Kitzelattacke



So stark musste ich mich noch nie übergeben. Noch nie war mir so schlecht wie heute.

Selten hatte ich es erlebt, dass ich es nicht mal mehr bis zu einer Toilette aufhalten konnte.

Niemals hatte sich alles so gedreht wie eben. Mein inneres Auge war verdreht, ich konnte nicht gerade stehen. Um mich herum sah es so aus als bei diesen Photobooth - Bildberarbeitungs - Apps. Es drehte sich alles und hatte die merkwürdigsten Formen, Farben und Dimensionen. Auf der Achterbahn hatte es angefangen als wir bei dem Looping Kopfüber stehen blieben. Der rückwärts - im Dunkeln - Looping hatte mir den Rest gegen. Mein Abendessen vom Vortag hatten einige, in diesem Fall eher leidenden, Mitfahrer abbekommen.

,,Geht's wieder?", fragte Chris besorgt während er mir meine Haare aus dem Gesicht gehalten hatte, damit sie nicht noch mehr abbekommen. Eigentlich war es unnötig. Sie waren eh komplett versaut. Meine Jacke hatte einen nicht übersehbaren Fleck und von Hose und Schuhe wollte ich gar nicht erst sprechen. Alles war voll.

,,Ja, denke schon." Ich nahm die Taschentücher die er mir hin hielt und wischte meinen Mund sauber. Dann sah ich zu meinen Schuhen und wünschte mir, dass ich es nie getan hätte. ,,Das gibt Ärger!" Mit dieser Vermutung dürfte ich ausnahmsweise mal recht haben. Die teuren weißen Wildlederstifel meiner Nachbarin, die ich mir auch noch ohne zu fragen geliehen hatte, waren nun alles andere nur nicht weiß. ,,Was gibt ärger?", fragte Chris und gab mir eine Wasserflasche. Ich trank einige schlucke, schluckte und wies dann auf meine Stiefel. ,,Sind die meiner Nachbarin. Heute hatte ich etwas Zeitdruck. Meine Blutkatastrophe hat mir etwas in meinem Zeitplan dazwischen gefunkt.

Man war das zweideutig...

,,Brauchst du Binden oder Tampons?" Etwas peinlicheres hätte er nicht sagen können! Gisela gluckste zustimmend: ,,Hihi das war jetzt echt peinlich" Miss Stimme würde bald ein Donnerwetter zu hören bekommen.

,,Ich meinte Nasenbluten." Er lachte. ,,Achso. Hast du alles eingeweicht?"

Nein...

,,Nein. Mist die Flecken bekomm ich nicht mehr raus." Fleckenteufel, Fannish und was weiß ich noch alles halfen da wenig. Das hatte ich auf Klassenfahrt verstellen müssen als ich ausgerechnet dann das erste Mal meine Tage bekommen hatte. Ich hatte selbstverständlich Fleckenmittel dabei, ohne die ich nicht mal aus dem Haus gehen konnte, aber die halfen gegen die Blutflecken leider überhaupt nicht. Eine Waschmaschine hatte es in diesem Landheim auch nicht gegeben und so blieb mir nichts anderes übrig als mit Blutflecken rum zu laufen. An Binden hatte ich im Traum nicht gedacht und meine Klassenkameradinnen hatten, als hätten sie es geahnt, auch keine. Die Jungs fanden das natürlich als gefundenes fressen und zogen mich den ganzen Tag, und auch wieder in der Schule, damit auf. Es gab sogar ein Vermerk im Jahrbuch.

,,Ich kann dir was geben wo extra gegen Blutflecken ist."

Warum hatte er denn so etwas? Chris sah nicht gerade aus als verletzte er sich oft und ein Tollpatsch war er auch nicht. ,,Gerne aber warum hast du bitte so Mittel?" Normalerweise hatte ich Anti Flecken Zeugs aller Art aber ausgerechnet die Blutfleckenpampe hatte ich aufgebraucht. Man sollte meinen ich hätte zehn Flaschen Ersatz aber ich war vergesslich und eine Einkaufsliste zu schreiben machte keinen Sinn. Die Liste würde innerhalb weniger Sekunden irgendwo hin verschwunden sein wo ich sie nicht mehr fand. ,,Wie die Socken.", fügte Gisela hinzu. ,,Die verschwinden bei dir auch immer."

Da hatte sie recht. Meine Waschmaschine fraß des Öfteren mal den ein oder anderen Socken und der Socke, der in der Waschmaschine überlebte, dem seine letzte Stunde hatte im Trockner geschlagen. Meine Haushaltsgeräte waren eh alles Mörder! Waschmaschine und Trockner vernichteten immer meine Socken, das Handrührgerät sorgte in regelmäßigen Abständen dazu, dass meine Haare einige Zentimeter kürzer waren und der Backofen, vor allem aber der Herd, waren die schlimmsten. Sie waren meistens der Auslöser für einen Großputz.

,,Willst du noch was fahren?"

Ich sah mich um. Es war dreiviertel eins und der Park füllte sich merklich. Auch wenn ich es bis jetzt verdrängt hatte, spürte ich deutlich das Unbehagen. ,,Eigentlich nicht.", gestand ich ihm und hatte ein schlechtes Gewissen. Er zahlte einen Haufen Geld um mir zu helfen und ich hatte schon nach drei Stunden keine Lust mehr. Obwohl Energie es besser beschreiben würde. ,,Kein Problem dann gehen wir." Ich schüttelte entschieden den Kopf. ,,Nein du kannst ja noch bleiben. Ich kann mit der Bahn heim fahren. Kein Problem."

