Moony ist ein bisschen dumm (oder verliebt)
Remus durchforstete sein Hirn, ob er vielleicht irgendetwas verpasst hatte, aber da war nichts.
Eigentlich trafen Phillis und er sich jeden Samstag um ihre Hausaufgaben zu machen, aber er konnte Phillis nirgendwo finden. Soweit er sich erinnern konnte, hatte sie ihm auch nicht abgesagt oder angedeutet, dass sie heute keine Zeit haben würde, aber vielleicht würden sie diese Lern-Dates (Sirius nannte sie so, Remus war da absolut unschuldig) ausfallen lassen, nun, da sie wohl so etwas wie ein Paar waren.
Eigentlich wusste Remus nicht wirklich, was sie waren. Waren sie zusammen? War es nur Freundschaft plus? Was wollte Phillis von ihm?
Nun, sie verbrachten sie Zeit zusammen und hielten Händchen, kuschelten und hatten sich seit ihrem ersten Kuss drei Weitere Male geküsst, aber ansonsten war alles so wie zuvor.
Remus' Bauch kribbelte noch immer, wenn Phillis in der Nähe war; noch immer sah er sie an, als wäre sie die Sonne; noch immer konnte er ihr bis in alle Ewigkeit dabei zuhören, wie sie Gitarre spielte.
Remus hatte deswegen auch erwartet, dass sie noch immer am Samstag zusammen Phillis' Hausaufgaben machen würden, aber er konnte Phillis nirgendwo finden.
Vielleicht hatte sie es vergessen, aber Remus erinnerte sich, wie sie am Vorabend etwas neben der Spur gewirkt hatte, also vielleicht war ihr etwas dazwischen gekommen. War sie überhaupt noch im Schloss oder hatte sie es wieder verlassen, wie damals, als ihre Schwester gestorben war? Nicht einmal das konnte Remus wissen und so, wie er Phillis kannte, würde sie auch vergessen, es ihm zu sagen.
Zugegeben, dieser Gedanke kränkte Remus ein wenig, aber dann erinnerte er sich selbst daran, dass genau das war, worauf er sich eingelassen hatte, als er sich in Phillis Dolohow verliebt hatte.
Phillis war vergesslich, chaotisch, verträumt aber auch spontan, impulsiv und abenteuerlustig.
Remus hatte schon überall nach Phillis gesucht (und sogar Emmeline Vance gefragt, ob sie im Schlafsaal nachsehen könnte, ob Phillis vielleicht dort war (ohne Erfolg)), aber sie schien wie vom Erdboden verschluckt.
Etwas verstimmt ging er also zu Lily und Marlene – vielleicht hatten die beiden Phillis irgendwo gesehen, immerhin schienen sie nun so etwas wie Freundinnen zu sein.
„Hey", begrüßte er die beiden, die selbst dabei waren, ihre Hausaufgaben zu machen und sie blickten auf, als Remus zu ihnen kam, „Ich wollte euch fragen, ob ihr vielleicht irgendwo Phil–"
Genau in diesem Moment betrat Phillis Dolohow den Gemeinschaftsraum.
„Oh, hat sich erledigt!", winkte Remus ab, „Danke!"
Schnell eilte er zu Phillis, bevor diese die Treppen zu ihrem Schlafsaal hinauf verschwinden konnte.
„Hey, Phil!", rief er und obwohl Phillis so aussah, als wäre sie in Gedanken versunken, blickte sie zum Glück auf, als Remus sie rief, „Ich habe überall nach dir gesucht!"
Phillis Gesicht wurde zu einer unzufriedenen Miene und Remus wusste einen panischen Moment lang nicht, wie er das interpretieren sollte – war sie wütend auf ihn?
„Warum?", fragte Phillis verwirrt, bevor sie sich wohl daran erinnerte, „Oh! Die Hausaufgaben! Ich... Tut mir leid, Remus, ich...", Phillis schlug sich mit der Handfläche gegen ihre Stirn, „Ich habe es ehrlich gesagt vergessen. 'Tschuldigung."
