Lily will's wissen

Es war noch immer ein wenig wie bei einem Traum gewesen, dass Phillis tatsächlich zurück war, aber in einem Zustand, in dem James sie noch nie gesehen hatte.

Erst im letzten Schuljahr kurz vor den Ferien hatte er zusammen mit Sirius Phillis in den Krankenflügel tragen müssen, nachdem sie nach dem letzten Quidditch-Spiel ziemlich stark verletzt gewesen war, aber selbst damals hatte sie nicht ganz so hilflos und schwach gewirkt und trotz ihrer Schmerzen hatte sie nicht wirklich verletzlich gewirkt.

Am Tag nach Phillis verwunderlichen Ankunft aber half Remus ihr die Treppen hinunter und sie klammerte sich an ihn, als würde sie wirklich bald umkippen und diese wenige Anstrengung schien schon alles von ihr abzuverlangen.

Irgendetwas schreckliches musste ihr passiert sein, aber Phillis verriet es niemanden. Niemanden, außer Remus, wie es schien und James war noch immer ein wenig beleidigt, weil sein Freund ihm nichts davon erzählt hatte, dass Phillis zurückkommen würde, aber nachdem Phillis ihn selbst darum gebeten hatte, mit niemanden darüber zu sprechen, war das wohl in Ordnung gewesen.

Beim Frühstückstisch fiel James schnell eine neue Veränderung an Phillis auf: Sie trank keinen Kaffee.

Normalerweise war die Tasse Zucker mit Kaffee Pflicht gewesen und davor war Phillis nicht ansprechbar gewesen, aber an diesem Morgen lehnte sie sie ab und James fiel auch auf, dass sie nicht wirklich Zucker zu sich nahm. Eigentlich kaute sie nur lustlos und langsam an einem trockenen Stück Brot und lehnte sogar Butter und Marmelade ab.

Nach dem Frühstück hatte Phillis einen Termin im Krankenflügel und Remus begleitete sie dorthin, während James und die anderen in ihre Stunden gingen.

Später hatten sie eine Stunde bei Chiron und die Stühle waren in einem Hufeisen aufgestellt, was für eine Diskussions-Runde sprach und nicht für eine direkte Übung mit Übungspuppen.

Die Rumtreiber setzten sich zusammen nebeneinander hin und Lily setzte sich neben James – mittlerweile eine ziemlich natürliche Sache.

Zu Stundenbeginn schloss Chiron sich ihnen auch noch an und rollte seinen Rollstuhl an die freie Stelle im Hufeisen, um Teil eines Kreises zu werden.

„Guten Tag, Klasse, ich hoffe, euer Tag ist bisher zufriedenstellend gewesen", begrüßte der Professor sie.

„Eh... eher mittelmäßig", gestand Sirius.

„Etwas verwirrend vielleicht", fügte James nickend hinzu.

„Ich finde ihn bis jetzt ziemlich gut, ich weiß nicht, was ihr habt", bemerkte Remus mit einem verständnislosen Blick auf seine beiden Freunde.

„Nun, ich hoffe, ich werde heute mit meiner Stunde euren Tag besser machen, ihn aber hoffentlich nicht ruinieren", scherzte Chiron, „Heute werden wir nämlich über Schwächen und Stärken sprechen."

„Nein, danke", schnaubte Snape, „Slughorn hat das schon in unserem ZAG-Jahr erledigt, ich brauche davonbestimmt keine Wiederholung."

„Bestimmt habt ihr mit euren Hauslehrern über eure Talente und Stärken im Leben gesprochen, um die Berufswahl für eure Zukunft zu erleichtern", nickte Chiron, „aber wir werden heute über eure Schwächen und Stärken in Konflikten und Kampf sprechen."

„Das klingt seltsam", bemerkte Peter stirnrunzelnd, „Woher sollte ich dieses Wissen, ich habe mich bisher nie wirklich... duelliert..."

„Die Antwort zu dieser Frage habe ich euch schon gesagt", erinnerte Chiron sie.

„Vermutlich können wir wieder Wissen aus anderen Lebenssituationen adaptieren", schlug James vor.

„Ganz genau, James!", lobte Chiron ihn heiter, „Kannst du uns ein Beispiel geben?"

James blickte ratlos zu Sirius neben ihm, der ebenfalls mit den Schultern zuckte.

„Äh... nein?", gestand James deswegen und Chiron schien etwas enttäuscht zu sein, gab aber noch nicht auf.

„Worin hat Phillis dich trainiert, als sie Kapitän eures Quidditch-Teams geworden ist?", fragte Chiron ihn und James war noch verwirrter.

