Der glitzernde Tag
Das Schuljahr neigte sich dem Ende zu und alle in Phillis' Umgebung spürten eine Veränderung in der Luft.
Jene, die Hogwarts verlassen würden, fragten sich, wie es für sie weitergehen würde. Würden sie Teil von diesem Krieg werden und für das kämpfen, das ihnen wichtig war oder würden sie von der Ersatzbank aus zusehen müssen?
Für James und Sirius war klar, dass sie ihren Weg wohl über das Ministerium suchten und sich dort für das Auroren-Programm bewerben würden. Sie lernten schon fleißig für ihre UTZ und nutzten ihre Freizeit auch dafür, um neue Zauber zu lernen, die nützlich sein könnten.
Peter und Remus waren automatisch immer dabei und unterstützten die beiden in ihrer Mission. Sie lernten sogar selbst ein paar der Zauber und übten mit ihren beiden Freunden, aber letztendlich stand ihnen der Weg eines Aurors nicht offen.
Peter hatte nicht die Noten dafür und würde es niemals schaffen und Remus–
Remus war ein Werwolf.
Diese Tatsache versuchte er besonders in letzter Zeit zu verdrängen, wenn er daran dachte, dass er Phillis noch immer nicht sein großes Geheimnis gestanden hatte und wenn er an die Möglichkeit dachte, dass sie ihn vielleicht sogar deswegen verlassen würde.
Remus würde sich selbst auf jeden Fall verlassen, da war er sich sicher.
Selbst, wenn sie nichts gegen Werwölfe hatte, so war sie doch zu klug, um mit einem Werwolf zusammen zu bleiben. Besonders in Zeiten wie diesen.
Nicht nur waren die Werwölfe vor einigen Monaten offiziell auf die Seite von Voldemort hinübergetreten, es herrschte auch eine gewisse Unsicherheit in der Bevölkerung.
Niemand wusste so genau, was der nächste Tag bringen würde. Leute litten unter berechtigten Verfolgungswahn und nichts war mehr fix. Leute starben, verschwanden, wurden verletzt oder gefoltert wegen ihrer Herkunft, einem Familienmitglied oder Meinungen. Sie verloren ihre Jobs aus unempfindlichen Gründen und verloren damit ihren Lebensunterhalt, ihre Heime und ihre Familien.
In solchen Zeiten würde eine intelligente Person nach Stabilität suchen und welche Stabilität konnte Remus schon bieten?
Außerhalb von Hogwarts war er ein niemand und würde das auch immer bleiben. Die Aussichten auf einen Job sahen schlecht aus und damit auch die Aussicht auf ein sicheres Heim.
Und als Werwolf konnte er eine Familie wohl auch gleich streichen, warum also sollte Phillis mit ihm zusammenbleiben?
Die Trennung lag in der Luft wie dicker Nebel, aber sie beide schienen es einfach zu ignorieren – jedenfalls tat das Remus.
Lieber genoss er noch die Zeit, die ihm mit Phillis blieb und mit jedem Tag lernte er etwas Neues über sie.
Phillis' Lieblingsfarbe war gelb.
Phillis konnte das halbe Alphabet rülpsen.
Phillis hatte noch nie einen Sonnenbrand gehabt.
Phillis hatte keine Angst vor Spinnen.
Phillis war ein großer Fan von den Holyhead Harpies.
Phillis mochte keine Avocados.
Die Menge an Informationen war scheinbar unendlich und Remus konnte sich nicht vorstellen, in der Zukunft nicht noch mehr über sie zu erfahren.
Aber er würde es durchziehen und es ihr sagen, noch bevor er Hogwarts verließ – das schuldete er ihr nach ihrer wundervollen, gemeinsamen Zeit.
In den Unterrichtsfächern bereiten die meisten Professoren die Schüler nur noch auf die Prüfungen vor und es kam kein neuer Lehrstoff dazu.
Auch Chiron hatte ein allerletztes Wochenende mit seinem Club geplant und als Abschluss hatte er sich überlegt, dass sie zusammen im Verbotene Wald campieren könnten.
Die meisten Schüler waren begeistert von dieser Idee gewesen, wenn auch ein wenig verängstigt, aber nachdem Chiron ihnen das ganze Jahr über gezeigt hatte, wie man überlebte, fühlten sie sich auch eigentlich vorbereitet für so eine Herausforderung und Chiron hatte versprochen, sie nicht zu weit in den Wald hineinzuführen.
Die Schüler des Clubs bekamen also von Chiron einen Sonderschein, der sie von allen Hausaufgaben der Woche befreite, damit sie keine Zeit verloren, wenn sie am Samstag und Sonntag im Wald sein würden und das war schon Grund genug für die meisten, um zuzusagen.