„Kein Problem... Du siehst auch etwas neben der Spur aus", bemerkte Remus leicht besorgt und nach kurzem Zögern legte er vorsichtig eine Hand auf Phillis' Oberarm, „Ist alles in Ordnung?"
Phillis seufzte und lächelte gequält. „Klar", log sie, „Hör mal, Remus... es war ein anstrengender Vormittag, ich... würde mich gerne noch einmal hinlegen."
„O-Okay", stammelte Remus und Phillis nahm vorsichtig seine Hand von ihrem Arm und rannte beinahe die Stufen hoch, als würde sie vor Remus davonrennen.
Remus sah ihr besorgt hinterher und fragte sich, was Phillis so aufgeregt hatte. War es etwas wegen ihrer Familie? War sie vielleicht wieder wegen Ruth traurig.
Remus wäre ihr gerne gefolgt und hätte versucht, sie irgendwie zu trösten, aber er wusste nicht, ob das ein zu großer Eingriff in Phillis' Privatleben war. Andererseits war er nun so etwas wie... ihr Liebhaber? Remus musste sich einen besseren Begriff dafür überlegen, bis er zu hundert Prozent wusste, wie Phillis ihre Beziehung sah (falls es überhaupt eine Beziehung war).
„Hat Phil mit dir Schluss gemacht?", fragte Sirius plötzlich von Remus' Seite und riss ihr aus seinen Gedanken (Remus zuckte sogar zusammen), „Es hat so ausgesehen, als hätte sie mit dir Schluss gemacht."
„Nein, sie...", Remus suchte die richtigen Worte, „Sirius, weißt du, wie man die Stufen hochkommt?" Remus wusste, dass die Stufen in die Mädchen-Schlafsäle so verzaubert waren, dass kein Junge hinaufgehen konnte. Remus wusste das, immerhin hatte er schon oft genug gesehen, wie Sirius und James das offenbar vergessen hatten und dann die Rutsche unfreiwillig hinuntergesaust waren (nicht immer unbeschadet).
„Äh, gar nicht?", grinste Sirius, „Vertrau mir, ich habe es schon oft genug versucht."
„Phil geht es nicht gut", bestimmte Remus, „Ich sollte sie trösten."
„Das ist ja so romantisch, Romeo", seufzte Sirius verzückt, „aber vergiss es – es funktioniert nicht."
Remus vergaß es aber nicht oder er war auch ein bisschen dumm oder stur oder verliebt (wie Phillis gesagt hätte) und er krempelte sich die Ärmel von seinem Pullover hoch, als würde das irgendwie seine Kraft verstärken (Sirius pfiff begeistert).
Dann ging er ein paar Schritte zurück, holte tief Luft und rannte los. Er übersprang immer zwei Stufen auf einmal und rannte so schnell, wie noch nie in seinem Leben und beinahe erreichte er das sichere Plateau, aber im letzten Moment spürte er, wie er den Halt unter den Füßen verlor und ziemlich unelegant fiel er auf die Nase – wortwörtlich. Er stach mit seiner Nase zuerst im Boden ein, rutschte seinen zurückgelegten Weg einfach wieder zurück und blieb dann am Fuße der Treppe stöhnend liegen.
Sirius trat an ihn heran und blickte mitleidig von oben herab auf ihn hinunter. „Alles gut?"
Remus stöhnte nur und stemmte sich hoch. Eine warme Flüssigkeit rann aus seiner Nase und als er sich mit seinem Handrücken darüber fuhr, erkannte er, dass es nicht seine Verzweiflungstränen waren, sondern Blut. Seine Nase blutete.
„Erinnere mich daran, Phillis später zu erzählen, wie heldenhaft du gewesen bist, um zu ihr zu kommen", grinste Sirius, „Du solltest zu Madam Pomfrey."
