XVII: Endlich erlöst
Mein Mund klappt auf. Das ist doch jetzt nicht ihr Ernst oder? Keuchend stemme ich mich im Sand auf, versuche mich hinzuhocken. Ben ist mir da eine willkommende Hilfe. "Wenn du das wagst, Rotschopf, dann bring ich dich um!", schreie ich ihm entgegen.
Doch Shanks hört nicht hin. Er hat andere Probleme. Soll er es wirklich wagen? Wenn er sich nicht den garaus machte, dann stirbt Kioshi. Kioshi, das Mädchen, in der er sich verliebt hat. Und das kann er sich nicht mal vorstellen. Eine Welt ohne sie geht einfach nicht. Da würde er seinen Tod bevorzugen. Seine Schultern verlieren ihre Anspannung, seine angespannte Angriffsposition lockert sich. Das Wesen grinst thriumphierend. "Also liebst du sie doch", schlussfolgert sie. Shanks ignoriert sie. Er ist immer noch in einen Zweikampf zwischen seinem Herzen und seinem Verstand verwickelt. Er kann Kioshi nicht sterben lassen, kann seine Crew aber auch nicht alleine lassen. Was wäre er denn bitteschön für ein Kapitän? Zusätzlich will er die Tragödie, die seine Geliebte schon einmal durchmachen musste, nicht wiederholen. Diese Situation ist ein einzig großes Dilemma. Es gibt kein links oder rechts, kein richtig oder falsch. Es gibt aber auch keinen Mittelweg, eine graue Zone. Entweder schwarz oder weiß. Sein Leben oder ihres. Er atmete tief durch. Es gab hier keine richtige Entscheidung.
Ich bemerke seine sich ändernde Körperhaltung und schreie erneut auf. "Das kannst du jetzt nicht ernst meinen, oder?", meine ich wütend. Seine Crew dagegen ist nur leichenblass. Ich kann es ihnen nicht verübeln, wenn sie mich gerade zum Teufel wünschen. "Das würden wir nie", flüstert da jemand kaum hörbar, "also glaub das auch nicht, Yoshi." Mir kullert eine Träne meine Wange hinab. Diese Jungs sind so tollerant! Einschließlich Shanks haben sie mein Leben zum guten verändert.
Entschlossen stehe ich wankend auf. Ich bin bereit zum sterben. Ich habe durch meine Freunde hier ein schönes Leben am Schluss gehabt. Das reicht mir, ich will, dass niemand wegen mir stirbt. Niemand soll jemals wieder wegen mir sterben. Das lasse ich nicht zu! Shanks scheint meine Gedanken erraten zu haben, denn seine Seelenspiegel suchen meine. Ich erwiderte seinen Blick, versuche ihm verstehen zu geben, dass es reicht. Es reicht mir. Ich will diese Sache beenden. "Vergiss es", erhebt er da die Stimme, "Ich lass dich nicht sterben!" Ich erstarre und schüttele verzweifelt meinen Kopf. "Hör auf mit dem Wahnsinn, ich will nicht, dass du wegen mir dein Leben wegwirfst!" "Du bist es wert, dass ich für dich sterbe", erwiedert er mit liebevollem Tonfall meinen verzweifelten Aufschrei. Seine Tonlage entwaffnete mich. Verzweifelt sacke ich wieder in den Sand. "Tu es nicht", wisperte ich, Tränen in den Augen.
Weiter komme ich nicht mehr, denn ein erneuter Schmerz explodiert in meinen Inneren. Ich brülle, werfe mich in den Sand und rolle hin und her. Es hört jedoch nicht auf. Es wird schlimmer. Hilflos müssen meine Freunde mit anschauen, wie das Wesen mich auf brutalste Art foltert. So richtig foltert. Dabei macht diese Schlampe das nur, um Shanks zu eine Entscheidung zu zwingen...Moment mal zwingen? Dem Wesen ist es doch egal, ob Shanks sein Leben wält und das Wesen somit mein Herz zerstört, oder meines und Shanks sich so selbst umbringen muss. Jetzt allerindgs sieht es mir wirklich so aus, als ob sie Shanks dazu zwingt. Man sieht ihn richtig an, wie er mit mir leidet. Er muss mich ja wirklich lieben....nein das ist jetzt nicht wichtig. Ich schiebe den Gedanken von Shanks beiseite und zähle im Kopf alles auf, was ich über das Wesen weiß. Damals, als es mir mein Herz herausriß, da besaß es noch keinen physischen Körper. Es war nur ein blasser Geist. Die Lösung durchfährt mich wie ein Blitzeinschlag. Das ich so einen wichtigen Fakt einfach übersehen hatte! Dabei liegt es doch auf der Hand. Meine Augen suchen angstrengt diese von Shanks um ihn meine Erkenntnis irgendwie mitzuteilen, doch der betrachtet leichenblass sein Schwert. Nein, es gibt nur einen Weg, um das Wesen zu töten, du Depp! Und selbst wenn du dich umbringst, sterbe ich auch!, dachte ich, in der Hoffnung, ihm würde es noch einfallen.
