Legasthenie für Anfänger und Fortgeschrittene (von und mit Phillis)

Phillis hatte Kopfschmerzen und dabei arbeitet sie erst seit einer Stunde (es fühlte sich schon wie Tage an).

Die Lehrer hatten die Schüler der fünften Klasse tatsächlich mit Hausaufgaben überschwemmt und Phillis hatte jetzt schon, an ihrem zweiten Tag, das Gefühl darin zu ertrinken. Drei Fuß für Verwandlung, vier für Zaubertränke, für Muggelkunde musste sie fünfzig Seiten aus einem Buch lesen und für Zauberkunst ebenfalls noch einen ganzen Aufsatz schreiben (zwei Fuß, um zu bestehen und für eine halbwegs gute Note erwartete Flitwick mindestens drei).

Phillis war gerade erst bei ihrem ersten Aufsatz – Verwandlung – und selbst da fehlte ihr noch die Hälfte, aber die Wörter tanzten vor ihren Augen herum, sie zappelte unruhig auf Hagrids Bank herum und nicht einmal der Liter Kaffee, den sie davor getrunken hatte oder der starke Schwarztee von Hagrid hatten geholfen, sie zu beruhigen.

Ihre Geduld war auf dem Null-Punkt angekommen, aber sie hatte mit Hagrid ausgemacht, dass sie zumindest den Aufsatz für Verwandlung fertigbringen würde, sonst würde sie mit ihren Hausaufgaben überhaupt nicht mehr hinterherkommen. Am nächsten Morgen hatten sie Auswahlspiele, die Phillis viel lieber vorbereitet hätte, als diesen Aufsatz zu schreiben, aber Hagrid hatte versprochen, sie dafür einmal in den Verbotenen Wald mitzunehmen.

Hagrid machte gerade seine berühmt berüchtigten Felsenkekse (Phillis mochte dieses harte Gebäck nicht sonderlich gerne, nahm es aber aus Höflichkeit immer an (einmal hatte sie einen dieser Kekse in ihrer Jackentasche vergessen und erst in Amerika wiedergefunden, womit sie dann einen Höllenhund erschlagen hatte, also waren sie nicht ganz unnütz)), während Phillis sich mit ihren Hausaufgaben abmühte.

Die meisten Zeit brauchte Phillis nicht direkt Hilfe bei ihren Hausaufgaben. Sie brauchte nur jemanden, der sie regelmäßig aus ihren Tagträumen riss und ein Auge auf sie hatte, damit sie nicht auf die Idee kam, es wieder zu verschieben, bis es zu spät war, es zu verschieben. Außerdem war jemand, der sich die Texte noch einmal durchlas ganz praktisch, aber da hatte Phillis noch nicht wirklich jemanden gefunden, der das regelmäßig für sie machte (und Hagrid war, trotz allem, auch nicht der beste bei Aufsätzen).

Phillis hasste es sowieso, Hilfe anzunehmen oder erst recht danach zu fragen. Wenn sie schon so eine Enttäuschung war, musste sie nicht auch noch andere damit quälen und deswegen wäre Phillis lieber von einem Thestral überrannt worden, als jemanden um Hilfe zu bitten.

Phillis kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich auf das letzte Wort, das sie geschrieben hatte, in der Hoffnung, nach ihren Tagträumen wieder den Faden aufnehmen zu können, aber die Buchstaben sprangen herum und das Wort verwischte vor ihren Augen. Sie blinzelte, aber es wurde nicht besser und frustriert warf Phillis ihre Feder auf den Tisch und schrie auf.

Hagrid sah besorgt nach ihr, sah aber, dass es nur der Frust war und er kam geduldig zu ihr.

„Was is'?", fragte er sie sanft und Phillis saß einen Moment lang schmollend und mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihm, als wäre sie ein kleines Kind, bevor sie mit einer abwertenden Bewegung auf das Pergament vor ihr deutete, als wäre es nicht einmal mehr ihre Sprache wert.

