Moony stinkt nach Demigott

In den frühen Morgenstunden im Krankenflügel konnte man nach einer Vollmondnacht die Rumtreiber um das Bett von Remus Lupin versammelt sehen.

Sie alle waren müde, erschöpft und (in Remus' Fall) verletzt und stumm philosophierten sie über die letzte Nacht, jeder von ihnen in seinen eigenen Gedanken versunken.

Es war eine anstrengende Nacht gewesen – schlimmer, als jemals zuvor.

Noch nie hatten sie Remus' als Werwolf so wild und blutrünstig erlebt und es hatte sie alle in eine nachdenkliche Stimmung versetzt.

Zum Glück war niemanden von ihnen etwas passiert, nachdem James schon von Anfang an bemerkt hatte, dass irgendetwas mit Werwolf-Remus nicht stimmte und sie es unterlassen hatten, den Werwolf diese Nacht aus der Heulenden Hütte zu befreien, wie sie es normalerweise taten. Normalerweise hatten sie Remus soweit unter Kontrolle, dass sie mit ihm im Verbotenen Wald herumtollen konnten, aber diese Nacht war Remus irgendwie anders gewesen. Viel wilder, als sonst.

Das zeigte sich auch an Remus selbst, als er am Morgen wieder zu einem Menschen wurde und die Konsequenzen einer solchen Verwandlung spürte. Verletzungen am ganzen Körper – tiefer und schlimmer, als sie jemals zuvor gewesen waren. Er hatte sich selbst gebissen – mehrmals und überall, wo er sich selbst erwischen konnte und auch die Kleidung, die er vor der Verwandlung ausgezogen hatte, damit er sie am Morgen wieder anziehen konnte (normalerweise interessierte der Werwolf sich nicht dafür und ließ sie soweit unbeschadet) hatte er zerrissen und zerfetzt, als wäre es ein Kaninchen und er ein tollwütiger Fuchs.

Er selbst konnte es sich nicht erklären – was war anders, als die Male zuvor? Schon seit vielen Jahren verwandelte er sich jeden Monat einmal in einen Werwolf und er hatte erkannt, dass in stressigen Zeiten die Verwandlungen schlimmer waren, aber nie so schlimm.

Remus fühlte sich in letzter Zeit zwar etwas gestresst und sein Leben veränderte sich im Moment ziemlich, aber er war schon gestresster in seinem Leben gewesen – als er seine ZAGs geschrieben hatte zum Beispiel. Das einzige, das im Moment anders war als sonst, war die Tatsache, dass er eine Beziehung mit Phillis hatte.

Natürlich war das ein wenig stressig, aber gleichzeitig beruhigte ihre Nähe ihn und sie waren sich ziemlich nahe gekommen.

Während früher immer ein anständiger Abstand zwischen ihnen gewesen war, so war es nun nicht mehr unüblich, sie eng beieinander kuschelnd zu sehen. Sie waren deswegen schon das Gesprächsthema Nummer eins in Hogwarts.

Was auch noch ein Grund sein könnte, war die Tatsache, dass Remus nun laut Zauberergesetz volljährig war und nun auch außerhalb von Hogwarts zaubern durfte. Das hatte sich auch noch verändert – vielleicht war das der Grund, wobei Remus noch nie von einem Werwolf gehört hatte, dessen Verwandlungen schlimmer geworden waren, sobald er das „magische Alter siebzehn" erreicht hatte, immerhin veränderte sich rein theoretisch biologisch kaum etwas, nur weil nun auf seinem Ausweis stand, dass er volljährig war.

Remus hoffte nur, dass das von nun an nicht die Norm sein würde, denn dann würde sein Leben in Zukunft sehr viel schmerzvoller werden.

