Eierfarbe und Blondierungspulver

,,Dann wünsche ich Ihnen gute Besserung und ich bin mir sicher, dass wir uns sehr bald wiedersehen." Der Arzt reichte mir die Hand aber ich ignorierte sie. Noch immer war ich sauer auf ihn, dass er mich zu einer Nacht hier im Krankenhaus gezwungen hatte. Auch wenn die Nacht an und für sich ganz witzig war. Chris und ich haben alles und jeden streiken lassen, naja so lange bis sich meine Zimmergenossinnen beschwer hatten weil sie nicht schlafen konnten. Wir sind dann raus in den Flur gegangen da ich aufgrund des Schnarchens einiger Damen auch nicht schlafen konnte. Im Flur hatten wir dann die Idee des Jahres und hatten nichts Besseres zu tun als nachts um drei im Krankenhaus verstecken zu spielen. Mit meinem Gips war ich etwas verhindert und mit Krücken zu laufen sollte gelernt sein. Jedenfalls hatte ich es geschafft sechs Mal fast auf die Nase zu fliegen, unschuldige Schwestern um zu rennen und am Ende hatte ich einige Blumentöpfe umgeworfen, warum auch immer Blumentöpfe im Krankenhausflur rumstanden. Es war also eine sehr unerholsame Nacht. Ich hatte ja gesagt, dass ich nach Hause gehen konnte aber nein, der Arzt glaubte mir nicht. Jetzt wusste er es aber.

Verabschieden von meiner Seite war nicht und so schnappte ich mir meine Krücken und flüchtete aus dem Zimmer. Die Krücken streikten allerdings wie so viele andere Dinge auch und Chris konnte mich gerade so auffangen. ,,Immer langsam Kathi, wir haben Zeit!", meinte er schmunzelnd aber ich schüttelte den Kopf. Nichts da, wir hatten keine Zeit. Ich wollte keine Sekunde länger in diesem Krankenhaus bleiben und das machte ich Chris auch ziemlich schnell klar. ,,Beweg dich! Ich will hier raus!" Dieser Mistkerl ließ sich aber extra Zeit und trödelte herum. Er ging in aller Seelenruhe aufs Klo und holte sich einen dieser ekelhaften Automatenkaffees. Diesen trank er auch in aller Ruhe und tat so als wäre es das Beste, was er je getrunken hatte. Mir kam fast die Kotze hoch und vielleicht lag es daran, dass eine arme Putzfrau danach den Boden wischen musste. ,,Ich glaube wir sollten jetzt gehen.", stellte er dann endlich fest.

Ja, da hatte Chris recht. Er nahm mich auf den Arm und im Vorbeilaufen schmiss er den Becher in den Mülleimer. ,,Das ist echt abartig. Wie können das Menschen trinken?!" Das war wieder eine von den vielen Fragen, für die keiner einer Antwort wusste. Mein Vater trank diesen Kaffee auch für sein Leben gerne und immer wenn er mit mir früher hier war, holte er sich einen. Ja er konnte früher sehr viel von diesem Kaffee trinken. ,,Ist auch kein Wunder. So oft wie du im Krankenhaus bist.", war das einzige was er dazu gesagt hatte.

Chris setzte mich auf den Autositz und schnallte mich an. ,,Das kann ich auch alleine.", sagte ich zu ihm und nahm ihm den Anschnallgurt aus der Hand aber er klaute ihn mir wieder und schnallte mich an, mit der Begründung: ,,Glaub ich dir nicht. Lieber schnall ich dich an, sonst fliegst du mir aus der Windschutzscheibe!" Ich war zwar blöd, aber nicht saublöd. ,,In diesem Fall beruhe ich mich auf meine ärztliche Schweigepflicht!" , antwortete mir Chris schelmisch. Man war das ein Piepser.

Das mein Orientierungssinn eine totale Katastrophe war, dass gab ich offen zu aber ich wusste wenigstens wie man vom Krankenhaus nach Hause kam, aber Chris fuhr irgendwie ganz seltsam. Nach einer Weile sprach ich ihn darauf an: ,,Ehm ich will ja nichts sagen, aber nach Hause geht es in die andere Richtung." Er lachte nur und fuhr in die falsche Richtung weiter. ,,Ja aber wir machen einen kleinen Umweg." Oh nein, er würde mich entführen! ,,Chris wenn du mich entführst und vergewaltigst wird das ernste Folgen für dich haben!" Im nächsten Moment dachte ich, dass meine letzte Stunde geschlagen hatte. Er bekam so einen Lachanfall und krümmte sich. ,,Konzentrier dich aufs fahren!" Ich hatte echt Schiss, dass er einen Unfall baute!

