Phillis' philosophische Abhandlung über Werwölfe

Nachdem sie ihre Sachen wiedergefunden hatten (inmitten von einem Haufen aus Zeug, das so aussah, als hätte es einmal Sterblichen gehört, nachdem in Schottland eher seltener Demigötter unterwegs waren (sie bedienten sich natürlich ausgiebig und schaufelten alles zusammen, das irgendwie nützlich sein könnte – hauptsächlich Geld)), fanden sie irgendwie einen Weg aus der Zyklopen-Höhle und brachten erst einmal ein paar Kilometer zwischen sich und diesem traumatischen Erlebnis von dem sie – wie Houdini mehrmals unterstrich – noch lange Albträume haben würden.

Sie kamen nach Aviemore, wie ihnen ein Straßenschild verriet und dort fanden sie auch ein einziges, winziges Restaurant, das eigentlich mehr ein Café war, das zufällig auch warmes Mittagessen verkaufte.

Sie waren verschwitzt, blutig, dreckig und absolut müde nach ihren bisherigen Abenteuern, weswegen die Kellnerin wohl das Recht dazu hatte, sie misstrauisch anzusehen, aber Phillis blätterte einfach ein ordentliches Trinkgeld hin und nachdem die Kellnerin ein paar Mal mit einem Raumspray um sie herum gegangen war, beschwerte sich auch niemand mehr über ihren Gestank.

Houdini verabschiedete sich auch erst einmal für geschlagene zwanzig Minuten auf eine Toilette und als er wiederkam, war die Haut in seinem Gesicht gerötet, nachdem er so lange geschruppt hatte, bis er sicher gewesen war, dass er jegliche Shandy-Spucke entfernt hatte.

Phillis wechselte in einem Bad den Verband und ihre Hand und grinste beim Anblick ihres neuen Tattoos. Das Ambrosia, das sie wegen ihrer Kopfverletzung genommen hatte, hatte auch dort bei der Verheilung geholfen und es war kaum noch eine Rötung zu sehen. Nur noch ein Symbol von einer Sonne, eingeritzt in ihre Haut und mit Tinte verewigt war es schon auf eine dünne Narbe reduziert und Phillis' Bauch kribbelte noch immer, wenn sie es ansah, aber sie verband es trotzdem noch einmal mit einem großen Pflaster.

Sie gönnten sich mit dem Geld aus der Zyklopen-Höhle ein großes Mittagessen – noch nie hatte ein Burger so gut für Phillis geschmeckt und nachdem auch Pirro und Houdini wie hungrige Wölfe sich nur auf ihr Essen konzentrierten und kein Wort gesprochen wurde, vermutete sie, dass es ihnen gleich ging.

Eigentlich vermisste Phillis Hogwarts nicht wirklich (vielleicht vermisste sie Quidditch oder auch ihre neuen Freunde und Remus, aber nicht die Schule selbst), aber zugegeben, das Essen vermisste sie wirklich.

Dann suchten sie sich einen Ort, an dem sie ihr Lager aufschlagen konnten, obwohl es eigentlich noch ziemlich früh für ihre Verhältnisse war, aber sie stimmten einstimmig darüber ab, dass sie sich diesen einen Tag eine kleine Pause gönnten, nachdem sie beinahe Zyklopen-Futter geworden waren.

Beim Herumgehen in der Stadt fanden sie auch eine freie Grasfläche – einfach so inmitten von Zivilisation.

„Hey, warum nicht hier?", fragte Pirro belustigt und deutete auf die Grasfläche, „Glaubt ihr, die Sterblichen würden uns verjagen oder die Polizei rufen, wenn wir einfach hier unser Zelt aufschlagen?"

Phillis bezweifelte das, aber sie hatte andere Sorgen. „Nein – hier nicht", bestimmte sie, „Da ist ein Feenkreis, du Idiot! Wir übernachten ganz bestimmt nicht inmitten von einem Feenkreis!"

Pirro lachte laut auf und ausnahmsweise sah auch Houdini sie so an, als wäre sie verrückt.

„Dieser Steinkreis?", fragte er, „Du hast wirklich Angst davor?"

Phillis seufzte – solche Dinge durfte sie sich nicht nur von Amerikanern anhören, sondern auch von Engländern, also war sie das schon gewohnt.

