Klischee und Philosophie

Christian hatte ein schwarzes Auto. Ich traute meinen Augen nicht als das gelbe steigende Pferd an der Autotür zu sehen war. ,,Ferrari?" Mein Mund klappte zum Boden. Er nickte bescheiden. ,,Ja. Komm steige ein."

Ich konnte mich nicht bewegen. Keine Ahnung warum aber ich konnte es nicht. Chris verdrehte die Augen, grinste aber. ,,Hast du darauf gewartet?" Er öffnete wie ein Gentleman die Tür. ,,Bitte Mylady."

Mit einer tiefen Verbeugung zeigte er mir den Weg. Als ob ich nicht in der Lage wäre in ein Auto einzusteigen. ,,Bist du wirklich nicht!" Ein Etwas begann laut zu lachen. ,,Ich erinnere dich nur daran wie du aus dem Auto geflogen bist." Ich verdrehte die Augen. ,,Gisela das war beim Aussteigen. Und jetzt steige ich ein." Also wenn sie den Unterschied nicht zwischen Ein - und Aussteigen kannte, wusste ich auch nicht weiter. ,,Du sprichst wieder mit dir selbst." Chris hob seine Augenbraue und setzte sich neben mich. Ich rutschte weiter an die Tür. Es war mir unangenehm, dass er meine Unterhaltung mit Gisela gehört hatte. Ich war mir eigentlich sicher gewesen, in Gedanken zu sprechen. ,,Eines Tages werde ich mich noch zu Tode blamieren!", prophezeite ich und kramte nach meinem Handy. Siebzehn verpasste Anrufe und achtundsiebzig Nachrichten in sechzehn Chats. ,,Was zum?!", murmelte ich als ich das sah. Ich entsperrte mein Handy mit wischen da mir das mit dem Passwort zu anstrengend geworden war und suchte mir dann den Chat mit meiner Freundin heraus. Warum ich mein Handy nicht mehr mit einem Passwort schütze? Ganz einfach. Mein Gehirn schaffte es gerade so sich den Weg zum Briefkasten zu merken und da wäre so etwas wie ein Passwort das schlimmste was man ihm zumuten konnte. Klar, ich könnte mir das Passwort in meinen Taschenkalender eintragen aber hey, so was zu vergessen war eine meiner leichtesten Übungen! Ich hatte zwar früher 12345 als Passwort gehabt, konnte mir aber nicht mal merken ob es jetzt 12345 gewesen ist 123456.

»Hey Kathi. Lebst du noch???? Zuletzt online um 3 Uhr nachts??? Muss ich mir sorgen machen???? Lass mich raten du musstest Feuerwehr oder Krankenwagen anrufen!!!!! Schreib mir in welchem Kh du liegst und falls du doch noch leben solltest: Haben heute keine Schule!

Kussi Caro :*«

,,Wollt ihr mich eigentlich komplett veraschen?!" Ich warf mein Handy in zurück in meine Tasche und musste aufpassen, dass ich Christians Auto nicht verschlug. ,,Wer will dich veraschen?", fragte er und drückte auf die Hupe weil das Auto vor uns, ein fetter Mercedes gefahren von einem alten Opa, nicht los fuhr. ,,Opa im Bett kannste schlafen! Beweg dich!", brüllte Chris und hupte nochmal. Ich lachte mir den Arsch ab. Der Opi vor uns drückte auch mal aufs Gas und wir konnten weiter fahren. Entschuldigend sah er zu mir. ,,Sorry aber mit siebzig sollte man nicht mehr Auto fahren!" Er atmete tief durch. ,,Und wer will dich veraschen?" Wutentbrannt zog ich mein Handy aus der Tasche und hielt es ihm unter die Nase. ,,Die haben es uns nicht nötig zu sagen das wir keine Schule haben!"

Mein Handy landete wieder in der Tasche. Chris grinste und zog nun sein Handy aus seiner Hosentasche. ,,Dann ruf ich bei der Arbeit an und sage, dass ich leider krank bin und nicht kommen kann!"

Wie sollte ich das denn verstehen? Hatte er keine Lust zu arbeiten? ,,Machst du blau oder was?" Ein unschuldiges grinsen bildete sich auf seinem Gesicht. ,,Ich mach grün.", sagte er, zwinkert und tippte etwas auf seinem Handy. Ich staunte nicht schlecht. ,,Multi Tasking fähig!", bemerkte ich und sah ihm bewundernd zu wie er während er Auto fuhr, sich auf den Straßenverkehr konzentrierte, auf seinem Handy tippte und sich noch mit mir unterhielt. ,,Ihr Frauen seid doch normaler weise Multi Tasking fähig und nicht wir Männer!"

