Lernen- Das macht man stattdessen

,,Denkt dran Leute. Bald ist euer Abitur. Setzt euch zu Hause hin und lernt sonst könnt ihr euren Abschluss vergessen!"

Einer der Sätze der mir beim Lernen nicht mehr aus dem Kopf ging. ,,Sonst könnt ihr euren Abschluss vergessen!" Jeden Tag sagten uns das unsere Lehrer. Wir konnten es nicht mehr hören. In der Schule erarbeiteten wir die idiotischsten Lernstrategien wie Bilder zu verschiedenen Texten zeichnen, in Lerngruppen zusammen arbeiten oder einen Text immer wieder abschreiben. ,,Versucht alles. Es ist so unglaublich wichtig, dass ihr eure effektivste Lerntechnik findet!"

Wie sollten wir das denn bitte machen? Sobald wir uns einigermaßen an eine Lerntechnik gewöhnt hatten, kamen die Lehrer mit neuen Versuchen. Heute hieß es wir sollten in Lerngruppen zusammenarbeiten. Dass das nicht funktioniert war doch schon vorprogrammiert. Kein einziger Schüler, abgesehen von den Nerds, Strebern und Langweilern, arbeitete in Lerngruppen wirklich. Da wurde über die Party am Wochenende geredet, über die fette Lehrerin der fünften Klasse gelästert die sich anscheinend keinen BH leisten konnte und Pläne für die nächsten Ferien aufgestellt. Unsere Lehrer glaubten wirklich, dass wir uns konzentriert zusammensetzten und uns über die Aufgaben austauschten. Wie in der Fünften sollten wir Plakate zu unseren Themen gestalten und am Ende der Stunde die erarbeiteten Ergebnisse präsentieren. Bei uns endete dies dann immer so, dass ein Streber alle Aufgaben machte und der coole Rest daneben saß und nichts machte. War doch eigentlich die gerechte Aufteilung. Warum sollte man auch was machen?! Der Streber machte doch eh lieber alles alleine und das was man selbst machte, kritisierte er immer. Und am Ende wunderte er sich, warum er das Klassenopfer war!

,,Heute lernt jeder von euch zwei Stunden lang! Das ist nicht viel. Früher mussten wir fünf Stunden und länger lernen!"

Auch dieser Satz hing mir bald zum Hals raus! Immer das: ,,Früher war alles besser!", Gerede der Lehrer. Dann hätten sie sich halt für einen anderen Beruf entscheiden müssen. Im Museum oder der Bücherei war für diese Langweiler doch genug Platz. Sorry aber Augen auf bei der Berufswahl!

Wo ich gerade von nervigen Dingen sprach. Gisela war auch so ein Wesen das mich an den Rand des Wahnsinns trieb. Jeden Tag musste ich ihre quietschende Stimme hören. Jeden verdammten Tag! In der Schule hielten sie mich von für Geistesgestört weil ich mit meiner inneren Stimme sprach. Während meiner letzten GFS hatte sie mich etwas gefragt was mich total aus der Bahn geworfen hatte. Was es genau war konnte ich nicht mal mehr sagen aber es sorgte dafür, dass ich mich ziemlich versprach. Eigentlich wollte ich: ,,Herr Wenzel sie schmeißen gleich den Ständer mit ihrer Schulter um!", sagen aber dank einer gewissen Stimme sagte ich halt: ,,Herr Wenzel Sie schmeißen gleich ihren Ständer mit der Schulter um." Die ganze Klasse hatte danach einen ziemlichen Lachanfall. Giesela hatte sich nach diesem Satz nicht mehr einkriegen können und ich konnte meine GFS nicht mehr fertig machen. ,,Ihren Ständer!", hatte sie bestimmt hundert Mal wiederholt und von Mal zu Mal mehr gelacht.

