Eis im Februar mit dem einzig wahren Dr. Marty

Grundsätzlich war Ruths Beerdigung wie jede andere Beerdigung auch, der Phillis bisher beigewohnt war, aber doch fühlte sie sich anders an.

Es war nicht ihre erste Beerdigung. Es würde auch nicht ihre letzte sein.

Sie hatte schon Geschwister begraben, Freunde,... aber noch nie jemanden, der ihr so nahe gestanden hatte, wie Ruth.

Die Geschwister der Verstorbenen hatten traditionell das Leichentuch gestaltet – natürlich mit musikalischen Themen: eine Leier als Zeichen des Apollo, eine Gitarre als Zeichen für Ruth und natürlich Noten mit Goldfäden aufgestickt. Wer Noten lesen konnte, erkannte eventuell die Melodie von „Bohemian Rhapsody", das Lied, das sie auch sangen, während der Scheiterhaufen brannte. Eigentlich hatte Phillis auf Ruths Gitarre begleiten wollen, aber sie hatte es einfach nicht geschafft. Mit der Gitarre in der Hand und die Lippen fest aufeinandergepresst hatte sie einfach ins Feuer geblickt, während ihre Geschwister gesungen hatten.

Das ganze Camp trauerte – kaum jemand hatte Ruth nicht gekannt. Sie war schon immer Teil des Camps gewesen, nicht nur für Phillis würde es seltsam werden, jetzt, da sie nicht mehr da war.

Sie hatte sich kaum daran gewöhnt, dass sie nun Hüttenälteste war, obwohl sie nicht das älteste lebende Kind von Apollo war – diese Ehre gebührte Marty, aber dieser wohnte außerhalb des Camps und kam nur an seinen freien Tagen vorbei, ganz zu schweigen davon, dass er absolut kein Interesse daran hatte, Hüttenältester zu sein.

Phillis eigentlich auch nicht, aber was sollte sie schon dagegen machen?

Irgendjemand musste die Aufgabe ja übernehmen, jetzt, da Ruth fort war.

Jetzt im Februar waren eher wenige Camper da, um der Beerdigung beizuwohnen – nur jene, die das ganze Jahr über da lebten, standen beisammen. Chiron, der Zentaur und Trainer der Halbblute, Mr D und einige Satyrn standen zusammen und aus dem Wald blickten scheu ein paar Dryaden, Baumnymphen, die sich nur blicken ließen, wenn sie Lust dazu hatten.

Es blieben nicht wirklich viele, um dabei zuzusehen, wie das Feuer abbrannte – nur jene, die Ruth wirklich gut gekannt hatten, nahmen sich die Zeit, während die anderen lieber der Kälte entkamen. Es lag zwar kein Schnee im Camp, aber es war trotzdem kalt und die Sonne schien sich noch immer hinter dichten Wolken zu verstecken, als würde Apollo sich schämen, sein Antlitz zu zeigen.

Phillis stand etwas abseits von den anderen und starrte gedankenverloren in die Glut, die nur noch leicht glimmte und langsam erlosch, als Marty zu ihr herüberkam.

Es war nicht Tradition, zu Beerdigungen schwarz zu tragen – meistens kamen alle einfach in der Kleidung, die sie gerade trugen, denn manche Camper besaßen nicht mehr als orangefarbene Camp-T-Shirts und billige Jeans vom Campladen.

So trug auch Marty einfach die Kleidung, die er immer trug und die ihn sofort als „Hippie" auszeichnete – weite Schlaghosen, ein buntes (ehemals weißes) Hemd mit Batik-Muster mit einer braunen Weste darüber sowie vielen Perlenketten und Armbändern, die bei jedem seiner Schritte klimperten. Seine langen, blonden Locken wie die von Phillis hatte er sich mit einem Stirnband mit Blumenmuster zurückgebunden und obwohl keine Sonne schien, trug er eine Sonnenbrille mit rosafarbenen Gläsern.

Aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen trug er auch immer ein Stethoskop um seinen Hals, als wäre es ein Schal und niemand (nicht einmal die Sterblichen) hinterfragten es.