Da haben wir's. Normalerweise leitete sich von normal ab. Und sobald etwas normal war, hatte es nichts mit mir zu tun. Es sei denn das normal stand im Bezug dazu, dass meine schusselig, tollpatschig und Orientierungslosigkeit gemeint war, was bei mir nichts ungewöhnliches war und es zu meinem täglichen Begleiter gehörte. Dann trat das Wörtchen normal doch mal mit meinem Namen in Verbindung. Wenn auch eher seltener.

,,Ich und Multi Tasking fähig?!", entsetzt schüttelte ich den Kopf. ,,Das ist so wie...", ich musste kurz überlegen um ein passendes Beispiel zu finden. Was beschrieb mich eigentlich? Es gab eigentlich kein passendes Wort für mich. Ich war eine Mischung aus Kleinkind, Hippie, Rentner, Tollpatsch, Schussel und natürlich einem Wesen das auf Verletzungen aller Art spezialisiert war, Stammgast in der Notaufnahme war und das gesamte Personal des Theresienkrankenhauses persönlich kannte. Angefangen von den Pförtnern bis hin zum Chefarzt und dem Leiter dieses Krankenhauses. Ja ein Wort für mich zu finden war so gut wie unmöglich...

,,Wie wäre es einfach mit: Blondine?"

Ich verzog mein Gesicht. Ich hasste es eine Blondine zu sein. Blond war eine wunderschöne Haarfarbe aber sie war immer mit diesem Klischee umgeben. Das Blondinen Klischee. Es traf eigentlich auf keine Blondine dieser Welt wirklich zu Hundertprozent zu. Irgendwas war immer, wo sie sich zu diesem Klischee Mädchen unterscheidet. Es gab, was kaum vorstellbar ist, blonde Frauen die die reinsten Genies waren! Sie konnten mit Zahlen umgehen, für die selbst der GTR keine Lösung anzeigen konnte, sie schafften es die kompliziertesten Techniken zu erfinden um in der Forschung weiter zu kommen und, was am schlimmsten war, sie schafften es sich nicht zu blamieren. Ich konnte, vor allem von dem letzten Punkt, leider nur träumen. Die peinlichen Momente fühlten sich bei mir wie eine Grippe unglaublich wohl, blieben sehr lange und kamen schneller als die Polizei erlaubte auch wieder zurück.

,,An was denkst du gerade?" Mein Chauffeur riss mich aus meinen Gedanken. ,,Ich denken an ein Wort das mich beschreiben könnte und das wenigstens nur halbwegs passend wäre." Er spielte mit einer meiner Haarsträhnen. ,,Wie wäre es wirklich mit Blondie oder Blöndchen?"

Es war mir fast schon klar gewesen, dass er so etwas in die Richtung sagen würde. Es passte ja auch erschreckend gut zu mir. Ich war schon fast auf das Klischee entsprungen. Meine Eigenschaften passten eigentlich perfekt, mein äußeres auch, und zu guter Letzt mein Verhalten und mein Charakter ebenfalls. Ich war nach dem Klischee geboren, ein nicht gerade schönes Gefühl...

,,Hey du bist perfekt so wie du bist!", versuchte er mich nun aufzumuntern, was ihm aber nicht wirklich gelang. Es war wirklich traurig für mich zu wissen, dass ich wohl nie normal sein könnte. Aber dann stellte ich mir wiederum die Frage? Was war eigentlich normal? Darüber zerbrach ich mir schon lange den Kopf und philosophierte des Öfteren auch mal über das Wort normal.

Sobald jemand das Wort normal benutzte, hatte man eine bestimmte Sache im Kopf. Gesellschaftlich gesehen war eine Person normal wenn sie sich modisch kleidete, gut aussah, schlau, selbstbewusst und so weiter war. Aber sobald eine Person anders war, die wie ich zum Beispiel nicht ganz so schlau war oder sich eben viel verletze und tollpatschiger als jedes Kleinkind war, wurde sie als abnormal, verrückt oder schlimmstenfalls gestört abgestempelt. Dabei konnte sie genauso sein wie jede und jeder andere auch. Es gab einfach keinen Menschen der perfekt war und es war auch noch kein Meister vom Himmel gefallen! Merk dir immer eins, du bist perfekt so wie du bist! Genau aus diesem Grund war mir auch klar geworden, dass ich mich wohl oder übel so akzeptieren musste wie ich war. Mit allen Brüchen, blauen Flecken und meinem tollpatschigen Verhalten.

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