Paint it, Black
Nachdem Professor McGonagall ihren ersten Schrecken überwunden hatte, scheuchte sie Phillis in ihr Büro und setzte sie an ihren Schreibtisch.
Sie zündete ein paar Kerzen an, um die Dunkelheit zu vertreiben, aber für Phillis änderte das nichts. Sie starrte mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck vor sich hin, als würde sie wieder einmal nur in McGonagalls Unterricht vor sich hinträumen. Sie weinte nicht, sie schrie nicht, sie fluchte nicht.
Eigentlich reagierte sie überhaupt nicht so, wie jemand reagieren sollte, der gerade einen geliebten Menschen verloren hatte, aber eigentlich war sich McGonagall nicht einmal ganz sicher, ob diese Schwester von der Phillis sprach überhaupt ein geliebter Mensch gewesen war.
Sie hatte nicht gewusst, dass Phillis neben ihrer Mutter und ihrem Onkel noch nähere Familie hatte. Sie hatte nie etwas von einem Vater oder Geschwistern gewusst und obwohl sie wusste, dass Phillis nicht unbedingt als Engel in Hogwarts bekannt war, glaubte die Professorin nicht, dass ihre Schülerin lügen würde, um nach Hause gehen zu können.
McGonagall hatte Dumbledore per Kamin kontaktiert und nur wenig später erschien der Schulleiter selbst schon im Feuer – angezogen, als wäre er noch gar nicht zu Bett gegangen, was man ihm auch wirklich zutrauen würde.
Sie setzten sich zusammen an McGonagalls Schreibtisch und zunächst sagte niemand etwas.
Phillis starrte vor sich hin und schien mit ihren Gedanken ganz weit weg, während die beiden Professoren sie besorgt ansahen und hin und wieder warf McGonagall dem Schulleiter einen hilfesuchenden Blick zu.
„Phillis", sprach Dumbledore schließlich und Phillis blinzelte, als sie aus ihren Gedanken gerissen wurde und versuchte wohl, ihren Blick auf den Schulleiter zu fixieren, aber sobald sie aus ihrer Gedankenwelt gerissen worden war, konnte nicht einmal ihr Blick stillhalten und ihre Augen huschten durch den ganzen Raum. Sie konnte ihren Professoren nicht in die Augen sehen – sie konnte gar nichts allzu lange ansehen.
„Ja?", fragte Phillis. Sie klang nicht so, als würde sie bald zu weinen beginnen. Sie klang auch nicht wütend. Genau genommen hörte man keine Emotion in ihrer Stimme heraus.
„Würdest du gerne etwas trinken? Tee? Wasser?"
„Nein, lieber nicht", sagte Phillis nur.
„Wie geht es dir?", fragte Dumbledore ruhig und lächelte sie an.
Das Lächeln passte Phillis nicht. Warum sollte er lächeln?
„Schwarz", antwortete Phillis ihm, noch immer ohne jegliche Emotion in der Stimme. Mit ihren Fingern klopfte die den Rhythmus von "Paint it, Black" von den Rolling Stones auf die Stuhllehne.
„Schwarz ist keine Emotion", bemerkte McGonagall mit einem leicht besorgten Blick auf Dumbledore, als hätte sie Sorge, dass Phillis ihren Verstand verlor, aber Dumbledore war ganz ruhig.
„Schwarz kann eine Emotion sein", widersprach der Schulleiter der Professorin, „Schwarz ist vielleicht sogar das einzige Wort, das diese Emotion beschreiben könnte."
Phillis sagte nichts dazu.
„Professor McGonagall hat mir erzählt, dass du gesagt hast, deine Schwester wäre gestorben", meinte Dumbledore ruhig, „Willst du darüber sprechen?"
„Nein, lieber nicht", sagte Phillis wieder.
„Du willst ihr Begräbnis besuchen?", fragte Dumbledore weiter.