Phillis war schon einmal campen gewesen und die Erinnerungen daran waren eher verstörend. Der Unterschied war aber, dass Chiron sie dieses Mal nicht allein im Wald aussetzen würde, sondern immer bei ihnen sein würde und außerdem waren die meisten Mitglieder des Clubs nicht solche hyperaktiven Chaoten, wie es Phillis' Geschwister gewesen waren.
Vollbepackt mit Essen, Zelten, Feuerholz und anderem Zeug, das sie für eine Nacht im Wald brauchen würden, marschierte die Gruppe am Samstag los. Es war Sommer und die Tage waren schon wunderbar heiß und die Nächte warm, sodass keiner von ihnen erfrieren würde und mit den Schlafsäcken und den Zelten mussten sie sich keine Sorgen machen.
Besonders Phillis hatte ordentlich eingepackt und neben einem Zelt, ihren eigenen Sachen und natürlich ihrem Bogen mit einem Köcher voll Pfeile, trug sie auch noch ihre Gitarre, denn bei einem Camping-Ausflug durfte die Musik beim Lagerfeuer natürlich nicht fehlen.
Sie gingen zum Glück nicht weit und die Sonne schien noch durch das Blätterdach, als Chiron die Hand hob und sie zum Anhalten brachte.
„Hier ist es gut", verkündete er, „Stellt die Zelte auf – immer zu zweit oder zu dritt. Wie wir es geübt haben! Und denkt daran – entfernt euch nicht zu weit vom Lager! Bleibt in Hörweite, damit euch jemand zur Hilfe kommen kann, wenn ihr in Schwierigkeiten seid und hört auf meine Befehle, verstanden?"
Das Aufstellen der Zelte war überhaupt kein Problem mehr für die Gruppe und selbst Snape und Mulciber, die zusammen eines der Zelte haben würden, konnten es auf die Muggelart aufstellen und taten dies auch, obwohl Chiron ihnen nicht verboten hatte, ihre Zauberstäbe zu benutzen.
Später gingen sie in den Wald und Chiron zeigte ihnen, welche Pflanzen essbar waren und welche giftig; welche heilten und welche tödlich waren. Außerdem unterrichtete er sie in der Kunst, essbare Beeren zu finden und anhand von Fußspuren zu erkennen, ob Gefahr in der Nähe war.
Als es Abend wurde, schickte er sie in Gruppen aus, um Feuerholz zu holen und Phillis ging mit Marlene und Lily, mit denen sie sich auch ein Zelt teilte. Das Holz des Waldes war meist noch etwas feucht, weswegen es gut war, dass sie trockenes mitgenommen hatten.
Am Lagerfeuer brateten sie dann Würstchen und Chiron zeigte ihnen, wie man mit einer alten Pfanne, Mehl, Wasser und etwas Salz Fladenbrote machen konnte. Als Nachspeise gab es Marshmallows.
Die Laune war ziemlich ausgelassen und als Phillis ihre Gitarre auspackte und begann, ein Wunschkonzert zu geben, war die Stimmung gut und heiter.
Nur Snape und Mulciber schienen nicht so begeistert, als Phillis ein Muggel-Lied nach dem anderen brachte und sie verabschiedeten sich in ihr Zelt für die Nacht.
Es war schon stockfinster und weit nach Mitternacht, als sie aufhörten, Holz nachzulegen und das Feuer niederbrennen ließen.
Sie kuschelten sich zum Schutz gegen die Kälte in Decken und rückten nahe zusammen – Phillis fühlte sich geborgen.
Aber natürlich konnte dieser Frieden nicht lange anhalten und als Chiron alarmiert aufblickte, unterbrach Phillis sofort das Lied, das sie gerade spielte und beobachtete ihn aufmerksam.
„Was ist los?", fragte sie ihn, ein wenig besorgt von seiner Reaktion.
„Phillis, schau doch einmal nach, ob Severus und Orman noch in ihrem Zelt sind", bat Chiron sie ernst und die anderen wisperten aufgeregt untereinander.
Phillis legte wortlos ihre Gitarre beiseite und stand auf.
Das Zelt von Snape und Mulciber lag etwas abgelegen von den anderen.
„Snape? Mulciber?", fragte Phillis zunächst vor deren Zelt, sollten sie sich doch in ihrem Zelt befinden, aber sie bekam keine Antwort, also machte sie den Reißverschluss auf und blickte hinein.
Ihre Schlafsäcke waren leer und als Phillis sie berührte, waren sie schon kalt.
Phillis seufzte – das hatte ihr gerade noch gefehlt und Chiron bestimmt auch. Sie verstand nicht, warum die beiden sich nicht einfach benehmen konnten.
Als sie zur Gruppe zurückkam, waren alle ganz still und beobachteten sie aufgeregt, begierig, von ihr Neuigkeiten zu erfahren.
