Das C-Team (das "C" steht für "Chaoten")
Phillis fühlte sich inmitten ihrer Freunde aus dem Camp und mit ihrer Mutter wohl, aber trotzdem schien die Stimmung bedrückter, als sie letztes Jahr gewesen war. Damals waren Birget und Laertes ebenfalls zu Besuch gewesen, aber zusammen mit Ruth.
Phillis wusste nicht, ob die schwere Stimmung davon herrührte, dass Ruth nicht dabei war oder ob es daran lag, dass Ruth nicht mehr unter ihnen war oder vielleicht war es auch die allgemeine Situation.
Sie hatten einen taktischen Rückschlag erlitten und obwohl sich bisher noch nicht wirklich gezeigt hatte, ob sich irgendetwas im Krieg verändert hatte, so wussten sie alle, dass sich irgendetwas verändert hatte.
Voldemort und Pirro hatten jetzt wohl eine Göttin auf ihrer Seite und wie das den gesamten Krieg beeinflussen würde, stand noch in den Sternen (die Phillis selbst mit ihren geringen wahrsagerischen Fähigkeiten nicht deuten konnte).
Nach einem ordentlichen Kaffee und etwas distanzierter Liebe und Zuneigung von Sara und Phillis war Houdini bereit, sich Das Chaos anzusehen, was andere Leute, die diesen Raum noch nie in seiner Vollendung gesehen hatten, vielleicht voller Naivität auch „Wohnzimmer" genannt hätten. Aber so, wie Houdini von Wand zu Wand ging und nur innerhalb weniger Augenblicke das Muster erkannte, das die Gruppe über die Monate hinweg aufgebaut hatte (selbst Phillis hatte Schwierigkeiten gehabt, zu erkennen, nach welchem Muster Birget, Laertes, Marty und Wesley gearbeitet hatten, bis diese es ihr ungefähr erklärt hatten (dann war alles ganz logisch gewesen)), schien das für ihn gar kein „Chaos" zu sein. Genau genommen schien er es ganz genau zu analysieren und jede alte und neue Information zu speichern, während die anderen an der Tür standen (Houdini hatte sie dorthin verbannt, bis er alles durchgelesen hatte, das sie gefunden aber noch nicht mit ihm geteilt hatten) und ihn interessiert beobachteten.
Houdini hatte ihnen auch gesagt, dass sie ganz leise sein sollten, aber wenn er wirklich gedacht hatte, er könnte einen Haufen hyperaktiver Chaoten dazu bringen, tatsächlich leise zu sein und einfach nur still dazustehen, dann war er wohl doch nicht so intelligent, wie alle dachten.
„Manchmal würde ich gerne Gedanken lesen können", wisperte Marty Phillis leise zu, aber nachdem es ansonsten ziemlich leise war (sie bemühten sich zumindest (bis jetzt) leise zu sein), war es doch von allen gut hörbar, „Ich würde gerne wissen, was in seinem Kopf abgeht."
„Willst du das wirklich?", murmelte Phillis ebenso leise/laut zurück, „Ich glaube, mein Schädel würde von dieser Menge an Informationen platzen, die in einer Sekunde durch seinen Kopf gehen."
Marty grinste. „Klingt für mich wie ein Grund mehr."
„Du willst, dass dein Schädel platzt?", fragte Laertes und sah seinen Ehemann verstört an.
„Ich will, dass Martys Schädel platzt", bemerkte Birget (etwas lauter, als die anderen, nachdem sie einige Probleme mit ihrer Lautstärkenregelung hatte (aber zur Überraschung aller beschwerte Houdini sich nicht einmal da und er las einfach weiter)).
„Nein", seufzte Wesley müde, als hätte er diese Unterhaltung schon einmal zu oft geführt (hatte er), „Das willst du natürlich nicht, Birget! Wir brauchen Marty noch!"
„Niemand braucht Marty!"
„Ich brauche Marty!"
„Du findest sicher einen neuen Ehemann, Laertes", beruhigte Birget ihn.
„Oh...", sagte Laertes, als wäre er gar nicht auf diese Idee gekommen, „Du hast Recht!"
