Birget hat keine Sozialkompetenz

Man sah Phillis regelrecht an, dass sie wütend war, als sie ihre eigenen Taschen und die von Hana zur Hütte trug und deswegen gingen ihr auch die wenigen Leute aus dem Weg, die ihr entgegen kamen.

Sie murmelte leise vor sich hin und verfluchte alles, denn sie wusste, dass dieses Jahr im Camp nicht so werden würde, wie die anderen zuvor und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sich dieses Jahr alles, was ihr bisher so viel bedeutet hatte verändern würde.

Nur eine verstand die eindeutigen Anzeichen von einer wütenden Phillis™ nicht, und deswegen stellte sie sich wohl direkt in Phillis' Weg.

Phillis blickte auf und ihr Blick wurde etwas sanfter, als sie Birget erkannte – die „verwitwete" Ex-Freundin von Ruth.

Ihre Haare waren etwas zu lang, was wohl bedeutete, dass sie in letzter Zeit zu viel zu tun hatte, um sie sich zu schneiden und bei Birget bedeutete das, dass sie durchgehend trainierte und sich auf einen Krieg vorbereitete, den sie noch nicht einmal kannte.

Noch immer war sie diese muskulöse, große Macht, die etwas einschüchternd war, wenn man sie nicht besser kannte und Phillis behauptete gerne von sich, dass sie Birget besser kannte und sie sogar als Freundin sah.

„Birget", Phillis versuchte, sie nicht gleich anzuschnauzen, immerhin konnte Birget am allerwenigsten etwas für ihre schlechte Laune – ganz im Gegenteil, Phillis war irgendwie froh sie zu sehen, obwohl sie sich noch nicht ganz sicher war, wie ihre Beziehung sein würde, nachdem Ruth tot war – irgendwie hatte die beiden immer nur Ruth verbunden.

„Phillis", brummte Birget und sie wirkte so, als würde sie sich unwohl fühlen, was aber nicht ungewöhnlich war, denn Birget schien sich immer in sozialen Angelegenheiten unwohl fühlen – vielleicht immer, wenn sie nicht gerade kämpfte und vielleicht trainierte sie deswegen auch so viel.

„Ich wollte später nach dir suchen – ich brauche unbedingt Nachhilfe im Schwertkampf", gestand Phillis und verzog unzufrieden das Gesicht, als sie sich an den Kampf gegen Niobe erinnerte und wie sehr sie versagt hatte, „Kannst du mir weiterhelfen?"

Birget musterte sie und einen Moment lang fragte Phillis sich, ob sie es schon wieder irgendwie geschafft hatte, jemanden zu verärgern, ohne es zu wollen. Bei Birget war es noch schwieriger, das heraus zu finden, denn obwohl sie ein eher direkter Mensch war, so war sie es nicht, wenn es um ihre Gefühle ging und schon gar nicht würde sie offen zugeben, dass jemand sie verletzt hatte.

„Wie geht es dir?", fragte Birget, ohne auf ihre Anfrage zu antworten und Phillis war etwas überrascht, dass das das erste war, das Birget wissen wollte – Phillis war auch etwas genervt davon. Viel lieber hätte sie mit Birget Taktiken im Monsterkampf besprochen und wie sie sich verbessern könnte, damit es sich einmal so knapp wurde, wie bei Niobe.

„Hm...", machte Phillis und vermied Augenkontakt, „Mein erster Tag hier im Camp und ich wünschte mir, ich wäre– ich hasse es jetzt schon, Hüttenälteste zu sein." Phillis lachte nervös in der Hoffnung, Birget würde ihre impulsive Aussage nicht zu ernst nehmen, aber Birget lachte nicht mit ihr mit, sondern musterte Phillis mit einem undefinierbaren Blick und sagte nichts dazu, also brabbelte Phillis nervös weiter. „Also... es ist schon toll, wieder hier zu sein, aber ich hasse es, dass ich jetzt irgendwie... verantwortlich für meine Hütte bin und die ganze Zeit wollen Leute etwas von mir und stellen Fragen auf die ich keine Antwort habe und dann ist da noch Hana, die absolut verstört von allem hier ist und ich wünschte mir, Ruth hätte mich vorbereitet –"

Phillis bereute ihre Worte sofort und schloss schnell den Mund, bevor sie noch weiteren Schaden anrichtete, aber dafür war es schon zu spät.