„Sie sind nicht im Zelt", verkündete Phillis an Chiron gewandt, „Ihre Schlafsäcke sind kalt. Sie müssen schon einige Zeit weg sein."
Chiron nickte bedächtig. „Phillis, geh und such sie bitte", bat er sie, „Nimm deinen Bogen mit und auch deinen Zauberstab. Solltest du in Schwierigkeiten geraten, sende rote Funken aus. Hier hast du auch noch eine Drachme –", er schnippte ihr eine zu, „– solltest du zu weit entfernt sein für Funken."
„Wartet!", rief Remus besorgt dazwischen, „Sie soll allein gehen? Wäre es nicht sicherer, wenn sie jemand begleitet? Eine ganze Gruppe? Das ist immerhin der Verbotene Wald."
„Allein bin ich schneller", lehnte Phillis ab und schulterte ihren Bogen und untersuchte die Pfeile in ihrem Köcher, „Und ich werde schon zurechtkommen, Remus. Mach dir keine Sorgen."
„Es ist wirklich riskant", warf Silas ein, „und die beiden sind selbst schuld, wenn ihnen etwas passiert. Immerhin hast du gesagt, wir sollen nicht zu weit weggehen, Chiron!"
„Deswegen lassen wir sie nicht gleich zurück", widersprach James ernst, „Sie sind ein Teil dieser Gruppe und nur, weil sie sich entfernt haben, heißt das noch lange nicht, dass wir sie im Stich lassen."
„Ganz genau, James", bestätigte Chiron, „Wir sollten uns beeilen, vielleicht brauchen sie unsere Hilfe. Phillis wird sie in einem größeren Umkreis suchen – suche nach Spuren von ihnen. Wir werden die Umgebung abarbeiten. Sollte jemand in Schwierigkeiten sein, sendet rote Funken – wenn ihr sie findet, dann grüne. Passt auf euch auf."
Phillis entfernte sich von der Gruppe und suchte nach Anzeichen dafür, wohin die beiden Slytherins verschwunden waren und sie fand einige Fußspuren hinter den Zelten, die in den Wald führten.
Sie hatte keine Ahnung, was die beiden dazu bewogen hatte, allein loszuziehen, aber vielleicht hatten sie sich nach Abenteuer und Aktion gesehnt. Hoffentlich hatten sie diese nicht gefunden.
Phillis bewegte sich leise durchs Unterholz wie eine Jägerin und folgte einzelnen Spuren, Anzeichen dafür, dass sie vorbeigekommen waren und lauschte immer – nicht nur nach Gefahren, sondern auch nach Anzeichen der beiden.
Immer tiefer drang sie in den Wald ein und die anderen konnte sie schon lange nicht mehr hören. Stattdessen hörte sie das Knacken des Waldes und war immer in Alarmbereitschaft, immerhin lauerten auch im Verbotenen Wald Monster, die sie umbringen könnten.
Irgendwann verlor sich die Spur und Phillis fluchte. Sie sah sich um – es war stockdunkel, aber sie traute sich nicht, Licht zu machen, immerhin lockte das auch Monster an. Sie überlegte schon, erfolglos zurück zu kehren und Chiron um Hilfe zu bitten, als sie etwas hörte: Panische Schreie. Schmerzensschreie. Verzweifelt ausgesprochene Zauber.
Das mussten sie sein.
Phillis rannte in die Richtung, aus der die Schreie kamen und tatsächlich – dort, zwischen den Bäumen leuchteten tatsächlich immer wieder Lichtblitze auf.
Phillis beeilte sich und rannte so schnell sie konnte, legte aber unterm Rennen schon einen Pfeil an.
Sie trat auf eine Lichtung und nahm sich einen Moment Zeit, um die Lage zu peilen.
Da waren Snape und Mulciber. Snape lag am Boden, das Gesicht vor Schmerzen verzerrt und er umklammerte sein Bein. Mulciber stand über ihm und schoss einen Zauber nach dem anderen gegen ein riesiges Untier. Das Untier, wie Phillis erkannte, war ein Zyklop, fünf Meter groß und wahrscheinlich hungrig genug, um sich auch mit zwei Zauberern zu begnügen.
Mulciber schoss mutig Zauber, aber diese zeigten keine Wirkung – das war auch kein Wunder. Die meisten Zauber waren schwach oder nutzlos gegen Monster und es brauchte schon viele Zauber hintereinander oder noch besser, mehrere gleichzeitig, um ein Monster niederzustrecken.
„Hey!", schrie Phillis und der Zyklop stockte, bevor er sich umdrehte.
Phillis stand dort und zielte einen Moment lang, aber noch bevor der Zyklop sein Schicksal erkannte, schoss sie einen Pfeil und er drang direkt in seinem Auge ein.