„Wenn ich so einfach zu ersetzen bin, dann kannst du heute Nacht wohl allein schlafen?"
„Bitte nicht!"
„Ich bin fertig!", verkündete Houdini und die anderen zuckten erschrocken zusammen.
„So schnell?", fragte Laertes kritisch.
Houdini sah Laertes einen Moment zu lang eindringlich an, ohne zu blinzeln. „Ja."
„Und?", fragte Birget, „Hast du eine Expertenmeinung dazu?"
„Wenn ihr nach einer Expertenmeinung sucht, dann fragt ihr wohl lieber Phillis –"
„Oh, danke, Houdini!"
„– aber ich habe einige Gedanken zu allem. Angefangen mit den neuesten Änderungen: Eris ist jetzt wohl frei. Wir sollten uns die Frage stellen, was sich für uns ändert."
„Das ist eine wirklich ausgezeichnete Frage!", schnaubte Birget sarkastisch, „Auf diesen Gedanken sind wir ja noch gar nicht gekommen! Gut, dass du gekommen bist, Houdini, ohne dich hätten wir uns niemals so wichtige Fragen gestellt!"
„Wir haben keine Zeit für zu viel Lob", schnauzte Houdini sie an, „Nun, da wir eine angemessene Fragestellung haben, können wir weiterarbeiten und uns weitere Fragen stellen."
„Zum Beispiel?", fragte Laertes.
„Wenn wir uns fragen, wie die Welt gewesen ist, bevor Eris überhaupt eingesperrt wurde, erfahren wir vielleicht unsere Zukunft", schlug Houdini vor, „Wir wissen zum Beispiel, dass sie den Trojanischen Krieg ausgelöst hat, aber auch den Ersten Weltkrieg –"
„Das sind auf jeden Fall ihre Best-Ofs", murmelte Wesley. Er kaute nervös an einer Tasse, die irgendwann einmal Phillis' Großvater gehört hatte und irgendetwas sagte Phillis, dass ihre Mutter Wesley absichtlich dieses Teeservice gegeben hatte. Bestimmt spürte sie eine seltsame Genugtuung dabei zu wissen, dass ein Satyr das gute Geschirr ihrer Familie aufaß.
„Wir sollten aber auch ihre eher kleinen Arbeiten nicht vergessen", warnte Houdini sie, „Die Oktoberrevolution, diese Sache mit Julius Caesar, dieser Volksaufstand in Österreich,... Egal, wo sie gearbeitet hat, es hat in Chaos geendet und meistens war am Ende gar nicht klar, wer als Sieger hervorgegangen ist."
„Es gibt aber auch Krieg ohne sie", widersprach Birget, „Sie ist nicht die alleinige Kriegstreiberin."
„Deinen Dad gibt es ja auch noch", grinste Marty. Birget machte eine unhöfliche Geste in seine Richtung.
„Deswegen sollten wir uns fragen, was sie verändern wird", stimmte Houdini Birget zu, „Diesen Krieg in der Zaubererwelt hätte es sicherlich auch ohne sie gegeben, aber mit ihr könnte er zu einer globalen Katastrophe heranwachsen."
„Vielleicht würden die Götter ihn dann auch einmal ernst nehmen", murmelte Laertes.
Wesley verschluckte sich prompt an der Tasse und Birget schlug ihm kräftig auf den Rücken, damit er nicht erstickte. „Sag so etwas nicht!", warnte Wesley ihn scharf, „Die Götter sind noch auf unserer Seite – wollen wir das nicht so belassen? Immerhin haben unsere Gegner ganz sicher eine Göttin auf ihrer Seite."
„Wes, ich weiß jetzt seit dreizehn Jahren, dass ich ein Demigott bin. Noch keinen einzigen Moment lang bin ich respektvoll den Göttern gegenüber gewesen", erinnerte Laertes ihn trocken.
Dagegen konnte Wesley auch nicht einwenden.
„Bis jetzt ist uns noch keine Veränderung aufgefallen", erinnerte sich Phillis, „In den Zeitungen steht nichts und auch sonst..."