„Okay, Leute", begann sie und hob abwehrend die Hände, „Ich bin Irin – ich bin damit aufgewachsen und kaum jemand glaubt wirklich an dieses Zeug, aber... sicher ist sicher?"

Pirro konnte sich vor Lachen kaum noch halten und Houdini sah sie unendlich enttäuscht an.

„Hey!", Phillis spürte, wie sie rot wurde und sie wünschte sich, die beiden würden das besser verstehen, „Es ist nur... ich habe ganz sicher keine Lust, mich mit Feen anzulegen! Besonders nicht nach allem, das uns sowieso schon passiert ist! Solche Sachen tut man einfach nicht – egal, ob man daran glaubt oder nicht."

Pirro beruhigte sich endlich wieder und wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. „Ich kenne das von meinem Dad – wir sind nicht religiös, aber er bekreuzigt sich trotzdem vor jedem Kreuz. Más vale prevenir que lamentar, sagt er immer – sicher ist sicher."

„Religionen verstehe ich nicht", bestimmte Houdini, „Wir haben Gott getötet – daran glaube ich. In einer modernen Welt hat ein Gott keinen Platz."

Phillis und Pirro sahen ihn schräg an.

„Houdini", sagte Phillis ruhig, „Du bist wortwörtlich ein Sohn einer Göttin."

„Das ist etwas anderes", winkte Houdini unbeeindruckt ab, „Das sind Wesen, die eben mächtiger sind, als Sterbliche oder wir –"

Donnergrollen in der Ferne.

„– sehr viel mächtiger", korrigierte Houdini sich, „Aber sie entsprechen nicht direkt der Vorstellung von einem Gott wie der der Christen oder Muslim, oder?"

„Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von Religionen", gestand Phillis, „Für mich ist das Konzept von Göttern vollkommen fremd gewesen, als ich das erste Mal davon gehört habe." Als reinblütige Hexe war es nicht alltäglich, dass man von griechischen Göttern hörte, wie es vielleicht bei Muggeln der Fall war.



Sie gingen also etwas außerhalb von der kleinen Stadt und schlugen dort ihr Lager auf.

Das Abendessen (was eigentlich eher ein zweites Mittagessen war (außer man sah das erste Mittagessen als frühes Abendessen (dann wäre es ein zweites Abendessen))) fiel nicht wirklich zufriedenstellend aus (im Gegensatz zu dem mächtigen ersten Mittagessen/Abendessen), aber sie mussten ihr Geld doch sparen und hatten noch Vorräte, die auch langsam zur Neige gingen, also würden sie morgen wohl wieder bei einem Laden vorbeisehen.

Noch viel weniger zufriedenstellend aber war die Tatsache, dass sie auf eine Sackgasse gestoßen waren.

Woher sollten sie denn wissen, wohin Lycaon mit seinem Rudel und der Büchse (nach der sie eigentlich suchten) verschwunden war, wenn er keine Spur hinterließ. Er war in dieser Gegend das letzte Mal vor Wochen wirklich „gesehen" worden und selbst da waren es nur indirekten Anzeichen gewesen (wie erlegte Schafe).

„Wie hat die erste Delegation sie gefunden?", fragte Houdini nachdenklich und studierte wieder die Karten.

„Birget hat erzählt, dass Ruth regelmäßig von ihrem Auftrag geträumt hat", erzählte Phillis, „Sie hat immer den nächsten Schritt gesehen und sie haben diesen nur interpretieren müssen."

„Und bei dir?", fragte Pirro hoffnungsvoll, aber der unbeeindruckte Blick von Phillis sagte mehr als tausend Worte.

„Also... stecken wir fest", seufzte Pirro und gähnte müde, „Endstation?"

„Jetzt sei nicht gleich so negativ", tadelte Phillis ihn, „Wir finden sicher einen Weg – die Götter wollen ja, dass diese Prophezeiung erfüllt wird. Es ist ihnen vielleicht nicht ganz so egal."

Houdini hob fragend eine Augenbraue und Phillis seufzte geschlagen.

„Okay... doch, es ist ihnen egal – ich weiß nicht mehr weiter", gestand sie, „Aber... wir sollten noch nicht aufgeben. Morgen sieht alles vielleicht schon ganz anders aus."

