Chaos, Nasenbluten und Selbtsgespräche
Warum heißt es eigentlich Schönheitsschlaf, wenn wir beim Aufwachen eh alle aussehen wie Trolle?
Das fragte ich mich jeden Morgen aufs Neue. Außerdem wollte ich immer noch das Geheimnis von meinem armen Badezimmerspiegel lüften der meinen Anblick jeden Morgen ertragen musste und immer noch an der Wand hing. Ich würde schon längst vor Schock auf dem Boden in hundert Einzelteilen liegen.
,,Kaputter Spiegel gleich sieben Jahre Unglück.", bemerkte Gisela beiläufig. Ich verdrehte nur die Augen. Ich war nicht Abergläubisch. Über den ganzen Quatsch lachte ich mich immer tot. Wir hatten mal eine Klassenkameradin die den ganzen Tag Panik hatte weil ihr eine schwarze Katze morgens über den Weg gelaufen ist und dann hatte sie sich die Hand verstaucht weil sie über ihre eigenen Füße gefallen war. Sie behauptete mit einer felsenfesten Überzeugung, dass das alles kein Zufall war aber wir anderen hatten ihr erfolglos versucht klarzumachen, dass das nur wegen ihrer Nervosität passiert war.
,,Das glaubst du doch selber nicht!" Jetzt lachte ich Gisela wirklich aus. Der Aberglaube war früher ein großes Thema mit den Hexen, Vampiren und was weiß ich was es noch für Wesen angeblich gegeben hatte, aber wir waren jetzt im Jahr 2000 und jetzt noch an so etwas wie Aberglaube oder übernatürliche Dinge zu glauben, wäre doch etwas verrückt. Was nicht heißen sollte, dass man nicht an Gott glauben sollte!
,,Und warum hast du dann so viel Pech?" Diese Frage war nicht unberechtigt. ,,Keine Ahnung aber bestimmt nicht weil ich letztes Jahr meinen alten Flurspiegel von der Wand gefegt habe!"
Ich wusste nicht was mich damals geritten hatte meinen Spiegel mit Hölzern etwas von der Wand abzutrennen. Eigentlich wusste ich ja schon. Es war einfach stylisch aber total unpraktisch. Jedes verdammte Mal wenn ich an ihm vorbei ging, blieb ich hängen. Mein Oberschenkel hatte zeitgleich eine leidenschaftliche Liebesbeziehung zu der Kommode, auf der der besagte Spiegel stand, entwickelt und mein Ellenbogen verliebte sich in meine Waschmaschine. Wenn man so frisch verliebt ist möchte man sich immer sehen, da machte ich den beiden auch gar keinen Vorwurf aber als mein Kopf meinte er müsse sich mit der Tischkante anfreunden, wurde ich langsam aber sicher ein kleines bisschen angespannt. Ich meine ich kann meinen Körper ja nicht teilen und da die Waschmaschine, die Kommode, der Spiegel und das Tischbein doch einen ticken auseinanderwohnen musste eine oder einer von den vielen wohl oder übel mit einer Fernbeziehung leben, und ich glaubte, dass das auch in Ordnung war.
,,Und was machst du jetzt?", fragte meine Freundin, die innere Stimme. Wir standen vor dem verschlossenen Klassenzimmer. ,,Keine Ahnung." Ich zuckte mit den Schultern. ,,Ich hab jetzt ernsthaft drei Stunden Frei!"
Was war eigentlich so schwer daran am Vorabend den Schülern Bescheid zu sagen, dass sie am nächsten Tag später Schule haben?! Es war ja schon ärgerlich in die Schule zu gehen und am Vertretungsplan zu sehen, dass man erst zur zweiten kommen musste aber wenn dann ernsthaft ab der vierten Unterricht war, konnte man doch wirklich schon mal Bescheid sagen oder?! Ist ja nicht so, als könnte man länger schlafen!
,,Besuch doch Alex." Eigentlich war Giselas Idee gar nicht so schlecht, aber: ,,Es regnet" Sie lachte. ,,Bist du aus Zucker?"
Haha, sehr witzig.