„Es ist eigentlich beinahe so, als würden sie Weihnachtspause machen", scherzte Marty.
„Es könnte auch die Ruhe vor dem Sturm sein", warnte Houdini sie.
Einen Moment lang war es komplett still.
„Wow", murmelte Marty leise, „Du bist ja wirklich eine Stimmungskanone!"
„Ich bin sicherlich keine Stimmungskanone, ich versuche hier gerade ernsthaft unsere Lage zu erklären", widersprach Houdini ihm scharf, „Denkt doch einen Moment lang nach –" Houdini pausierte, wie um ihnen tatsächlich die Möglichkeit zu geben, selbstständig zu denken, aber ganz offensichtlich tat das bis auf ihn gerade niemand.
Birget untersuchte die Spitze ihres Speers, als würde sie überlegen, ob sie ihn irgendwie noch spitzer hinbekommen würde.
Laertes zog heimlich eine Geldbörse aus Wesleys Tasche.
Marty flocht seine Haare und löste sie wieder.
Phillis tippte immer wieder auf eine Taste auf dem Klavier, ohne diese ganz anzuschlagen.
Nur Wesley tat so, als würde er zuhören und er nickte lächelnd immer weiter, obwohl er wahrscheinlich nicht einmal zuhörte oder verstand, wovon Houdini sprach.
Houdini seufzte. „All diese Kriege, in denen Eris involviert gewesen ist, sie alle haben eines gemeinsam: Verräter haben den Lauf der Geschichte deutlich geprägt."
„Wo Krieg ist, fließt auch Geld", brummte Birget, „und wo Geld fließt, gibt es auch Leute, die bestochen werden und diese Leute nennt man im Fachjargon –"
„Ich bin überrascht, dass du dieses Wort kennst", unterbrach Houdini sie.
„Natürlich kenne ich dieses Wort!", zischte Birget aufgebracht, „Ich mag vielleicht nicht einmal die High-School beendet haben, aber ich habe immerhin einundzwanzig Jahre lang überlebt – was denkst du, wie habe ich das geschafft?"
„Bis jetzt bin ich ehrlich gesagt davon ausgegangen, dass es eine Mischung aus Glück der Dummen und reiner Brutalität war", konterte Houdini.
„Ich zeige dir gleich diese reine Brutalität, du kleiner –"
„Vielleicht sollten wir weitermachen?", schlug Wesley schnell vor, bevor Birget Houdini gewaltvoll und schmerzvoll umbringen konnte.
Houdini tat das natürlich, als wäre überhaupt nichts passiert. „Wie Birget schon so wundervoll unterbrochen hat: In den meisten Kriegen gibt es Verräter, die ihre eigenen Leute ins Verderben stürzen, aber ich habe das Gefühl, dass diese in den Kriegen, in denen Eris ihre Finger im Spiel gehabt hat, besonders wichtig gewesen sind. Sie haben ihre Anführer hintergangen, die Kriege erst ausgelöst oder eine verheerende Wende eingeführt."
„Das ist schon einmal eine interessante Theorie", sagte Laertes nachdenklich und kratzte sich am Kinn, „Und es würde wohl auch auf unsere Situation zutreffen, immerhin haben wir schon einen Verräter enttarnt: Pirro."
„Wir sind uns nur noch nicht sicher, wie viel Unheil er tatsächlich angestellt hat", erinnerte Wesley sie und verzog unzufrieden das Gesicht wie immer, wenn Pirro irgendwie erwähnt wurde und das war auch kein Wunder, immerhin war er es gewesen, der Pirro in Mexico entdeckt und ins Camp gebracht hatte. Vermutlich hätte Pirro so oder so seinen Weg nach New York gefunden, immerhin hatte er vermutlich davor schon gewusst, dass er ein Demigott war und er war zuvor vermutlich schon in Kontakt mit Eris, seiner Mutter gewesen (so jedenfalls die gängige Theorie), aber trotzdem warf Wesley sich wohl einiges vor.