Er war schon vierundzwanzig Jahre alt und jeder, der ihn kannte, war sich sicher, dass Marty Perez jeden einzelnen Cheat des Lebens herausgefunden hatte. Irgendwie hatte er es geschafft, ohne einen High-School-Abschluss ins College zu kommen (er lebte schon seit er ein kleines Kind war ganzjährig im Camp und Schulbildung wurde da meist klein geschrieben (wortwörtlich)), hatte dieses mit Bestnoten bestanden (seine Legasthenie war zwar nicht so schlimm, wie bei Phillis oder anderen Demigöttern, aber trotzdem noch vorhanden und er galt auch als eher hyperaktiv) und war Arzt geworden... irgendwie... Niemand war sich ganz sicher, wie er das geschafft hatte, besonders, weil es schon sehr außergewöhnlich für einen Demigott war, überhaupt bis ins College-Alter zu überleben und dann auch noch erfolgreich zu sein. Als er dann das Camp (zusammen mit Laertes) verlassen hatte, um in einer eigenen Wohnung näher am Krankenhaus in New York in dem er arbeitete zu leben, hatten alle erwartet, dass er innerhalb weniger Wochen sein verheerendes Monster treffen würde – besonders, da er zu diesem Zeitpunkt schon selbsterklärter Pazifist war (und beschlossen hatte, dass sein „Eid des Hippokrates" nicht nur für Menschen galt, sondern auch für Monster und er deswegen keines davon mehr erlegen wollte). Aber wieder einmal hatte er ihnen allen das Gegenteil bewiesen und nun, zwei Jahre später war er noch immer lebendig und Pazifist.

Nun hinterfragte niemand mehr Marty Perez – er war ein Phänomen, das niemand verstand.

„Schau mal, was Laertes für mich ausgeliehen hat", begrüßte er Phillis und hielt die Schlüssel für den Lieferwagen des Camps in die Höhe (die Laertes bestimmt nicht nur ausgeliehen hatte), „Holen wir uns Eiscreme!"

Phillis lächelte – oder versuchte es zumindest, denn obwohl sie wusste, dass sie nicht allzu lange traurig über den Tod ihrer Schwester sein sollte (es war ja nicht das erste Mal, dass jemand starb, den Phillis kannte), fühlte sie sich trotzdem noch nicht ganz wohl. „Es ist Februar", erinnerte sie ihren großen Bruder, aber wer Marty kannte, der wusste, dass ihn das nicht interessierte.

„Das hast du sehr gut beobachtet", lobte Marty sie und legte einen Arm um ihre Schultern, „Komm schon – ich brauche jetzt Eis, bis ich nicht mehr selbstständig gehen kann! Ich brauche wieder einmal eine Ausrede, warum Laertes mich durch die Gegend trägt."

„Vermutlich könntest du ihn einfach danach fragen", schlug Phillis vor.

Marty grinste vielsagend und zwinkerte ihr zu. „Wo bleibt dann der Spaß?"

Und wieder einmal wünschte Phillis sich, Marty und Laertes würden solche Informationen für sich behalten.

„Komm schon, Leprechaun", neckte Marty sie und stupste ihr in die Seite, „Du darfst auch fahren und...", Marty überlegte einen Moment lang, bevor er triumphierend mit den Fingern schnippte, „– und du darfst meine Sonnenbrille tragen!"

„Das ändert natürlich alles!", schnaubte Phillis sarkastisch, aber innerlich hatte sie sich schon entschieden und sie seufzte, „Na gut, ich hoffe, ich habe danach Bauchschmerzen!"

Marty warf ihr die Schlüssel zu und Phillis fing sie geschickt auf, bevor ihr großer Bruder auch noch seine Sonnenbrille mit den rosafarbenen Gläsern abnahm und überrascht blinzelte. „Auf einmal sieht die Welt wieder grau aus", bemerkte er und reichte sie an Phillis weiter.

Die Welt wurde rosarot und das Grau verschwand.

Natürlich durfte Chiron nicht mitbekommen, dass sie den Lieferwagen stahlen, aber eigentlich war Phillis sich sicher, dass er es ganz genau wusste und einfach so tat, als würde er nichts bemerken.

Wie sonst sollte sich erklären, dass sie niemand aufhielt, selbst, als Phillis aus Versehen quer durch die Erdbeerfelder und die Büsche gefahren war, um über einen schmalen Waldweg direkt zur Straße zu kommen. Sie war schon lange nicht mehr gefahren und sie musste sich erst wieder an die Steuerung gewöhnen.