„Hoffentlich", Pirro streckte sich müde, „Ich werde jetzt auch schlafen – übernimmt einer von euch die erste Wache?"

„Ich mach das", versprach Houdini, „Phillis kann mich ablösen."

„Dann sollte ich wohl auch schlafen und hoffen, dass ich die Zukunft sehe", scherzte Phillis und lachte trocken, „Wenn ich Glück habe, dann sehe ich vielleicht sogar den Tod von einem geliebten Menschen!"

„Positiv denken!", zitierte Pirro sie und verschwand im Zelt.

Phillis blieb noch einen Moment länger mit Houdini draußen sitzen, der seine Jacke enger um sich zog, um gegen die kühlere Abendluft anzukommen.

„Du solltest wirklich schlafen", riet er ihr, „Du hilfst niemanden, wenn du wach bleibst – deine Wunde ist zwar verheilt, aber dein Körper braucht Ruhe, um wirklich heilen zu können. Und wir sitzen noch nicht wirklich fest – wir sind gerade aus unserem letzten Abenteuer entkommen, da können wir nicht sofort erwarten, dass schon das nächste auf uns wartet... eigentlich wäre eine Pause schon ganz angenehm."

Phillis nickte nur und ging wortlos ebenfalls ins Zelt – Pirro atmete schon tief und schlief wohl schon.

Es stimmte, dass man sich selbst nach einer Heilung mit Nektar und Ambrosia noch etwas mitgenommen fühlen konnte und es brauchte Schlaf und Ruhe (und Ruhe würde sie wohl so schnell keine bekommen, also blieb ihr wohl nur Schlaf), um solche Verletzungen wirklich zu überkommen – besonders Kopfwunden.

Natürlich war das mit dem Schlaf auch eher im weiten Sinne erholsam, denn wenn man ein Demigott war (besonders mit Apollo als Dad), musste man jederzeit mit wirklich beunruhigenden Träumen rechnen.

Phillis hatte aber im Laufe dieses bis jetzt eigentlich noch nicht so lange andauernden Abenteuers gelernt, dass nur, weil etwas beunruhigend war, das nicht automatisch bedeutete, dass es auch schlecht war – in diesem Fall waren beunruhigende Träume von Wölfen ganz in Ordnung.

Das einzige Problem war nur, dass Phillis sich in der Sicht von einem Kind wiederfand und der einzige Anhaltspunkt, der ihr dieses Wissen gab, war ihre geringe Größe im Gegensatz zu ihrem Alltag und ein einziger Blick auf ihre kindlichen Hände.

Es dämmerte schon und es war dunkel, aber sie hatte keine Angst. Genau genommen war sie eigentlich ganz ruhig und genoss noch den eher warmen Abend mit dem Geruch von Regen in der Luft, wie er Phillis vor dem Schlafengehen ebenfalls schon aufgefallen war, also befand sie sich vielleicht in der Nähe.

Sie war wohl in einem Park, denn obwohl sie von Gewächsen und Bäumen umgeben war, schienen diese künstlich gepflanzt worden zu sein. Phillis bemerkte, dass ihr der wilde Wald im Camp oder auch in Hogwarts fehlte und ihr war eigentlich erst aufgefallen, dass so ein vielleicht gruselig und bedrohlich wirkender Wald doch auch Schutz bieten konnte, wenn einem nichts anderes übrigblieb als ein Zelt mitten in einer freien Fläche aufzuschlagen, von wo man von allen Seiten aus angegriffen werden konnte. Strategisch gesehen war Schottland die Hölle.

Plötzlich raschelte etwas neben Phillis (oder dem Kind, in dessen Körper sie gerade wohl steckte), aber sie war nicht beunruhigt – es raschelte andauernd irgendetwas.

Dieses Mal aber hätte Phillis achtsamer sein sollen – etwas sprang aus dem Gebüsch heraus und sie schrie auf, als dieses direkt auf sie zusprang.

Phillis schreckte hoch und blickte in das Gesicht von einem erschrocken aussehenden Houdini (soweit Houdini erschrocken aussehen konnte), der sie wohl gerade hatte wecken wollen.

„Alles gut?", flüsterte er – wohl, um Pirro nicht zu wecken.

