Mannigfaltiger Mashup

Jemand betrat den Raum, aber Phillis konnte nicht erkennen, wer es war, nachdem ihre gesamte Umgebung wieder verschwommen war. Der Raum und alles, was sich darin befand sah Phillis nur wie durch dreckiges Glas und die meisten Stimmen waren gedämpft und leise, sodass sie genau hinhören musste. Diese Art des Träumens bereitete ihr Kopfschmerzen, aber wenigstens hatten sie so einen winzigen Vorteil. Demigott-Träume waren manchmal nützlich, immer verstörend und andauernd beunruhigend sowie auch ermüdend, aber niemand konnte widersprechen, dass der eine oder andere Traum schon die Zukunft zum Positiven verändert hatte.

„Herr." Die Person, die eingetreten war, kam auf Phillis zu, wandte sich aber an jemanden, der neben ihr war und Phillis drehte den Kopf, um denjenigen zu sehen, aber auch er war verschwommen. Trotzdem wusste Phillis, dass dort Voldemort selbst sitzen musste. „Es gibt Neuigkeiten aus Bristol."

„Ist es so gewesen, wie ich vorhergesehen habe?", fragte Voldemort – seine Stimme klang wie immer in diesen Träumen klar und verständlich, wie es sein musste.

„Dort waren ein paar Zauberer von Dumbledores Orden", bestätigte der Kundschafter, „Sie haben große Schwierigkeiten damit gehabt, gegen dieses Monster zu kämpfen –"

„Jeder hätte die gehabt", seufzte jemand müde und Phillis drehte ihren Kopf so schnell in die andere Richtung, aus der die Stimme gekommen war, wäre es kein Traum gewesen, hätte sie vielleicht eine Gehirnerschütterung gehabt. Dort, auf Phillis' andere Seite stand Pirro und nicht nur seine Stimme war absolut klar, sondern er hob sich auch aus dieser verschwommenen Landschaft hervor, indem er als einziges scharf und klar aussah. Er sah müde und gelangweilt aus – vielleicht-Schrägstrich-hoffentlich hatte er einige anstrengende Tage hinter sich. „Wir sprechen hier von einem Drakon aus der Unterwelt – natürlich haben sie Schwierigkeiten damit, sogar ausgebildete Halbblute wie ich hätten Schwierigkeiten."

Phillis schnaubte belustigt – Pirro war vielleicht ein guter Kämpfer und ein ebenso intelligenter Stratege, aber Phillis würde nicht von ihm behaupten, dass er wirklich gut ausgebildet war. Er überlebte ganz gut, aber wirklich ausgelernt hatte man als Demigott wohl nie und sonderlich lange war er nicht im Camp gewesen. Wahrscheinlich hatte er sich den größten Teil seiner Fähigkeiten selbst beigebracht, was eigentlich schon ganz beeindruckend war, aber es brauchte dann erfahrene Lehrer, um die selbst beigebrachten Fehler auszubessern.

„Meister, ich glaube, es ist auch eine Gruppe von diesen... Halbbluten dort gewesen", erzählte der Kundschafter und ignorierte Pirro wohl, „Nicht Dumbledores Orden hat den Drakon letztendlich besiegt, sondern diese Leute mit Waffen. Schwerter, Bogen, Speere."

„Demigötter? Auf Dumbledores Seite?", erkannte Voldemort und Phillis sah ihn an, nur um zu sehen, dass er seinen Kopf in ihre Richtung gedreht hatte, aber vermutlich Pirro ansah (das war eigentlich schwer zu sagen, nachdem sie nicht wirklich Voldemorts Gesicht ausmachen konnte, aber die Logik verlangte, dass man sie nicht sehen konnte).

„Beschreib sie mir", verlangte Pirro an den Kundschafter gerichtet.

Dieser machte ein unzufriedenes Geräusch, gehorchte aber: „Sie waren zu sechst. Eine Frau mit Speeren und kurzen Haaren; ein Mann mit Narben im Gesicht; ein blonder Mann, der wohl ihr Heiler war und sich aus dem Kampf herausgehalten hat; ein blondes Mädchen, vielleicht erst siebzehn, mit einem Bogen; ein seltsamer Junge mit Turban, der seltsam gelaufen ist und auf einem Instrument gespielt hat und dann noch ein Kind – einer kleiner Junge, keine vierzehn Jahre alt."