„Ich versuche es noch einmal", bestimmte Remus und Sirius sah ihn überrascht an – damit hatte er nicht gerechnet.
Remus zückte sein Taschentuch, als wäre es eine Waffe und stopfte es sich in sein blutendes Nasenloch, um die Blutung zu stoppen, damit er nicht den gesamten Boden vollblutete. So konnte er zwar nur noch durch seinen Mund atmen, aber Phillis war es alles wert.
Natürlich versuchte Remus nicht noch einmal einfach hinauf zu laufen, sondern er versuchte einen anderen Weg.
Mittlerweile war es auch nicht mehr nur Sirius, der ihn dabei beobachtete, sondern auch andere im Gemeinschaftsraum und eigentlich war das Remus ziemlich unangenehm und er schämte sich ein bisschen, dass ihm so viele dabei zusahen, wie er versagte, aber im Moment hatte er sich einfach in den Kopf gesetzt.
Er war eben manchmal auch stur und deswegen wagte er es wohl auch, auf das Geländer der Treppe zu klettern.
Es war noch nie sonderlich sportlich gewesen oder sonderlich geschickt in sportlichen Aktivitäten, deswegen war es wohl Wahnsinn, aber was machte man nicht alles für die Liebe?
„Das sieht gefährlich aus", kommentierte Sirius und hob eine Augenbraue, „Schade, dass Phil nicht zusieht, sie würde das hier bestimmt heiß finden."
„Lenk mich nicht ab, Tatze!", schnaubte Remus und versuchte auf dem Geländer aufzustehen, schaffte es aber nicht und schnell ging er wieder auf alle Viere und hielt sich mit den Händen fest. Er hatte einmal gesehen, wie Phillis das Geländer der Großen Treppe hinunter gesurft war – bei ihr hatte das ganz einfach ausgesehen.
Remus schob sich langsam hoch, ohne die Hände vom Geländer zu nehmen und zuerst sah es so aus, als würde es funktionieren, aber die Treppe schien wohl schon damit gerechnet zu haben.
Plötzlich begann das Geländer zu wackeln, als gäbe es ein Erdbeben und Remus wurde auf die Stufen geworfen, die sofort zu einer Rutsche wurden und sehr unsanft rutschte er wieder zu Sirius' Füßen.
„Netter Versuch", bemerkte Sirius.
„Halt die Klappe", schnaubte Remus und stand ächzend wieder auf, „Es muss doch einen Weg geben..."
„Bitte sag nicht, dass du jetzt auch ein Perverser bist, Remus." Marlene und Lily waren an ihn herangetreten und Lily sah ihn überhaupt nicht begeistert war.
„Natürlich nicht", schnaubte Remus, „Es ist nur... irgendetwas stimmt mit Phillis nicht und ich will nicht, dass sie sich selbst verletzt und... ich weiß auch nicht." Remus fuhr sich mit der Hand frustriert über das Gesicht. „Es geht ihr einfach nicht gut und ich will nach ihr sehen – ist das zu viel verlangt?"
„Ich könnte nach ihr sehen?", schlug Marlene vor.
„Jaah, vielleicht", seufzte Remus müde, „Ich habe nur das Gefühl, das sollte meine Aufgabe sein, da wir... ich weiß auch nicht..."
Lily und Marlene sahen sich an und schienen zu einem stummen Übereinkommen zu kommen. „Wir könnten dir helfen", schlug Lily vor, „Die Treppe wird dich immer abwerfen, also darfst du einfach nicht die Treppe berühren."
„Wir soll ich das schaffen?", fragte Remus und trat leicht nervös einen Schritt zurück, als Lily und Marlene ihre Zauberstäbe zückten.
„Wir lassen dich einfach schweben bis hinauf zum Plateau", schlug Marlene vor, „Keine Sorge – so haben wir Peter auch schon einmal hochbekommen.
„Warum war Peter im Mädchenschlafsaal?", fragte Sirius überrascht.