Phillis' Herz raste, die keuchte, als hätte sie einen Marathon hinter sich und wenn sie die Augen schloss, hörte sie noch die Schreie von dem Kind (die nicht wirklich die ihren gewesen waren).

„Klar", sagte Phillis nur, „Wachablöse?"

„Nur, wenn du dich gut genug fühlst", antwortete Houdini besorgt (oder auch nur genervt von Phillis' Gefühlen), „Du bist etwas bleich."

„Schlecht geträumt – aber ich habe eventuell einen Plan", Phillis kroch leise aus ihrem Schlafsack und wurde natürlich sofort mit kalter Luft begrüßt – dann wurde sie auch wach, „Ich überlege das mir noch genauer und wecke euch zu Sonnenaufgang – versuche noch etwas zu schlafen."

„Aber klar doch", Houdini ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern legte sich in seinen eigenen Schlafsack und schloss die Augen, sofort im Land der Träume, während Phillis das Zelt verließ und auf dem Weg ihre Jacke mitnahm.

Es war dunkel und so ruhig. Phillis erinnerte sich an ihren Traum und dachte an das Kind, das wohl von einem Monster angegriffen worden war, aber eigentlich hatte es anders gewirkt.

Und Phillis dachte an die Horror-Geschichten, die ihre Mum ihr als Kind immer erzählt hatte.

Geschichten von Werwölfen, die Kinder aus ihren Betten stahlen und auffraßen. Oder auch Geschichten von Werwölfen, die Kinder bissen, wenn dieses nicht brav waren und man dann verflucht war, ebenfalls ein grausamer Werwolf zu sein.

Kein Wunder also, dass Phillis ziemlich panisch reagiert hatte, als sie in ihrem zweiten Jahr langsam herausgefunden hatte, dass ein Werwolf eventuell in Hogwarts war (und damals hätte sie natürlich niemals gedacht, dass sie beim Gedanken von eben diesem Werwolf rot werden würde und dann sie ihn tatsächlich küssen würde, geschweige denn davon, dass sie ihm so vertrauen würde, dass sie zusammen kommen würden).

Aber sie hatte sich informiert, hatte recherchiert und nicht nur mit Chiron gesprochen, sondern auch mit Professor McGonagall, die mehr als nur erschrocken darüber gewesen war, dass sie herausgefunden hatte, dass Remus Lupin ein Werwolf war und als erstes einen langen, hitzigen Vortrag darüber gehalten hatte, dass Remus Lupin genauso wie jedes andere Kind auch ein Recht darauf hatte, in Hogwarts zu lernen und dass sie ihm das nicht ruinieren sollte und Remus Lupin noch nie jemanden verletzt hatte und einfach nur das liebste Kind war, das jemand haben konnte.

Phillis hatte natürlich nur wissen wollen, ob sie vorsichtiger sein musste, aber McGonagall hatte ihr ganz klar gemacht, dass nicht Remus Lupin das Monster war.

Es hatte ein Jahr gebraucht, bis Phillis das einfach so akzeptiert hatte und dann, ein paar Jahre später, hatte sie Remus Lupin noch besser kennenlernen dürfen und ihre Entscheidung hatte sich als richtig herausgestellt.

Sie hatte mit ganz vielen Leuten darüber gesprochen: Chiron, Ruth, Birget und auch Laertes und Marty, die verschiedene Meinungen dazu gehabt hatten. Aber Phillis hatte zugegeben niemals einen Namen genannt und so wusste nun auch niemand, dass sie mit eben diesem Werwolf zusammen war – nicht einmal ihre Mum, die nur in Briefen von Remus Lupin gehört hatte, aber diesen noch nicht mit dem Werwolf verbinden konnte, von dem Phillis früher gesprochen hatte.

Worauf Phillis mit ihren Gedanken eigentlich hinauswollte war, dass diese Geschichten über grausame Werwölfe nicht alle nur gelogen waren, um Kinder zu erschrecken. Nicht jeder Werwolf war so knuffig wie Remus, der manchmal so nervös war, dass er kaum sprechen konnte und einfach nur stammelte und der immer einen Pullover bei sich hatte, weil ihm so leicht kalt wurde und der für sein Leben gern Schokolade aß in einem Ausmaß, dass es schon an einer Sucht grenzte und dann kamen natürlich noch seine physischen Kräfte dazu, die – besonders im Gegensatz zu Phillis – einfach nicht existent waren und das schwerste, das Remus wirklich heben konnte, war ein eher schweres Buch und selbst da hatte Phillis ihm geholfen (nicht, weil sie eine gute Freundin war, sondern weil es wirklich peinlich mitanzusehen gewesen war, wie Remus mit seinen dürren Ärmchen dieses große Buch mit sich herumgeschleppt hatte, als wäre es ein massiver Steinblock).