„Houdini", hauchte Pirro leise und kaum hörbar, räusperte sich aber dann und fuhr mit fester Stimme fort: „Ich kenne diese Gruppe, aber ich glaube nicht, dass sie für diesen Dumbledore arbeiten."

„Wie kommst du darauf?", fragte Voldemort mit eiskalter, kühler Stimme.

„Sie sind meine Verfolger", erklärte Pirro und klang beinahe schon gelangweilt, „Sie sind wegen mir hier in England – sie wollen mich aufhalten."

„Welches Interesse haben sie an dir?", fragte Voldemort abschätzig.

„Ich bin ein Verräter, habe viele ihrer Leute in den Tod geführt und eine ihrer Anführerinnen umgebracht", zählte Pirro auf, „Die Frage sollte eher lauten, warum sie mich nicht aufhalten wollen sollten."

„Deine vergangenen Taten führten dazu, dass sechs von deiner Sorte auf der Seite von Muggeln und Blutsverrätern sind", spuckte der Kundschafter aus, aber Voldemort hob abweisend seine Hand und ließ ihn verstummen.

„Werden diese Halbblute ein Problem darstellen?", fragte Voldemort Pirro ruhig.

Phillis sah Pirro die Unsicherheit an, aber nur einen winzigen Moment lang – dann schüttelte er selbstsicher den Kopf, als wäre er sich wirklich sicher. „Nein", log er (Phillis wusste, dass er log), „Sie sind nur kleine Plagen – ich werde sie genauso vernichten, wie ich die Tochter des Apollo umgebracht habe –"

Phillis dachte, er redete von Ruth, aber dann wurde diese Theorie widerlegt.

„– sie hat meine Klinge nicht einmal kommen sehen. Alle sprachen immer von ihren Fähigkeiten und tatsächlich hat sie viel überlebt, das muss man ihr lassen, aber nach dem Auftrag habe ich sie erstochen. Sobald ich diese Demigötter ausgeschaltet habe, wird sich niemand mehr an sie erinnern – sie war ein niemand und ist auch so gestorben. Ein kurzer Triumph, der schnell vergessen wird."

Plötzlich meinte Phillis, dass Pirro sie sehen konnte. Er sah sie direkt an, als würde er wissen, dass sie da war und vielleicht tat er das auch wirklich, denn er sagte: „Genauso, wie ich diese Demigott-Hexe umbringen werde, sobald wir sie finden. Das schwöre ich, bei meiner Mutter Eris!"


Phillis schreckte hoch. Sie atmete schwer und ihr Herz raste wie ihre Gedanken.

Noch bevor sie den Traum wirklich verarbeitet hatte, hatte sie schon ihre Füße aus ihrem Bett geschwungen und fischte nach einer Drachme.

Sie musste Chiron kontaktieren und dann gleich die anderen wecken, solange die Informationen noch frisch in ihrem Kopf waren.

Pirro hatte also keine Ahnung, dass sie noch lebte. Er glaubte, dass er sie umgebracht hatte und das war ein Vorteil, mit dem sie arbeiten konnten.

Solange sie nicht wussten, dass sie lebte, würde auch niemand auf die Idee kommen, dass sie die Demigott-Hexe sein könnte und das würde ihr in Hogwarts noch etwas Zeit verschaffen, um etwas unter dem Radar zu agieren.

Außerdem wäre ihre Mutter noch sicher. Vielleicht war das auch das einzige, das wirklich zählte.



Phillis balancierte über das Treppengeländer und hatte die Arme ausgestreckt, damit sie nicht fiel.

Schon als kleines Kind war sie überall hinauf geklettert, wohin sie gekommen war (Bäume, Zäune, Mauern, Straßenlaternen, Fensterbänke, ...) und hatte ihrer Mutter einen Schreck nach dem anderen versetzt, wenn sie in schwindelerregender Höhe einfach balanciert war und ein Fall zu Verletzungen oder sogar dem Tod hätte führen können.

Höhenangst hatte Phillis keine und Angst vor einem Fall schon gar nicht. Wie häufig war sie schon vom Besen gefallen? Wie häufig hatte sie sich abgerollt und sich nicht verletzt? Wie häufig hatte sie sich trotzdem verletzt?

Aber trotzdem stieg Phillis wieder und wieder auf einen Besen und fürchtete weder Flug noch Fall.