Lily zuckte mit den Schultern. „Wir haben eine Pyjamaparty gehabt und Peter war eingeladen."
„Deswegen ist er einmal eine ganze Nacht weg gewesen", murmelte Remus, „Wir haben gedacht, er hätte eine Freundin... oder einen Freund... bei Peter sind wir uns nicht sicher..."
„Du willst mir also sagen, dass James und ich schon seit Jahren versuchen, in die Mädchenschlafsäle zu kommen und Peter einfach vergessen hat, uns zu sagen, dass er weiß, wie es funktioniert?", fragte Sirius gefährlich ruhig, „Diese Ratte..."
„Er hat uns versprochen, euch nichts zu sagen", grinste Marlene.
„Wenn ihr auch nur auf die Idee kommt, dieses Wissen auszunutzen, verhexe ich euch", drohte Lily ihnen und Sirius hob abwehrend (und vielsagend grinsend) die Hände.
„Also, Remus", Marlene richtete ihren Zauberstab auf ihn, „Bereit?"
„Nein", bemerkte Remus, „Ziehen wir es durch."
Lily und Marlene wirkten Wingardium Leviosa gleichzeitig auf ihn und plötzlich spürte Remus, wie er schwebte.
Remus hatte „Peter Pan" gelesen und er fragte sich, ob es sich so anfühlte, zu fliegen. Wenn das der Fall war, wurden soeben alle seine Kindheitsträume zerstört, denn es war schrecklich.
Remus taumelte in die Luft herum und er breitete panisch seine Arme aus, um sein Gleichgewicht zu bewahren, aber das hinderte ihn nicht daran, sehr unelegant in der Luft herum zu trudeln und sich zu drehen.
Bestimmt gaben Lily und Marlene sich Mühe, aber trotzdem landete Remus oben nicht sanft, sondern fiel einen Meter hinunter und die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst, aber wenigstens war er jetzt oben.
Einen Moment lang blieb er noch liegen, in der Erwartung, dass die Treppen ihn doch wieder hinunterrutschen lassen würden, das das passierte nicht, also stand er vorsichtig auf und war sogar ein wenig überrascht, als er nicht wieder hinfiel.
„Yeah!", jubelte Sirius von unten und zwinkerte ihm vielsagend zu – Remus konnte nur die Augen verdrehen.
Lily und Marlene winkten ihm zu und Remus winkte zurück, bevor er an der Tür zum Schlafsaal von Phillis klopfte und eintrat.
Er war sich nicht sicher, was genau er sich erwartet hatte, aber vielleicht war es etwas enttäuschend zu sehen, dass die Schlafsäle der Mädchen ungefähr gleich aussahen, wie die der Jungen.
Dieselben Betten, dieselbe Möbel und teilweise sogar dasselbe Chaos.
Remus bezweifelte, dass irgendjemand chaotischer sein konnte, als er und seine Freunde und ihr Schlafsaal war das reinste Chaos aus Süßigkeiten, getragener und ungetragener Kleidung, Schulsachen und Büchern. An schlimmen Tagen (meistens wenn alle panisch in letzter Minute ihre Koffer packten) konnte man nicht einmal mehr den Boden sehen.
Die Mädchen waren wohl etwas ordentlicher – bis auf einen Bereich, das sich wohl als „Phillis' Bereich" zusammenfassen ließ.
Da war ihr Bett und ihr Koffer, der zum größten Teil unausgepackt war, denn man konnte ihn nicht einmal mehr schließen, so voll war er mit ungefalteter Kleidung (die Phillis wohl einfach hineingeworfen hatte) und auch Phillis' Kleiderschrank sah nicht besser aus.
Remus erkannte Phillis' Bett (neben der Tatsache, dass Phillis gerade darin lag) an den Fotos ihrer Familie, die sie aufgehängt hatte.