Er konnte sich nicht vorstellen, jeden Vollmond so schwer verletzt und kaum bei Bewusstsein bei Madam Pomfrey zu landen. Selbst die Krankenschwester von Hogwarts (die wirklich schon viel in ihrem Leben gesehen hatte) war von Remus' Zustand entsetzt gewesen und hatte nicht einmal das Herz gehabt, Remus zu tadeln. Stattdessen hatte sie nur ihr Bestes getan, Remus so schnell wie möglich soweit wieder zusammen zu flicken, aber sie hatte schon angedeutet, dass er dieses Mal wohl einen oder zwei Tage länger im Krankenflügel bleiben musste.

Seine Freunde schwänzten den Unterricht, in dem sie eigentlich sein sollten und leisteten ihm Gesellschaft. Normalerweise schickte Madam Pomfrey sie immer weg, immerhin konnten sie nicht jeden Monat Unterricht verpassen, um bei einem kranken Freund zu bleiben, aber dieses Mal sagte sie nichts – allein das sagte schon viel aus.

James, Sirius und Peter hatten sich Stühle an Remus' Bett herangeschoben und waren einfach nur müde, versuchte aber für Remus nicht einzuschlafen. Sie hatten diese Nacht zwar nicht auf ihren Freund aufpassen können, aber trotzdem waren sie wach geblieben und hatten dabei zugehört, wie Remus sich selbst verletzte, immer aufmerksam, dass das Heulen nicht verstummte, sollte der Werwolf es zu weit treiben.

Remus lag schlaflos in einem der Krankenbetten und Madam Pomfrey hatte ihm zwar schon einen Schlaftrunk bereitgestellt, aber Remus hatte sich geweigert, ihn sofort zu nehmen, obwohl er große Schmerzen hatte. Er wollte noch nachdenken, solange seine „Erinnerungen" noch frisch waren, obwohl sein Hirn sich nach einer schlaflosen Nacht wie Matsch anfühlte.

Es musste eine Erklärung für die letzte Nacht geben und er hatte das Gefühl, als läge die Antwort direkt vor ihm, aber er konnte sie noch nicht sehen. Die Hinweise verbanden sich noch nicht zu einer klaren Erklärung und Remus tappte noch im Dunkeln.

Plötzlich öffnete sich die Tür zum Krankenflügel vorsichtig und jemand lugte schüchtern hinein.

Sofort wäre Remus am liebsten verschwunden, als er Phillis' blonde Locken erblickte. Sie durfte ihn so nicht sehen – Phillis war intelligent genug, um zu erkennen, was er war, wenn sie erst einmal alle Hinweise sah und dann würde sie wissen, dass er ein Werwolf war und dann würde sie ihn hassen und ihn verlassen und nie wieder mit ihm sprechen und im Moment schien das auf „Remus' Liste der zehn schlimmsten Ereignisse, die eventuell irgendwann einmal passieren könnten" zu stehen.

„Es ist Phillis", zischte Remus alarmiert und sah seine Freunde panisch an, „Woher weiß sie, dass ich hier bin?"

„Ich bin unschuldig", verteidigte sich Sirius schnell (und leise genug, dass Phillis ihn nicht hören konnte, die sie noch nicht gesehen hatte).

„Ich auch", versprach James und alle drei blickten zu Peter, der ganz rot wurde.

„Ich habe sie vor der Küche getroffen und habe es ihr gesagt", gestand er beschämt, „Sie hat nach dir gefragt, Moony, da dachte ich –"

Bevor Remus seinen Freund dafür schimpfen konnte, fand Phillis sie in dem verstecktesten Bett im Krankenflügel und mit einem unsicheren Lächeln im Gesicht kam sie zu ihnen.

„Hey...", Phillis schien sich mehr als unwohl zu fühlen, die vier im Krankenflügel zu sehen und vermutlich wäre sie in diesem Moment am liebsten einfach weggelaufen, aber Phillis lief vor nichts und niemanden weg, denn Phillis war so ziemlich der mutigste Mensch, den Remus kannte.