Phillis nickte und blickte auf Chirons Brief in ihrer Hand. „Sie werden übermorgen schon ihr Leichentuch verbrennen. Ich sollte dort sein..."
„Natürlich", versicherte Dumbledore ihr, „Weiß deine Mutter Bescheid?"
„Nein, ich denke nicht", gab Phillis zu.
„Wie wirst du nach Hause kommen?", fragte McGonagall.
Phillis überlegte einen Moment, was gar nicht so einfach war, wenn hunderte Alarmsirenen zugleich in ihrem Kopf schrillten, ihre Gedanken herumschrien und allgemeine Panik herrschte, während sie nach außen hin vollkommen ruhig wirkte. „Darf ich einen Kamin von der Schule benutzen?", fragte Phillis.
„Ich denke, das lässt sich einrichten", versprach Dumbledore, „Wenn du nichts dagegen hast, würde ich heute noch deine Mutter kontaktieren, damit wir sie nicht mit dir überraschen und für heute Nacht bleibst du noch in Hogwarts."
Phillis nickte wie in Trance.
„Soll Madam Pomfrey Ihnen einen Beruhigungstrank geben, damit Sie schlafen können?", fragte McGonagall ihre Schülerin besorgt.
„Nein, ich würde lieber aufwachen, wenn ich schlecht träume."
„Soll Madam Pomfrey Ihnen einen Trank für Traumlosen Schlaf geben?", schlug McGonagall vor.
„Nein, ich würde lieber wissen, was ich träume."
In diesem Moment war Phillis endgültig ein Rätsel für McGonagall, aber das Mädchen stand eindeutig unter Schock und war im Moment nicht imstande irgendetwas Rationales zu tun oder zu sagen.
„Ich begleite Sie zurück zu ihrem Turm", bestimmte McGonagall also bestimmt und Dumbledore nickte.
„Natürlich. Wir sprechen morgen noch einmal darüber, Phillis, in Ordnung? Sie werden meinen Kamin benutzen können", versprach der Schulleiter.
„Danke, Professor Dumbledore", sagte Phillis nur, obwohl sie kaum zugehört hatte und Professor McGonagall begleitete sie tatsächlich zum Gryffindor-Turm, was vermutlich auch ganz gut so war, denn wer wusste, wohin Phillis gegangen wäre, wo ihre Gedanken doch so verwirrend und laut waren.
Beim Portraitloch ließ McGonagall sie alleine weitergehen, nachdem sie der Fetten Dame das Passwort genannt hatte (Phillis hatte es vergessen).
Phillis war erleichtert, als sie sah, dass alle anderen wohl zu Bett gegangen waren, denn der Gemeinschaftsraum war leer.
Sie konnte sich nicht wirklich an die Feier nach dem Spiel erinnern – sie konnte eigentlich kaum glauben, dass sie erst vor wenigen Stunden noch Quidditch gespielt hatte.
Sie dachte an ihre Beobachtung nach dem Spiel – als die Sonne hinter dunklen Wolken verschwunden war und sie an ihren Traum gedacht hatte.
Hatte Apollo sie verlassen? War ihre Schwester deswegen gestorben?
Phillis wollte nichts ins Bett gehen. Sie war unendlich müde, aber sie wusste, dass die Stille im Schlafsaal ihre Gedanken noch lauter machen würde. Sie brauchte jetzt keine Ruhe – sie brauchte Lärm.
Sie setzte sich auf einen Sessel nahe dem Kamin und spielte eine Saite der Gitarre – sie war verstimmt. Das bedeutete wohl, dass Ruth jemanden damit geschlagen hatte, ansonsten verstimmte sie sich nicht.
Phillis holte ihre Halskette hervor mit den Perlen, die man jedes Jahr im Camp bekam. Sie hatte fünf davon und jede von ihnen erzählte eine Geschichte.