Hagrid drehte den Aufsatz zu sich und las ihn durch und tatsächlich konnte man ganz genau erkennen, wann Phillis' Konzentration vollkommen verschwunden war, denn die Worte waren so schlecht geschrieben, dass sie kaum noch lesbar waren.

In diesem Moment klopfte jemand an die Tür und Hagrid lächelte Phillis ermutigend an, bevor er zur Tür ging.

Es waren die Rumtreiber, die noch zu Hagrid gegangen waren mit Remus, der ganz vorne stand und eigentlich der Grund für den Besuch war.

„Hey, Hagrid", begrüßte der Werwolf ihn nervös, „Ich... Madam Pomfrey schickt mich, um noch etwas wegen morgen zu besprechen..."

„Kla', Remus!", Hagrid trat zur Seite, um Remus in seine Hütte zu lassen, „Komm rein!"

„Wir warten draußen, Moony", versprach James seinem Freund – in Hagrids Hütte konnte es schnell beengt werden und obwohl Remus' Freunde schon seit Jahren von seinem kleinen, pelzigen Problem wussten, so war es Remus manchmal noch immer unangenehm, davon vor ihnen zu sprechen.

Phillis blickte überrascht auf, als sie Remus' Namen hörte und auch Remus schien überrascht, als er Phillis an Hagrids Tisch sitzen sah, ihre Hausaufgaben vor sich ausgebreitet.

„Phillis, warum machst du nich' eine Pause", schlug Hagrid vor, „Die hast du dir verdient."

„Klar", schnaubte Phillis und stand nur allzu gerne auf, obwohl sie wusste, dass sie später weitermachen musste und flüchtete schon beinahe aus der Hütte.

Auf dem Weg nach draußen hob sie vom Boden einen Stock auf und sobald sie hinter sich die Tür geschlossen hatte, schrie sie frustriert auf und schlug den Stock so hart auf den Boden, dass dieser zersplitterte.

„Wow", hörte sie jemanden sagen und sie wirbelte (mit dem Stock wie ein Schwert in der Hand) herum, aber es waren natürlich nur Potter, Black und Pettigrew.

„Was ist, Black, noch nie einen frustrierten Menschen gesehen?", blaffte Phillis schlecht gelaunt und schlug den Stock noch einmal auf den Boden und er zerbrach, sodass die Holzsplitter durch die Gegend wirbelten.

„Dolohow, du hast eindeutig Aggressionsprobleme", bemerkte Potter und Phillis warf den Stock mit einem weiteren Kriegsschrei von sich und sie pfählte damit mit verstörender Genauigkeit genau die Vogelscheuche in Hagrids Garten.

„Es sind keine Probleme – ich verletze niemanden", verteidigte sich Phillis und streckte sich einmal durch, beugte sich hinunter, berührte ihre Zehen und streckte sich dann wieder durch. Nach einer Stunde konzentriertes Arbeiten (doppelt so lang, wie Phillis es normalerweise schaffte), brauchte sie etwas Bewegung.

„Was machst du bei Hagrid?", fragte Sirius sie neugierig.

„Was macht ihr bei Hagrid?", fragte Phillis zurück, „Obwohl... warte... es interessiert mich nicht, ich weiß nämlich, dass es noch so etwas wie Privatsphäre gibt und ihr müsst mir nicht Rechenschaft ablegen."

„Nicht so schlecht gelaunt, Dolohow", lachte Potter, „Wir haben nur gefragt."

Was sie nicht wussten war, dass Phillis schon früher solche Fragen gestellt worden waren und sie hatte darauf geantwortet und die Antwort darauf war Spott und Hass gewesen. Und Phillis hatte gelernt, dass es besser war, ihre Probleme für sich zu behalten.

Phillis antwortete ihm nicht, sondern fokussierte einen Baum an, nahm kurz Anlauf und sprang dann hinauf zum ersten Ast, erwischte ihn mit ihren Händen und sie zog sich daran hoch.