Er baute aber zum Glück keinen und blieb zehn Minuten später vor einem Kaufhaus stehen. ,,Du bleibst hier sitzen. Ich komme in zwei Minuten wieder."

Er schloss mich tatsächlich im Auto ein und ging dann in den Müller. Dort kam er zehn Minuten später wieder raus und ich war kurz davor mit meinem Handy die Polizei zu rufen. ,,Na hast du mich vermisst?"

Dumme Frage!

,,Was hast du so lang gemacht? Du hast gesagt du kommst in zwei Minuten wieder!" ,,An der Kasse war eine lange Schlange, da hat es halt gedauert."

Dann fuhren wir endlich nach Hause. Ich freute mich schon auf Haarewaschen. Meine Haare hatten es auch dringend nötig. Wenn man sie auspresste könnte man Fett für zehn Kilo Pommes haben!

Zuhause angekommen verkündete ich Chris, dass ich Haarewaschen gehen würde. Meine Wohnung konnte man soweit wieder betreten. Allerdings hatten meine Eltern einheitlich beschlossen, dass ich keine Waschmaschine mehr haben dürfte. Ich verstand nicht warum. ,,Damit wir dich nicht mehr in der Tagessschau sehen müssen!" Meine Mutter war immer noch total aufgebracht, aber sie konnte es wirklich übertreiben. Gerade als ich in meinem Badezimmer stand fragte mich Gisela nach etwas, an das ich gar nicht mehr gedacht hatte, meinem Verband um den Kopf und dem Gips an meinem Fuß: ,,Oh nein, du gehst jetzt nicht duschen. Wie willst du das mit deinem Kopf und dem Fuß machen?"

Daran hatte ich gar nicht gedacht.

,,Plastiktüte?" Die waren ja Wasserfest. ,,Auf deinen Kopf?", fragte Chris ungläubig. Warum denn nicht? ,,Ja klar, hält doch Wasser ab." Ich sollte wirklich mein Gehirn testen lassen. ,,Du hast kein Gehirn!" , wiedersprach mir eine gewisse innere Stimme sofort. ,,Danke Gisela!" ,,Kein Problem!"

Christian hatte aus meinen leider laut ausgesprochenen Wörtern leider den richtigen Entschluss gefasst, denn er sagte: ,,Wenn ich dich nicht so mögen würde Kathi, dann würde ich in deiner Wohnung eine Kamera installieren und die Videos an Ups die Pannenshow schicken. Und dich würde ich ans Guinnessbuch der Rekorde schicken, für die Kategorie blonde Mädchen!" Da war er nicht der einzige. Gisela, meine Familie und alle Freunde und Bekannte waren auch dafür. Meine Eltern wollten mich in eine Gummizelle stecken und mich nur noch aus Schnabeltassen trinken lassen. Mein Essen sollte ich in Form von Babybrei zu mir nehmen mit der Begründung: ,,So solltest du dich nicht mehr verletzten können!" Aber meine Ratte an Schwester musste mir natürlich in den Rücken fallen. ,,Das glaubt ihr doch selber nicht. Kathi ist so ungeschickt da wird sie es sogar schaffen sich den Arm in der Gummizelle zu brechen!"

Das Vertrauen meiner Familie in mich war wirklich das größte!

,,Und an dem Brei erstickt sie dann noch. Ne also die muss man irgendwo hin tun wo sie Tag und Nacht überwacht wird! Am besten noch mit Zwangsjacke." Dann könnten die mich ja gleich Einweisen!