Der Zyklop zerfiel in goldenen Staub und Phillis ließ ihren Bogen wieder sinken und wartete einen Moment lang, ob noch weitere Monster in der Nähe waren, aber nichts passierte.
Erst dann näherte sie sich Mulciber und Snape.
Snape lag am Boden und hatte offenbar große Schmerzen. Mulciber funkelte sie wütend an.
„Wir hätten das auch allein gekonnt", schnauzte er sie an, „Was machst du hier?"
„Ich war euch suchen", antwortete Phillis ihm nur kühl und kniete sich neben Snape auf den Boden, „Chiron hat sich Sorgen um euch gemacht und das wohl zurecht – dieser Zyklop hätte euch einfach umgebracht und dann über einem Feuer gegrillt."
Mulciber wurde bei diesem Gedanken bleich, blickte aber noch immer wütend. „Das ist doch Unsinn! Ich hatte die Lage im Griff!"
„Aha...", machte Phillis nur und tastete Snapes Bein ab, der ihre Hand wegschlug. Phillis hob unbeeindruckt eine Augenbraue. „Du hast Schmerzen und bist verletzt – lass mich dir helfen."
„Ich brauche nicht die Hilfe von einer dämlichen Blutsverräterin", schnauzte Snape sie an und versuchte sich aufzusetzen, aber ohne Erfolg.
„Du blutest", erkannte Phillis mit einem Blick auf Snapes Bein.
„Er hat mich mit seiner Keule erwischt", schnaubte Snape, als wäre es keine große Sache, „mit Nägeln..."
„Wenn ich das Bein nicht behandle, wird der Geruch von deinem Blut noch mehr Monster anlocken", warnte sie ihn ernst, „Ich kann dich heilen."
Snape schien der Gedanken nicht sonderlich zu gefallen, von noch einem Monster angegriffen zu werden, also ließ er zu, dass Phillis sein Hosenbein hochkrempelte und das Bein untersuchte.
Die Wunde war dreckig, also würde eine Heilung nicht einfach sein – jedenfalls nicht mitten im Wald.
„Ich verbinde die Wunde", murmelte Phillis, „Chiron wird die weitere Heilung beobachten – vielleicht müssen wir wegen euch schon früher zum Schloss zurück."
„Falls du uns ein schlechtes Gewissen einreden willst, dann kannst du das vergessen", schnaubte Mulciber, „Dieser Ausflug ist dämlich!"
„Was auch immer du sagst...", murmelte Phillis gleichgültig und riss von ihrem T-Shirt ein paar Streifen heraus, um sie als vorläufige Verbände zu benutzen, „Mulciber, schicke ein paar grüne Funken in die Luft, damit Chiron weiß, dass ich euch gefunden habe – wir sind ziemlich weit vom Camp entfernt, aber vielleicht sieht er es doch."
Mulciber murmelte etwas von wegen, dass er keine Befehle von ihr annehmen würde, ging aber doch und sendete ein paar grüne Funken in die Luft.
Mit der wenigen Privatsphäre wandte Phillis sich wieder Snape zu und mit ihrem Zauberstab machte sie Licht. Da sah sie auch den wahrscheinlichen Grund, warum Snape nicht gewollt hatte, dass sie seine Wunde untersuchte: An seinem Schritt war ein nasser Fleck.
Wer seinem Tod schon einmal in die Augen gesehen hatte, der wusste, dass man dann niemals eine volle Blase haben sollte – das hatte Phillis schon bei ein paar Leuten im Camp miterlebt und als Laien-Ärztin verbot sie sich, Snape auszulachen, weil er sich in einer Gefahrensituation in die Hosen gemacht hatte.
Sie ignorierte es also einfach, aber Snape hatte bemerkt, dass sie es gesehen hatte und war knallrot geworden.
„Ich verspreche dir, Dolohow, wenn du es irgendjemanden sagst, dann werde ich –"
„Ich werde es niemanden sagen", versprach Phillis, „solange du mich nicht nervst. Geh mir nicht auf die Nerven, Snape, ich will dir nur helfen, nachdem ich schon euer Leben gerettet habe!"
Snape sah sie noch immer finster an, ließ sich aber das Bein verbinden und er beobachtete Phillis misstrauisch, als er seine Hose trocknete, solange Mulciber noch etwas weg war. Phillis sah höflicher Weise weg und tat so, als würde sie ihren Bogen untersuchen.
„Mulciber, pack seine andere Seite an", befahl Phillis, „Du solltest dein Bein noch schonen."
„Ich kann auch eine Trage herbeizaubern", schnaubte Mulciber, „Nicht jeder ist so eine Enttäuschung als Hexe wie du, Dolohow."
Phillis sagte nichts dazu und Mulciber beschwor für Snape eine Trage, mit der er ihn durch den Wald transportierte. Phillis fand ihren Weg wieder zurück und bald schon entdeckte sie die magischen Lichter von den anderen.