„Ich finde es schon ziemlich unheilvoll, dass er versucht hat, mich umzubringen und das auch fast geschafft hat", erinnerte Phillis ihn, „Und wer weiß, wie häufig er versucht hat, uns während des Auftrags umzubringen! Dass er mindestens einmal versucht hat, mich zu vergiften, das wissen wir schon. Außerdem sind wir erstaunlich häufig angegriffen worden, wenn er Wache gehalten hat."
„Das hätte uns wirklich früher auffallen müssen", stimmte Houdini ihr zu.
„Aber wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass er zum Beispiel für Ruths Tod Schuld trägt", sprach Birget aus und einen Moment lang wurde es unangenehm still im Raum, als sie alle an die verstorbene Tochter des Apollo dachten. Houdini hatte sie nie kennengelernt, aber genug von Phillis von ihr gehört, dass er wusste, dass das ein ernstes Thema war.
„Vermutlich hat Eris irgendwie vor uns von der Prophezeiung erfahren und als erstes damit begonnen, die Kinder des Apollo umzubringen, damit die Prophezeiung verzögert wird", vermutete Marty zusammenfassend, „Der Sommer im letzten Jahr – da hat es begonnen. Da starben so viele von unseren Geschwistern, dass es auffällig wurde."
„Es sah immer wie Zufall aus", erinnerte sich auch Phillis, „Niemals wären wir auf die Idee gekommen, dass es jemand direkt auf die Kinder des Apollo abgesehen hat, wäre da nicht Niobe gewesen, die mich letztes Schuljahr angegriffen hat. Niobe ist es auch gewesen, die mir verraten hat, dass eine Göttin involviert sein muss, aber damals habe ich – oder wir – noch nicht gewusst, dass es sich hierbei um Eris handelt."
„Außerdem hat es jemanden gegeben, der Lycaon verraten hat, dass wir uns ihm nähern – von genau dieser Seite, zu dieser Zeit", sagte Birget düster, „Wir haben die Göttin der Jagd an unserer Seite gehabt, aber letztendlich wurden wir zur Beute – das passiert nur, wenn man verraten wird."
„Aber Pirro ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Camp gewesen", erinnerte sich Wesley, „Er ist das erste Mal diesen Sommer aufgetaucht."
„Vielleicht hat er euch davor verfolgt", schlug Phillis vor, „Ein Monster oder eine Göttin wäre aufgefallen und Lady Artemis hätte einen solchen Verfolger erkannt, aber ein Demigott in der Nähe wäre vielleicht unauffällig gewesen."
„Oder wir haben noch einen Verräter im Camp", murmelte Laertes leise, aber trotzdem hörte es jeder und einen kurzen Moment lang verstummten alle.
„Nein!", unterbrach Houdini diese Stille scharf, „Habt ihr mir zuvor nicht zugehört? Eris war immer involviert und die Verräter haben den Kriegsverlauf verheerend beeinflusst!"
„Ja?", schnaubte Birget, „Das haben wir schon geklärt?"
„Denkt doch bitte einmal in eurem Leben nach! Ich weiß, es fällt euch ziemlich schwer, aber vertraut mir, wenn ich euch sage, dass es sich lohnt!", höhnte Houdini ohne das Gesicht zu verziehen, „Was bringt eine Person dazu, alles zu verraten, das er liebt und schätzt?"
„Angst", schlug Birget vor.
„Geld", kam es von Laertes.
„Unzufriedenheit", schlug Phillis vor.
„Hoffnung auf ein besseres Leben beim Feind?", fragte Wesley unsicher.
„Die Liebe?", grinste Marty. Alle sahen ihn an, als wäre er verrückt, bevor sie kollektiv beschlossen, diesen Kommentar zu vergessen.
„Alles ganz richtig", stimmte Houdini ihnen zufriedener zu, „Aber wir sollten ein besonderes Augenmerk auf Phillis' Anmerkung werfen –"
„Ich habe jetzt schon wieder vergessen, was ich gesagt habe", gestand Phillis.
„– denn Unzufriedenheit kann dazu führen, dass man seiner Freunde und Verbündeter müde wird und diese hintergeht", fuhr Houdini fort und sah sie alle scharf an, „Wenn wir also herumgehen und jeden einzelnen beschuldigen, ein Feind zu sein, dann wird irgendjemand bestimmt unzufrieden werden und letztendlich – ich weiß, es ist beinahe schon poetisch ironisch – wirklich zum Verräter."