Es gab Geschichten von Werwölfen, die diese Horror-Geschichten von Werwölfen zu den ihren gemacht hatten und die wirklich Kinder aus ihren Betten holten oder diese in der Nacht bissen, wenn sie alleine waren – besonders im Zusammenhang mit Voldemort und seinen Todessern waren ein paar einzelne Fälle mittlerweile schon bekannt, aber sie häuften sich schon langsam an.

Was war also, wenn Phillis genau so einen Angriff gesehen hatte? Es hatte schon Ähnlichkeiten mit Erlebnisberichten von Überlebenden gehabt und noch mehr war Phillis aufgefallen, dass es wohl eine Antwort auf ihre Frage gewesen war: Wonach sollte sie suchen?

Die Antwort lag auf der Hand – natürlich nach Werwölfen und Phillis dachte daran, dass solche Vorfälle bestimmt im Tagespropheten auseinandergenommen wurden, um Werwölfe in ein möglichst schlechtes Licht zu stellen.

Ihr war schon aufgefallen, dass es Unterschiede zwischen Werwölfen der Zaubererwelt und denen aus der Götterwelt gab, aber Chiron hatte das damit erklärt, dass selbst Monster eine Evolution durchschritten und sich im Laufe der Jahrtausende natürlich einiges verändert hatte. Besonders, nachdem Monster normalerweise nicht wirklich geschaffen wurden – jedenfalls nicht so, wie Werwölfe, bei denen man selbst einen Sterblichen (oder Muggel) mit einem Biss anstecken konnte, obwohl dieser zuvor keine Kontakte zu irgendetwas göttlichem/magischem gehabt hatte.

Dadurch gab es wohl Werwölfe, wie Phillis sie im Camp kennengelernt hatte und für die man – wie sie aus eigener Erfahrung gelernt hatte, als sie in einer Vision dabei zugesehen hatte, wie Ruth von solchen Werwölfen zerrissen wurde – kein Mitleid haben sollte (diese waren tatsächlich nur blutrünstige Monster, die ihr Leben tatsächlich darauf aufbauten, schrecklich zu sein und Demigötter (aber auch Sterbliche) umzubringen und zu fressen – angeführt von Lycaon) und dann gab es noch Werwölfe in der Zaubererwelt, die einfach das Pech gehabt hatten, von einem Werwolf der späteren Generation gebissen zu werden, die aber durchaus in der Lage waren, sich zu kontrollieren und die vielleicht sogar noch friedfertiger und pazifistischer waren, als Phillis und nach dieser Unterteilung galten sie nicht mehr als Monster.

Das war jedenfalls die Erklärung, die Phillis irgendwann in ihrem zweiten Jahr festgelegt hatte und nach der sie lebte und deswegen hatte sie eher wenig Probleme damit, dass Remus Lupin ein Werwolf war, denn er war kein Monster und manchmal konnten Sterbliche oder andere Menschen noch schlimmere Monster sein als solche wie Remus.

Zusammengefasst war ihre Idee, dass sie im Traum wohl einen Werwolfangriff mitangesehen hatte und dieser bestimmt in einer Zeitung thematisiert worden war – am ehesten noch im Tagespropheten.

Nachdem Phillis aber ohne eine Eule keine Ahnung hatte, wie sie an einen Tagespropheten kommen sollte, wich sie wohl auf Muggelzeitungen aus und überlegte sich, ob sie darin vielleicht etwas finden könnte – es war zumindest schon einmal ein Anfang und so hätten sie zumindest irgendein Ziel. Sie könnten sich einfach auf den Weg machen und vielleicht fanden sie auf dem Weg zufällig eine andere Spur – auf jeden Fall war alles besser, als so zu wirken, als hätte sie gar keinen Plan. Houdini und Pirro verließen sich auf sie.