„Hier sind sie!", rief Remus, der sie als erstes entdeckte und er kam ihnen entgegen. Als erstes umarmte er Phillis fest, obwohl sie nicht einmal eine Stunde weggeblieben war, aber er hatte sich große Sorgen gemacht. „Wir haben lange nichts von dir gehört, ich habe schon gedacht– Was ist mit deinem T-Shirt passiert?"
„Ich habe Verbände gebraucht. Du kennst mich doch", grinste Phillis.
Remus rollte mit den Augen und zog seine Jacke aus, um sie Phillis zu geben, die ihr T-Shirt ziemlich zerrissen hatte. „Du erfrierst uns noch."
„Was ist mit dir?", fragte Phillis besorgt und hielt Remus' Jacke vorne zu – ihr war tatsächlich ein wenig kalt geworden.
„Du umarmst mich einfach und dann ist mir wieder zu warm", grinste Remus schelmisch. Phillis lachte und schlug ihm leicht gegen die Brust.
Mit der Eskorte kamen sie ins Camp zurück und Chiron nahm sie wieder in Empfang. Als erstes untersuchte er Snapes Bein und wies Phillis an, bestimmte Kräuter zu suchen, die ihm in der Nähe aufgefallen waren und Phillis nahm auch noch James und Remus mit, um diese zu holen.
Aus den Kräutern machte Chiron eine Paste, die er auf Snapes Bein schmierte und die Wunde damit reinigte.
„Phillis, könntest du?", fragte er sie dann und Phillis wusste, was sie zu tun hatte, war aber etwas unsicher. Es könnte sein, dass Mulciber und Snape Todesser waren und den Gerüchten nach war dieser Gedanke wirklich nicht so abwegig. Irgendjemand war auf jeden Fall ein Todesser und hatte Voldemort indirekt erzählt, dass Lily die Demigöttin war. Wenn sie nun erfuhren, dass Phillis die eigentliche Demigöttin war, wusste Phillis nicht, was passieren würde.
„Chiron, bist du sicher? Sie sind vielleicht –"
„Sie werden es nicht wissen", versprach Chiron, „Benutz einfach deinen Zauberstab, wie wir es geübt haben."
Phillis wusste, worauf Chiron hinauswollte und nickte, noch immer ein wenig unsicher, aber sie hatte Vertrauen in Chiron.
Sie nahm ihren Zauberstab in die eine Hand (obwohl sie ihn dafür eigentlich gar nicht brauchte) und legte die andere Hand auf das Bein, das nun voll mit Kräuterpaste war.
Dann summte sie, bis sie diesen einen perfekten Ton erwischte und ihre Hand begann zu leuchten.
Jene, die diesen Vorgang noch nie gesehen hatten, staunten nicht schlecht, als Phillis einfach so mit einem ihnen unbekannten Zauber Snapes Bein heilte.
Phillis nahm ihre Hand weg und torkelte ein wenig zurück. Remus legte einen Arm um sie und stützte sie ein wenig, nachdem er schon wusste, wie müde sie immer war, wenn sie diesen Zauber benutzte.
„Es tut... gar nicht mehr weh", erkannte Snape überrascht, als hätte er das nicht erwartet und er, zusammen mit anderen staunte nicht schlecht, als Chiron die Kräuter wieder wegnahm und die Wunde bis auf eine blasse Narbe verheilt war.
„So, alles wieder gut", meinte Chiron lächelnd, „Wir sollten jetzt alle in die Zelte gehen – und dort auch bleiben. Es ist ein langer Tag gewesen – wir sollten alle versuchen, ein wenig zu schlafen."
„Komm schon, Phil – ab ins Bett mir dir", wisperte Remus Phillis zu, nur um zu erkennen, dass sie in seinen Armen eingeschlafen war. Lächelnd schüttelte er den Kopf und beschwerte sich murmelnd darüber, dass Phillis nie wusste, wann sie genug hatte, bevor er sie (mit ziemlicher Mühe, aber immerhin) hochhob und in ihr Zelt brachte.
„Oh, sie schläft schon", gurrte Marlene, „Wirklich bezaubernd."
„Wir wissen doch, wie sie ist, wenn sie diesen Zauber benutzt", lachte Remus leise und legte sie in ihren Schlafsack. Sie trug noch immer seine Jacke.
„Sie macht das öfter?", fragte Lily überrascht.
„Eigentlich die ganze Zeit", gestand Marlene schulternzuckend, „Immer dann, wenn sich jemand vom Team verletzt, ist sie schon zur Stelle – danach braucht sie aber immer ein wenig Ruhe. Und eigentlich braucht sie nicht einmal ihren Zauberstab dafür – sie kann es einfach so."
