2 ~ Krankenbesuch

Es war der Vormittag nach dem Unfall. Obwohl ich gefühlt noch keine Sekunde geschlafen hatte, wollte ich direkt los, um Damian im Krankenhaus zu besuchen. Denn ihn hatte es gestern eindeutig schlimmer erwischt als mich, die mit einigen blauen Flecken davongekommen war. Nicht, dass die nicht auch schmerzten.
Aber Damian sollte wohl noch etwas länger im Krankenhaus bleiben. Er hatte einen Gips um seinen Fuß, weil dieser unter der Last des schweren Motorrads gebrochen war. Es tat mir so leid für ihn.

Gestern war alles so schnell gegangen. Ein Taxifahrer, der gestern zur Nachtschicht losfuhr, hatte für uns direkt den Krankenwagen und die Polizei angerufen. Wir mussten, noch während wir zum Krankenhaus fuhren, gegen der Fahrer des rasenden Autos aussagen. Das blöde an der ganzen Sache: der Fahrer hatte Fahrerflucht begangen, und die Wahrscheinlichkeit ihn zu finden war ungefähr so groß, wie dass meine Mutter Damian den gestrigen Unfall verzieh.

Denn als sie mich mitten in der Nacht aus dem Krankenhaus abholte, war sie schon wieder total am austicken. Dabei war der Unfall nicht im geringsten Damians Schuld gewesen. Aber ich hatte gestern einfach nicht mehr die Kraft, mit ihr darüber zu diskutieren. Ich gähnte und stieg verschlafen aus dem Bett ans Fenster, um etwas frische Luft zu schnappen. Das half mir aber heute irgendwie nicht, um wach zu werden.

"Na toll" dachte ich, schloss das Fenster und stieß volle Kanne mit meinem Fuß an die Heizung. Ich jaulte schmerzerfüllt auf und hüpfte auf einem Fuß zu meinem Bett um mich kurz hinzusetzen. Einatmen, ausatmen, einatmen, aus... meine Mutter stürzte in mein Zimmer. "Alles gut mein Schätzelein?" fragte sie zog ihre dünnen Augenbrauen in die Höhe. Ich nickte mit zusammen gekniffenem Mund. "Du hast soo laut geschrien" sagte sie und schüttelte den Kopf. Sie sah mich an und ich merkte, wie sie bei dem Blick auf die großen, blauen Flecken an meinen Beinen zusammenzuckte.

"Ich denke wir sollten uns mal wegen gestern Nacht unterhalten" sagte sie. Sie setzte sich neben mir aufs Bett und ich bekam direkt ein ungutes Gefühl. Normalerweise rede ich nicht viel mit meiner Mutter, nur das Nötigste eben. Als sie nach meiner Hand griff zog ich sie sofort wieder zurück. Meine Mutter seufzte. Dann begann ihre "Rede": "Liebe Louisa, dass, was da gestern passiert ist hätte ich ja beinahe voraussagen können. Siehst du, ich habe ja schon immer gesagt das Damian nicht der richtige Umgang für dich ist, und er bringt dich durch seine Rücksichtslosigkeit auch noch in Lebensgefahr!"

"Mama!", sagte ich energisch. "ES WAR NICHT SEINE SCHULD! Versteh das doch endlich. Selbst die Polizei hat das gesagt!"

"Schatz, ich weiß das du noch sehr aufgebracht bist. Und es ist immer schwer Leute aus seinem Leben gehen zu lassen", setzte meine Mutter an. Ich schaute verständnislos zu ihr hin. "Louisa, bei solchen Leuten sollte man immer schnell einen Schlussstrich ziehen. Dann ist der Liebeskummer auch nicht so groß! " redete sie weiter.
Warte mal, hatte ich das jetzt richtig verstanden? Sie dachte ich würde mit Damian Schluss machen? Nur wegen diesem Scheiß Unfall?!

"Mama, ich liebe ihn, und dieser Unfall wird auch nichts daran ändern! Es war schrecklich, ja, aber das heißt doch nicht das ich ihn nicht mehr liebe!" Ich war total sauer. Meine Mutter schaute mich entgeistert an. "Weißt du, Liebes, wenn dir das Schluss machen schwerfällt, dann regel ich das für dich...". Mir plazte der Kragen. "Halt dich einfach aus meinen Sachen raus!" schrie ich meine Mutter an.

Ich spürte, dass sie bei meinen Worten verletzt zusammenzuckte, aber in dem Moment war es mir vollkommen egal. Ich rannte einfach raus aus meinem Zimmer, raus aus dem Haus und immer weiter. Ich brauchte dringend Abstand! Also lief ich weiter, nahm die U-Bahn Richtung Krankenhaus und wollte nur noch zu Damian. Ich musste ihm sagen, wie sehr ich ihn liebte und brauchte, und wie doll ich ihn vermisste, und das ich das schon irgendwie hinkriegen würde mit meiner Mutter.

Am Krankenhaus angekommen lief ich hoch zu seinem Zimmer. Schon sein Anblick brachte mich wieder zu lächeln. "Hi, Liebling" sagte er aus seinem Bett heraus und hob geschwächt die Hand zu einem kleinen Winken. Ich lief zu ihm hin und musste aufpassen, ihn nicht zu sehr zu zerdrücken bei meiner Umarmung. "Wie geht es dir?" fragte ich und schaute ihn besorgt an. "Geht", antworte er. Er klopfte neben sich auf sein Bett und ich setzte mich.

"Bist du mir böse wegen gestern...", fing er zögernd an. Ich schüttelte den Kopf und sah wie die Besorgnis aus seinem Gesicht verschwand. Dann griff er nach meiner Hand. "Hey, ich darf heute am späteren Nachmittag entlassen werden. Wenn mich meine Mum dann abholt, fährt sie bestimmt noch kurz bei dir vorbei!"
"Ich liebe dich", flüsterte ich leise lächelnd in sein Ohr und er lächelte.
"Ich dich auch" flüsterte er zurück, und mehr brauchte er nicht zu sagen, um mich wieder zum glücklichsten Mädchen der Erde zu machen.


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