Remus fragte sich, ob die Fotos von ihren Geschwistern schon dort auf der Wand gehängt gewesen waren, bevor Ruth gestorben war und Phillis noch niemanden erzählt hatte, dass sie Geschwister hatte.
Da war ein Foto von ihrer Mutter mit ihr – das einzige magische Foto, das sich auch bewegte.
Die anderen waren Muggelfotos – das Foto von Phillis und ihren Geschwistern, das Remus schon einmal gesehen hatte; ein weiteres Foto von Phillis und ihren Geschwistern auf einer Bühne beim Musizieren (wahrscheinlich war die ganze Familie musikalisch begabt) zusammen mit Freddie Mercury (Remus sah zweimal hin, aber da war tatsächlich Freddie Mercury inmitten dieser Jugendlichen und schien mit ihnen zu musizieren, als wären sie so wie er berühmte Musiker); ein Foto von Phillis in... Rüstung mit und einem Schwert in der Hand, wie sie wohl so tat, als würde sie gegen den Mann namens Laertes kämpfen (jedenfalls dachte Remus, dass sie nur so taten, denn die Schwerter sahen wirklich scharf und gefährlich aus).
Phillis selbst lag auf ihrem Bett mit dem Gesicht nach unten auf dem Bauch liegend. Es war ein mitleidserregender Anblick, wenn Remus nicht gesehen hätte, dass sie noch atmete, hätte man meinen können, sie hätte sich mit ihren Kissen erstickt.
„Phil?", fragte Remus vorsichtig. Phillis stöhnte nur in ihr Kissen und bewegte sich ansonsten nicht.
Remus überlegte sich, ob das ein Zeichen dafür war, dass er sie in Ruhe lassen sollte oder nicht – er beschloss, näher zu kommen und auf weitere Zeichen zu warten.
„Ist alles okay?", fragte er sie vorsichtig, während er verunsichert neben ihrem Bett stand, bevor er sich vorsichtig darauf setzte und ebenso unsicher hob er eine Hand. Durfte er sie berühren? Er war sich nicht sicher.
Trotzdem legte er eine Hand auf ihren Kopf – ihre Haare waren so weich und flauschig, er liebte es, ihre Haare zu berühren – und kraulte sie ein wenig so wie eine Katze, bevor ihm auffiel, dass es dämlich war, Phillis (eindeutig menschlich) wie eine Katze zu kraulen und er nahm seine Hand wieder weg, aber da bekam er doch wieder eine Reaktion von Phillis, die in ihr Kissen maulte: „Nicht aufhören!"
Remus schmunzelte und kraulte weiter ihren Kopf.
„Wirst du mir sagen, was los ist?", fragte Remus vorsichtig, nach ein paar Minuten Stille.
Phillis stöhnte wieder in ihr Kissen, bevor sie seufzte und ihren Kopf in Remus' Richtung legte und zu ihm aufsah, ohne sich aufzusetzen und Remus bemerkte, dass etwas nicht stimmte, denn sie runzelte verwirrt die Stirn.
„Was ist mit deiner Nase passiert?", fragte Phillis. Remus hatte ganz vergessen, dass noch immer ein blutige Taschentuch ihn daran hinderte, alles vollzubluten, nachdem er es geschafft hatte, seine Nase anzuschlagen.
„Jaah... weißt du...", Remus lachte nervös und kratzte sich am Nacken, „Ich... habe versucht, die Treppen hinauf zu rennen und wenn das ein Junge versucht, werden sie zu einer Rutsche und dann bin ich... gefallen... auf meine Nase..."
Phillis sah ihn teils verstört teils amüsiert an und kicherte bevor sie ihre Hand hob.
„Darf ich?", fragte sie Remus und Remus wusste nicht, was sie vorhatte, aber Phillis wartete auch nicht auf eine Antwort, sondern legte ihre Hand auf Remus' Gesicht (die Stelle begann angenehm zu kribbeln und Remus spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte) und begann zu summen.