„Reden wir nicht mehr darüber", meinte Remus unsicher, „Phillis redet auch nicht gerne darüber und es sollte eigentlich nicht jeder davon erfahren."
Remus strich Phillis noch eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte leicht.
„Wir passen schon auf sie auf", grinste Marlene, „Gute Nacht, Remus."
Remus wurde ein wenig rot. „Gute Nacht", brachte er gerade noch so heraus und verließ das Zelt.
Marlene legte sich ebenfalls in ihren Schlafsack und schlief bald ein, aber Lily lag noch länger wach.
Die Gedanken rasten in ihrem Kopf und je mehr sie über Phillis erfuhr, desto seltsamer wirkte alles.
Wer war Phillis eigentlich und warum hatte sie so viele Geheimnisse und, was eine noch viel wichtigere Frage war, warum kümmerte sich sonst niemand darum, dass Phillis scheinbar hunderte von Geheimnissen für sich behielt.
Phillis musste irgendetwas an sich haben, das andere dazu brachte, ihr blind zu vertrauen, aber Lily war nicht so. Phillis war eine Freundin, was aber nichts daran änderte, dass sie gerne erfahren würde, was hinter all dem steckte – so war Lily nun einmal.
Und bestimmt würde sie es herausfinden – sie war schon ganz nah dran, das spürte sie. Es fehlte nur noch ein letztes Puzzleteil, um dieses scheinbar unmögliche Phillis-Puzzle zu lösen, da war sie sich ganz sicher.
Die Rumtreiber brachten die UTZ hinter sich und es fühlte sich so surreal an, dass sie Hogwarts wirklich verlassen würden.
Nachdem sie die letzte Prüfung geschrieben hatten und sie die letzten paar Tage mehr oder weniger als freie Menschen im Schloss noch herumspazieren konnten und ein allerletztes Mal ihre Sachen packten, während für die anderen der Prüfungsstress gerade erst begann, breitete sich in Remus das Gefühl aus, verloren zu sein.
Als wäre er ein kleiner Fisch in einer riesigen, unergründlichen Welt.
Früher hatte er Angst gehabt, nach Hogwarts zu gehen aus Angst, jemand könnte herausfinden, dass er ein Werwolf war.
Nun hatte er Angst, Hogwarts zu verlassen.
Hogwarts war ein zu Hause geworden und obwohl er seinen Dad liebte, so würde es zu Hause nie wie in Hogwarts sein – in Hogwarts, wo er seine ersten und besten Freunde kennengelernt hatte und vermutlich auch die Liebe seines Lebens.
Er konnte es nicht mehr abstreiten, er war absolut und ohne jeden Zweifel in Phillis Dolohow verliebt und diese Erkenntnis versetzte ihn beinahe in Panik.
Wenn er sie sah, zogen sich all seine Organe zusammen und ihm wurde ganz übel bei dem Gedanken, dass er sich von ihr verabschieden musste – vielleicht für immer. Aber dann lächelte sie ihn immer an und begrüßte ihn mit ihrer Wärme und alles schien für den Moment wieder gut. Dann konnte er wieder vergessen, dass der Abschied immer näher rückte.
Der Abschied von Hogwarts fiel allen Rumtreibern schwer.
Sie hatten sich eines Abends zusammen gesetzt und darüber diskutiert, was denn nun mit der Karte der Rumtreiber passieren sollte – jener Karte, die sie zusammen erstellt und aufgezeichnet hatten.
Sie würden nicht mehr nach Hogwarts zurückkehren und deswegen würde sie ihnen nicht viel nützen.
James hatte vorgeschlagen, die Karte zu einer Art Erbstück zu machen, wie es auch sein Unsichtbarkeitsmantel in der Familie Potter war, aber so wirklich gefiel dieser Gedanke niemanden.
Sie wollten auch nicht still die Schule verlassen, in der sie so viele Jahre lang für Chaos gesorgt hatten. Sie waren nun vielleicht erwachsen, aber keiner konnte wirklich von ihnen behaupten, dass die Rumtreiber wirklich erwachsenwaren.
Ein allerletzter Streich wurde also auf die Beine gestellt und die vier Freunde fanden sich am obersten Ende der Großen Treppe wieder.
„Alle bereit?", fragte James in die Runde.
„Aber sicher doch, Krone", grinste Sirius, „Noch nie in meinem Leben bin ich so bereit gewesen."
„Wie lange noch, bis zum Ende der Stunde, Wurmschwanz?", fragte James an Peter gerichtet.
Peter blickte auf seine Uhr. „Noch drei Minuten", antwortete er grinsend und aufgeregt auf und ab wippend, als wäre er Phillis an einem normalen Tag.
„Wie sieht es mit der Welle aus, Moony?", fragte James als letztes Remus.