Marty ging seiner Aufgabe als Beifahrer nach und spielte am Radio herum, bis er einen Sender fand, der ihm gefiel und er lauter schaltete. In voller Lautstärke, sodass beinahe Phillis' Ohren weggeblasen wurden dröhnte „Gimme Gimme Gimme" von ABBA und Phillis fühlte sich wieder wie zu Hause.

Marty sang lauthals mit und vermutlich konnte Phillis erleichtert sein, dass er wie die meisten von Apollos Kindern eine schöne Singstimme besaß, aber andererseits hätte sie es auch amüsant gefunden, wenn er absolut nicht hätte singen können. Marty war einer der Personen, die sich absolut nicht schämten, mitzusingen und er tanzte auch (soweit es sein Gurt und der Sitz es zuließen) begeistert mit und wippte mit den Füßen, die er auf das Armaturenbrett gelegt hatte.

Es war ein beinahe schon idyllischer Moment und diesen Moment lang vergaß Phillis sogar, dass Ruth gestorben war. Natürlich war das Martys Ziel gewesen und wie immer im Leben war er erfolgreich gewesen.

Die Musik war zu laut, um eine Unterhaltung zu führen, aber das war auch gar nicht nötig – genau genommen war Phillis ganz froh, dass sie nicht sprechen musste. Laut zu Liedern mitzusingen war viel einfacher und schon bald ließ sie sich von Martys Begeisterung anstecken und grölte genauso laut mit, als sie zusammen nach New York fuhren.

Sie fanden wie durch ein Wunder einen Parkplatz nur zehn Minuten von ihrem Ziel entfernt und gingen den restlichen Weg zu Fuß. Marty erzählte von der Arbeit und fragte Phillis die Lateinischen Begriffe für die Knochen und Muskeln aus. Phillis kannte bei weitem noch nicht alle, aber es machte Spaß, sie mit Marty zu lernen – er sprach die Begriffe so lächerlich aus, dass sie überhaupt nicht mehr wie wissenschaftliche Begriffe klangen, sondern wie deren Parodien und tatsächlich war es sonderbar, dass irgendjemand auf die Idee gekommen war, einen Muskel Musculus rectus femoris zu nennen. Noch sonderbarer war, dass Marty Arzt war. Phillis konnte sich nicht vorstellen, dass Marty ernst bleiben konnte, wenn er solche Wörter im Krankenhaus sagen musste, besonders, weil er wie ein Kind zu kichern begann, als er „rectus" sagte.

Wieder einmal war unklar, wie Marty es überhaupt geschafft hatte, Arzt zu werden.

Sie kauften sich jeweils einen halben Liter Eis in einem Supermarkt und nachdem Marty in aller Öffentlichkeit vorgeführt hatte, wie gut er Die Löffel spielen konnte (indem er sie zusammenschlug und zwischen Hand und Oberschenkel klappern ließ), setzten sie sich auf eine Parkbank im Central Park, obwohl es wirklich kalt war.

Eis in der Kälte zu essen war die perfekte Möglichkeit, um Trauer zu vergessen – der Hirnfrost wurde noch schlimmer, wenn der restliche Körper auch zu kalt hatte und nachdem Marty und Phillis ihr Eis aufgegessen hatten, hatten sie beide Bauchschmerzen, waren aber zufrieden.

Marty klopfte sich auf den Bauch und grinste. „Ich fühle mich, als hätte ich drei Kilo zugenommen!"

„Nur einen halben", bemerkte Phillis und rülpste zufrieden. Das war genug Zucker für die nächste halbe Stunde gewesen.

„Sind wir jetzt bereit, über Ruth zu reden?", fragte Marty sie und sofort verschwand die angenehme Stimmung wie ein Furz im Wind.

Phillis seufzte. „Kann ich nein sagen?", fragte sie.

„Natürlich", versprach Marty, „aber ich werde trotzdem reden – Laertes kann dir sagen, dass ich sehr gerne sehr viel rede."

„Das braucht er mir nicht zu sagen, wir haben in einer Hütte geschlafen", erinnerte Phillis ihn ernst, „Also... Ruth..."