„Oh, hey Phillis", auch Remus fühlte sich unwohl und er fühlte sich noch unwohler, als Phillis näherkam und ihn oberflächlich mit ihrem Blick untersuchte, während sie vermutlich jede einzelne Verletzung bemerkte, als Verletzungen von einem Werwolf einordnete, dann bemerkte, dass die einzige Erklärung für solche Verletzungen war, dass Remus ein Werwolf war und dann würde sie ihn hassen. Ende der Geschichte – Remus' Leben war vorbei.

Eigentlich musste sie nur fragen, was passiert war und Remus würde sie anlügen und ihr irgendeine billige Ausrede erzählen (wie allen anderen auch), aber Phillis war intelligenter, als alle anderen und sie würde es sofort als Lüge erkennen (weil Phillis jede Lüge sofort durchschaute) und dann würde sie ihn hassen und– es schien so viele Wege zu diesem Ende zu geben, Remus war überrascht, dass noch keine dieser Möglichkeiten eingetreten war.

„Solltest du nicht im Unterricht sein?", versuchte Remus noch einmal sie aus dem Krankenflügel zu locken, „Du bekommst Ärger, wenn du schwänzt – sie werfen dich aus dem Team."

„Keine Sorge...", winkte Phillis gedankenverloren ab, „Ich habe Slughorn gesagt, mir wäre schlecht und habe so getan, als würde ich mich bald übergehen, da hat er mich nur allzu gerne weggeschickt... Was hat Madam Pomfrey zu seinen Verletzungen gesagt?", fragte Phillis offensichtlich besorgt – es war ein Ton in ihrer Stimme, den Remus in dieser Art noch nie von ihr gehört hatte und er verliebte sich schon wieder ein bisschen mehr in sie.

„Nur halb so schlimm", log Remus aus Reflex, verzog aber das Gesicht, als er sich daran erinnerte, dass man Phillis kaum anlügen konnte und sie sah ihn auch streng an. Remus seufzte. „Sie sagt, es ist jetzt nicht mehr so schlimm, nur ein paar Tage im Krankenflügel und dann wird alles wieder gut sein."

„Wo bist du verletzt?", fragte Phillis, als wäre sie eine Heilerin und Remus war das irgendwie süß und amüsant, aber irgendwie wusste er auch, dass Phillis das fragte, um sich selbst Sicherheit zu geben.

„Überall", gestand Remus vorsichtig, „Arme, Beine... besonders der Oberschenkel, an dem hat Madam Pomfrey länger gearbeitet." Remus verzog das Gesicht, als er sich daran erinnerte, wie besorgt Madam Pomfrey ausgesehen hatte, als sie als erstes die Blutung an seinem linken Bein zusammengeflickt hatte, was nicht immer einfach war, nachdem sich verfluchte Verletzungen wie von einem Werwolf nicht einfach so magisch zusammenfügen ließen und man mit Tränken und Verbänden arbeiten musste.

Madam Pomfrey hatte Remus einen blutbildenen Trank eingeflößt, sein Bein dick verbunden und ihn dann vorgewarnt, dass sich diese Prozedur in einer Stunde wiederholen würde.

„Am Oberschenkel", wiederholte Phillis alarmiert und reagierte damit ähnlich wie Madam Pomfrey, „Wo genau?"

„Nun..." So genau wusste Remus das nicht und da fühlte er sich doch etwas dämlich, immerhin war es sein Körper und seine Schmerzen, aber nachdem er im Moment kaum sein linkes Bein spüren konnte, konnte er das nicht so genau sagen.

„Ungefähr hier", Sirius sprang von seinem Platz auf und war nur allzu bereit, Phillis genau zu zeigen, wo Remus sich verletzt hatte – auf der Innenseite des Oberschenkels, eher weiter oben. „Du kannst mir glauben, Phil – es ist knapp gewesen, wenn du verstehst, was ich meine." Sirius grinste vielsagend und zuckte mit den Augenbrauen, während Remus knallrot wurde und sich wünschte, er wäre gestorben.