„Alles bereit." Remus fühlte eine ansteckende Aufregung, die ihn selbst dazu brachte, ein wenig hibbelig zu sein und er konnte nicht aufhören zu grinsen. „Jederzeit abfahrbereit."
„Ausgezeichnet", grinste James, „Männer – ich würde sagen, wir reiten jetzt wortwörtlich in das Leben der Erwachsenen. Haben alle ihre Schwimmreifen?"
„Aye, aye, Sir!", rief Peter und zückte seinen aufblasbaren Schwimmreifen – er war knallpink, wie auch die der drei anderen Rumtreiber. Sie sahen wirklich sehr erwachsen damit aus.
Die Klingel, die das Ende der Vormittagsstunden einläutete ertönte und alle Schüler verließen eilig die Klassenzimmer – das war ihr Zeichen.
„Dann einmal los!", rief James und Remus schoss schnell einen Zauber hinter sich, der eine verschlossene Tür öffnete, die in ein (bisher) leeres Klassenzimmer führte. Sie sprang auf und plötzlich drangen daraus Tonnen von Glitzer – bunter, glänzender, glitzernder Glitzer, der wir eine Flutwelle aus dem Klassenzimmer hervorquoll.
Die Rumtreiber setzten sich schnell auf ihre Schwimmreifen – gerade noch rechtzeitig. Die Welle aus Glitzer erfasste sie und als wäre es Wasser trug dieser Glitzer sie über die Große Treppe nach unten und alles, was dieser Glitzer berührte, würde nie wieder ganz sauber davon sein. Wer schon einmal ein Päckchen mit Glitzer verschüttet hatte, der wusste, dass dieses Zeug noch nach Jahren irgendwo auftauchte.
Und die Rumtreiber hatten eine ganze Flutwelle davon entfesselt.
„Wohuuu!", lachte Sirius und warf die Hände in die Luft, als die Glitzer-Welle sie nach unten zog.
Peter krachte gegen jede Wand, die ihm im Weg stand, aber er lachte trotzdem ausgelassen.
Remus drehte sich wie wild und konnte seinen Reifen nicht mehr kontrollieren, aber er lachte, als wäre es der erste Streich, den er mit den anderen spielte.
James versuchte zu springen und coole Stunts in der Luft zu machen, versagte darin aber kläglich.
Die Welle rauschte die Treppe hinunter mache Schüler, die sie kommen sahen, waren klug (und schnell) genug, um ihr eilig auszuweichen, aber für manche war es zu spät und sie wurden von dieser Menge an Glitzer überschüttet.
Später würden die Überlebenden von Glitzer an Stellen erzählen, an denen sie nie gedacht hatten, dass sie dort Glitzer haben könnten.
Als Phillis Dolohow gerade in die Große Halle gehen wollte, hörte sie die verzweifelten Schreie und das Gelächter schon. Sie hatte in der Nacht nicht gut geschlafen und deswegen war sie nicht so schnell wie sonst.
Verwirrt drehte sie sich um und dort, direkt über ihr, bäumte sich einige riesige, mächtige Welle aus Glitzer auf. Phillis legte ihren Kopf in den Nacken und konnte nur starren, als sie von diesem Glitzer nahezu überschüttet wurde.
„Ah!", schrie Remus lachend, „Es hat Phillis erwischt!"
„Mann– Nein... warte... Frau über Bord!", verkündete Sirius lachend.
„Phillis!", rief auch James mit spielerischer Verzweiflung, „Warte, ich rette dich!"
Er griff in die Welle aus Glitzer und zog eine hustende und Glitzer-ausspuckende Phillis hervor, die sich an seinen Reifen klammerte.
„Was passiert hier?", fragte sie mit vor Schreck weit geöffneten Augen.
„Ein Glitzer-Tsunami!", rief Peter euphorisch, „Rette sich wer kann!"
Die Welle trug sie bis ganz nach unten und dann noch den Gang entlang bis zur Großen Halle, durch die Türen hindurch und dann direkt zum Lehrertisch, wo Professor McGonagall schon auf sie wartete – die Hände in die Hüften gestemmt und mit strengem Gesichtsausdruck.
„Was hat das zu bedeuten?", fragte sie gefährlich ruhig und ihr Blick flackerte zu den Schülern, die sich aus der Glitzer-Flut hatten retten können und nun von oben bis unten mit Glitzer überschüttet in die Große Halle taumelten, offensichtlich traumatisiert fürs Leben (manche von ihnen würden nie wieder Glitzer sehen können, ohne an diesen Tag zu denken).
„Minnie, wir sind absolut unschuldig", versprach Sirius grinsend. Natürlich log er.
„WER WAR DAS?" Filch, der Hausmeister torkelte mit vor Wut knallrotem Gesicht in die Große Halle und sah sich um, als sein Blick auf die Rumtreiber in ihren pinken Schwimmreifen fiel. „IHR! IHR WERDET DIESES CHAOS BESEITIGEN!"