„Sie ist vorgestern im Wagen von Artemis, der Göttin der Jagd ins Camp gebracht worden, zusammen mit Birget und Laertes", erzählte Marty, als wäre er ein Arzt und würde Phillis ganz rational von einem Unfall erzählen – distanziert für die Patienten. „Laertes hat mich kurz davor informiert, dass sie kommen würden und dass Ruth schwer verletzt war und ich bin natürlich direkt ins Camp gekommen. Ich habe den Camp-eigenen OP und alles für ihre Ankunft vorbereitet. Ich... habe versucht, sie zu operieren, aber es waren zu viele Blutungen am ganzen Körper und sie hat schon viel Blut verloren gehabt auf dem Weg – es ist eigentlich ein Wunder gewesen, dass sie so lange durchgehalten hat. Sie hat gekämpft."

„Sie wollte im Camp sterben", sagte Phillis ruhig und wieder bildete sich ein Kloß in ihrer Brust und ihr war etwas übel, wobei sie nicht genau sagen konnte, ob es vom Eis kam oder von ihren Emotionen.

„Sie ist im OP gestorben", meinte Marty und schniefte. Phillis sah ihn überrascht an und tatsächlich hatte ihr großer Bruder Tränen in den Augen. „Ich habe alles versucht, aber... es war viel zu spät und ich habe meine kleine Schwester verloren."

„Nicht weinen, Marty", bat Phillis ihn, als eine Träne seine Wange hinunterrann.

„Aber ich bin traurig, Phil", sagte Marty und schniefte wieder. Er lächelte verweint und schluckte schwer. „Ich bin wirklich traurig, weil ich immer wieder Menschen beim Sterben zusehe, aber ich bin niemals darauf vorbereitet gewesen, Ruth beim Sterben zuzusehen."

Nun traten auch Phillis wieder Tränen in den Augen und sie umarmte Marty. Es war etwas seltsam, weil sie auf einer Parkbank saßen und sie sich ein bisschen verbiegen mussten, aber es war trotzdem schön.

„Bitte nicht weinen, Marty", bat Phillis ihren großen Bruder – große Brüder sollten nicht weinen.

„Warum nicht, Phil?", fragte Marty sie ruhig und schniefte, während er ihr über den Rücken strich, „Es ist in Ordnung, traurig zu sein. Ich darf traurig sein und du auch."

„Aber– aber es tut s-so weh!", schluchzte Phillis und klammerte sich an Marty fest, während sie selbst wieder zu weinen begann, obwohl sie das gar nicht wollte, „Ich will nicht traurig sein!"

„Es ist in Ordnung", versprach Marty und hielt sie ganz fest, als würde er sie zusammenhalten wollen, „Lass es raus und behalte es nicht in dir. Es tut nicht gut, es nicht raus zu lassen."

„Was machen wir jetzt ohne sie? Was mache ich jetzt ohne sie?", schluchzte Phillis in den Armen von Marty, „Ich habe sie so liebgehabt!"

„Ich auch", gestand Marty und hielt Phillis eine Armlänge von ihm entfernt, um ihr mit seinen verweinten Augen in ihre verweinten Augen zu sehen, „Und sie hat uns auch liebt gehabt – besonders dich – ich nehme es dir noch immer übel, dass du ihre Lieblingsschwester gewesen bist." Marty stupste ihr in den Bauch und Phillis zuckte zusammen und konnte nicht anders, als zu kichern. „Und deswegen darfst du auch traurig sein – du darfst weinen."

Sofort verschwand das Lächeln aus Phillis' Gesicht.

„Schau mich an, Phil", Marty lachte verweint, „Ich weine auch. Ich habe schon ganz viele Leute sterben gesehen, aber ich habe Ruth liebgehabt und deswegen weine ich."

„Weinen bringt Ruth aber nicht zurück", bemerkte Phillis.

„Gar nichts bringt Ruth wieder zurück", meinte Marty ernst, „aber ich weiß, was passiert, wenn du diese Trauer nicht rauslässt... ich verliere dich auch noch."

Phillis konnte Marty nicht mehr in die Augen sehen und sah lieber auf ihre Hände.

„Ich hab dich auch lieb, Phillis", sagte Marty und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, „und deswegen kenne ich dich auch und ich weiß, dass du das alles in dir aufsaugst und irgendwann in einem Schwung hinauslässt und wenn die Dämme brechen, wird viel mehr zerstört, als gut für dich ist. Kontrolliere es lieber und lass es langsam abfließen – staue nicht alles auf."

