Kapitel 3
Auf den ersten Blick war es ein ganz normaler Flur. Peter ließ seinen Blick über ein Paar in die Ecke gepfefferter Schuhe, ein leicht schief hängendes Wandbild und eine vergammelte Zimmerpflanze auf einem Regalbrett schweifen. Nichts deutete darauf hin, dass zwei Türen weiter jemand erstochen worden war. Und doch lag etwas in der Luft.
Tod.
Selbst nach Jahren der Arbeit als Kriminalpolizist jagte Peter die Atmosphäre an Mordschauplätzen immer noch eine Gänsehaut über den Rücken. Doch er hätte nie gedacht was für eine Heidenangst er haben würde als Mörder dort aufzutauchen... Nun ja, er hätte auch nie gedacht dass er jemals zum Mörder werden würde.
Mit zitternden Beinen, aber festen Schrittes ging er auf die Küchentür zu, hinter der die leise Unterhaltung von zwei Spurensicherungsleuten zu vernehmen war. Julian lief neben ihm her und hüpfte dabei von einem Bein aufs andere. "Musst du aufs Klo oder was hüpfst du so dämlich rum?", brummte Peter genervt. "Nee nee", versicherte Julian,"Das ist bloß alles so spannend!" Bei dieser kindischen Äußerung ging mal wieder Peters Temperament mit ihm durch. "Sag mal bist du blöd Kleiner!" blaffte er den eins neunzig großen Julian an,"Wir sind hier nicht in irgendeiner beschissenen Fernsehserie, sondern im ECHTEN LEBEN und versuchen einen FUCKING MORDFALL aufzuklären, also nimm die Sache mal ein bisschen ernster, ja?" "Ja ja", maulte Julian beleidigt.
"Gibt's Probleme?", eine junge Frau mit knallrot gefärbtem Pixie Cut steckte ihren Kopf aus der Küchentür. "Ah, die Polizei ist da", meinte sie dann, als sie Peter und Julian erblickte, zog einen Gummihandschuh von ihrer Hand runter und streckte sie danach den beiden Polizisten entgegen: "Sonja Schneider vom Spurensicherungskommando, angenehm"
"Ich bin Julian Lübner und das da ist Peter Meter", entgegnete Julian sofort und schüttelte eifrig ihre Hand. Fräulein Schneider zog die Augenbrauen hoch und bedachte ihn mit einem belustigten Schnauben, bevor sie sich umdrehte und den beiden Männern in die Küche vorausging.
Julian sah sich um und seine Lippen formten ein kreisrundes O. "Ja ja", dachte Peter,"Hier sieht es schon eher aus wie in einem deiner Fernsehkrimis" Auf den Schränken und der Anrichte waren mit schwarzem Pulver Fingerabdrücke sichtbar gemacht worden und an den Klebebandmarkierungen am Boden konnte man sehen, wo die Leiche gelegen hatte. Zum Glück hatten sie den Toten schon abtransportiert, noch einmal hätte Peter diesen Anblick nicht ertragen.
Ein zweiter Spurensicherungsmann verteilte Gummihandschuhe, dann machten sie sich an die Arbeit. Fotos schießen, Fingerabdrücke vergleichen, Indizien suchen. Fräulein Schneider gab Peter außerdem eine Plastiktüte mit einem blutverschmierten Messer darin. "Die Tatwaffe", sagte sie knapp, "Sie steckte dem Opfer in der Brust als man es fand. Am Griff haftete ein schwarzer Faden, was darauf hindeuten könnte dass der Täter Stoffhandschuhe getragen hat. Ich gebe sie Ihnen zur weiteren Untersuchung." Peter nickte und machte sich wieder an die Arbeit.
"Okay, ich fasse nochmal zusammen: Die Fingerabdrücke sind alle von der gleichen Person, höchstwahrscheinlich also von Christoph Baum. Gefundene potenzielle Beweisstücke: Violette Haarspange unter dem zweiten Schrank von links, schwarzer Faden an der Tatwaffe, der möglicherweise von der Kleidung des Täters stammt. Julian, hast du mitprotokolliert?" "Sicher", der junge Möchtegern-Komissar klappte sein I-Pad zu, in das er die Früchte ihrer dreistündigen Arbeit eingetippt hatte.
Inzwischen war es Mittag, und bevor sie die Nachbarn befragten wollten Peter und Julian noch etwas essen. Ein paar Straßen weiter gab es eine Dönerbude, bei der sie einkauften. Dann gingen sie zurück zu Chris' Haus und setzten sich auf die Motorhaube vom Polizeiauto. "Mahlzeit", wünschte Peter und biss in seinen Rotbarschdöner. Julian zündete sich eine Zigarette an. Dann schwiegen sie.
Irgendwo weinte ein Baby. Julian stand auf und ging in Richtung Mülleimer. Und Peter dachte über die Ermittlungen nach und darüber wie und zu wem er eine falsche Fährte legen sollte. Die lila Haarspange (keine Ahnung woher die kam, wahrscheinlich gehörte sie einer Exfreundin von Chris. Oder - Gott bewahre - etwa Marie?!) ließ ja erst mal eine weibliche Täterin vermuten, aber der Faden - der gehörte höchstwahrscheinlich tatsächlich zu seinen Handschuhen. Marie hatte sie ihm selbst gestrickt, zur Feier ihres Zweimonatigen, als er bei ihr eingezogen war. Peters Augen begannen zu brennen - verdammt, verdammt, verdammt. "Hör auf dieser Ziege hinterherzutrauern!", ermahnte er sich selbst,"Fakt ist, dass diese Handschuhe jetzt eiskalt gegen dich verwendet werden können!" Aber er hatte sie doch in einem Restmüllcontainer versenkt. Dort würde sie doch hoffentlich niemand...
"Peter, komm mal her!", tönte plötzlich Julians Stimme von den Müllcontainern zu ihm herüber, "Ich hab hier was entdeckt was eventuell interessant sein könnte."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top