Vorsichtig beobachtete sie Birget und fragte sich, was sie tun würde, nachdem sie ihre verstorbene Ex kritisiert hatte.

Aber Birget musterte sie noch immer nachdenklich, bevor sie seufzte und nickte. „Kann ich dir mit dem Gepäck hier helfen?"

„Oh, nein danke, ich komme schon –"

Birget hörte aber nicht auf sie, sondern riss ihr plötzlich Ruths Gitarre aus der Hand und Phillis schrie empört auf, aber Birget war schon ein paar Schritte zurückgewichen.

„Wenn du sie wieder willst – Wettrennen zur Hütte sieben: Nimm das Gepäck mit!"

Mit diesen Worten raste Birget schon los und fluchend hob Phillis die Taschen von ihr und Hana auf und rannte los. Phillis wäre eigentlich schneller, als Birget, aber diese hatte einen ordentlichen Vorsprung und deswegen stand sie schon mit verschränkten Armen vor Hütte sieben, während Phillis schwer atmend von dem schweren Gepäck erst hinterhertaumelte.

Die Gitarre stand unversehrt an der Hüttenwand, aber Phillis funkelte Birget trotzdem finster an.

„Was sollte das denn? Du hättest –"

Stell das Gepäck hin – Rennen zur Kletterwand!", verkündete Birget und Phillis ließ die Taschen einfach fallen und ließ sich tatsächlich von ihr weiterscheuchen und jedes Mal, wenn Phillis langsamer wurde, klatschte Birget laut hinter ihr und schrie bedrohlich, also rannte Phillis, als würde sie vor einem Monster davonlaufen.

Bei der Kletterwand hoffte Phillis, eine Verschnaufpause machen zu können, aber da hatte Birget andere Pläne.

„Hopp! Hopp! Hinauf mit dir! Du wolltest doch, dass ich dich trainiere! Hopp! Hopp!"

Phillis bereute das jetzt schon, aber sie gehorchte und fluchend und wütend begann sie, die Wand hinauf zu klettern und sie hatte schon viel Erfahrung damit, obwohl sie nach einem Jahr etwas aus der Übung war und beinahe wurde sie von der Lava verbrannt, aber sie konnte noch ausweichen und erlitt nur leichte Verbrennungen ersten Grades.

Der Schmerz trieb sie aber noch mehr an und als die Kletterwand erbebte und versuchte, sie abzuschütteln, kletterte sie einfach weiter und verfluchte währenddessen Birget, Hana und auch Ruth und alle, die ihr heute begegnet waren und auf die Nerven gegangen waren.

Hinunterklettern war nicht immer einfacher und besonders wenn es darum ging, Gefahren von oben auszuweichen, während man sich darauf konzentrieren musste, wohin man den Fuß setzte, war anspruchsvoll und ein Grund, warum Phillis immer lieber nach oben kletterte.

„Sehr gut", lobte Birget sie und Phillis wischte sich mit dem Arm über ihre verschwitze Stirn und untersuchte die leichten Verbrennungen an ihrem anderen Arm, aber sie waren nicht schlimm und nur eine kleine Brandblase hatte sich gebildet und ansonsten nur gerötete Haut, die in den nächsten Tagen bestimmt höllisch jucken würde, wenn sie verheilte.

Phillis hoffte, dass das alles nur ein Racheakt von Birget gewesen war und es jetzt vorbei war, aber dann klatschte Birget wieder laut in die Hände.

„Und jetzt wieder hoch – fünf Sekunden schneller!"

„Was?", quickte Phillis ungläubig.

„Hopp! Hopp! Die Zeit läuft!"

Phillis fluchte und benutzte Wörter, die ihre Mutter niemals von ihr hören durfte, als sie ein zweites Mal die Wand erklomm und sie bemühte sich, schneller zu sein, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, bis sie ganz oben war und wieder hinunterklettern konnte. Als sie wieder hinunterkletterte, sprang sie die letzten Meter ab und rollte sich geschickt ab, obwohl sie wusste, dass diese Methode mehr blaue Flecken zurücklassen würde.

