen?

Ich sah zwei Personen in der Ferne. Als Erstes konnte ich Nolan erkennen. Neben ihm lief ein Mädchen, ich konnte es nicht erkennen. Aber ich hörte ihr Gespräch deutlich. Was überhaupt keinen Sinn machte.

„Was bedrückt dich, meine geliebte Mariam?" fragte Nolan, seine Stimme so weich, dass es fast schmerzte.

Ich stolperte innerlich, mein Name hallte wie ein Echo in meinem Kopf. Mariam. Das war ich. Doch das Mädchen neben ihm – war sie jemand anderes mit demselben Namen? Nein, irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht.

Ein Zittern durchlief mich, als sich etwas in meinem Inneren rührte, eine Erinnerung, die ich nicht greifen konnte, wie ein Schatten, der immer wieder aus meinem Blickfeld glitt. Was war hier los?

Das Mädchen erkannte ich jetzt auch deutlich. Sie sah mir sehr ähnlich, jedoch war sie anders gekleidet, und ihre Frisur war anders. Ihre Kleidung wirkte so altertümlich, wie aus einer längst vergessenen Ära.

Woher kannte ich diese Kleidung bloß? Dann erinnerte ich mich: Das sah aus wie die Kleidung, die die Leute in diesem Deutschbuch trugen. Kabale und Liebe. Dass der Deutschunterricht doch mal zu etwas gut ist. Aber wieso trugen beide etwas aus dem 18. Jahrhundert? Es war doch das 18., oder? Ja, war's. Das ergibt doch keinen Sinn.

Vor allem dieses Gespräch. Das Mädchen, das so aussah wie ich, sagte leicht zögernd: „Meine Träume. Ich sehe dauernd Sachen. Ich glaube, ich werde verrückt. Und dazu noch alles in einer anderen Sprache."

Das Mädchen fing an zu weinen und schluchzte, jedoch schaute Nolan nur liebevoll und freundlich und nahm sie in den Arm. „Wirst du nicht. Weißt du, es gibt Dinge, die nicht leicht zu erklären sind."

Jetzt waren auch alle Zweifel weg. Das war Nolan. Die Mariam schmunzelte. „Was machst du nur mit mir?"

Nolan lachte. „Was weiß ich?"

Sie rollte mit den Augen. „Dann anders gefragt: Wer bist du? Du bist kein Sklave, kein Bauer, kein Ritter. Du bist kein Adliger. Du gehörst zu niemandem und trotzdem behandeln dich manche mit dem Respekt, den man normalerweise nur vor Königen hat."

Nolan spannte sich an. „Glaubst du an das Übernatürliche?"

Den Rest hörte ich nicht mehr. Ich sollte aufhören, in Ohnmacht zu fallen.

Ich lag auf einem Bett. Jemand hielt mir die Hand, die andere Hand war warm und fest mit meiner umschlungen. Es war Melcons Stimme, die ich knurren hörte: „Anginandaba. KWENZEKANI ku-FINN?" (Es ist mir egal. WAS IST MIT Mariam PASSIERT?)

Mein Kopf wollte explodieren, und mein ganzer Körper fühlte sich schwer an. Was war Melcon egal? Wie es mir ging? Oder was?

Und war Finn schon wieder wach? Dann hatte ich ihn ja doch nicht getroffen. Eine Welle der Erleichterung kam über mich.

„Hhayi-ke angazi, lwavele lwatatazela. Kade enza okuxakile ngaphambili." (Naja, ich weiß es nicht. Sie hatte plötzlich Panik. Sie hat sich davor schon so komisch verhalten.)

„Uma kukhona ongakwenza ngakho, Finn? Angikuniki ukuthi ungubani. Khona ngizokubulala." (Wenn du damit was zu tun hast, Finn? Es ist mir scheißegal, wer du bist. Dann bringe ich dich um.)

„Lass ihn", krächzte ich und öffnete die Augen.

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