,,Nein aber zufälliger Weise hab ich keine Lust krank zu werden!" ,,Das bist du doch." Nein, ich war kerngesund. ,,Meine Nase ist ja nicht krank. Sie ist verletzt." Das war ein gewaltiger Unterschied! ,,Ich meine ja auch nicht deine Nase." Sondern? ,,Du bist krank im Kopf!"
Wow.
Danke, dass hatte gesessen.
,,Ist nur die Wahrheit!"
Jaja.
Plötzlich ertönte eine laute Stimme: ,,Katharina!"
Shit!
,,Hallo Herr Alfons." Was machte der hier? ,,Was machen Sie hier? Ich dachte Ihre Frau hat ihr Kind bekommen." ,,Hat sie ja auch." Und warum war er dann hier?! ,,Wir haben Lehrermangel und ihr Abiturklassen braucht schließlich die Stunden."
,,Hahahahaha der war gut!" Gisela lachte sich in meinem Kopf fast tot und ich dachte mein Kopf würde gleich explodieren. ,,Zur vierten Unterricht und dann sagen ihr bräuchtet die Stunden!"
Wo sie Recht hatte, da hatte sie Recht. Es war wirklich albern.
,,Wie geht es deiner Nase?" Auf diese Frage hatte ich gewartet. Wäre zu schön gewesen, wenn er unser kleines Treffen im Krankenhaus schon vergessen hätte. ,,Naja, also das ist ein Nasenbeinbruch und muss morgen operiert werden."
So sind Sie jetzt glücklich? Ich hasste es wenn man mich mit Fragen durchlöcherte. Das hatte meine Mutter irgendwann auch mal zu hören bekommen, nachdem sie mich direkt nach dem Frühstück mit Fragen durchlöchert hatte.
,,Das ist ja schrecklich!" Ja, das war es. Ausnahmsweise gab ich meinem Lehrer mal Recht. ,,Und wann wirst du operiert?" Hatte ich das nicht eben gesagt? ,,Noch ein Nichts-Checker, ihr passt zusammen!"
Was ging eigentlich bei meiner inneren Stimme?! Ich hatte gerade einen Schluck Wasser aus meiner Flasche genommen und nun fast meinem Geschichtslehrer eine Fontäne in sein Gesicht gespritzt.
,,Erst willst du mich mit 'nem sechzigjährigen Opa aus dem Krankenhaus verkuppeln und jetzt mit meinem Geschichtslehrer?!"
,,Was will ich?", fragte mich mein Lehrer verwirrt und ich stöhnte auf.
Notiz an mich selbst:
In der Öffentlichkeit nicht mehr mit Gisela sprechen!
,,Ach nichts.", antwortete ich. Könnte bitte irgendjemand kommen und mich erlösen? ,,Ja.", sagte Gisela und lachte. ,,Schau mal wer da hinten kommt!"
Mein Herz schien für einen Moment aufzuhören zu schlagen, klopfte dann aber doppelt so schnell. Nicht weil ich verliebt war, sondern aus Panik. ,,Oh Nein!" Mein allzeit gehasster Lehrer kam direkt auf uns zu. Ich war in der sechsten Klasse in seiner AG und seitdem nervte er mich immer. Man musste dazu sagen, dass ich inzwischen in der dreizehnten war und der Typ verfolgte mich. Einmal im Monat flatterten Briefe in meinen Briefkasten wo er mich bat, für irgendeinen Quatsch zu spenden. Zusätzlich rief er andauernd an und ich war kurz davor mir eine neue Telefonnummer zu beantragen!
Verzweifelt suchte ich nach einer Ausrede mich von Herrn Alfons zu verabschieden, und keine zwei Sekunden später hatte ich eine und ich rannte wie von der Tarantel gestochen los. Der Lehrer, ich nannte ihn übriges Herr Kokosnuss, rief mir: ,,Katharina kommst du mal bitte?", hinterher aber ich schubste ihn weg und stürmte aufs Klo. Mit meinem Fuß drückte ich die Klinke runter und sprintete wieder einmal in eine der Kabinen. Diesmal musste ich mich aber übergeben. ,,Was war das denn jetzt?", fragte Gisela, aber ich konnte ihr nicht antworten. Ich war zu sehr konzentriert die Kloschüssel zu treffen ,,Spuckst du Blut?!", rief sie plötzlich entsetzt aber ich schaffte ein: ,,Nasenbluten!", raus zu würgen.
