14 ~ Herr Winter

Ich schickte Mara ohne Widerrede auf unser Zimmer und ging schnell zurück zur Umkleide um unsere Taschen und Klamotten zu holen. Ich war die einzige, die noch hier war. Das dachte ich zumindest, bis ich ein verzweifeltes "Scheisse!" aus dem Bad auf dem Flur hörte. Ich zuckte erschrocken zusammen.

Dann ging die Tür des Bads auf und heraus kam Mark. Seine Klamotten klebten noch immer nass vom Regen an seinem Körper und seine Frisur war, nun ja, auch etwas zerstört.

Er hatte mich noch gar nicht bemerkt, doch plötzlich blickte er zu mir. In seinen Augen glitzerten verräterische Tränen. Einen Moment schien er zu überlegen, wen er da vor sich hatte. Dann wuschelte er sich betont arrogant durch die Haare und guckte mich finster an.

"Denk bloß nicht, ich hätte wegen einer Schlampe wie Mara geweint!" zischte er und ging erhobenen Hauptes am mir vorbei nach draussen. Ja klar, ich sollte ihm glauben, er hätte nicht wegen Mara geweint. Als ob.

Das schlimme daran: Mark musste wohl noch genau so an Mara hängen wie sie an ihm. Und jetzt war nur wegen eines blöden Streits Schluss. Das konnte doch nicht sein, wenn sie sich beide so unglücklich machten!

Jetzt musste ich aber erstmal nach Mara schauen. Und diese war wirklich ein kleines Häufchen Elend, denn als ich in unser Zimmer kam, lag sie immer noch schluchzend auf dem Bett, in den ganzen nassen Klamotten, und ihr ganzer Körper zitterte.

Ich tat alles in meiner Macht stehende um sie zu ermuntern und ihr zu helfen. Ich holte ihr frische Klamotten, hörte ihr zu und nickte einfach und nahm sie in den Arm. Ich holte uns das Mittagessen aus der Küche hoch aufs Zimmer, auch wenn  es nicht erlaubt war.

Was tut man nicht alles, wenn jemand Liebeskummer hat?
Nach einiger Zeit hatte sich Mara beruhigt. "Danke, Louisa, ich weiss gar nicht, was ich ohne dich gemacht hätte..." sagte Mara zu mir und bedankte sich. Ich lächelte ihr zu. "Selbstverständlich, meine Liebe" antwortete ich.

"Kannst du mich vielleicht für den Nachmittagsunterricht entschuldigen?" fragte sie mich bittend. "Geht klar" erwiderte ich u.d. sie lächelte dankbar.

Ich nahm wieder meine Tasche und unsere Teller vom Mittagessen. Wie vorhin lief ich hinten zu dem Kücheneingang, um die Teller wieder zurückzubringen. Gerade als ich die Teller auf der Spüle abgestellt hatte, kam die Köchin Susanne herein. Überrascht schaute sie mich an. "Huch, habe ich eine neue Küchenhilfe bekommen?" fragte sie mich zwinkernd.

Ich lächelte sie freundlich an. "Nicht ganz, die Teller waren nur ausgeliehen." Susanne guckte mich an und nickte dann bloss. "In Ordnung. Ach ja, und wenn mal irgendwas sein sollte, dann weißt du, dass hier immer ein Ort zum Reden ist. Und einen heissen Kakao gibt's auch"

"Danke, dass weiß ich sehr zu schätzen" antwortete ich ehrlich, winkte, und machte mich auf zum Unterricht. Letztes Fach für heute: Politik.

Ich betrat als eine der letzten das Klassenzimmer. Die meisten saßen schon an ihren Plätzen. Auch ein Lehrer stand schon vorne und schrieb etwas an die Tafel an. Ich schaute mich nach einem freien Platz um. Einige Gesichter kamen mir schon bekannt vor. Ich setzte mich nach hinten neben ein Mädchen, das mir freundlich zulächelte.

Dann drehte sich der Lehrer um und liess seinen Blick über die Klasse schweifen. Es wurde ruhig, der Lehrer strahlte Respekt aus. Er war zwar höchstens ein wenig grösser als ich, aber trotzdem vollkommen kontrolliert und auf eine eigene Weise grösser als jeder in diesem Raum.