Mit ausgestreckten Armen balancierte sie auf einem Ast und die drei Rumtreiber unter ihr blickten nervös nach oben.

„Wie ist euer Jahr bis jetzt?", fragte Phillis. Eigentlich war es ihr egal, aber sie hasste es, wenn sie einfach nur stumm beobachtet wurde. Dann fühlte sie sich wie Beute und sie wusste, wie sich Beute fühlte (immerhin war sie schon ein paar Mal Opfer von Monsterangriffen gewesen).

„Viel besser, als letztes Jahr!", antwortete Peter sofort locker, während James und Sirius ihren Freund warnend ansahen, aber dieser bemerkte das nicht, „Weniger Stunden, weniger Hausaufgaben und mehr Freizeit."

„Hmpf", machte Phillis, ließ sich am Ast hängen, bevor sie wieder auf den Boden sprang (James sog erschrocken Luft ein und Sirius war schon bereit, sie aufzufangen, aber Phillis brauchte ihre Hilfe nicht), „Wenigstens etwas, auf das ich mich freuen kann, hu? Also... wenn ich überhaupt ein Fach bestehe..."

In Hagrids Hütte wandte Remus sich gerade zum Gehen, als sein Blick noch ein letztes Mal auf die Sachen von Dolohow auf dem Tisch fielen und auf ihren Aufsatz.

Remus brauchte nur einen Blick, um zu erkennen, dass er schrecklich geschrieben war – schon das erste Wort hatte einen Schreibfehler in sich.

„Raus jetzt mit dir!", scheuchte Hagrid ihn weiter und versuchte den Aufsatz unauffällig umzudrehen, aber Hagrid schien unfähig zu sein, überhaupt irgendetwas unauffällig zu machen und nicht nur sah er sehr verdächtig aus, sondern seine Bewegungen waren auch noch so ruckartig, dass es unauffälliger gewesen wäre, wenn er einfach gar nichts gemacht hätte.

„Tschüss, Hagrid!", rief Remus ihm zu. Der Aufsatz von Dolohow – offenbar schrecklich, aber Hagrid wusste das auch und hatte versucht, sie zu schützen. Eine ehrenhafte Sache, aber Remus war zu neugierig, um das einfach auf sich sitzen zu lassen und Hagrids Verhalten hatte seine Neugier noch verstärkt.

Draußen warteten seine Freunde mit Phillis Dolohow, die überhaupt nicht glücklich aussah, besonders nicht, als Hagrid ihr zurief, dass sie wieder kommen konnte.

Remus beobachtete, wie sie einen kleinen Stein vom Boden aufhob und mit aller Kraft gegen die Vogelscheuche in Hagrids Garten warf. Der Stein traf diese direkt am Kopf und Remus war sich sicher, dass das genau so geplant gewesen war und nicht purer Zufall. In diesem Moment beschloss er, Dolohow niemals einen Anlass zu geben, Steine auf ihn zu werfen.

„Komm schon, Moony!", hetzte Sirius ihn weiter und Remus und Dolohow gingen aneinander vorbei, ohne ein Wort des Grußes. Dolohow fluchte leise vor sich hin und sie schien sehr kreativ damit zu sein, aber Hagrid begrüßte sie trotzdem herzlich wieder in seiner Hütte.

„Ich glaube, Hagrid hilft Dolohow mit ihren Hausaufgaben", erzählte Remus leise seinen Freunden, als sie zusammen wieder zum Schloss gingen, „Ich habe ihren Aufsatz gesehen."

„Sie muss wirklich verzweifelt sein, wenn sie schon Hagrid um Hilfe bittet", spottete James.

„Glaub mir – jeder ist besser, als Dolohow", gestand Remus, „Jetzt verstehe ich auch, was die Lehrer gegen sie haben. Ich habe als kleines Kind besser schreiben können, als sie!"

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