„Also... wir haben Pfeiltraining gemacht, was mehr oder weniger bedeutet, dass sie mit Pfeilen auf dich schießt und man muss irgendwie überleben und –"

James verstummte abrupt, als einige der Slytherins (die Zukünftige-Todesser-Gruppe) kicherte und er räusperte sich peinlich berührt.

„Nein, nein", Chiron sah die Gruppe streng an, „Das ist doch kein Grund zum Lachen! Besonders nicht, wenn das Gryffindor-Team offenbar erfolgreich gewesen ist, oder nicht?"

Sofort verstummten die zukünftigen Todesser und Sirius stieß einen amüsierten Laut aus. Snape funkelte sie böse an.

„Also, James", wandte Chiron sich wieder an ihn, „Wie ist das gelaufen?"

„Super", gestand James, „Ich meine... wir haben ein paar Stunden gebraucht und ich habe mir dabei meinen Arm gebrochen, aber letztendlich bin ich wirklich gut darin geworden, Klatschern auszuweichen."

„Genau so funktioniert das!", bestätigte Chiron und klang triumphierend, als würde endlich jemand etwas Intelligentes sagen, „Man muss seine Schwächen kennen, um diese auszubessern. Phillis ist wirklich ausgezeichnet darin, die Schwächen anderer herauszufinden und diese auszubessern und sie arbeitet am besten im Team, während ich andere kenne, die zwar ihre Schwächen kennen, diese aber nicht verbessern wollen, sondern andere dazu bringen, um ihre Schwächen herum zu arbeiten und solo arbeiten sie wirklich ausgezeichnet, aber sobald man ihn in ein Team steckt, kann man davon ausgehen –" Chiron verstummte und räusperte sich. „Wie auch immer – es ist also wichtig, Schwächen zu erkennen – nicht nur seine eigenen, sondern auch die des Gegners, um das ausnutzen zu können. Natürlich braucht es dann noch weitere Komponenten, um diese Schwächen auch wirklich ausnutzen zu können –"

„Phillis ist wirklich gut darin", erinnerte sich Marlene, „Sie hat den anderen Teams nur ein paar Mal beim Training zusehen müssen und schon hat sie eine Taktik ausarbeiten können."

„Woher kennen Sie Phillis, Professor?", fragte Lily und versuchte ihr Misstrauen zu verstecken, aber es gelang ihr nicht wirklich. Seit sie dieses Zeitungsfoto mit Phillis beim Tatort gesehen hatte, fühlte sie sich doch ein wenig unwohl mit Phillis.

„Ich trainiere sie natürlich schon seit Jahren", erzählte Chiron und klang überrascht, „Hat sie das euch gar nicht erzählt?"

Lily und James tauschten überraschte Blicke aus – damit hatten sie irgendwie nicht gerechnet, obwohl eigentlich alles ganz logisch war. Phillis hatte gesagt, dass sie während der Sommerferien immer in Amerika war und Chiron kam ebenfalls aus Amerika. James ging aber noch einen Schritt weiter und erinnerte sich daran, wie Chiron nach Amerika zurückgegangen war, weil eine Schülerin verletzt worden war – beinahe tödlich. Und ein paar Wochen später kam Phillis mit einer Verletzung zurück, die so wirkte, als wäre sie beinahe daran gestorben.

James sah zu Remus, um zu sehen, ob sein Gehirn auch auf Hochtouren lief und er die einzelnen Fäden miteinander verband, aber Remus schien das alles überhaupt nicht zu überraschen und James fragte sich, ob das noch etwas war, das Remus vor ihnen geheim gehalten hatte.

„Ich will jetzt, dass ihr euch in Dreiergruppen zusammenfindet", verkündete Chiron, „und ihr werdet wie bei einem Schere-Stein-Papier-Spiel bei einem eurer Teammitglieder eine Schwäche ausnutzen und eine Möglichkeit finden, diese Schwäche zu nutzen, um ein Duell zu gewinnen und bei einem anderen eine Schwäche ausbessern, damit dieser im Kampf stärker wird. Habt ihr das verstanden?"

James hatte das eindeutig verstanden und sofort dachte er daran, was Chiron gesagt hatte: Phillis war wohl ziemlich gut in solchen Übungen.

Er konnte Phillis aber nicht direkt danach fragen, ob sie ihm bei seinen Hausaufgaben half, aber vielleicht, wenn die richtige Person in seinem Team war – wie zum Beispiel Remus, der Phillis im letzten Jahr immer bei ihren Hausaufgaben geholfen hatte, also vielleicht würde sie sich nun bei ihm revanchieren.