Die letzte war sonnengelb mit einer blutroten Sonne – ein Andenken an die vielen toten Kinder des Apollo, die innerhalb eines Jahres gestorben waren. Es waren auffällig viele Kinder des Sonnengottes gewesen, die als tot gemeldet worden waren, bevor sie überhaupt das Camp für einen weiteren Sommer erreichen konnten und zurückdenkend fragte Phillis sich, ob ein Fluch auf ihnen allen lag.
War es ihnen vorherbestimmt zu sterben?
Vor zwei Jahren war ihre Hütte noch berstend voll gewesen und im nächsten Jahr waren kaum die Hälfte der Betten belegt gewesen. Nun würde es ein weiteres leeres Bett geben.
Phillis blinzelte sich die Tränen aus den Augen. Sie sollte nicht länger darüber nachdenken, sonst würde sie noch weinen. Sie sollte nicht weinen – sie hatte schon so viele Geschwister verloren, wenn sie immer in eine Depression fallen würde, wenn sie einen verlor, würde sie gar nicht mehr Freude verspüren können. Es war dämlich deswegen zu weinen. Sie sollte nicht weinen.
Sie zog ihre Stimmgabel von ihrer Kette und schlug sie an. In der absoluten Stille neben dem Prasseln des Feuers konnte Phillis den Ton ganz klar hören.
Sie stimmte die erste Seite danach. Es war nicht perfekt und Ruth würde es hassen, mit einer solch nur halbwegs gestimmten Gitarre zu spielen, aber Phillis besaß nun einmal nicht Ruths absolutes Gehör.
Sie konnte die Gitarre nur so stimmen, dass sie nicht mehr ganz schrecklich klang... dass man ihr nicht mehr ganz anhörte, dass mit ihr jemand geschlagen worden war.
Saite für Saite stimmte sie, bis der Gesamtklang wieder harmonisch war und Phillis überlegte, ob sie etwas spielen sollte, aber ihr fiel kein Lied ein, dass Ruth ihr nicht beigebracht hatte. Alle Lieder erinnerten sie an Ruth. Sie vermisste Ruth.
Also starrte Phillis einfach nur mit der Gitarre in der Hand ins Feuer.
Natürlich war Phillis nicht die einzige, die noch wach war.
Eigentlich waren auch noch die Rumtreiber wach, die auf den Treppen zum Jungenschlafsaal standen und sich versteckt hielten, wie auch Marlene und Lily auf der anderen Seite bei den Treppen zum Mädchenschlafsaal.
Sie hatten auch Phillis gewartet und als sie dann endlich gekommen war, war nicht die Phillis zurückgekommen, die sie kannten.
Sie sah müde aus. Vielleicht traurig?
Sie fragten sich, ob McGonagall sie erwischt hatte und sie jetzt Quidditch-Verbot hatte.
Vielleicht hätte sie doch jemand begleiten sollen. Phillis hatte sich schon so viele Monate solche Mühe gegeben, um nicht aus dem Team geworfen zu werden, dass sie nicht fassen konnten, dass sie all die Mühe der anderen auch einfach so aus dem Fenster geworfen hatte.
Aber sie wussten, dass etwas nicht mit ihr stimmte – jedenfalls wusste Remus das.
Er sah es ihr an. Sie zappelte nicht herum.
Die Rumtreiber und die Mädchen versuchten stumm miteinander zu kommunizieren und Lily deutete ihnen, dass jemand mit ihr sprechen sollte.
James sah sie zweifelnd an und schüttelte den Kopf.
Marlene nickte sicher.
Peter schüttelte ebenfalls den Kopf. Für sie war das keine gute Idee.
Lily deutete ihnen, dass einer von ihnen gehen sollte – sie sah sie mit dringlichem Blick an und meinte es wohl ernst.
„Glaub ihr, sie verstehen mehr von Mädchen?", fragte Peter leise, „Vielleicht sollten wir auf sie hören."
„Moony macht's", bestimmte Sirius sofort leise und stieß ihn leicht an, „Ihr versteht euch doch so gut."