„Nicht schlecht, aber nicht schnell genug", verkündete Birget, „Noch einmal!"

Phillis wusste nicht, warum sie auf Birget hörte, aber Militärtraining und solche Höllen-Übungen waren Spezialgebiete von Kindern des Ares und vielleicht konnte sie deswegen Phillis so leicht überzeugen.

Vielleicht war es auch nur genau das, was Phillis im Moment brauchte und in ihren Gedanken klang es seltsam, aber es war irgendwie toll, nach diesen letzten paar Stunden, in denen sie eine Anführerin hatte sein müssen, auch einmal Befehle anzunehmen.

Phillis hatte schon immer besser mit Ordnung von außen Arbeiten können und dieses letzte Jahr war sie wohl einmal zu oft zur Anführerin ernannt worden – nicht nur im Quidditch-Team (diese Zeit war voller Selbstzweifel gewesen und Phillis hatte nicht gewusst, was sie getan hätte, wenn das Team nicht so kooperativ gewesen wäre oder sie verloren hätten), sondern auch ihre gemeinsame Reise mit Hana, die sich ebenfalls auf ihr Urteilsvermögen verlassen hatte und dann auch noch das Chaos mit dem Höllenhund auf der Autofahrt zum Camp, bei dem auch wieder sie es gewesen war, die die meiste Erfahrung mit Monsterangriffen gehabt hatte.

Birgets Methoden waren vielleicht etwas extrem, aber im Moment wohl genau das, was Phillis brauchte.

Dieses Mal legte Phillis all ihre Kraft in die Aufgabe und kletterte so flink, wie noch nie zuvor und als die Lava sie leicht am Unterschenkel erwischte, stoppte sie nicht einmal, sondern kletterte weiter bis ganz nach oben und dann nach unten, sprang von etwas weiter oben ab und rollte sich ab, um dann vollkommen außer Atem vor Birget wieder auf die Beine zu kommen.

Diese nickte stolz. „Geschafft!"

Phillis seufzte erleichtert – ein viertes Mal hätte sie es in dieser Geschwindigkeit nicht geschafft.

„Weiter geht's! Nicht müde werden!", befahl Birget und trieb Phillis weiter.

„Wa-Was?", stammelte Phillis und atmete schwer, „Ich glaube, ich habe es verstanden! Ich brauche eine Pause!"

„Die Abkühlung wartet da vorne!", verkündete Birget, „Wir klettern den Bach hinunter! Komm schon!"

Phillis seufzte nur und widersprach nicht, sondern sparte sich ihre Energie lieber für das, war Birget noch geplant hatte.

Den Bach hinunter zu gehen war schwierig, besonders dann, wenn man von einem gruseligen Kind des Ares verfolgt wurde, das immer wieder klatschte und schrie und sie zur Eile antrieb.

Der Weg war uneben und dazu kam auch noch, dass Phillis dauerhaft von hinten von den Wassermassen nach vorne gedrückt wurde, sodass ihr Schritt unsicher war. Immer wieder rutschte sie auf den nassen, von Algen bewachsenen Algen aus und fiel in den eiskalten Bach und obwohl es sommerlich heiß war, fror Phillis von dem eiskalten Wasser, das ihre Kleider schnell durchtränkte und ihre Bergschuhe waren klatschnass und zogen sie noch mehr hinunter.

Sie schlug sie das Knie an einem Stein auf, als sie wieder einmal nach vorne fiel und wurde ein paar Meter vom Bach an einer tieferen Stelle mitgerissen, sodass sie einen Moment glaubte, ertrinken zu müssen, bis Birget sie am Kragen packte und wieder auf die Beine zog und Phillis fluchte wieder, als sie Wasser aushustete und sich Algen aus den Augen wischte, aber Birget war erbarmungslos und trieb sie weiter, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war.

Beim See erwartete Phillis, dass sie wieder auf festen, trockenen Boden gehen durfte, aber Birget hatte eine andere Idee.

„Einmal quer durchschwimmen", befahl sie, „Schau mich nicht so dämlich an! Hopp! Hopp!"

„Ich hasse dich!", zischte Phillis.

„Das kannst du mir später sagen, jetzt ab in den See und schwimm um dein Leben oder ich versenke deinen Bogen und du darfst ihn selbst wieder hochtauchen!"