Zu Sonnenaufgang (Apollo spielte zufälliger Weise Sympathy For The Devil von den Rolling Stones) weckte Phillis Houdini und Pirro etwas zuversichtlicher und sagte ihnen, dass sie in die Stadt gehen würde, um eine Zeitung zu kaufen und sie bald zurück sei und sie brauchte kaum eine halbe Stunde, um einen Kiosk zu finden und sie nahm einfach eine, die Nachrichten aus ganz Schottland brachten.

Als sie zurück zum Zelt kam, hatten die Jungs Frühstück vorbereitet, wobei dieses eher wenig Unterschied zum enttäuschenden zweiten Abendessen am Vortag hatte – das letzte, trockene Brot mit Sachen zum Belegen und ein paar Reiswaffeln.

„Warum hast du eine Zeitung gekauft?", fragte Pirro und gähnte noch etwas verschlafen, aber im Gegensatz zum Vortag wirkte er schon viel ausgeruhter – das taten sie alle.

„Ich habe mir überlegt, dass wir da drin vielleicht etwas über Wolfsrudel finden könnten", schlug Phillis vor, „Lycaons Werwölfe sind zwar etwas vorsichtiger, als Tiere es sind, aber vielleicht hat trotzdem ein Mu- Sterblicher etwas gesehen."

„Glaubst du?", fragte Pirro kritisch mit einem zweifelnden Blick auf die Zeitung, „Ich weiß nicht... ist das nicht zu alltäglich, um in einer Zeitung zu stehen?"

Phillis sackte enttäuscht etwas zusammen – hatte Pirro recht? Aber dann nahm Houdini ihr die Zeitung aus der Hand und begann, sie durchzublättern, während er bestimmte: „Ein Versuch ist es wert!"

Er brauchte tatsächlich nicht lange, um etwas zu finden. „Hier! In Innocence... nein... warte... In-ver-ness... Inverness!", Houdini tippte auf einen Artikel und hielt ihn Phillis und Pirro entgegen, „Wölfe in der Nähe von einer ziemlich großen Stadt – Experten unterhalten sich wohl darüber, ob das eine alte Route von Wölfen ist und sie der Spur ihrer Vorfahren verfolgen. Klingt doch gut, oder?"

Pirro schien tatsächlich überrascht. „Warum steht so etwas in einer Zeitung? Wo ist Inferno überhaupt?"

Inverness", korrigierte Houdini ihn und blickte auf die Karte, „Und es ist gar nicht so weit entfernt – vielleicht zwölf Stunden Fußmarsch, aber die letzte Sichtung ist schon eine Woche her."

„Und trotzdem steht es noch in der Zeitung? Habt ihr nichts anderes, über das ihr berichten könnt? Wenn in Amerika irgendwelche Vorfälle eine Woche her sind, liest man davon nicht mehr in der Zeitung, oder?", fragte Pirro ungläubig, „Ihr Europäer seid echt seltsam..."

„Tja...", Phillis sah ihn feixend an, „Du bist eben nicht mehr in Kansas, Pirro."

„Pirro kommt aus Mexiko", erinnerte Houdini sie, ohne von der Karte aufzublicken.

Phillis seufzte. „Ich weiß, du Dussel, das ist nur so ein Sprichwort von Mu- Menschen! Woher weißt du eigentlich, dass er aus Mexiko ist?"

Nun stockte Houdini und Pirro hustete und wurde etwas rot.

„Er... hat es mir gesagt?", antwortete Houdini ruhig.

Phillis grinste vielsagend. „Oh", machte sie, „Verstehe..."

„Bitte...", keuchte Pirro gequält, „Lass... es einfach!"

Phillis grinste noch breiter. „Okay... wenn du das willst."

„Ich habe keine Ahnung, wovon ihr beide redet", gestand Houdini und Phillis wusste nicht, ob er nur so tat oder es wirklich nicht verstand, aber Phillis fand es so oder so lustig und begann laut zu lachen.

Pirro vergrub vor Scham sein Gesicht in seinen Händen und Houdini beschloss wohl, dass die anderen beiden seine Zeit nicht mehr wert waren und er sich lieber in der Welt von Zeitungsartikel und Karten flüchtete, während er die beste Route suchte.

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