,,Ich werde dir die Haare waschen. Dann können wir sicher sein, dass es keine Überflutung geben wird." Chris rieb sich voller Freude die Hände. Irgendwas hatte er vor, dass konnte ich ihm ansehen. ,,Was hast du vor?" Ich war mehr als misstrauisch. Vor allem als er die Müllertüte auf dem Tisch ausleerte und mir irgendwelche Flaschen präsentierte. ,,Erinnerst du dich noch als wir zusammen Fern geschaut haben und du gesagt hast, dass du dir mal die Haare färben willst?" Natürlich konnte ich mich daran erinnern. Chris hatte sich vor Schreck an seiner Cola verschluckt als ich ihm das gesagt hatte. ,,Niemals!", hatte er protestiert. ,,Färbst du dir deine Haare!" Aber mir gingen meine blonden Haare total auf die Nerven! Nebenbei ertrug ich die Sprüche nicht mehr. Ja ich war blond aber immer wenn ich wieder einen meiner berühmten Fails brachte, sagte wirklich jeder nur noch: ,,Blondheit und Kathi, das volle Programm!"

,,Ja ich erinnere mich und irgendwann werde ich das auch machen!" Jetzt nickte er. ,,Und das irgendwann ist jetzt. Deshalb war ich auch bei Müller. Die Idee ist mir gekommen als du beim Röntgen warst." Ich verstand nun die Welt nicht mehr. Erst war er gegen färben, jetzt hatte er mir sogar Farbe besorgt? ,,Ich bin immer noch gegen färben. Deshalb habe ich dir verschiedene Sachen gekauft. Unter anderem Blondierungspulver. Wir machen deinen Ansatz schwarz und dann blondieren wir das Ganze ein bisschen. Dann hast du Farbe in deinen Haaren aber ich hab immer noch mein blondinchen."

Damit konnte ich leben!

Wir gingen in mein leeres Wohnzimmer und setzten uns auf den Boden. Während er meine Haare durchkämmte unterhielten wir uns über meine neuen Möbel. ,,Ich will irgendwie keine neue Möbel. Die alten haben mir gut gefallen.", jammerte ich und nahm mir die Fernbedienung die zum Glück überlebt hatte. Chris, der sich diese Tagesschaufolge jeden Tag aufs Neue anschaute und sich dabei jedes Mal totlachte, zuckte mit den Schultern. ,,Dann hättest du dir das überlegen sollen bevor du deine ganze Wohnung unter Wasser setzt." Er trug irgendwas auf meinem Kopf auf und ich betete, dass er Ahnung hatte. Wenn ich mir die Haare selbst färben müsste, könnte ich mich nicht mehr auf die Straße trauen. Im Kindergarten hatte ich mir die Haare mal mit Wasserfarben angemalt, was einfach nur schrecklich aussah. Meine Mutter wollte mich zum Frisör schicken da mein Pony viel zu lang war aber ich hatte damals keine Lust und war selber aktiv geworden. Kurzerhand hatte ich mir meine kleine Kinderbastelschere genommen und den Pony und meine Haare selbstständig geschnitten. Mir hatte das sogar richtig gut gefallen, aber meine Mutter hatte den Schock ihres Lebens. In dem Sinne nochmal: Sorry Mama, hab dich lieb. Fünfzehn Jahre später...

,,So und jetzt habe ich noch eine kleine Überraschung für dich. Augen zu!", verkündete Chris aber ich stöhnte auf. Ich hasste Überraschungen, deshalb blinzelte ich auch ein bisschen. Er bemerkte es schließlich. ,,He hör auf zu blinzeln!" ,,Ich blinzle doch gar nicht!"

Ich hörte auf zu blinzeln.

,,Tada!" , rief er kurze Zeit später und hielt mir eine kleine Schüssel mit lila Wasser unter die Nase. ,,Du bekommst eine einzige lila Strähne. Als Belohnung dafür, dass du heute so tapfer warst!" Das war ja cool. Ich freute mich richtig. Aber die Freude hielt nicht lange als ich sah, woraus er die Farbe hatte. ,,Chris, was ist das für Farbe? Woher hast du die?" Er ließ einen kleinen Karton hinter seinem Rücken verschwinden. ,,Das ist doch egal.", meinte er schnell. Nein, ich wollte wissen woher die Farbe war. Ich schaffte es den Karton an mich zu reisen und als mich ein Osterhase und einige bunter Eier angrinsten, ahnte ich böses.

,,Chris!", rief ich entsetzt. ,,Du kannst mir die Haare doch nicht mit Eierfarben färben!"





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