Diese Drohung brachte Birget einen mörderischen Blick von Phillis ein, aber dennoch sprang sie mit all ihrer Kleidung in den See und kraulte durch – es war nicht das erste Mal, dass sie im See schwamm und es war auch nicht das erste Mal, dass sie das mit all ihrer Kleidung und ihren Schuhen machte (Chiron bereitete Camper, die lange genug da blieben auf jede Möglichkeit vor und dazu gehörte es nun einmal, in einen See zu fallen und selten hatte man davor Zeit, in Badekleidung zu wechseln), aber es war das erste Mal, dass Phillis sich zuvor schon ausgepowert hatte und die Bahn fühlte sich wie eine Ewigkeit an.

Bei der Hälfte – an der tiefsten Stelle war Phillis sich sicher, vor Erschöpfung einfach umzukippen und zu ertrinken (und wer wusste schon, ob Birget sie gerettet hätte), aber sie machte weiter, obwohl sie das Gefühl hatte, ihre Lungen würden niemals genug Sauerstoff in ihr Blut bringen und jeder Atemzug brannte in ihrer Brust und sie sah schwarze Punkte vor ihre Augen.

Hustend und prustend kam sie auf der anderen Seite wieder heraus und schleppte sich gerade noch an Land und blieb dort einfach auf dem Bauch liegen.

Sie hörte Schritte und Birget kam zu ihr und stand einen Moment lang über ihr und Phillis wusste einfach, dass sie sie von oben herab beobachtete, also biss sie wütend die Zähne zusammen und kam mit zitternden Knien und dem Gefühl, ihre Muskeln wären aus Gummi wieder auf die Beine, um Birget wütend anzufunkeln.

„Und was hat das jetzt gebracht?", zischte Phillis gereizt, „Es tut mir leid, dass ich Ruth erwähnt habe oder wie auch immer ich dich beleidigt habe, aber ich denke, es reicht, ich habe meine Lektion gelernt."

„Noch nicht", sagte Birget ruhig und diese Ruhe nervte Phillis immens und sie ballte die Hände zusammen, bereit, der Tochter des Ares ins Gesicht zu schlagen, aber sie wusste, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Noch funktionierte ihr logisches Denken also, aber wenn Birget sie noch weiter reizte, würde Phillis zuschlagen, ohne an die Konsequenzen zu denken.

„Noch nicht?", wiederholte Phillis und lachte trocken auf.

„Du wirst die Hütte niemals so führen können, wie Ruth es getan hat", sagte Birget mit kalter Gleichgültigkeit und diese Worte verletzten Phillis mehr, als es ihr Training bis jetzt getan hatte und Phillis hatte das Gefühl, jeder Knochen und jeder Muskel würde schmerzen, „Oder so gut, wie Laertes oder ich. Du bist keine so gute Musikerin wie Ruth und du wirst niemals ihre Geduld haben; du bist kein so guter Schwertkämpfer wie Laertes und du wirst niemals seinen Grips haben; du wirst niemals so stark sein wie ich oder so gut mit dem Speer kämpfen können, wie ich es tue und du wirst auch niemals so kampferprobt sein, wie ich es bin."

Phillis atmete tief durch und funkelte Birget an und sie überlegte sich schon, wo sie sie am besten schlagen konnte, um den größten Vorteil zu erlangen.

„Aber –", das ließ Phillis aufhorchen, „– das musst du auch gar nicht. Weil... du bist nicht Ruth oder Laertes oder ich – du bist Phillis!"

„Sehr philosophisch von dir", schnaubte Phillis sarkastisch, „Hätte mich das aufmuntern sollen? Ich bin eine Niete in allem und deswegen werde ich nie an euch herankommen?"

„Du bist Phillis – die beste Bogenschützin im Camp – so gut, dass Chiron selbst gesagt hat, dass du in nur einem Jahr genauso gut bist, wie er in Jahrtausenden! Du bist Phillis – eine so gewiefte Strategin, dass du sogar jetzt, wo du impulsiv und verärgert einfach nur zuschlagen willst, immer noch einen Moment innehältst, um mich zu analysieren und herauszufinden, wo meine Schwächen sind!" Phillis sollte wohl daran arbeiten, das unauffälliger zu machen, aber vermutlich war es einfach so ein Tochter-des-Ares-Ding, dass man solche Dinge bei seinem Gegner bemerkte.