Remus hatte das schon einmal miterlebt – als Phillis ihn und die anderen Rumtreiber dabei erwischt hatte, wie sie Remus gerade wieder ins Schloss geschmuggelt hatten nach einer Vollmondnacht. Sie hatte so seine Verletzungen geheilt und bis heute hatte Remus noch keine Antwort dafür gefunden.
Phillis summte und im Augenwinkel sah Remus, wie ihre Hand zu leuchten begann und sie wurde warm – noch wärmer, als zuvor – während der Schmerz in seiner Nase verschwand.
Remus konnte nun das Taschentuch wegnehmen, ohne dass seine Nase weiterblutete und das war eine enorme Erleichterung – es wäre vermutlich ein eher peinlicher Besuch bei Madam Pomfrey geworden.
„Das ist ein unglaublicher Zauber", bemerkte Remus beeindruckt, „Kannst du ihn auch an dir anwenden, damit alle deine Sorgen verschwinden?" Remus grinste sie schelmisch an und Phillis verdrehte die Augen.
„Es ist im Moment nur alles ziemlich viel", gestand sie und wirkte irgendwie müde. Nicht typisch müde mit Augenringen, sondern erschöpft.
„Meinst du –", Remus schluckte schwer, „Das zwischen... uns?"
„Nah, das ist das einzige, das nicht stressig ist", winkte Phillis ab und Remus seufzte erleichtert. Wenn Phillis die „Beziehung" zu viel gewesen wäre, hätte Remus das verstanden, aber natürlich wäre es für ihn schmerzvoll gewesen.
Remus legte sich auf Phillis' Bett, damit sie in Augenhöhe reden konnten und natürlich fiel ihm auf, wie Nahe sie sich waren und wie angenehm sein Bauch zu kribbeln begann. Er fragte sich, ob dieses Gefühl jemals vergehen würde – er wusste nicht, ob er das wollte.
„Was ist dann?", fragte Remus, „Kann ich dir dabei irgendwie helfen?"
„Nicht wirklich", seufzte Phillis und blickte auf Remus' Stirn – Remus wusste nicht, ob sie einfach nur in Gedanken versunken war oder ihm einfach nicht in die Augen sehen wollte. Beides war in Ordnung.
„Willst du darüber reden?"
„Das ist ja das Problem", seufzte Phillis, „Ich will mit jemanden darüber reden, aber... das geht nicht..."
„Warum nicht?", fragte Remus nun doch neugierig.
„Weil es um Geheimnisse geht, die ich niemanden verraten darf", sagte Phillis, „Und jetzt schleppe ich einen ganzen Haufen Geheimnisse mit mir herum, die sonst niemand wissen darf, aber ich würde gerne ein paar Geheimnisse loswerden, indem ich sie anderen erzähle, aber das könnte zum Ende der Zaubererwelt wie wir sie kennen führen und das will ich nicht. Ich habe mit Dumbledore gesprochen und ich habe gehofft, ich könnte so ein bisschen der Last loswerden, aber... stattdessen hat er mir noch mehr Geheimnisse auferlegt und langsam ist es wohl einfach zu viel – selbst für mich..."
Remus wusste nicht, ob Phillis die Wahrheit sagte oder einfach nur übertrieb. Natürlich wollte Remus ihr alles glauben, aber gleichzeitig war Phillis nur eine fünfzehnjährige Schülerin – welche so wichtigen Geheimnisse konnte sie schon haben? Andererseits hatte sie mit Dumbleodre gesprochen und für Remus war das irgendwie etwas Besonderes. Er hatte den größten Respekt für Dumbledore, nach allem, was dieser für ihn gemacht hatte und wenn er mit Phillis sprach, ging es wohl um etwas Wichtiges.
Natürlich... Remus hatte auch ein Geheimnis, das möglichst wenige erfahren sollten, aber selbst dieses Geheimnis würde nicht die ganze Welt verändern – nur seine.