„Was, nein!", zischte Remus, „Was ist, wenn sie lieber Ruhe hätte?"
„Dann lass sie in Ruhe", schlug James vor, „aber zuerst findest zu heraus, ob sie noch im Team ist."
„– und ob es ihr gutgeht", fügte Sirius schnell hinzu und sah James eindringlich an. James nickte schnell.
Remus seufzte und gab nach. Er ging die Treppen hinunter und Phillis schien ihn nicht einmal zu bemerken.
„Hey, Phil", sagte er leise und Phillis zuckte erschrocken zusammen und blickte alarmiert in seine Richtung, entspannte sich aber schnell wieder.
„Oh, noch wach?", fragte sie leise. Sie sprach ruhig und gefasst – so würde sie nicht sprechen, wenn sie aus dem Team geworfen worden wäre. Vielleicht war das ein gutes Zeichen.
„Ja...", Remus wollte sie nicht anlügen und ihr sagen, dass er nicht schlafen konnte, also ließ er es ganz, „Du siehst müde aus... willst du nicht schlafen gehen?"
Phillis schüttelte den Kopf.
„Geht es dir gut?", fragte Remus besorgt nach.
Phillis schüttelte wieder den Kopf und einen Moment lang war Remus überfordert mit der Situation, aber dann ließ er die anderen Rumtreiber einfach hinter sich und beschloss, so zu handeln, wie er als Freund handeln würde und nicht als jemand, der herausfinden sollte, was los war.
„Wie kann ich dir helfen?", fragte er Phillis ruhig und er hatte eigentlich erwartet, dass sie seine Hilfe ablehnen würde, aber stattdessen bemerkte er erschrocken, dass sich Tränen in Phillis' Augen sammelten und sie versuchte sie weg zu blinzeln, aber es gelang ihr nicht und eine einzige Träne rann über ihre Wange.
„Hey, hey!" Remus wusste nicht, was er tun sollte – wann sah man Phillis Dolohow schon weinen? „Was ist los? Rede mit mir!"
Und diese Worte reichten, um alle Dämme zu bersten.
Phillis spürte den Kloß in ihrem Hals, in ihrer Brust. Eine Träne rann über ihre Wange und sie verfluchte sich selbst dafür, dass sie weinte, aber es tat einfach nur weh.
Unbeschreiblicher Schmerz – nicht einmal mehr darstellbar.
Ihre Brust schmerzte – dort, wo sie wusste, dass ihr Herz lag. Sie bekam keine Luft mehr.
Ihre Gedanken rasten – es war zu laut.
Ein Schluchzen quälte sich hoch und sie versuchte es noch zu unterdrücken, aber sie konnte ihre Trauer nicht mehr unterdrücken und als sie aufschluchzte, konnte sie nicht mehr damit aufhören und sie schlug die Hände vors Gesicht, damit niemand sehen konnte, wie erbärmlich sie weinte.
„Sie ist tot", hauchte sie leise und nur für sie selbst hörbar, „Tot... tot... tot... tot... tot..."
„Phillis", Remus trat näher heran und legte eine Hand auf ihr Knie, „Alles in Ordnung? Geht es dir nicht gut?"
„Sie ist tot!", kreischte Phillis so laut, dass Remus erschrocken zurücksprang und die anderen, die gelauscht hatten eilten die Treppe hinunter, während im ganzen Turm die Schüler erwachten.
„Tot! Sie ist tot! Tot!", schrie Phillis und riss an ihren Haaren, sodass sie eine ganze Hand voll ausriss, aber sie spürte den Schmerz nicht – dieser Schmerz war nichts gegen den Schmerz der Trauer in ihrer Brust. Sie wollte, dass es aufhörte wehzutun.
„Hey, lass das!", befahl Remus erschrocken und versuchte wie immer ihre Hände aus ihren Haaren zu lösen, aber dieses Mal war Phillis nicht so kooperativ und wehrte sich gegen ihn.