„Eine so gewiefte Strategin", wiederholte Birget, „dass dich sogar die Athene-Hütte als Beraterin für Erobere-die-Flagge angeheuert hat und glaube nicht, dass ich nicht weiß, dass du eine kleine Verräterin bist, Leprechaun!" Birget nahm sie in den Schwitzkasten und gab ihr eine liebevoll gemeinte und trotzdem etwas schmerzvolle Kopfnuss (aber nicht so schmerzvoll, wie es eine ernst gemeinte Kopfnuss gewesen wäre) und Phillis kicherte, als Birget sie wieder losließ.

Birget lachte ebenfalls – laut und ohne gesellschaftlichen Filter – wurde aber schnell wieder ernst.

„Du bist Phillis – die diesen Parcours, der den Feldern der Bestrafung würdig wäre – wie Ruth ihn immer genannt hat – um mehr als eine Minute schneller geschafft hat als Ruth an ihren besten Tagen."

Das brachte auch Phillis wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und sie sah Birget ernst an. „Ruth hat das auch durchgemacht?"

„Jedes Mal, wenn sie so wie du wütend auf die Welt gewesen ist – als eure Geschwister gestorben sind, als sie dich beim Training verletzt hat, als ihr die Aufgaben als Hüttenälteste einfach zu viel geworden sind – jedes Mal habe ich sie auf denselben Weg geschleppt und sie hat sich austoben können und konnte fluchen und schimpfen, ohne dass sie sich dabei schlecht hätte fühlen müssen", erzählte Birget, „Als Kind des Ares lernt man schnell, dass es ungesund ist, diese innere Wut auch innen zu behalten – sie wächst und gedeiht und irgendwann übernimmt sie den Körper wie ein Parasit."

„Ein reizender Vergleich."

„Die Metapher ist, dass man die Wut hinausschreien muss", sagte Birget, „Leute haben immer Angst davor, extreme Gefühle zu zeigen – sie lachen leise, verinnerlichen ihre Wut, unterdrücken ihre Trauer, schlucken ihre Tränen hinunter. Niemand traut sich, laut zu sein – aber das ist die einzige Möglichkeit, damit umzugehen, ohne sich selbst dabei zu verletzen."

Phillis schluckte schwer und vermied Augenkontakt. Irgendwie hatte Birget recht.

„Du muss keine Hüttenälteste sein, wie Ruth es gewesen ist", sagte Birget ernst und ruhig, „du musst die Hüttenälteste sein, die Phillis ist", Birget stupste ihr in den Bauch, „Du musst auch nicht Schwertkämpfen lernen – du musst lernen, deine Stärken zu nutzen für jede Gelegenheit. Du musst auch nicht so wie jemand anderer sein – sei du selbst."

Phillis lachte trocken auf. „Ha! Das ganze Jahr über haben mir alle gesagt, dass ich gut in den Prüfungen sein muss! Das ganze Jahr über haben mir alle gesagt, dass ich nicht ich selbst sein darf! Ich bin vergesslich, ich bin chaotisch, ich bin– ich bin eben eine Enttäuschung für alle."

„Dann sind das alles Idioten", schnaubte Birget, „alles hirnlose Akademiker, für die nur Werte zählen, die aber dirnichts bringen! Du bist ein Demigott! Du brauchst keine guten Noten! Du brauchst deinen Verstand, wenn es ums Überleben geht, aber das versteht niemand, außer du. Und ich sage dir jetzt, dass du du selbst sein musst mit all deinen Fehlern. Jeder, der von dir erwartet, jemand anderer zu sein, der hat Phillis nicht kennengelernt."

Phillis traten Tränen in die Augen und Birget sah einen Moment lang wieder so aus, als würde sie sich sehr unwohl fühlen, breitete aber trotzdem die Arme aus und umarmte Phillis ganz fest und klopfte ihr aufmunternd auf den Rücken.

„Und jetzt", sagte Birget, als sie sie wieder losließ, „Bereit für Runde zwei?"

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