Eigentlich schon aber das würde ich ihm nicht erzählen. ,,Ne ich fahr dich.", sagte er mit Nachdruck und wir traten den Rückzug an. Ich lief etwas schneller da jetzt wirklich viele Menschen hier waren und es mir langsam aber sicher zu voll wurde. Chris schien das zu bemerken denn irgendwann blieb er stehen und sah mich fragend an. Ich schluckte und suchte nach einer passenden Ausrede die mal wieder totaler Schwachsinn war: ,,Ich muss aufs Klo."

Klar und deshalb rennst du an den Toiletten vorbei. Gute Logik, dass muss man dir lassen!, lobte ich mich sarkastisch in Gedanken.

,,Du bist dran vorbei gelaufen. Da sind sie." Er nickte zu dem grünen Häuschen. Als er sah, dass ich den Kopf schüttelte, grinste er. ,,Ja die Toiletten sind ekelhaft."

Wir liefen aus dem Park und blieben vor der Tür stehen. ,,Was ist?" Ich blickte in ein teuflisch grinsendes Gesicht. ,,Wo ist das Auto?"

Da fragst du die richtige. Ich verlaufe mich auf dem Weg zu den Mülltonnen...

,,Gute Frage!"

Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, konnte es aber nicht sehen. Hilflos blickte ich zu Chris der mich unschuldig ansah. ,,Wenn du nach Hause willst musst du das Auto finden!" ,,Hast du Zelt, Schlafsack und Decke dabei?" Meine innere Stimme ließ mich zusammenzucken. Noch immer erschrecke es mich, wenn ich in meinem Kopf etwas reden hörte.

,,Chris das ist unfair!", jammerte ich und stampfte mit dem Fuß auf den Boden und zog trotzig die Unterlippe nach vorne.

Jetzt werde ich zum meckernden Kleinkind...

Gisela zu antworten hielt ich nicht für nötig.

,,Na los Blondie!" Chris hatte Spaß an der Sache. Das war nicht zu übersehen. ,,Gibst du mir wenigsten einen Tipp in welche Richtung wir stehen?" Kopfschütteln.

,,Nein. Du musst suchen!" Ich verzog mein Gesicht. Suchen und finden war noch nie eine Stärke von mir. Irgendwie hatte ich überhaupt Keine stärken die man brachen konnte. So etwas wie Ausdauer hatte ich noch nie gehört.

Planlos lief ich los. Einfach mal gerade aus. Auf gut Glück.

,,Gisela?", fragte ich hoffentlich in Gedanken. ,,Wo ist das Auto?" Sie lachte. ,,Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dir das sage oder?!"

Es wäre ja auch zu schön gewesen...

Der Parkplatz war riesengroß und sah überall gleich aus. ,,Chris!", jammerte ich aber er blieb hartnäckig. ,,Nein du musst das Auto schon selbst finden!" Das wir dann hier übernachten müssen, war ihm hoffentlich klar.

Wie erwartet fand ich das Auto nicht. ,,Ich gebe auf.", sagte ich nach sage und schreibe vierzig Minuten in denen ich Planlos durch die Gegend gelaufen bin und ließ mich auf den Boden sinken. Er schüttelte den Kopf und zog mich wieder hoch. ,,Nichts da. Du findest das Auto!"

Wie sollte ich denn bitte als kleiner, eins dreiundsechzig kleiner Mensch hier irgendwas finden?! ,,Ganz einfach", sagte Chris und bevor ich reagieren konnte, saß ich auf seinem Rücken. ,,Gute Aussicht nicht wahr?" Er zwinkerte mir zu und ich errötete. ,,Das war so geplant Kathi!" Ich zuckte wieder zusammen. Allmählich brauchten wir ein Alarmsignal sonst würde ich irgendwann an einem Herzinfarkt sterben. ,,Musst du mich so erschreckend?!", fuhr ich sie an und hatte vergessen, dass Ganze in Gedanken zu sagen. Chris ließ mich los und ich purzelte von ihm runter. ,,Das war erschrecken.", meinte er und half mir wieder hoch. In dem Moment piepste mein Handy. Ich konnte die Nachricht nicht lesen, denn Chris schnappte sich mein Handy und las die Nachricht. Ein breites Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht und als er mir das Handy hin hob, wurde ich Leichenblass. Caro hatte irgendwas geschrieben und mir dann ein Bild geschickt wo Ich und Christian zusammen drauf waren. Das Problem an dem Bild war nur, dass Chris nicht wusste, dass ich ein Bild von ihm hatte. Ich hatte es heimlich während der Fahrt gemacht und Caro geschickt, da sie unbedingt ein Bild haben wollte. Jetzt wusste ich auch wofür. Ich betete, dass sie nichts falsches geschrieben hatte aber es war eh alles egal, da auf dem Bild Chris und ich uns, oh Mist, küssten.

,,Soso.", sagte Chris. Er kam näher zu mir und ich wich instinktiv einen Schritt zurück. ,,Du machst also Bilder von anderen Leuten ohne sie um Erlaubnis zu fragen und schickst diese dann an andere weiter?" Seine Stimme klang drohend. Er kam immer näher. Ich konnte nicht antworten, er ließ mir auch keine Zeit dafür. ,,Weißt du was mit diesen Personen gemacht wird?", fragte er, immer noch mit einem drohen. Schüchtern schüttelte ich den Kopf. ,,Sie werden", seine Stimme wurde lauter.

,,Einmal Durchgekitzelt!"

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