„Ganz nach dem Prinzip: Wenn sie es mir schon vorwerfen, kann ich es auch gleich werden", erkannte Phillis, „Wir sollten also nicht einmal darüber nachdenken, dass es einen zweiten Verräter geben könnte oder dass einer unserer Freunde uns verraten könnte, weil das Unzufriedenheit verbreitet und das dazu führt, dass es einen Verräter geben wird?"
„Korrekt", bestätigte Houdini und er klang zufrieden.
„Dazu sage ich nur: Love, Love, Love", sang Marty und grinste.
„Wenn Marty mit einem Vorschlag zufrieden ist, dann muss ich ihn schrecklich finden", bestimmte Birget.
„Das ist genau die falsche Einstellung!", tadelte Marty sie neckisch.
„Willst du eigentlich sterben, Sonnenschein?"
„Nicht in nächster Zeit, nein", lehnte Marty höflich ab.
„Genau solche Streitigkeiten sind schädlich für unsere Moral", seufzte Wesley müde.
„Die beiden streiten sich schon seit Jahren", erinnerte Laertes ihn, „Ich glaube, ich würde es eher seltsam finden, wenn sie sich nicht beinahe gegenseitig umbringen würden."
„Wir sollten eine Umgebung des Friedens, der Freundschaft und der Liebe schaffen!", flötete Marty, „Kumbaya –"
„Ich werde ihn umbringen", sagte Birget ernst, „und niemand wird mich davon abhalten können."
„Ich glaube nicht, dass dich jemand davon abhalten will", murmelte Houdini verstört von Marty.
„Konzentrieren wir uns wieder", erinnerte Wesley sie mit einem gutmütigen, aber doch etwas gequälten Lächeln.
„Um mich noch einmal zusammen zu fassen", sprach Houdini, als wäre wieder nichts passiert, „Wir sollten darauf achten, dass wir untereinander ein Team bleiben. Wir sollten uns und allen, die eingeweiht sind vertrauen. Wenn wir untereinander auseinanderbrechen, haben wir schon verloren."
„Seit wann bist du denn ein Teil von diesem Team?", fragte Birget kritisch.
„Ich kann auch wieder gehen, wenn euch das besser gefällt", schlug Houdini gleichgültig vor und mit seinem dauerhaft gleichgültigen Gesichtsausdruck konnte man wirklich nicht genau erkennen, ob er es ernst meinte oder nicht, „Dann könnt ihr selbst sehen, wie ihr zurechtkommt. Wenn ihr denkt, dass ihr mich nicht braucht..."
„Irgendwie gefällt mir dieser Gedanke nicht", meinte Laertes nachdenklich, „Ich stimme dafür, dass er dabei ist – obwohl er nervt."
„Dito!", meldete sich Marty.
„Auf jeden Fall", lachte Wesley nervös.
„Ja, ich muss zugeben, dass du zwar wirklich nervtötend bist und ich dauerhaft das Bedürfnis habe, dich durch dieses Fenster hier zu werfen –"
„Nicht doch! Mums Lieblingsfenster", raunte Phillis dazwischen.
„– aber du hast eindeutig etwas im Köpfchen –"
„Etwas?", wiederholte Houdini empört, „Ich habe so einiges im Köpfchen!"
„– und wenn der Leprechaun in der Nähe ist, dann kann man dich sogar aushalten", schloss Birget, „Also kannst du wohl ein Teil vom Team sein..."
Nun blickten alle zu Phillis, die mit ihren Gedanken wohl ganz woanders war und auf einen Fleck auf der Decke starrte. Als sie bemerkte, dass es leise geworden war, blickte sie die anderen wieder an und erkannte erst da, dass sie von allen angestarrt wurde.
„Habt ihr etwas gefragt?", fragte sie ahnungslos.
„Wir entscheiden gerade, ob Houdini ein Teil von diesem Team sein darf", klärte Wesley sie hilfsbereit auf.
