Geschenk aus dem Jenseits
Es dauerte gefühlte Stunden bevor mein Vater endlich wieder kam. Ich war sehr ungeduldig und hatte ein mulmiges Gefühl. Doch auch wenn mich die Kraft in meinen Beinen langsam verließ, wollte und konnte ich mich nicht, vor Aufregung, setzen. Als Charles den Raum betrat verstummten abrupt alle Gespräche, die sich gebildet hatten um die Situation zu entkrampfen. In seiner linken Hand hatte er eine Schatulle bezogen mit Samt, wobei das Samt lila, fast blau war. Ich erinnerte mich sie einmal in Moms Schmucksammlung gesehen zu haben:
,,Momy, ich hab Hunger!" Mom drehte sich zu mir um. Sie lächelte traurig: ,,Ich weiß Liebling, ich mache uns beiden sofort etwas zu essen." Ich schüttelte den Kopf: ,,Aber du musst Dady auch was machen, er kommt bald nach Hause!" Mom schüttelte den Kopf: ,,Nein mein Liebling." Sie kniete sich vor mich und strich mir durch mein Haar: ,,Dady kommt nicht wieder, er wird vermisst. Du weißt doch das wir ihn schon ganz lange suchen?" Ich nickte: ,,Ja, aber Dady kommt bald nach Hause, er hat es mir versprochen!" Mom sah ängstlich aus: ,,Wann hat er es dir versprochen süße?" Kurz überlegte ich: ,,Bevor er zur Arbeit gegangen ist." Nun sah Mom wieder traurig aus: ,,Gut süße, komm wir gehen etwas Essen, ich hole nur schnell noch meine Uhr." Mom stand auf und ging zurück an ihren Schrank. Ich folgte ihr und sah wieder den vielen Schmuck. Neben Moms Uhr lag wieder die lila Schachtel: ,,Momy, wann darf ich sehen was in der Schachtel ist?" Sie lachte und nahm mich auf den Arm: ,,Wenn du alt genug bist. So und jetzt gehen wir etwas Essen, worauf hast du den Hunger?" Ich jubelte: ,,Nudeln!" Mom lachte: ,,Aber Nudeln hatten wir doch Gestern schon, was hällst du von Pfannkuchen?" Eifrig nickte ich: ,,Jaaa!"
Die Erinnerung war so deutlich, das es erst hätte Gestern sein können. Und doch waren die Bilder im Vergleich zu meinen Vampiraugen unscharf. Draußen stürmte es. Aus meiner Trance gerissen sah ich die anderen an, alle ausser Edward sahen mich fragend an: ,,Du hast wieder meine Gedanken gelesen!" Anklagend sah ich ihn an, er hob sofort abwerend die Hände. Noch ehe er etwas sagen konnte, tat dies Jamie: ,,Ich bat ihn darum. Als du die Schatulle sahst warst du auf einmal wie versteinert und fielst um. Du hast nicht auf uns reagiert und dich nicht einen Millimeter bewegt. Und dann fingst du an zu schlurzen, ich habe mir einfach nur Sorgen gemacht und die anderen auch!" Ich nickte und sah in die Runde, mein Vater kniete neben mir, während mein Kopf auf Jamies Schoß lag. Die anderen standen in einem Halbkreis um uns herum, doch die Schatulle konnte ich nirgends sehen. ,,Sie liegt neben Lucy, neben deinem Kopf." Edward deutete fast hinter mich. Mühsam setzte ich mich auf und drehte mich leicht um. Dort lag sie, die geheimnisvolle Schatulle meiner Mutter. Vorsichtig nahm ich sie in meine Hand, bevor ich sie öffnete sah ich zu meinem Vater. Er lächelte: ,,Es ist ein sehr altes Erbstück, deine Mutter bekam es zu unserer Verlobung. So wie alle Frauen in ihrer Familie davor, so war der Brauch. Eigentlich muss die Mutter sie überreichen, aber in diesem Fall kann sie es ja leider nicht." Er sah mir traurig in die Augen, mühsam löste ich den Blickkontakt und öffnete die Schatulle meiner Mutter. Zum Vorschein kam eine alte goldene Kette mit einem Medallion als Anhänger. Die Vorderseite des Medallions war von Ornamenten geprägt, was das alte aussehen verstärkte. Vorsichtig drehte ich es um und sah eine Gravur auf der Rückseite: Eigentum der Familie MacArran. Gespannt sah ich die anderen an: ,,Kennt ihr jemanden mit den Namen MacArran?" Alle schüttelten den Kopf: ,,Nein aber ich weiß das es ein schottischer Name ist." Ian hockte sich neben mich und sah sich den Namen an: ,,Ich werde etwas recherchieren, wenn du möchtest?" Ich nickte und sah ihn dankend an: ,,Das wäre lieb Dankeschön." Nun wandte ich mich wieder dem Medallion zu und öffnete es. Zum Vorschein kamen zwei Bilder, eines von meinem Vater und das andere von mir. Zu meiner Verwunderung konnte man noch einmal weiter 'Blättern' wobei zwei weitere Bilder und ein Brief zu Vorschein kammen. Der Brief fiel aus dem Medallion und auf meinen Schoß, ich zwang mich jedoch ihn liegen zu lassen und sah mir die zwei weiteren Bilder an. Auf der Rückseite meines Bildes war ein Bild von Lucy die direkt in die Kamera sah und auf der anderen Seite war ein Bild von Mom, im Sommer vor unseren alten Haus. Dieses Bild hatte ich gemacht, nach einem Spaziergang mit Lucy zu einem nahegelegenen See. Es war ein ruhiger und sehr schöner Tag gewesen, unbeschwert, ohne die Probleme die später auftauchen sollten. Vorsichtig schloss ich das Medallion wieder und hob den kleinen Zettel auf. Jamie legte seine Hand auf meine: ,,Bevor du ihn liest, willst du das wir dich alleine lassen?" Skeptisch sah ich den Brief an und schüttelte den Kopf: ,,Nein, sonst schaffe ich es nicht." Ich lehnte mich an Jamie und öffnete ihn:
Mein kleiner Engel,
Schon alleine diese Worte machten mich unendlich traurig, doch ich lass weiter:
Wenn dieser Zettel noch im Medallion ist wenn du ihn bekommst, heißt es das ich dich schon verlassen musste. Vielleicht wusstest du schon das ich Krebs hatte, vielleicht war ich aber immernoch zu feige es dir zu sagen und bin durch etwas anders gestorben. So oder so, es tut mir leid, dich und Lucy alleine gelassen zu haben. Doch jetzt weiß ich das dein Vater immer bei dir bleiben wird und das Jamie dich vor allem beschützen kann. Ich hoffe du bist nicht sauer auf mich, oder Ian, er wusste es, doch ich bat ihn dir nichts zu sagen, auch wenn ich sterben würde. Ich habe ihm keine Wahl gelassen, bitte verurteilte ihn nicht.
Ich liebe dich so unendlich sehr,
deine Momy.
Entgeistert sah ich Ian an: ,,Sie hatte Krebs und du hast es gewusst?!" Aufgebracht stand ich auf, draußen zogen wieder Wolken auf. Ian hob abwehrend die Hände: ,,Ich musste deiner Mutter versprechen dir nichts zu sagen!" Die anderen sahen erstaunt zwischen Ian und mir hin und her, außer mein Vater, er sah verletzt aus. Wahrscheinlich hatte auch er nichts davon gewusst und gehofft das Mom und er wieder ein Paar werden würden. ,,Entschuldigt mich, aber ich würde gerne mit meinem Vater einen Spaziergang machen."
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