Nun saß ich über meinen Matheaufgaben und versuchte erfolglos die Lernstrategien, die wir in der Schule besprochen hatten, anzuwenden. Es war auch nicht gerade hilfreich, dass meine Mutter Staubsaugte, meine Schwester laut Musik hörte und mein Vater über mir die Wand durchlöcherte. Ich hatte meinen Eltern gesagt, dass ich zum Lernen nach Hause gehen würde, da es da ja leise und ruhig sei. Hatte ich mich nur leider ziemlich getäuscht!

,,Was soll's!", sagte ich irgendwann zu mir. ,,Holen wir uns erst mal was zu essen!" In der Küche machte ich mir schnell was zum Beißen und setzte mich wieder an meinen Schreibtisch zurück. ,,Mhh eigentlich sollte ich wirklich mal mein Zimmer aufräumen!" Also räumte ich meinen Boden auf, saugte und wischte Staub. ,,Gut aber jetzt wirklich lernen!" Ich nahm mir einen Textmarker aus meinen Mäppchen und begann mir irgendwelche Sachen zu unterstreichen. ,,Eigentlich sollte ich mal wieder ein neues Profilbild in WhattsApp machen!", meines war schließlich schon eine Woche alt.

Tja wer machte das nicht? Anstatt zu lernen unternahm man immer die merkwürdigsten Aktionen wie aufräumen, Staubwischen, putzen und natürlich Selfis machen. Ein richtiges Bild beanspruchte aber auch eine Menge an Zeit. Erst musste man das richtige Licht finden, dann musste man einen geeigneten Platz finden und dann zum schwierigsten Teil: Dem Foto an sich. Das Lächeln musste stimmen, kein Doppelkinn und keine Falten. Die Pickel und Unreinheiten mussten kaschiert werden, das Gesicht konturiert werden und den Augen konnte man auch mal ein wenig mehr Glanz geben und den Zahnbelag sollte man auch etwas bleichen. Diese Art von Bildern machte man eigentlich nur, um sich von den Hausaufgaben zu drücken!

,,Kathi du musst jetzt wirklich lernen!" Gisela hatte Recht. Aber erst musste ich aufs Klo. Wenn ich schon mal im Bad war konnte ich mir gleich bequeme Klamotten anziehen, die Haare aus dem Gesicht machen und, ja, mal wieder richtig schön duschen gehen und da man ja eh schon unter der Dusche war, konnte man gleich mal den Rasierer über die Beine und naja andere Gliedmaßen und Orte huschen lassen. Man wollte ja schließlich nicht aussehen wie ein Menschenaffe oder ein Gorilla. Danach musste man sich natürlich noch eincremen und wenn man so ungeschickt war wie ich, die Beine mit einigen Pflastern bekleben. Das Frauensein war hart Leute, dass konnte ich euch sagen.

Nach dem Duschen hatte ich Hunger. Bekanntlicher weise konnte man mit leerem Magen nicht lernen und so musste erst mal was zum Futtern her. Was eignete sich da besser als Tiefkühlfritten? ,,Aber denk dran. Pommes aus der Verpackung holen!"

Nur weil mir das jetzt einmal, oder auch mehrmals, mit der Pizza passiert war, hieß das noch lange nicht, dass ich komplett unzurechnungsfähig war. Meine Intelligenz reichte zumindest soweit aus, dass ich die Pommes aus der Tüte holte. Das Backofen anmachen war dann eine ganz andere Sache. Irgendwie vergaß ich das immer.

Mit den zwanzig Minuten später krossen Pommes verschwand ich im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Es lief Berlin Tag und Nacht. Interessierte mich nicht also weiter. Tagesschau. Ja ok, ganz schnell weg schalten! Mieten Kaufen Wohnen. Nope, wir hatten erst eine Wohnung zerstört. Die Wohnung meiner Eltern wollte ich lieber ganz lassen. Irgendwann fiel mir auf, dass es kurz vor zehn war. Ich brachte mein Geschirr in die Küche zurück und fuhr dann zu Chris. Allzu spät wollte ich bei ihm nicht aufkreuzen, auch wenn wir nun endlich Ferien hatten. Ja ich lernte in den Ferien.

Was war nur aus mir geworden?!

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