„Oh", machte Phillis und sah sich interessiert um, aber verstand noch immer nicht, warum sie angestarrt wurde. „Und... wozu braucht ihr mich?"
„Was sagst du dazu?", fragte Marty sie ermutigend.
„Oh, keine Ahnung", Phillis war im Moment ein wenig überfordert und blickte hilfesuchend zu Houdini, der aber natürlich anhand seines Gesichtsausdruckes nicht anmerken ließ, was er dachte, „Houdini ist mein bester Freund – natürlich will ich, dass er dabei ist! Aber... bin ich überhaupt ein Teil von diesem Team? Immerhin verfolge ich ja nicht mit euch Pirro durchs ganze Land."
„Natürlich bist du ein Teil vom Team", schnaubte Birget und etwas an ihrem Ton sagte Phillis, dass sie keinen Platz für Widerworte ließ. Phillis lächelte zufrieden.
„Also...", summte Marty, „Jetzt, da wir das geklärt haben –"
„Wollt ihr mir beim Keksebacken helfen?" Sara war ins Wohnzimmer gekommen und unterbrach die kleine Unterhaltung.
„Wir wollten eigentlich gerade –", begann Houdini, aber Phillis unterbrach ihn schnell: „Komm schon, Hou! Das ist eine Familientradition!"
Houdini sah Phillis einen Moment lang noch kritisch, seufzte dann aber geschlagen und nickte. „Na gut, wir machen hier später weiter. Und nenn mich nie wieder Hou. Houdini ist schon ein Spitzname!"
„Geht klar, Dini!"
Für Remus Lupin begann der Weihnachtsmorgen damit, dass sein Vater in sein Zimmer gestürmt kam und ihn mit der Begeisterung eines kleinen Kindes aus dem Bett zerrte, um zusammen Geschenke zu öffnen, ganz so, als wäre Remus der müde Elternteil und Lyall das begeisterte Kind.
Remus war spät zu Bett gegangen und noch keineswegs bereit, so früh überhaupt irgendetwas zu tun, aber wer konnte schon zu einem Mann „Nein" sagen, der mit einer solchen Begeisterung lebte wie sein Dad?
Weihnachten im letzten Jahr war etwas seltsam gewesen. Es war das erste Weihnachten ohne Remus' Mutter, Hope Lupin gewesen, die im Sommer zuvor verstorben war und sie war schon das Weihnachten davor ziemlich krank gewesen, aber dennoch hatte irgendetwas gefehlt, als Remus und Lyall in diesem Jahr allein den Baum geschmückt, die Kekse gebacken oder die Geschenke geöffnet hatten.
Auch dieses Jahr fehlte etwas, wie Remus fand, als er die Geschenke seines Dads und seiner Freunde öffnete, die sie unter den Baum gelegt hatten, als wären sie vom Weihnachtsmann. Es war besser als letztes Jahr und die schwere, düstere Stimmung hatte sich nicht ganz so über sie gelegt, wie damals, aber dennoch – Hope Lupin fehlte einfach wie ein fehlendes Puzzle-Teil.
Lyall versuchte dennoch mit all seiner Kraft so zu tun, als wäre alles in Ordnung und Remus war sich noch nicht ganz sicher, ob sein Dad das für ihn machte oder für sich selbst.
Das Geschenk von Phillis war, wie sie es vorhergesagt hatte, pünktlich angekommen und Remus war überrascht gewesen, wie groß es war. Es war weich, als wäre etwas aus Stoff darin, aber gleichzeitig war es auch stabil und Phillis hatte mit ihrer krakeligen Schrift hinaufgeschrieben: ACHDUNG! SEHRBRECHLIG!, was Remus, nach monatelanger Übung als „Achtung! Zerbrechlich!" übersetzte.
Remus löste also das Geschenkpapier vorsichtig, obwohl es nicht so aussah, als wäre Phillis sonderlich zart mit dem Geschenk gewesen. Wie für Geschenke von Phillis üblich sah das Geschenk ziemlich chaotisch aus, als hätte es einen Kampf gegeben, um es einzupacken. Remus konnte anhand des Endergebnisses nicht genau sagen, wer gewonnen hatte – das Geschenk oder Phillis.