„Lass mich los!", kreischte sie, aber Remus würde nicht zulassen, dass sie sich selbst wehtat und löste ihre Hände etwas grober aus ihren Haaren und hielt ihre Unterarme fest, aber Phillis bohrte einfach ihre Fingernägel in ihre Handballen, sodass diese zu bluten begannen und Remus verschränkte einfach seine Finger mit den ihren und umarmte sie so von hinten, dass sie sich kaum noch bewegen konnte.
Phillis kämpfte und kreischte und wehrte sich gegen Remus und er wusste nicht, wie er es schaffte, aber er hielt sie fest, obwohl Phillis stärker war, als er.
Die anderen standen wie paralysiert nur da und sahen einfach nur dabei zu, wie Phillis Dolohow zerbrach und Remus versuchte, sie vor sich selbst zu schützen.
„Steht nicht nur so herum!", befahl er gereizt, „Holt jemanden!"
James und Peter rannten los, vermutlich um McGonagall oder Madam Pomfrey zu holen, während Remus Phillis festhielt.
Einige andere Schüler waren in den Eingängen zu den Schlafsälen aufgetaucht und beobachteten alles neugierig. „Geht wieder ins Bett! Das ist ein Befehl von eurem Vertrauensschüler!", befahl Remus zornig und die meisten eilten schnell wieder in ihre Zimmer und um die restlichen kümmerte sich Lily, wie Remus erleichtert feststellte.
Es musste nicht jeder sehen, wie Phillis weinte.
Remus blinzelte seine eigenen Tränen aus den Augen – es tat weh, Phillis so zu sehen, aber er durfte keine Schwäche zeigen. Er musste für Phillis da sein, sein eigener Schmerz hatte keinen Platz.
Remus ließ Phillis los, als er das Gefühl hatte, als würde sie sich nicht mehr wehtun und Phillis fiel beinahe in sich zusammen, als Remus sie nicht mehr festhielt und sie schluchzte in ihre Hände und weinte.
Remus wusste nicht, wie er ihr helfen sollte. Eigentlich wusste er noch nicht einmal ganz genau, was genau passiert war – er wusste nur, dass jemand gestorben war. Er hoffte, es war nicht Phillis' Mutter.
Er wusste nicht, was Phillis brauchte, aber er hoffte, er würde das richtige tun.
Sanft drehte er sie zu sich und umarmte sie einfach nur und Phillis drückte ihn an sich, als wäre er ein Rettungsring, der sie über Wasser hielt.
„Shh...", machte Remus sanft und strich ihr über den Rücken, „Alles wird gut."
„Sie ist tot, Remus", schluchzte Phillis, „Sie ist tot."
„Wer?", fragte Remus nach und hoffte, er würde damit keine Wunden aufreißen.
„Meine Schwester", weinte Phillis und bekam erst einmal gar kein Wort mehr heraus, so sehr wurde sie von ihrem Schluchzen gebeutelt, „Ruth... meine Schwester! Sie ist tot!"
Remus hatte nicht gewusst, dass sie eine Schwester hatte. Er wusste auch nicht, wie es war, Geschwister zu haben. Er wusste nur, dass er Phillis noch nie weinen gesehen hatte und deswegen wusste er auch, dass sie sehr, sehr, sehr traurig sein musste.
Remus hätte ihr gerne gesagt, dass alles gut werden würde, dass alles in Ordnung war, aber das war vielleicht gar nicht wahr.
„Du bist nicht alleine", versprach er also stattdessen, „Ich bin da."
„Aber Ruth ist nicht mehr da!", schluchzte Phillis, „Ruth ist weg! Sie hat mich alleine gelassen! Sie hat versprochen, dass wir uns im Sommer wiedersehen! Sie hat es versprochen."
