Cali
Langsam tanze ich von hinten auf sie zu. Eben wie jeder andere hier im Saal schwingt sie ihre Hüften im Akt und fühlt einfach die Musik. Der Bass geht durch ihren ganzen Körper und ich finde sie auf anhieb sympathisch, obwohl ich nicht einmal ihr Gesicht gesehen habe.
Plötzlich dreht sie sich um und ich schaue in ein Paar äußerst hübsche Augen. Sie winkt mir zu und lächelt schief. Kurz drehe ich meinen Kopf zu Vincent, alleine steht er an der Bar und beobachtet mich etwas müde.
Auch ich winke ihr zu und deute an, dass sie doch mit mir kommen soll. Das Mädchen folgt mir. Ihr Blick fällt auf Vinc, es ist eindeutig das wir gemeinsam da sind, den als wir nahe beinander sind, nickt er und schaut zu uns hoch.
"Seid ihr Deutsche?", schreit sie gegen der hämmernden Bass. Die Wahrscheinlichkeit war winzig, vielleicht eine zu einer Million oder vielleicht auch viel mehr. Aber sie hat Recht und wir nicken gleichzeitig.
"Ich bin Cali", stellt sich das Mädchen vor und offenbart uns ein strahlend weißes Lächeln. Nacheinander hält sie uns eine Hand hin, welche zuerst ich und dann Vincent schütteln.
Ihre glatten schwarzen, oder jedenfalls sehr dunklen Haare fallen ihr bis zur Hüfte, vereinzelte Strähnen hatten sich in ihre Gesicht geschlichen. Ihr Lächeln hat eine Mischung aus Frechheit, Zärtlichkeit und außerdem etwas, was ich nicht wirklich beschreiben kann, vielleicht etwas eigenartiges und geheimnisvolles.
Vincent setzt sich auf den Hocker neben ihr an der Bar und gelassen nehme ich den Platz neben ihm ein.
"Vinc", stellt nun auch er sich vor. Er lächelt sie an und reicht ihr eine Hand. Es versetzt mir einen Stich. Ich habe die beiden miteinander bekannt gemacht und nun bin ich das dritte Rad. Ich kann nicht einmal sagen ob ich will das sie ihn mag. Soll sie mich mögen?
"Fynn", ergänze ich. "Weiß ich doch", sagt Cali und schaut kurz über Vincent hinweg, winkt aber einfach nur kurz ab. Währenddessen versucht Vincent die Aufmerksamkeit des breitgebauten Barkeepers zu bekommen, vergeblich. Im stets wechselnden Licht der Bar, erkenne ich nicht viel als ich Cali anschaue, aber sie ist hübsch.
Als sie Vincents vergebliche Versuche bemerkt, schnippst sie einfach zweimal mit den Fingern und ruft: "Hey Nico! Wir wollen bestellen!" Sofort dreht der bärtige Mann sich zu uns um. Genervt und etwas peinlich berührt grinst Vincent die Frau neben uns.
Wie ein Schoßhund dackelt Nico auf uns zu, halb verliebt schaut er sie an und lächelt. Doch dann bemerkt er mich und Vincent und beinahe sofort versteinert sich seine Miene. "Was denn?!", blafft er mich an. Ich kann nicht bestellen, wird mir in diesem Moment klar - Nicht einmal in Deutschland! Dort hat Vincent es immer für mich gemacht. Obwohl, trinken an sich sollte ich auch nicht. Wie schon so oft verfluche ich den Krebs in meinem Herzen und werde von einem leichten Zwicken und Ziehen bestraft. Ich zische leise auf.
Die anderen bemerken nichts. "Drei Bier für mich und meine Freunde", erklärt Cali, "Und ja nicht in der Dose, ich will ein richtiges Bier!" Zeitgleich, als er ihr sein Gesicht zuwendet, ändert sich seine Mimik. "Natürlich Cali", sagt er sanft, "Du willst doch wieder so ein richtig deutsches Bier!" Schon dreht er sich einigen anderen Gästen zu, die schon längst auf eine Bedienung warten.
"Wie alt bist du?", wage ich es endlich sie anzusprechen. "Ich bin einundzwanzig und ihr?", sie legt eine kurze Pause ein, "Lasst mich raten, ihr seid achtzehn? Vielleicht neunzehn?" "Genau getroffen!", erwidert Vincent. Er lehnt sich an die Bar und versperrt mir so noch mehr den Blick. "Aber was sagt das Alter schon über uns aus?", fragend schaut sie umher, "Am Ende sterben wir sowieso alle."
Und manche von uns viel zu früh...
"Wie lange bist du schon in Amerika?", erkundigt auch Vincent sich. Cali dreht sich von mir weg und lächelt meinen Freund an. Ich knirsche mit meinen Zähnen. Ich weiß, zwischen mir und ihr wird es niemals etwas geben. Es gibt viele Gründe dafür und das ist nicht nur meine Krankheit, aber ich will mit ihr reden!
Cali ist so sympathisch, sofort auf den ersten Blick! Sie ist nett, hilfsbereit und süß, all das konnte sie mir innerhalb der letzten Minuten beweisen. "Fast ein Jahr lang, ich habe einen Austausch gemacht und bin auf eine Schule in Washington gegangen. Die letzten drei Monate wollte ich frei verbringen und seitdem Pendel ich rum", sie seufzt sehnsüchtig, "Nur noch zwei Monate und ich würde hier am liebsten für immer bleiben..."
Nico stellt die drei Bier vor uns ab, leicht kippt der, sowieso schon beinahe vollständig fehlende Schaum über und verteilt sich auf dem Holz. Ich reise meine Arme hoch und will mich beschweren, aber schon wendet er sich von uns ab.
Und dann trinken wir.
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