Eingewickelt war ein knallroter Pullover, der weicher war, als alle anderen von Remus' Pullover und Phillis hatte einen kleinen Zettel dazugelegt, auf dem sie erklärte, dass es ein verzauberter Pullover war, der Remus immer warm halten würde – immer auf der richtigen Temperatur – und als Phillis ihn in einem Geschäft gesehen hatte, hatte sie sofort an Remus denken müssen, dem immer eher zu kalt war und der bis in den Juni hinein noch Pullover trug.
Im Pullover war aber noch etwas anderes eingewickelt und Remus lachte laut auf, als er Schallplatten von einigen seiner Lieblingsbands erkannte (wobei manche von denen erst Lieblingsbands geworden waren, als Phillis ihn mit ihnen bekannt gemacht hatte, wenn sie auf der Gitarre ihr scheinbar unendliches Arsenal an Musikstücken ausgepackt hatte): Die Beatles, Queen, Elton John, AC/DC und auch ABBA.
„Sind die von deiner Freundin?", fragte Lyall, als er sah, was sein Sohn bekommen hatte und riss Remus damit aus seinen Gedanken, während er auf der Rückseite gelesen hatte, welche Songs auf ihn warteten.
Remus blickte auf und nickte. „Jaah... wir reden viel über Musik."
Lyall blickte über die Schulter von Remus und sah sich an, welche Auswahl sein Sohn geschenkt bekommen hatte. „Die Beatles und ABBA kenne ich noch von deiner Mutter – und von Queen habe ich auch schon einmal gehört."
„Phillis liebt AC/DC – die sind eher... rockiger. Am Anfang, als Phillis mir die Musik gezeigt hat, bin ich noch etwas erschrocken darüber gewesen und es war... ziemlich viel, aber irgendwie gewöhnt man sich daran und jetzt – jetzt kenne ich viel zu viele Lieder von ihnen", erzählte Remus lachend, „Und Elton John ist auch ziemlich bekannt – Phillis hat ihn einmal getroffen. Seine Musik ist gut – mir gefällt sie."
Lyall grinste breit und Remus sah ihn verwirrt an.
„Was ist?", fragte er, „Was habe ich jetzt schon wieder gesagt?"
„Ich finde es nur amüsant, dass dein Musikgeschmack von zwei dir wichtigen Frauen in deinem Leben kommen", sagte Lyall und Remus wurde etwas rot, als er erkannte, dass sein Dad Recht hatte.
„Sei still! Als ob du jemals von Mums Musik erfahren hättest, wenn sie dich nicht ABBA und so vorgestellt hätte!"
„Ich habe nie gesagt, dass es etwas schlechtes ist!", verteidigte sich Lyall, „aber ich finde, es sagt viel über ein Paar aus, wenn sie ihren Musikgeschmack teilen, oder nicht?"
„Das ist bei Phillis nicht schwer – sie kennt gefühlt alle in der Musikwelt", schnaubte Remus, „Du solltest sie einmal hören, wenn sie davon erzählt, auf welche Konzerte sie schon war und sie kennt wahrscheinlich alle diese Musiker persönlich! Sie hat Tee mit John Lennon getrunken, hat Freddy Mercury die Hand geschüttelt, mit Elton hat sie einmal Klavier gespielt –"
„Klingt so, als wäre sie eine Abenteuerin", lächelte Lyall – es war nicht das erste Mal, dass Remus von Phillis sprach und wie jedem Vater war Lyall aufgefallen, wie seine Augen zu glänzen begannen, wenn auch nur ihr Name erwähnt wurde.
Remus schnaubte belustigt. „Das ist sie auf jeden Fall – immer auf der Suche nach einem neuen Abenteuer, nach Spannung und Adrenalin!"
„Ich freue mich schon, wenn sie dann vorbeikommt", grinste Lyall, „Dann kann ich mir selbst ein Bild von ihr machen."
Remus wurde bei diesem Gedanken ein wenig bleich und er schluckte schwer. „Klar... ich freu mich auch schon..."
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