„Ich bin mir sicher, sie wollte das Versprechen halten", sagte Remus und hielt Phillis einfach nur fest, bis Professor McGonagall mit Madam Pomfrey in den Gemeinschaftsraum kam und sie sie zusammen in den Krankenflügel brachten.
Remus blieb noch sitzen und blickte auf die Gitarre, die wohl Phillis gehörte.
Alle anderen waren wieder ins Bett gegangen – er war alleine zurückgeblieben.
„Hey, Remus", sagte James plötzlich. Er trug schon seinen Schlafanzug. „Alles in Ordnung?"
Remus zog die Knie an die Brust und fühlte sich überhaupt nicht in Ordnung. „Nicht wirklich", gestand er.
„Hat sie dir wehgetan?", fragte James ihn und setzte sich zu ihm.
Remus blickte auf die Kratzer, die Phillis mit ihren Nägeln hinterlassen hatte und versteckte seine Hände schnell. „Sie hat es nicht absichtlich getan. Man sollte sie nicht dafür bestrafen. Sie wollte mir nicht wehtun."
James lächelte und legte einen Arm um Remus' Schultern. „Ich kenne das von noch jemanden", erinnerte er seinen Freund, „Irgend so ein Idiot, der ebenfalls denkt, er wäre ein Monster, weil er andere verletzen könnte."
„Ha, ha", machte Remus humorlos – er wusste, dass James von ihm selbst und seinem kleinen, pelzigen Problem sprach, „Halt die Klappe, Krone."
James klopfte ihm auf die Schulter und lachte. „Du solltest sie besuchen gehen."
„Jetzt gleich?", fragte Remus überrascht.
James lächelte. „Natürlich. Ich weiß doch, du willst es."
„Vielleicht braucht sie Abstand."
„Vielleicht braucht sie auch nur einen besorgten Typen und eine Umarmung."
Remus sah James unbeeindruckt an. „Ich hasse dich."
„Ich weiß", grinste James, als Remus aufstand und tatsächlich zum Portraitloch ging, „Bleib nicht zu lange auf und lass dich nicht erwischen!"
„Halt die Klappe!", hörte man Remus noch, bevor er aus dem Gemeinschaftsraum verschwand.
Remus schlich sich durch die dunklen Gänge und wünschte sich, er hätte die Karte der Rumtreiber oder James' Unsichtsbarkeitsmantel ausgeliehen. Nach all diesem Stress in dieser Nacht würde es ihn nicht wundern, wenn mehr Professoren als sonst wach wären und er wollte nicht erwischt werden – besonders nicht bevor er Phillis gesehen hatte.
Der Krankenflügel war stockdunkel und zum Glück kannte er sich so gut aus, er hätte sich auch im Dunkeln gut zurechtfinden können, aber im Dunkeln konnte er Phillis nicht finden, also beschwor er doch mit seinem Zauberstab ein Licht.
Phillis lag in einem der Betten und schlief unruhig.
Ihre Wangen waren noch feucht von den Tränen und ihre Augen sahen sogar geschlossen gerötet aus. Sie sah so klein aus.
Remus schlich sich an sie heran, vermutete aber, dass er sie gar nicht aufwecken konnte, da Madam Pomfrey sie bestimmt dazu gebracht hatte, einen Beruhigungstrank zu nehmen.
Trotzdem schlief sie wohl nicht sonderlich ruhig, denn sie schien zu träumen und murmelte ängstlich unverständliche Worte.
Remus setzte sich auf dem Stuhl neben ihrem Bett und wusste einen Moment lang nicht, was er tun sollte, also nahm er einfach ihre Hand und drückte sie. Phillis erwiderte es nicht, aber sie hörte auf zu murmeln und ihr Blick wurde weicher.
„Ich bin hier", versprach Remus leise und strich ihr doch noch eine Haarsträhne aus dem Gesicht, „Ich bin bei dir."
Es war nicht viel, aber Phillis schien ruhiger zu schlafen, also blieb Remus bei ihr – die ganze Nacht.
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