Sein Blick landete auf mir und er guckte mich durchdringend und mit gerunzelter Stirn an. Mit einer knappen Handbewegung winkte er mich zu sich nach vorne. "Sie sind neu" stellte er fest und ich wusste nicht, ob ich darauf jetzt irgendwas erwidern sollte.

Ich wusste nur, dass es mir unangenehm war, wie er meinen ganzen Körper mit seinem stahlblauen Blick taxierte. Dann gab er mir die Hand, schüttelte sie und sagte "Winter ist mein Name. Herr Winter" Er hielt meine Hand einen Moment zu lange fest, bevor er nach einer Liste griff.

"Ich nehme an sie sind Louisa Laurence, werte junge Dame?"
Oh Gott, diese Ausdrucksweise... Ich riss mich zusammen und nickte, während ich ein gezwungenes Lächeln hervorbrachte. "Setzen sie sich doch bitte hier nach vorne, dann kann ich sie besser im Blick behalten"

Er sagte es ohne Widerrede und ich schluckte, ging nach hinten um mein Zeug zuholen, und setzte mich an den befohlenen Platz. Neben mir saßen jetzt zwei Mädchen, die Herrn Winter durchweg anschmachteten. Es war kaum zum Aushalten.

Mitten in der Stunde klopfte es an die Tür. Herr Winter öffnete und Josi kam mit gesenktem Kopf in die Klasse. Sie entschuldigte sich für ihr zu spät kommen, aber sie schaffte es kein einziges mal dem Lehrer in die Augen zu schauen. Irgendwas ging da zwischen den beiden in der Luft.

Dann kam Josi mit langsamen Schritten auf mich zu und setzte sich direkt neben mich einen freien Platz. Nicht einmal in dieser Stunde blickte sie mich geschweige denn den Lehrer an, sondern starrte nur auf ihr Heft vor sich.

Als es der Gong erschallte sprang sie regelrecht auf. Doch sie wurde direkt gebremst. "Josephine Cavenor, ich bräuchte sie noch kurz hier bei mir" sagte er und Josi erstarrte.

Ich sah, wie ihre Hände zitterten, als sie ihr Heft einpackte, und wie sie sich angstvoll umschaute, wie als würde sie einen Fluchtweg suchen. Aber wovor hatte sie solche Angst?

Dann landete ihr Blick auf mir. Und ich erkannte die Angst und Verzweiflung in ihren Augen. "Hilf mir!" flüsterte sie. Was auch immer da los war, es musste schon ernst sein. Während ich meine Sachen einpackte überlegte ich krampfhaft nach einer Ausrede um Josi hier rauszuholen.

"Herr Winter, ich glaube mir ist schlecht" sagte ich und begann zu husten und nach Luft zu schnappen. Ich sah, wie er besorgt zu mir guckte. Jackpot, er kaufte mir meine Schauspiel Einheit ab! Ich klammerte mich an Josis Arm. "Toilette!" hustete ich und zog sie mit mir in Richtung Tür. Sie spielte mit.

"Ähm, Josianne Cavenor, ich wollte..." doch ich unterbrach ihn mit einem erneuten Hustenanfall. Josi nahm mich am Arm, wir liefen auf die Toilette und sie schloss schnell hinter uns ab.

"Danke" sagte Josi und lehnte sich gegen die Tür. Eine Träne lief über ihre Wange. "Ich weiss, dass ich der letzte Mensch bin, der das hier verdient hat..." Ich schaute die verzweifelte Josi an. "Ich möchte nur gerne wissen was los ist. Irgendwas stimmt da doch nicht!" sagte ich zu ihr.

Josis Augen füllten sich wieder mit Tränen. Dann holte sie tief Luft und begann zu erzählen.







Hellooo<3

Ich hatte jetzt am Ende die Idee, dass das nächste Kapitel vielleicht aus Josis Sicht kommen könnte. Schreibt mal, ob ihr die Idee gut fändet, oder lieber nicht ;)

P.S. Neues Cover! Ich mag es sehr, es ist aber nur eine Erstversion also vielleicht kommt nochmal ein anderes ^^

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