Balancieren konnte Phillis physisch gesehen gut, aber psychisch schien sie immer ein wenig unausgeglichen.

Sie lebte eigentlich zwei Leben – das einer Hexe und das einer Demigöttin. Und schon früh hatte sie gewusst, dass sie sich in der Welt der Götter, Monster und hyperaktiven Chaoten wohler fühlte als zwischen Büchern und Zauberstäben.

Trotzdem lebte sie in beiden Welten und versuchte schon seit ihrer Kindheit beides zu balancieren, aber schon immer war die Waagseite mit dem Leben als Demigöttin schwerer gewesen und sie war der immer eher zugeneigt gewesen.

Nach jedem Sommer, den sie im Camp zugebracht hatte, hatte sie immer erst einmal einige Zeit gebraucht, um sich wieder an die öde Welt der Zauberei zu gewöhnen, wenn sie eigentlich nicht die sein durfte, die sie wirklich war.

Dann hieß es wieder: Stillsitzen, lernen, konzentrieren, langweilen.

Auch nach diesen Weihnachtsferien hatte Phillis Probleme damit, in die Welt der Zauberei zurück zu kehren. Sie hatte die meiste Zeit mit anderen Demigöttern verbracht und sich an deren Weisen gewöhnt, sodass sie nun wieder ein wenig überrascht darüber war, wie anders doch andere Leute waren.

Andere konnten still sein und auch still sitzen. Andere hörten zu und redeten nicht so durcheinander. Andere waren nicht so impulsiv und affektgesteuert. Andere mussten nicht jederzeit mit einem Monsterangriff rechnen. Andere machten sich wahrscheinlich auch keine Gedanken über den Krieg.

Andere lebten einfach das Leben eines normalen Teenagers und Phillis hatte wieder einmal verlernt, wie man das machte.

Als sie also mit Lily auf dem Weg zu einem dieser Dinner-Partys von Slughorn nach den Weihnachtsferien war, war Phillis mit ihren Gedanken nicht beim Abendessen mit geordneten Gästen und Ordnung, sondern beim Krieg gegen Voldemort; bei Pirro und ihren Träumen von ihm, die sich immer mehr häuften, als würde sich ihr Geist nur noch darauf fokussieren.

Sie sah schreckliche Bilder von schrecklichen Geschehen und sie hatte mit Chiron darüber gesprochen, der für sie herausgefunden hatte, dass es Bilder der Zukunft waren.

Sie sah Leute, die gefoltert wurden und qualvoll starben. Sie sah, wie sie weinten und schrien – sie schrien nach ihrem Kind, dsa aber nicht zu ihrer Rettung kommen würde und Phillis wurde bei dem Gedanken schlecht, dass es indirekt ihre Schuld sein würde, aber die alten Regeln hatten bestand.

Sie hatte zu ihrem Vater gebetet und gefleht, eine Warnung aussprechen zu dürfen, aber natürlich hatte er ihr das nicht erlaubt.

Denn Apollo war immer nur dann gütig, wenn es ihm passte, aber sobald Phillis ihrem Freund helfen wollte, wies er sie ab.

Phillis wartete also auf das Unvermeidliche und quälte sich jeden Abend mit den Gedanken ins Bett, dass sie wieder einmal das Leben von anderen in den Händen hielt, aber niemanden helfen konnte. Es war wie bei Ruth. Als sie Ruths Tod vorhergesehen hatte, hatte sie auch nach einem Schlupfloch gesucht, aber keines gefunden. Also war Ruth gestorben und Phillis hätte es verhindern können.

Phillis musste da an etwas denken, wie Pirro, Houdini und sie über das Thema gesprochen hatten. Pirro hatte gesagt, dass er einen Freund retten würde, wenn er dessen Zukunft kennen würde.

Phillis hatte das nicht getan und sie hatte Ruth sterben lassen und sie würde nun die Eltern eines Freundes sterben lassen.

Wie konnte da das Leben fair sein? Wie konnte jemand noch Vertrauen in die Götter haben, wenn es Phillis' Schicksal war, dabei zuzusehen, wie alle starben und sie deren Tod nicht verhindern konnte?

Dieses Mal kannte die die Personen wenigstens nicht, aber es würden die Eltern eines Freundes sein und Phillis würde so die Folgen ihres Handelns mitbekommen.