„Wenn das so ist, ist es wirklich knapp gewesen", sagte Phillis streng und einen Moment lang konnte Remus nicht glauben, dass sogar Phillis auf diesen billigen Kindergartenwitz mit einstieg, aber sie sah Remus zu ernst an, um Sirius' Schwanz-Witze zu meinen, „Du hast vermutlich Glück gehabt, dass du dir nicht die Arteria femoralis superficialis verletzt hast, dann wärst du jetzt vermutlich tot."

„Wie bitte?", fragte James verwirrt.

„Gesundheit", meinte Peter.

„Leute denken immer, man schneidet am besten jemanden die Kehle auf, um jemanden umzubringen", erklärte Phillis und Remus fühlte sich irgendwie unwohl dabei, wie Phillis (seine vielleicht-eventuell-Freundin) ihm erklärte, wie man am besten jemanden umbrachte, „deswegen schützt man auch seinen Kopf und seinen Hals, sowie auch die Brust und damit das Herz und andere wichtige Organe, aber meistens ist so der Oberschenkel ungeschützt. Es ist schwer, ihn zu erwischen, aber wenn man geschickt ist, kann man mit einem einzigen Pfeil die Arteria femoralis durchbohren und in wenigen Minuten blutet man aus."

Remus war noch bleicher geworden und Peter schluckte schwer, während James sich sicherheitshalber setzte.

„Gibt es Gründe, warum du so viel darüber weißt, wie man am besten einen Menschen umbringt?", fragte Sirius und versuchte wohl ganz entspannt zu klingen, aber er wirkte offensichtlich nervös.

„Nützliches Wissen", Phillis zuckte unschuldig mit den Schultern, „aber darum geht es gar nicht – wichtig ist nur, dass Remus vermutlich fast gestorben ist. Das ist inakzeptabel."

„Phil –", begann Remus, aber Phillis ließ ihn nicht ausreden.

„Du hast Glück, dass Madam Pomfrey eine so talentierte Heilerin ist, ansonsten hätte dir sonst was passieren können und was wäre dann gewesen? Wie viel Blut hast du verloren?"

„Genug, aber Phil, ich –"

Natürlich ließ Phillis ihn nicht ausreden.

„Hat Madam Pomfrey dir schon einen blutbildenden Trank gegeben? Ich vermute, immerhin ist sie kompetent und weiß, was sie tut. Sind noch alle Organe intakt?"

„Ja, Phil, aber ich –"

„Hast du dann schon etwas getrunken? Wenn du so viel Blut verloren hast, ist eine ordentliche Flüssigkeitszufuhr wichtig, aber so voll, wie dein Glas ist, bezweifle ich, dass du überhaupt schon etwas getrunken hast!"

„Phillis, ich verspreche dir –" Dieses Mal ließ Phillis Remus verstummen, indem sie ihm einfach das Wasserglas an den Mund hielt und ihn somit zwang, auch etwas zu trinken und Remus ließ es einfach über sich ergehen.

„Leute, wir sollten wohl einen Abstecher in der Küche machen", schlug James plötzlich vor und packte Sirius und Peter an ihren Armen, „Wir kommen gleich wieder, aber wir lassen euch beiden ein wenig Privatsphäre."

„Werdet aber nicht zu privat", grinste Sirius und zwinkerte Remus zu, der sich prompt verschluckte und Phillis nahm schnell das Glas weg, bevor er auch noch ertrinken konnte.

„Remus wird schlafen, wenn ihr wiederkommt", warne Phillis sie streng und sah Remus mit einem mörderischen Blick an, der ihm verriet, dass das kein Angebot gewesen war, sondern ein Befehl, „Er wird nämlich brav seinen Schlaftrunk nehmen und nicht weiter leiden, nur weil er zu stur ist, um zu schlafen."

„Ich hab dich auch lieb, Phil", brachte Remus endlich heraus und lächelte ein wenig, als Phillis etwas rot wurde, aber mit ihrem strengen Blick versuchte sie das zu überspielen.

„Klar doch", winkte James ihnen, „Wir sind trotzdem bald zurück!"

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