Doch machen kann ich trotzdem nichts, als er sein Schwert hebt und es sich schon in sein Herz rammen will.
Mein Ruf hallt mir im Ohr als ich plötzlich ganz deutlich das knallrote Band erkenne, dass mich mit Shanks verbindet. In meiner Not klammere ich mich an diese eine Verbindung, wie an einen Rettungsanker. Ich tauche mit meinen Geist hinein, mit dem Wunsch, Shanks Bewegung zu stoppen. Und auf einmal befinde ich mich in seinen Körper. Ich dränge seine Kontrolle darüber in eine Ecke, stoppe dann seinen eigenen Hieb und ziele stattdessen auf das Wesen, gehe von meiner eingefallenen Theroie in die Praxis über. Und ich spieße das Herz - mein Herz - sauber mit Shanks Schwert auf.
Ich spüre den hallenden Schmerz in meinen entfernten Körper, spüre, wie ich mich von dieser Welt loslöste. Doch vorher beobachte ich mit Genugtuung, wie das Wesen sich vor schmerzen wandt. Meine Theorie stimmt also. Sie existiert nur als verfluchter Geist, auf ewig verdammt in dieser Welt zu verweilen. Durch meinen Herzschmerz, damals bei Ame, konnte sie - wie auch immer - mir mein Herz stehlen und somit einen physischen Körper annehmen, in diesem sie unmengen an Kraft scheffelte. Auch durch mich. Sie hängte die ganzen Jahre ihre Existenz an mein Herz, wohl wissend, dass ich noch lange, wenn nicht sogar ewig, leben würde. Wenn mein Herz zerstört wird, sterbe also nicht nur ich, sondern ihre komplette Existenz wird ausraddiert. Das nenne ich mal eine willkommende Wende der Ereignisse.
Zum Schluss wappert ein schwarzer Nebel um das Wesen. Dieser Nebel zog sie in einen Strudel, bis sie schlussendlich von dieser Welt verschwindet. Ich spüre, wie sich das Band zwischen uns löste. Ich werde regelrecht aus Shanks Körper hinausgezogen. Aber nicht in meinen Eigenen. Nein, der war schon tot. Als weißer, aus nebelbestehender Geist, fahre ich aus Shanks, der keuchend zu Boden geht. Tränen kullern ihn über sein Gesicht, verzweifelt blickt er zu mir auf. "Das war die einzige Lösung", erkläre ich ihm. Mein Blick geht zu meinen Körper, der von einem traurig aussehnden Ben gehalten wird. Die Hörner, Schwanz, Flügel und alles drumherum sind verschwunden. Mein Körper nahm stattdessen das Aussehen von früher an. Liebevoll betrachte ich mein eingenes Ich. Lange hatte ich es nicht mehr gesehen, und jetzt endlich, kurz bevor ich zu Ame gehe, durfte ich es noch mal anschauen. Schön war ich gewesen. Wunderschön.
Ich wende mich dem Meer zu, spüre, dass ich nicht mehr lange hier bleibe. Endlich erlöst. Ich bin endlich erlöst.
"Geh nicht", vernehme ich da ein wispern, jemand packt mein Handgelenk. Zuminest versucht Shanks es, gleitet jedoch durch den Nebel hindurch. Mein Blick wird weich. "Ich muss." Er schüttelt den Kopf. "Musst du nicht", sagt er trotzig. Ich kichere. "Ach Shanks, mein geliebter Shanks." Gut, jetzt werde ich wirklich schnulzig, aber ich habe das recht dazu! Er sieht auf. Ich lehne mich vor, berühre mit meinen Lippen die seinen. "Ich liebe dich", flüstere ich, dann schwebe ich weg.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top