Phillis antwortete nichts darauf, legte aber ihren Kopf auf Martys Schulter und er legte einen Arm um die ihren.

„Ich weiß, ich bin ein ziemlich langweiliger Bruder, im Gegensatz zu Ruth", versuchte Marty zu scherzen und Phillis lächelte sogar, „ich bin soooo ein Loser und ich kann einfach gar nichts! Ich bin so schrecklich!", Marty hielt sich dramatisch eine Hand gegen die Stirn, wie eine Jungfer in Nöten. „Also erwarte ich nicht, dass du mit mir redest, aber vielleicht findest du jemand anderen. Hauptsache du staust es nicht auf."

„Du bist ziemlich begeistert von dieser Damm-Metapher, oder?", fragte Phillis spöttisch.

„Hey, die ist mir ganz spontan eingefallen!", beschwerte Marty sich und stieß Phillis leicht gegen die Schulter, „Gott der Dichtkunst – zu irgendetwas muss das ja gut sein!"

„Remus sagt, dass ich gut Geschichten erzählen kann", erinnerte sich Phillis und ein Blick auf Marty verriet ihr, dass es ein Fehler gewesen war, ihn zu erwähne.

„Uhh, Remus!", raunte er begeistert, „Sollte ich etwas darüber wissen?"

Phillis wurde knallrot. „Halt die Klappe, Trottel!"

„Idiotin", sang Marty amüsiert.

„Schwachkopf!"

„Hintern."

Phillis sah Marty empört an und Marty grinste siegessicher.

„Ich hasse dich", bestimmte Phillis, „Du darfst zu Fuß zurückgehen – ich habe die Schlüssel!"

Nun sah Marty empört aus. „Das kannst du nicht tun! Ich kann kaum gehen!"

Phillis sah ihn feixend an. „Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du mich einen Hintern genannt hast!"

„Du bist aber ein Hintern!"

„Du hast es schon wieder getan!"

Marty verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und drehte sich demonstrativ von ihr weg, aber lange hielt er es nicht aus und Phillis quickte auf, als er sie in den Schwitzkasten nahm.

„Komm her, Kleine", grinste Marty, „Vergiss nicht, dass ich immer noch dein großer Bruder bin!"

„Lass mich los, Idiot!", lachte Phillis und Marty war gütig genug, um ihrem Wunsch nachzukommen und er zückte ein Taschentuch.

„Schließ die Augen, Hintern."

„Warum sollte ich, ich vertraue dir nie wieder", maulte Phillis und Marty sah sie so unbeeindruckt an, dass Phillis doch noch kichernd ihre Augen schloss und sie spürte, wie Marty ihr seine Sonnenbrille abnahm und dann mit dem Taschentuch ihre Augen trocknete.

„Warum muss ich dafür die Augen schließen?", fragte sie verwirrt.

Marty setzte ihr die Brille wieder auf die Nase und warf das Taschentuch mit einem gezielten Wurf direkt in eine Mülltonne. „Damit du die Welt weiterhin durch eine rosarote Brille sehen kannst", antwortete er ihr und stand auf, „Komm jetzt, Hintern – fahren wir zurück, bevor Mr D uns noch aufspürt."

Dramatisch ächzend erhob sich auch Phillis von der Bank und streckte sich.

„Weißt du, Leprechaun", plötzlich war Marty wieder absolut ernst, „Du hast vielleicht die Zukunft gesehen und Ruths Tod vorhergesagt, aber es ist niemals deine schuld gewesen."

Phillis sackte zusammen und seufzte. „Es fühlt sich aber so an..."

„Ich weiß, deswegen sage ich es dir", meinte Marty, „aber Ruths Tod ist genauso wenig deine schuld gewesen, wie die meine, obwohl sie unter meiner Aufsicht auf dem OP-Tisch gestorben ist. Wir haben keinen Einfluss darauf gehabt."

Aber Apollo hatte Einfluss darauf gehabt. Wenn er Ruth irgendwie vorgewarnt hätte oder sie erst gar nicht auf diesen Auftrag geschickt hätte... Wenn Phillis bisher schon wenig Vertrauen in die Götter gehabt hatte, so verschwand dieser nun vollkommen und langsam schien es kaum noch abwegig, die Götter zu verraten – immerhin hatten die Götter ihr nie etwas Gutes getan. sondern brachten immer nur Schmerz.

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