Aber alle, mit denen sie darüber gesprochen hatte, sagten zu ihr dasselbe: Sie sollte niemanden warnen.

Und Phillis wusste, dass sie niemanden warnen würde. Sie war nämlich ein Feigling und niemals würde sie es wagen, sich so gegen ihren Vater aufzulehnen.

Aber die Träume suchten sie heim und Phillis konnte nicht einmal mehr unterscheiden, was Zukunftsvisionen waren und was Albträume.

Nach außen hin ließ Phillis sich kaum etwas anmerken und nur dank ihrer dunklen Ringe unter ihren müden Augen erkannte man, dass irgendetwas nicht stimmte, aber ansonsten war sie ganz die Alte – ein Theater, das sie perfekt spielen konnte.


Bei der Party begrüßte Slughorn sie mit offenen Armen und wies ihnen ihre Plätze – Lily und Phillis setzten sich nebeneinander, aber während um sie herum die anderen Mitglieder des Clubs miteinander leise und geordnet sprachen, schienen die beiden in ihren eigenen Welten zu sein.

Nicht nur Phillis starrte ins Leere, sondern auch Lily schien mit ihren Gedanken ganz woanders und schien (im Gegensatz zu Phillis) uncharakteristisch abwesend.

Das fiel Phillis dann aber wieder auf und besorgt blickte sie zu Lily.

Sie sah müde aus, mit dunklen Ringen unter den Augen, die denen von Phillis gar nicht so unähnlich waren. Sie wirkte allgemein etwas neben der Spur und ihre Kleidung und ihre Haare waren etwas unordentlicher, als sie es sonst waren (besonders zu Slughorns Essen).

„Lily?", sprach Phillis sie an, aber zuerst reagierte Lily gar nicht. Phillis musste ihren Namen noch zweimal sagen und sie dann anstupsen, damit sie reagierte.

„Hu?", fragte Lily und blickte zu Phillis. Sie hatte einen ähnlichen Ausdruck wie Phillis, wenn man sie aus ihren Gedanken riss.

Phillis hatte eigentlich schon beinahe Angst zu fragen, aber dann holte sie tief Luft und sprach ihre Gedanken aus: „Geht es... dir gut?"

Lily begann zu nicken, überlegte es sich dann aber doch anders. Sie seufzte und rieb sich müde die Augen. „Ich schlafe in letzter Zeit nur nicht so gut", gestand sie und gähnte, „Immer diese Träume – ich glaube, ich lese einfach zu viel Zeitung."

„Du träumst vom Krieg?", fragte Phillis sie leise und sanft.

Lily nickte. „Ich weiß auch nicht... ich sehe einfach alle sterben – vor meinen Augen. Ich weiß nicht einmal, warum. Meine Eltern sind Muggel und ich habe eigentlich überhaupt nichts mit diesem Krieg zu tun. Wahrscheinlich ist es einfach nur der Prüfungsstress – ich schreibe dieses Jahr meine UTZ und dann geht es für mich in die Welt hinaus."

„Oder Unterbewusstsein ist schon Teil von diesem Krieg", überlegte Phillis, „Es kämpft schon die Schlachten, die dich noch erwarten."

„Unterbewusstsein?", wiederholte Lily und lächelte leicht, „Kennst du Freud?"

„Nah, nicht wirklich." Phillis zuckte mit den Schultern. „Mein bester Freund hat mir nur eine kleine Einführung in Psychologie gegeben und sich ungefähr drei Stunden lang über Freud beschwert und jetzt weiß ich zumindest die Grundlagen."

„Beeindruckend", staunte Lily, „Um ehrlich zu sein, von dir hätte ich nicht erwartet, dass du so etwas weißt oder es dir merkst."

„Jaah, in dieser Hinsicht bin ich wohl etwas seltsam", lachte Phillis, „Ich kann dir bestimmt einen halbstündigen Vortrag über Utilitarismus halten, aber ich kann nicht einmal alle von Gamps Gesetzen auswendig."

„Und ich weiß nicht einmal, was Utilitarismus ist", gestand Lily.

„Würdest du gerne einen halbstündigen Vortrag darüber hören?", fragte Phillis sie grinsend.

„Solange du mich dann von dem ganzen Stress ablenkst – gerne doch!", lachte Lily amüsiert.

Aber noch jemand am Tisch hatte ihr Gespräch belauscht und es würde weitreichende Konsequenzen haben...

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