„Remus!", Marlene kam James aber zuvor und lächelte ihn überfreundlich an, sodass Remus verstört und hilfesuchend zu seinen Freunden blickte, aber Sirius und James (die wohl alle gleichzeitig dieselbe Idee gehabt hatten) lächelten ebenso verstörend, „Willst du mit Lily und mir in einem Team sein?"

„Nein, nein", widersprach James schnell, „Lily, Remus und ich – ich denke, wir würden ein gutes Team bilden, oder nicht?"

„Schwachsinn!", schnaubte Sirius, „Peter, Remus und ich – wir sind ein Team und James kann bei Lily und Marlene sein!"

„Ich... verstehe nicht, was gerade läuft", gestand Peter verwirrt und sah zu Remus, als hätte er eine Antwort dafür, warum er auf einmal so begehrt war, aber Remus schien wohl schon verstanden zu haben und seufzte müde.

„Ihr seid schrecklich, wisst ihr das?", fragte er seine Freunde unbeeindruckt, „Ich fühle mich nicht geliebt."

„Komm schon, Moony", jammerte Sirius, „Lass uns deine Beziehung mit Phillis doch einfach ausnutzen! Bitte?"

„Nein, ich mag euch nicht", bestimmte Remus genervt, „Lily, Peter – wollen wir ein Team bilden und diese drei Idioten können sich selbst helfen?"

„Ich weiß zwar nicht, was gerade los ist, aber klar", bestätigte Lily, „Ich glaube, wir wären ein gutes Team."

„Moony!", sagte James erstickt und griff sich melodramatisch ans Herz, „Wie kannst du uns das antun? Wir haben dir erst zu deinem Glück verholfen!"

Remus zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Klingt nicht nach meinem Problem."

„Haben alle ihre Partner gefunden?", fragte Chiron in der Klasse herum und beendete damit das Streitgespräch, „Gut! Als erstes solltet ihr eine Schwäche finden und denkt daran, dass auch Schwächen des alltäglichen Lebens Schwächen während eines Duells sein können. Falls ihr Fragen habt, ihr habt die restliche Stunde noch Zeit, über eure Aufgabe zu sprechen und dann außerhalb der Schulstunden, wie ich es euch am Anfang des Jahres schon gesagt habe. Ich stehe jederzeit für Fragen zur Verfügung."



Nach der Stunde schmollten James und Sirius noch immer beleidigt, weil Remus sie einfach links liegen gelassen hatte, aber Remus ignorierte sie einfach und unterhielt sich stattdessen mit Peter über die Aufgabe.

Plötzlich zog jemand James am Kragen zurück und nachdem er einen peinlichen, erstickten Laut gemacht hatte, erkannte er erst, dass es Lily war, die ihn vielsagend ansah.

„Wir müssen reden", bestimmte sie und James deutete seinen Freunden (die breit grinsten), weiter zu gehen.

„Worum geht's?", fragte James und versuchte, locker zu klingen, aber innerlich raste sein Herz und er meinte, ganze Flüsse zu schwitzen.

„Phillis", antwortete Lily nur, „Wir müssen mit ihr über das Foto sprechen!"

„Oh", machte James, „Klar... wann?"

„Heute Abend?", schlug sie vor, „Ich will wissen, was vor sich geht und jetzt kennt Chiron sie offenbar schon und hat sie trainiert? Das klingt doch alles seltsam, oder nicht?"

„Ich weiß nicht", gestand James und er fühlte sich nicht ganz wohl dabei, Lily zu widersprechen, aber gleichzeitig war Phillis eine Freundin und sie hatte wenigstens verdient, dass sie nicht sofort vom Schlimmsten ausgingen. „Chiron scheint doch ein ordentlicher Typ zu sein und vielleicht hat Dumbledore ihn ja über Phillis kennengelernt."

„Das hoffe ich", stimmte Lily ihm zu seiner eigenen Überraschung zu, „Ich will Phillis auch vertrauen und ich mag sie wirklich, aber da sind einfach nur so viele offene Fragen und viel zu wenig Antworten... ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Und dann auch noch ihre geheimnisvolle Verletzung..."

„Ich weiß nicht genau, was mit ihr passiert ist", gestand James, „Ich weiß nur, dass Remus mehr weiß und er vertraut ihr noch immer und ich vertraue auf Remus' Einschätzung."

Lily sah ihn unbeeindruckt an. „Wirklich? Er ist doch hin und weg von ihr."

„Aber Remus würde Phillis nicht mehr mögen, wenn sie eine Todesserin wäre", versprach James sicher, „Da kennt er kein Erbarmen."

„Dann vertraue ich dir da einmal", lachte Lily nervös und wurde etwas rot, aber vielleicht war das auch nur das Licht und James hatte sich versehen.

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