Plötzlich klopfte es an der Tür ,,Katharina?" Mein Herz blieb nochmal stehen. ,,Was macht der auf dem Mädchenklo?!" Ja Gisela, diese Frage war berechtigt ,,Pedo oder was?" Ich musste aufpassen, dass ich nicht anfing zu lachen aber das wichtigste war jetzt zu versuchen, keine Geräusche zu machen, was beim übergeben leider nicht drin war. ,,Katharina?", fragte er nochmal. Ich hörte wie die Tür aufgerissen wurde und dann hörte ich wie zwei Mädchen begannen zu kreischen. ,,Was machen Sie hier auf dem Mädchenklo?!" Die Mädels bekamen keine Antwort und so schnell hatte ich noch nie jemanden aus dem Klo rausrennen gehört.
Irgendwann fragte jemand: ,,Kathi?", das war die Stimme von Caro, meiner besten Freundin. ,,Geht's dir gut?" ,,Ja", rief ich und musste mich dann wieder übergeben.
Meine, besser gesagt die Tür meiner Kabine ging auf und ich spürte wie mir jemand die Haare aus dem Gesicht hob. ,,Was ist los?" Ich wusste es selbst nicht. ,,Keine Ahnung. Ich hatte Blutgeschmack im Mund und sofort wurde mir schlecht." ,,Du hast oft in letzter Zeit Nasenbluten!", bemerkte sie. Es war wirklich nicht mehr normal. In letzter Zeit hatte ich beinahe täglich Nasenbluten und das auch gerne mal eine Stunde lang. ,,Ich weiß aber jetzt ist alles wieder gut.", und um das Thema zu wechseln: ,,Gehen wir an den See?" ,,Es regnet", entgegnete Gisela trocken. ,,Ja und?" ,,Vorhin wolltest du nicht." Tja ich hatte meine Meinung eben geändert.
Auf dem Weg zum See passierte mir mal wieder ein kleiner Unfall. Ein Pfosten wurde der neue Freund meiner Stirn. ,,Hast du Tomaten auf den Augen?" Gisela lachte mich aus. Auch Caro lachte. ,,Du solltest mal zum Augenarzt!" Ich wollte ein: ,,Ich sehe gut!", protestieren aber irgendwas war auf dem Boden und ich stolperte, konnte mich nicht mehr auffangen und landete mit dem Gesicht voraus in einer Pfütze.
,,Shit!"
Meine Freundinnen lachten mich nun beide aus und ich stand fluchend auf. ,,So ein Mist!" Ich war von oben bis unten nass und, das war auch wirklich kein Wunder, ich hatte Nasenbluten ,,Egal!", sagte ich und stapfte los in Richtung Schule. In meinem Spind hatte ich immer Ersatzklamotten liegen denn wer Katharina Gronberg hieß, brauchte diese auch sehr dringend. ,,Sieh es positiv, du wolltest heute Morgen noch duschen gehen"
Halt die Klappe Gisela!
In der Schule war gerade Pause und ich zog einige Blicke auf mich. ,,Hat die jemanden ermordet?", fragte eine Fünftklässlerin. Ich verdrehte nur die Augen. Die Fünftklässler wurden von Jahr zu Jahr frecher!
Leise vor mich hin schimpfend lief ich zu meinem Klassenzimmer und holte meine Kleidung aus dem Schließfach und ging damit zur Toilette. Woran ich nicht dachte: Nasse Klamotten ausziehen, neue Klamotten anziehen, nasser Körper gleich nasse neue Klamotten.
Hervorragend
,,Das kannste dir doch denken", sagte Gisela. ,,Das ist doch logisch!" Nein das konnte ich nicht. Logik war noch nie eine Stärke von mir ich. Ich sagte immer: ,,Warum einfach wenn's auch kompliziert geht?"
Die Tür ging auf und Caro grinste mich an. ,,Rate mal wer heute zwei Stunden umsonst in der Schule war?"
Keine Ahnung.
Ich sah sie fragend an. ,,Wer?" Sie lächelte gespielt. ,,Wir"
Hä?!
,,Was soll das heißen?", fragte ich deshalb. Sie verdrehte die Augen ,,Das heißt so viel wie: Wir haben heute keinen Unterricht!"