„Ich vermute, du darfst mit mir auch nicht darüber reden", vermutete Remus und Phillis sah ihn beinahe schon ängstlich an.
„Hasst du mich jetzt dafür?", fragte sie leise.
„Nein?" Remus ging in seinem Kopf noch einmal die Unterhaltung durch, an welcher Stelle er Phillis hassen hätte sollen, aber er fand nichts. Vielleicht hatte sie etwas gesagt, während er zu abgelenkt mit ihren wunderschönen, blauen Augen gewesen war. „Warum sollte ich dich hassen?"
„Erzählt man sich in einer Beziehung nicht alles?", fragte Phillis vorsichtig und Remus' Organe machten einen Salto, als sie das sagte.
Phillis dachte also, sie hätten eine Beziehung? Dann war das wohl auch so. Remus hätte das gerne mit ihr besprochen, aber im Moment ging es um etwas Anderes und Phillis brauchte seinen Rat oder auch nur sein Gehör oder was auch immer – sie brauchte auf jeden Fall keinen verliebten Teenager, der bei der Erwähnung von einer Beziehung absolut euphorisch wird.
„Ich würde sagen, das hängt von der Beziehung ab", gestand Remus vorsichtig, „und von den Geheimnissen... wenn du ein Geheimnis hast, das du mir nicht sagen darfst, dann... dann akzeptiere ich das."
„Ich würde es dir ja gerne sagen", versprach Phillis, „Aber... ich glaube, das würde dich in Gefahr bringen und ich will dich nicht da hineinziehen."
„Ich hoffe, du würdest es mir sagen, wenn du irgendwie in Gefahr wärst, oder?", fragte Remus und lachte nervös, mit der Erwartung, dass Phillis ihm sofort zusichern würde, dass sie absolut nicht in Gefahr war und er sich keine Sorge machen sollte, aber das passierte nicht und Remus hörte auf zu lachen.
Phillis sagte nichts, sondern sah ihn nur an und Remus erinnerte sich daran, dass außerhalb von Hogwarts Krieg herrschte. Voldemort gewann immer mehr an Macht und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Morde auch jemanden betreffen würden, den Remus kannte. Todesser gingen gegen Muggelgeborene und Muggel vor und zum Beispiel Lily und Marlene wären betroffen. Dann gab es auch noch Phillis, deren Onkel ein Todesser war und gegen sie sich aber stellte und natürlich er selbst – wie beliebt konnte er als Werwolf schon unter Todessern sein?
Irgendetwas sagte Remus, dass Phillis jetzt schon in diesem Krieg involviert war und das gefiel ihm überhaupt nicht, aber gleichzeitig konnte er wohl nichts daran ändern.
„Du solltest wissen, dass du mir alles sagen kannst, das du willst", versprach Remus ihr also feierlich, „Ich werde deine Geheimnisse genauso wahren, als wären es meine eigenen."
„Ditto", bestätigte Phillis ehrlich, „Ich hoffe, du weißt, dass du mir alles sagen kannst, Remus. Ich werde niemanden deine Geheimnisse verraten."
Remus wusste das, aber warum hatte er ihr dann noch nicht gesagt, dass er ein Werwolf war?
Warum war er weiterhin feige?
Weil er nicht wirklich feige war, sondern selbstsüchtig. Er hatte Angst, dass Phillis nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte, wenn er es ihr sagte und das wollte er auf keinen Fall. Lieber log er Phillis weiter an (oder verriet ihr sein größtes Geheimnis nicht), statt dabei zuzusehen, wie Phillis ihn hasste, denn sie würde ihn hassen, sollte sie es erfahren.
Ausnahmsweise einmal wollte auch Remus Lupin ein Happy End und er wusste, dass es Phillis gegenüber unfair war, aber er wollte es einfach nicht ruinieren.
Er wollte, dass sie sich weiterhin so nahe blieben, wie gerade in diesem Moment.
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