„Aber wir sind unschuldig!", grinste James – vermutlich dachte er, er würde unschuldig lächeln, aber eigentlich sah man ihm das Chaos regelrecht an.
„Ich bin tatsächlich unschuldig", gestand Phillis und erhob sich von dem Reifen, „Sie haben mich auf dem Weg erst aufgeklaubt – das könnt ihr sie fragen."
„Sie hat Recht – wir haben sie aus der Flut gerettet", bestätigte Sirius.
„Ich wasche meine Hände in Unschuld", versprach Phillis an Professor McGonagall gerichtet und sah sich ihre mit Glitzer überzogenen Hände an, „Also... ich sollte mich generell erst einmal waschen – dieses Zeug juckt!"
„Wem sagst du das", jammerte Sirius.
„Ihr vier werdet Mr Filch jetzt folgen", verdammte Professor McGonagall sie streng, „und bei den Aufräumarbeiten helfen!"
„Aber –"
„Und wenn Sie Widerworte geben, Mr Black, werde ich persönlich dafür sorgen, dass Sie all diesen Glitzer wieder in ihrem Bett finden."
Das ließ Sirius verstummen. Dieser Gedanke gefiel ihm nicht.
Die Rumtreiber beendeten diesen legendären Streich, der später als „der glitzernde Tag" bekannt wurde also im Büro von Filch, der sie dazu verdammte, den Glitzer tatsächlich wieder aufzuräumen.
Eine „Sisyphus-Arbeit", wie Remus es später beschrieb und dann redete er erst einmal eine halbe Stunde darüber, dass Phillis wirklich gut Geschichte erzählen konnte.
Als Filch ihnen dann später noch einen letzten Eintrag in ihren Akten verpasste (die wirklich dick waren), legte Sirius „rein zufällig", die Karte der Rumtreiber auf den Tisch.
„Was ist das?", fragte Filch und seine Stimme war höher, als sie normalerweise war und er deutete auf das Stück leeres Pergament, als wäre es ein Schwarzer Fluch.
„Oh... nur ein Pergament", grinste Sirius.
„Dann stört es dich bestimmt nicht, wenn ich es an mich nehme", krächzte Filch und hob das Pergament schadenfreudig (mit Handschuhen) hoch und die Rumtreiber grinsten triumphierend, als er es in eine Schublade mit der Aufschrift „Beschlagnahmt und gemeingefährlich".
Die nächste Generation an Rumtreiber war gesichert.
Die Rumtreiber lachten noch immer über ihren Streich, als Filch sie endlich gehen lassen musste. Sie hatten die Korridore und die Treppe mit Zaubern gereinigt, aber so wirklich würde niemand den Glitzer loswerden können.
„Hast du sein Gesicht gesehen, als er die Karte genommen hat?", lachte Sirius, „Als hätte er uns geschlagen! Dabei war das von Anfang an unser Plan!"
„Einen Moment lang habe ich gedacht, McGonagall würde uns bestrafen – dann hätten wir die Karte Filch anders unterjubeln müssen", gestand Remus.
„Wenn es darum geht, etwas zu putzen, dann ist auf Filch immer verlass", winkte James ab, „Glaubt ihr, Minnie hat es witzig gefunden? Irgendwie habe ich gemeint, ein leichtes Lächeln in ihrem Gesicht zu sehen."
„Bestimmt nur ein Schatten", lehnte Peter ab, „McGonagall und lächeln? Wohl kaum!"
„Ich glaube, es hat ihr gefallen", bestimmte Sirius.
„Das denke ich auch."
Die Rumtreiber kreischten erschrocken auf, als sich plötzlich jemand hinter ihnen in ihr Gespräch einmischte und es niemand anderer als Professor Dumbledore war, der sie mit amüsiert glitzernden Augen musterte.
„Professor Dumbledore!", begrüßte James ihn und kratzte sich nervös am Nacken, „Wir... haben Sie gar nicht kommen hören!"
„Das tun die wenigsten", sagte Dumbledore lächelnd, „Ich habe nach euch vieren gesucht."
„Wirklich?" Sirius sah nervös zu seinen Freunden. Bekamen sie nun auch noch Ärger von Dumbledore.
„Ich wollte mit euch über etwas sprechen", bestätigte Dumbledore, „Über ein kleines Projekt von mir – vielleicht habt ihr schon davon gehört, aber ich hoffe, eher nicht."
„Worum geht es?", fragte James ernster.
„Es geht um den Krieg", antwortete Dumbledore ernst, „Den Krieg gegen Voldemort –" Die vier zuckten zusammen, als er den Namen erwähnte. „– und eine Gruppe von Kämpfern, die sich gegen sie stellen. Ich nenne sie: Den Orden des Phönix."
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