Nicht.
Ihr.
Ernst!
,,Das ist jetzt ein Scherz!" Sie lachte bitter. ,,Nein!"
Jetzt hatten es die Lehrer nicht mal mehr nötig Bescheid zu sagen, dass wir überhaupt KEINEN Unterricht haben!
,,Und was machen wir jetzt?", fragte ich Caro nachdem wir uns ordentlich aufgeregt hatten. ,,Nach hause?", schlug ich vor und sie nickte. ,,Ich könnte unsere Schule echt hochsprengen!", fluchte sie und ich stimmte ihr zu. Wir schnappten uns unsere Taschen, umarmten uns und gingen.
,,Du hast keinen Schlüssel!", erinnerte mich plötzlich eine gewisse Stimme. ,,Stimmt. Und was soll ich jetzt machen?" Sie lachte. ,,Alex bei der Arbeit besuchen, deinen Schlüssel holen und dann mit der Bahn ins Krankenhaus fahren und dein Auto holen."
Man war diese Stimme schlau! ,,Da hast du recht!", sagte sie selbstverliebt.
Freu dich und back dir ein Eis!
Alex gab mir seinen Schlüssel und auch noch drei Euro damit ich überhaupt in die Stadt kommen konnte. Heute Morgen hatte ich Schlüssel, Handy und Geldbeutel vergessen. ,,Sei froh das dein Kopf angewachsen ist!"
,,Sei doch still!", zischte ich gereizt.
Die Bahn kam, ich flog beim Einsteigen über die Stufe und setzte mich dann knallrot auf einen Platz. ,,Abstempeln!", erinnerte mich Gisela. Ich stand auf und die Bahn fuhr los. Ich konnte mich nicht schnell genug festhalten und flog auf einen älteren Mann der mir von irgendwoher bekannt vorkam. ,,Das ist Harry Potter, dein Verehrer aus dem Krankenhaus.", half mir Gisela auf die Sprünge ,,Das ist nicht mein Verehrer!", begann ich wurde aber unterbrochen von Herrn Schatz: ,,Ach hallo Frau Gronberg, ist ja schön sie zu sehen!" ,,Siehst du, er erinnert sich sogar noch an deinen Namen!", kicherte Gisela kindlich.
Ruhig bleiben Kathi, ganz ruhig
,,Hallo Herr Schatz." ,,Und du erinnerst dich noch an seinen Namen!", rief Gisela triumphierend. ,,Gisela halt jetzt deinen Mund!" Der Arzt grinste. ,,Ach, Sie haben sich für Gisela entschieden?" ,,Eifersüchtig, dass sie sich nicht für dich entschieden hat?"
Ruhig bleiben Kathi, ganz ruhig
Nichts da!
Nicht ruhig bleiben!
,,HALT JETZT ZUM LETZTEN MAL DEINE KLAPPE!"
Einige Leute in dem Abteil sahen neugierig zu uns aber das war mir so egal. Auch Herr Schatz grinste. ,,Immer noch Selbstgespräche?"
Ruhig bleiben Kathi, ganz ruhig
,,Nein, ich unterhalte mich mit Gisela die jetzt GEFÄLLIGST ihren verdammten Mund hält!"
Damit war das Thema beendet.
Das Krankenhaus kam in Sicht und wir stiegen aus. Ich wollte gerade auf den Parkplatz zu meinem Auto laufen als der Arzt mich aufhielt: ,,Frau Gronberg eigentlich sollten Sie ja erst morgen operiert werden aber ich sehe an Ihrer Nase muss nicht nur das Nasenbein operiert werden sondern mehr. Ich habe in einer Stunde einen Platz für Sie frei, also wenn Sie möchten dann kann ich Sie auch heute schon operieren. „
Halt, halt, halt, nicht so schnell!
,,Wie ich muss heute noch operiert werden?!" fragte ich entsetzt. Herr Schatz nickte. ,,Genau. Eigentlich hätten wir das gestern schon gemusst aber Sie waren mir psychisch zu instabil."
Nein,
nein,
nein,
nein,
nein!
,,Beruhigen Sie sich!" Der Arzt lachte: ,,Sie kommen jetzt mit mir in mein Büro und dann machen wir das Narkosegespräch
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